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01.02.22 Simbacher Anzeiger

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1. Februar 2022<br />

<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />

Nr. 3/2022<br />

<strong>Simbacher</strong><br />

ehreNbÜrGer<br />

Ferdinand Lehner<br />

Am 27. 10. 1969 wurde Altbürgermeister<br />

Ferdinand Lehner die Ehrenbürgerwürde<br />

der Stadt Simbach am Inn verliehen. Die Urkunde<br />

überreichte ihm sein Amtsnachfolger<br />

Hans Murauer. Lehner war ein waschechter<br />

<strong>Simbacher</strong>, der mit seinen Geschwistern im<br />

Haus mit Buchdruckerei in der Innstraße<br />

nahe der Innbrücke aufwuchs. Aus alten<br />

Zeitungsberichten und mündlichen Überlieferungen<br />

erfährt man, dass er eine gewinnende<br />

Persönlichkeit war, bescheiden und<br />

gerecht und sich allgemeiner Wertschätzung<br />

erfreute.<br />

Geboren wurde er am 27.10.1899 in Simbach,<br />

am 08.03.1984 ist er in seiner Heimatstadt<br />

verstorben, seine letzte Ruhestätte<br />

befindet sich auf dem <strong>Simbacher</strong> Friedhof.<br />

Zeit seines Lebens hat er sich interessiert<br />

und eingesetzt für die Belange Simbachs,<br />

war prägend in kulturellen, sportlichen und<br />

politischen Bereichen.<br />

Ein Herz für Stadt und Menschen<br />

Zwölf Jahre lenkte er als 1. Bürgermeister<br />

die Geschicke seiner Stadt am Inn, die ihm<br />

so sehr am Herzen lag. „Alle Menschen waren<br />

für ihn gleich und stets respektvoll ging<br />

er mit ihnen um. Er mochte die Geselligkeit<br />

und gleichsam das Familiäre mit seiner Frau<br />

Luise (geborene Hohenadel), seinen Kindern<br />

Ferdinand, Helmuth, Fritz und Helga,<br />

die Schwiegerkinder und seine Enkelkinder“,<br />

beschreiben ihn seine Schwiegertöchter<br />

Maria und Hanni Lehner. Er war präsent<br />

bei den Vereinen, auf jedem Ball vertreten<br />

und seine Zigaretten ließ er sich von<br />

niemandem nehmen. Viele <strong>Simbacher</strong> erinnern<br />

sich an Ferdinand Lehner nicht nur als<br />

Bürgermeister, sondern auch als ihren Tanzlehrer.<br />

Für den ASC hat er als Tanzlehrer die<br />

Kurse im Grainersaal geleitet. „Er konnte<br />

unbändig gut tanzen und hat immer geschaut,<br />

dass alle junge Frauen und Männer<br />

mitkamen, eine Partnerin oder einen Partner<br />

hatten und sich beim Tanzkursabschlussball<br />

nicht nur beim Walzer im Dreivierteltakt<br />

sicher übers Parkett bewegten, sondern<br />

auch beim Fox oder Cha-Cha-Cha“, erinnern<br />

sich Maria und Hanni Lehner.<br />

Seinen 60. Geburtstag feierte Ferdinand<br />

Lehner in der Bahnhofsgaststätte, alle<br />

Gäs te wurden dabei vom damaligen SPD-<br />

Ortsvorsitzenden Albert Schusterbauer begrüßt.<br />

Aus Zeitungsberichten ersichtlich,<br />

wurde Lehner an seinem Jubelfest als Mann<br />

des Ausgleiches gewürdigt, der sich über<br />

die Grenzen seiner Vaterstadt einen guten<br />

Namen erworben hat. „Ferdinand Lehner<br />

entstammt einer angesehenen <strong>Simbacher</strong><br />

Bürgerfamilie. Schon als junger Mann sah<br />

man ihn in Versammlungen, in denen gemeindliche<br />

Belange zur Debatte standen.<br />

Neben dem Interesse für kommunalpolitische<br />

Fragen waren es auch die Belange<br />

der Leibeserziehung, die den jungen Ferdinand<br />

zusammen mit seinen Brüdern zur<br />

aktiven Betätigung anspornten. Beachtliche<br />

Meisterschaftserfolge errang er auf dem Gebiet<br />

der Leichtathletik. Er war Mitbegründer<br />

des ASC, an dessen Spitze er 30 Jahre lang<br />

war. Auch zahlreiche andere Vereine, vor<br />

allem gemeinnütziger Art, z.B. die Feuerwehr,<br />

zählten ihn viele Jahre hindurch zu<br />

ihren aktivsten Mitarbeitern und Funktionären.<br />

Familienmensch mit vielseitigem Interesse<br />

Dem Jubilar, der das Buchdruckerhandwerk<br />

im elterlichen Betrieb in der Innstraße<br />

erlernte und im ersten und zweiten Weltkrieg<br />

als Soldat an der Front stand, sind mit<br />

den Ereignissen des Jahres 1945 auch<br />

Existenzsorgen nicht erspart geblieben. Am<br />

28. Juni 1948 fand er eine Dauerbeschäftigung<br />

im damals gemeindlichen Bahnhof“,<br />

so im Zeitungsartikel aus dem Jahr 1959,<br />

verfasst anlässlich des 60. Geburtstages<br />

von Lehner. Engagiert und bekannt war der<br />

<strong>Simbacher</strong> in seiner Heimatgemeinde. Die<br />

Sozialdemokraten hielten für die Wahl 1952<br />

nach einem Bürgermeisterkandidaten Ausschau<br />

und die Entscheidung fiel auf ihn. Mit<br />

64 Prozent wurde er zum 1. Bürgermeister<br />

der wenige Monate vorher zur Stadt erhobenen<br />

Gemeinde gewählt. Bei seiner Wiederwahl<br />

erhielt er 86 Prozent der abgegebenen<br />

Stimmen. An seinem 65. Geburtstag wurde<br />

ihm im Rahmen einer Sondersitzung des<br />

Stadtrates der Goldene Ehrenring überreicht.<br />

Verdienter Mann der Stadt<br />

„Seine Amtszeit bis 1966 war gekennzeichnet<br />

vom wirtschaftlichen Aufschwung<br />

nach dem zweiten Weltkrieg“, steht im Buch<br />

„Simbach a. Inn – Straßen, Wege, Plätze“,<br />

denn auch eine Straße ist dem verdienten<br />

Mann gewidmet. Bau des Gymnasiums am<br />

Kirchenplatz (heute Realschule), Bau des<br />

Altenheims an der Maria-Ward-Straße<br />

(heute Wohnungen), unter seiner Regie entstanden<br />

das Pumpwerk für die Wasserversorgung<br />

in der Erlacher Au und ein Großteil<br />

der heutigen Kanalisation. Er erwarb Grundstücke<br />

für den Häuser- und Wohnungsbau<br />

seiner Bürger entlang der Albert-Seidl-<br />

Straße und der Sudeten- und Schlesierstraße.<br />

Fortschritte erreichte er auch bei der<br />

Beleuchtung der Straßen im Stadtbereich.<br />

Betriebe siedelten sich an und eines seiner<br />

letzten Projekte war der Bau des <strong>Simbacher</strong><br />

Von Christina Schmid<br />

Freibades (1963/64) mit dem ersten Aluminiumbecken<br />

in Deutschland. „Die allgemeine<br />

Wertschätzung, die Ferdinand Lehner<br />

aufgrund seines bescheidenen Wesens genoss,<br />

drückte sich in der Verleihung des<br />

Goldenen Ehrenringes der Stadt und in der<br />

Ernennung zum Ehrenbürger aus“, so in der<br />

oben genannten Veröffentlichung. „Er war<br />

ein Mann, der im anderen immer den Menschen<br />

gesehen hat, gleich welcher Partei er<br />

zugehörig war. Seine Kraft, anderen zu helfen,<br />

hat Lehner aus seiner Liebe zur Heimat<br />

und einer glücklichen Ehe geschöpft. Für<br />

Ferdinand Lehner hat immer der Satz gegolten:<br />

„Bleibt euch selbst treu und verzagt<br />

nicht“, sagte 1984 der damalige <strong>Simbacher</strong><br />

Stadtpfarrer Max Sinzinger beim Trauergottesdienst,<br />

ehe der Ehrenbürger zu seiner<br />

letzten irdischen Stätte auf den <strong>Simbacher</strong><br />

Friedhof geleitet wurde.<br />

Eine große Anzahl von Rednern blickte<br />

beim Abschied auf Leben und Wirken von<br />

Lehner mit ehrenden Worten, Albert<br />

Schusterbauer bezeichnete ihn als „ein<br />

Stück Sozialdemokratie“. „Ferdinand Lehner<br />

war ein Mann, der Schwierigkeiten gemeistert<br />

und sich auch als Bürgermeister zu<br />

den Arbeitern bekannt hat“, sagte zum Beispiel<br />

Schusterbauer damals. Seine Familie,<br />

Freunde, Weggefährten und Fahnenabordnungen<br />

zahlreicher Vereine begleiteten den<br />

Trauerzug. „Die Vielzahl von Kränzen spiegeln<br />

wider, wie sehr Ferdinand Lehner von<br />

der Bevölkerung geschätzt wurde“, stand<br />

im Zeitungsbericht. Er hat ein Stück <strong>Simbacher</strong><br />

Geschichte geschrieben, als Bürgermeister,<br />

Tanzlehrer, Sportler, Engagierter in<br />

Vereinen, der als geselliger Mensch seinen<br />

Halt in seiner Familie hatte.

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