GSa156-Nov21
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
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Thema: Identität und Persönlichkeitsentwicklung<br />
zeigte den Kindern mit Kärtchen und<br />
Muggelsteinen, wie man einen Satz vorab<br />
legen könnte, damit man nichts vergisst:<br />
Wörter zählen, Kärtchen für jedes<br />
Wort legen, Namenwörterkärtchen<br />
hochkant und am Schluss den Punkt<br />
legen. Für die ersten Sätze der Kinder<br />
hat dies sehr gut geklappt. Kinder, die<br />
rasch in den Schreibfluss kamen, hatten<br />
„keine Zeit“ mehr dafür. (In Japan<br />
ist es sehr schön) Die Geschichten der<br />
Kinder gaben mir auch einen Einblick<br />
in ihre Gefühle.<br />
Sorin tat sich schon am Vortag sehr<br />
schwer mit dem Schreiben und wollte<br />
es deshalb umgehen. Er entdeckte<br />
auf dem Fensterbrett ein kleines Stück<br />
Holz, das aussah wie eine Burg, und<br />
ein paar kleine Holztiere, die ich einfach<br />
nur mitgebracht hatte. Die kleine<br />
Eule und der Wolf hatten es ihm angetan<br />
und er spielte mit ihnen. Ich machte<br />
ihm den Vorschlag, die Burg abzuzeichnen.<br />
Das tat er gerne und wir kamen<br />
miteinander in ein Gespräch, wer<br />
wohl in der Burg wohnen könnte. Ich<br />
hatte ihm „in einer Wolke“ ein paar<br />
Fragen geschrieben, die ich mit ihm<br />
gemeinsam las. Plötzlich ging ein kleines<br />
Leuchten über sein Gesicht und er<br />
meinte, da wohnt ein Prinz. Am dritten<br />
Tag nun schrieb Sorin seine erste kleine<br />
Geschichte und war sehr froh.<br />
Am Nachmittag des dritten Sommerschultages<br />
merkte ich, dass mir die Zeit<br />
davonlief, weil wir nur noch zwei gemeinsame<br />
Tage hatten und wir noch gar nichts<br />
zu den Steinen geforscht hatten.<br />
Donnerstag in der Sommerschule<br />
Als wir am nächsten Tag wieder die<br />
Rätselgeschichten vorgelesen und ins Heft<br />
geklebt hatten, setzten wir uns im Kreis<br />
um den geschlossenen Koffer, in den ich<br />
viele schöne Steine gelegt hatte.<br />
Wieder war die Spannung groß und die<br />
Kinder waren sehr erstaunt darüber, welche<br />
Steinformen es gibt. Dabei stellten sie<br />
fest, dass ich nicht alle Steine gefunden<br />
haben konnte.<br />
Auch bei ihren Begründungen dazu<br />
gaben mir die Kinder wieder einen Einblick<br />
in ihr eigenes Wertgefühl. „Wenn<br />
man einen Stein so schön und kunstvoll<br />
bemalt hat, wirft man ihn danach einfach<br />
nicht ins Meer.“ Ich erzählte den Kindern,<br />
dass ich jeden Stein bei meiner Verabschiedung<br />
von einer Lehrkraft als Erinnerung<br />
an die GS Stein geschenkt bekommen<br />
hatte. Ein Junge entdeckte das gemalte<br />
Schullogo auf dem Stein und wollte<br />
es unbedingt abzeichnen. Beim Befühlen<br />
der Steine stellten die Kinder fest, dass es<br />
leichte und schwere Steine gibt – unabhängig<br />
von deren Größe. Sie stellten fest,<br />
dass manche Steine „klingen“, wenn man<br />
sie aneinanderschlägt, manche aussehen<br />
wie ein Herz und andere so viele Löcher<br />
haben und flach sind, dass es wohl Eisen<br />
sein müsste.<br />
So ergaben sich weitere Forschungen<br />
dazu, womit man feststellen könne, ob es<br />
sich um Eisen handelt. Zum Glück gibt<br />
es in jedem Klassenzimmer auch in den<br />
Ferien Magnete, die bewiesen, dass es<br />
sich doch nicht um Eisen handelte. Großes<br />
Erstaunen gab es, als ein Kind feststellte,<br />
dass der weiße Lochstein abfärbt<br />
und man mit ihm auf dem schwarzen<br />
flachen Stein malen kann. Da war meine<br />
Erzählung zu den Kreidefelsen von Rügen<br />
und den Schiefersteinen von irgendwoher<br />
gefragt.<br />
Die Kinder begannen in ihrem Buch<br />
also das Kapitel „Steine“. Sie erforschten<br />
diese mit der Lupe, zeichneten sie genau<br />
ab und wollten nun auch das Gewicht<br />
und die Länge feststellen. Dazu musste<br />
ich die Kinder auf den letzten Tag vertrösten,<br />
weil wir dazu so etwas wie eine<br />
Waage und ein Maßband benötigten.<br />
Die Kinder schrieben wunderbare Steingeschichten,<br />
in denen sie sich auch mit<br />
dem Wert von Steinen auseinandersetzten.<br />
Lukas zeigte mir immer wieder das<br />
sog. „Katzengold“, einen glitzernden Pyritstein,<br />
und fragte mich, ob es sich nicht<br />
doch um pures Gold handeln könnte.<br />
Steine beschreiben<br />
Ich fahre in die Türkei Burggeschichte Zu Steinen sprechen<br />
GS aktuell 156 • November 2021 21