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2021/12 |Unternehmen #80 | Ausgabe Dezember 2021 | !

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VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />

Bei Peter Weiß* war es<br />

ein Burnout wie aus<br />

dem Lehrbuch: Der Unternehmer,<br />

der ein Unternehmen<br />

mit etwa 30 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern<br />

leitet, hatte Schlafstörungen, arbeitete<br />

80 Stunden in der Woche,<br />

verbrachte jede freie Minute<br />

im Büro. Seine Frau konnte<br />

keine Urlaube mehr planen,<br />

ohne dass er sie wieder absagte.<br />

Keine Zeit, keine Zeit. Immer<br />

gab es noch so viel zu tun. Als<br />

er in die Praxis der Offenburger<br />

Psychologin Anke Precht kam,<br />

da hatte er schon lange mit dem<br />

Stress zu kämpfen: „Er kam mit<br />

den klassischen Symptomen,<br />

war schon kurz vor dem Zusammenklappen“,<br />

erzählt Precht.<br />

Im Allgemeinen ist der Weg<br />

zum Burnout aber nicht ganz so<br />

geradlinig: „Die meisten Menschen,<br />

die Burnout entwickeln,<br />

brennen weniger wegen der Arbeitslast<br />

aus, sondern häufiger<br />

wegen zwischenmenschlichen<br />

Konflikten und Problemen“,<br />

sagt Psychologin Precht.<br />

Konflikte spielen eine Rolle<br />

So war es zum Beispiel bei Anja<br />

Schneider*, einer anderen Klientin<br />

von ihr: Schneider, eine<br />

Managerin der mittleren<br />

Führungsebene, arbeitete<br />

gerne für ihr Unternehmen<br />

– bis sie einen<br />

Konflikt mit ihrer<br />

Chefin hatte. „Das<br />

ging so weit, dass<br />

die Chefin sie<br />

dann irgendwann<br />

geghosted<br />

hat, wie man<br />

heute sagen<br />

würd“, so<br />

Precht. Geghostet<br />

– das<br />

bedeutet, dass<br />

Schneiders Chefin<br />

sie nicht<br />

mehr gegrüßt<br />

hat, so getan hat,<br />

als sei sie Luft. Belastend<br />

war das;<br />

nicht nur für das Arbeitsverhältnis,<br />

sondern auch darüber<br />

hinaus. „Sie<br />

hat total darunter<br />

gelitten“, erzählt<br />

Precht.<br />

Alarm in<br />

Kopf und<br />

Körper<br />

Gesundheit Stress macht krank: Immer<br />

mehr Menschen lassen sich wegen<br />

psychischer Leiden krankschreiben. Dabei<br />

könnte eine gute Prävention in den meisten<br />

Fällen verhindern, dass es so weit kommt.<br />

Stress führt zu körperlichen und<br />

seelischen Symptomen. Diese<br />

können chronisch werden.<br />

Foto: fran_kie/shutterstock.com<br />

Sehr verständlich: Denn gerade<br />

die Wertschätzung durch<br />

Vorgesetzte und Kolleginnen<br />

und Kollegen ist ein wichtiger<br />

Faktor, der präventiv vor Erkrankungen<br />

schützt. Das sagt<br />

auch Burn out-Experte Holger<br />

Kracke, Vorsitzender des Deutschen<br />

Bundesverbands für Burnout-Prophylaxe<br />

und Prävention.<br />

Kracke, der als „Mister Feelgood“<br />

Vorträge hält und Unternehmen<br />

in puncto psychische<br />

Gesundheit der Mitarbeiter berät,<br />

meint: „Wertschätzung zeigen:<br />

Das geht mit einfachen Dinge<br />

wie Bitte und Danke sagen<br />

oder nachfragen, wenn jemand<br />

krank war oder aus dem Urlaub<br />

zurückkommt – so kann eine<br />

Führungskraft ganz grundsätzlich<br />

dafür sorgen, dass es Mitarbeitenden<br />

gut geht.“<br />

Solidarität ist gesund<br />

„Ein gutes Team hat einen protektiven<br />

Effekt“, sagt Professor<br />

Harald Gündel, Ärztlicher Direktor<br />

an der Klinik für psychosomatische<br />

Medizin und Psychotherapie<br />

am Universitätsklinikum<br />

Ulm. „Wenn innerhalb eines<br />

Teams eine gewisse<br />

Solidarität und gegenseitiges<br />

Vertrauen bestehen, dann können<br />

gemeinsame Aufgaben<br />

besser und für den Einzelnen<br />

auch gesünder bewältigt<br />

werden.“<br />

Precht hat mit ihrer<br />

Klientin Schneider<br />

deswegen nicht<br />

nur psychologisch<br />

daran gearbeitet,<br />

dass sich für diese<br />

das Gefühl<br />

des Ignoriert-werdens<br />

nicht mehr so<br />

schlimm angefühlt<br />

hat. Sondern,<br />

sie half<br />

Schneider auch<br />

dabei, einen eleganten<br />

Weg zu finden,<br />

den Konflikt zu<br />

beenden: „Wir haben<br />

dann gesagt, dass sie<br />

ihrer Chefin, sobald<br />

sie sich das nächste<br />

Mal auf dem Gang<br />

begegnen, mit einem<br />

strahlenden<br />

Lächeln die Hand

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