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audimax Wi.Wi. 2-2021 - Karrieremagazin für Wirtschaftswissenschaftler

100 Fragen an uns selbst, an Experten, ans Leben. *** plus: 6, 12, 18 – wir haben sechs Wochen lang zu zwölft 18 Routinen getestet *** Holla die MINT-Fee: Frauen in MINT-Berufen? Fabelwesen oder handfeste Realität? *** Jobs, Gründer, Trends und Chefs, die jetzt was zu sagen haben*** Vorhang auf für unsere liebsten Traineeprogramme *** Warum Sabine Rückert noch in einer WG wohnt und in ihrer Kindheit nicht still sein durfte: Sie verrät’s in Mut Zur Lücke

100 Fragen an uns selbst, an Experten, ans Leben. *** plus: 6, 12, 18 – wir haben sechs Wochen lang zu zwölft 18 Routinen getestet *** Holla die MINT-Fee: Frauen in MINT-Berufen? Fabelwesen oder handfeste Realität? *** Jobs, Gründer, Trends und Chefs, die jetzt was zu sagen haben*** Vorhang auf für unsere liebsten Traineeprogramme *** Warum Sabine Rückert noch in einer WG wohnt und in ihrer Kindheit nicht still sein durfte: Sie verrät’s in Mut Zur Lücke

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ARBEITSWELTEN<br />

FRAUEN IN MINT-BERUFEN? NOCH FABELWESEN ODER HANDFESTE REALITÄT?<br />

UNSER REPORT ÜBER DEN STAND DER DINGE, QUOTENBEMÜHUNGEN,<br />

STOLPERSTEINE UND ROLE MODELS.<br />

Text: Nina Kammleiter<br />

Foto: Subbotina/depositphotos.com<br />

Eine blaue Latzhose, ein Pullover mit einem Fußball drauf und Socken<br />

mit Auto-Muster. Das ist Jonas. Würde man eine zufällig ausgewählte<br />

Person bitten, mit dem Einjährigen zu spielen, würde sie in der bereitgestellten<br />

Spielzeugkiste souverän zum Bagger, Ball oder Rennauto greifen.<br />

Die Stoffpuppe mit rosa Feen-Kleidchen bliebe geflissentlich links liegen.<br />

Was die Testperson nicht weiß: Jonas heißt eigentlich gar nicht Jonas und<br />

ist auch kein Junge. Jonas ist Sophie, die in klassischen »Jungenklamotten«<br />

steckt. Sogenannte Baby X-Experimente werden in der <strong>Wi</strong>ssenschaft<br />

immer wieder durchgeführt, und stets fördern sie das gleiche Ergebnis zu<br />

Tage: So frei von Klischees und Stereotypen, wie wir uns selbst gerne sehen<br />

würden, sind wir gar nicht. Dabei prägen diese geschlechtertypischen<br />

Denkmuster nicht nur die Auswahl des Spielzeugs, sondern langfristig<br />

auch die Entwicklung von Interessen und somit die spätere Berufswahl<br />

der Kinder. Die Auswirkungen der gesellschaftlichen Denkmuster, wie<br />

sie unter anderem durch Baby X-Experimente aufgedeckt werden, zeigen<br />

sich deutlich in Zahlen und Fakten zum Thema Frauen in der <strong>Wi</strong>ssenschaft<br />

und insbesondere Frauen im MINT-Bereich.<br />

MINT-ARBEITSMARKT-REPORT<br />

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – kurz MINT,<br />

das sind die Bereiche, in denen vor allem in der Vergangenheit, aber auch<br />

heute noch ein chronischer Frauenmangel herrscht. 2020 waren laut<br />

der Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit nur 16 Prozent der MINT-Arbeitskräfte in<br />

Deutschland weiblich. Während Frauen in den Disziplinen der Mathematik<br />

und der Naturwissenschaften<br />

heute immerhin schon einen Anteil<br />

von knapp 38 Prozent ausmachen,<br />

zeigt sich das Ungleichgewicht der<br />

Geschlechter im Bereich Mechatronik,<br />

Energie- und Elektrotechnik<br />

mit 8,7 Prozent oder Bau- und<br />

Gebäudetechnik mit 12,7 Prozent<br />

weiblicher Beschäftigter besonders<br />

deutlich. Gleichzeitig zeichnet sich<br />

auf dem MINT-Arbeitsmarkt ab,<br />

dass Unternehmen bei der Suche<br />

nach Fachkräften zunehmende Schwierigkeiten haben. Die Bundesagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit spricht zwar aktuell nicht von einem generellen Fachkräftemangel,<br />

doch in einzelnen Teildisziplinen fehlt es bereits an Arbeitskräften<br />

und in anderen Bereichen ist in naher Zukunft mit einem Mangel an<br />

Nachwuchs zu rechnen. Die Vakanzzeit einer neu zu besetzenden Stelle<br />

– also die Zeit, bis eine ausgeschriebene Stelle neu besetzt wird – liegt mit<br />

151 Tagen nach dem gewünschten Besetzungstermin bei MINT-Berufen<br />

höher als die durchschnittliche Vakanzzeit von 131 Tagen <strong>für</strong> alle offenen<br />

Stellen in Deutschland. Aktuell halten sich zwar Arbeitlose und offene<br />

Stellen im MINT-Bereich fast die Waage, doch beinahe ein Viertel der<br />

MINT-Beschäftigten sind 55 Jahre oder älter und scheiden dementsprechend<br />

in absehbarer Zeit aus dem Berufsleben aus. Nachwuchs wird deshalb<br />

dringend gesucht.<br />

VON DEN ÜBER 8 MILLIONEN<br />

MINT-ARBEITSKRÄFTEN IN<br />

DEUTSCHLAND SIND 84 PROZENT<br />

MÄNNLICH UND MEHR ALS<br />

21 PROZENT ÜBER 55 JAHRE ALT<br />

Neben dem demographischen Wandel werden Nachwuchsfachkräfte<br />

in Deutschland auch aus anderen Gründen benötigt: Der langfristige<br />

Bedarf an MINT-Personal steigt, da zum einen neue Technologien erforderlich<br />

sind, um die Herausforderungen durch den Klimawandel<br />

anzugehen und beispielsweise die Dekarbonisierung voranzutreiben.<br />

Zum anderen wird durch die fortschreitende Digitalisierung auch die<br />

branchenübergreifende Nachfrage nach IT-Spezialist*innen steigen.<br />

Dr. Ulrike Struwe, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Technik-<br />

Diversity-Chancengleichheit e.V., erklärt, warum besonders Frauen dem<br />

drohenden Mangel entgegenwirken können. »<strong>Wi</strong>r sind in Deutschland<br />

als Hochtechnologieland auf Nachwuchskräfte dringend angewiesen.<br />

Das Potenzial an Nachwuchskräften ist bei Frauen höher als bei Männern,<br />

da sie in den MINT-Bereichen aktuell unterrepräsentiert sind. Männer<br />

wählen bereits zu einem hohen Anteil MINT-Studiengänge, sodass deren<br />

Anteil nicht mehr groß zu steigern ist. Um wirklich zahlenmäßig etwas<br />

bewirken zu können, müssen wir dringend mehr Frauen gewinnen.«<br />

Doch nicht nur zahlenmäßig würden Frauen die MINT-Arbeitswelt bereichern.<br />

Studien belegen, dass geschlechterübergreifende Teams häufig<br />

auf bessere Ideen kommen und produktiver zusammenarbeiten. Durch<br />

Frauen in MINT-Berufen wird außerdem gewährleistet, dass bei der Entwicklung<br />

von neuen Produkten, Dienstleistungen oder Technologien<br />

nicht nur die männliche Perspektive miteinbezogen und somit alles auf<br />

den Mann ausgelegt wird. Schließlich sind 50 Prozent der anschließenden<br />

Konsument*innen oder Nutzer*innen weiblich. Besonders im Hinblick<br />

auf die Digitalisierung ist es essentiell, dass Frauen<br />

miteinbezogen werden. »Die Welt wird immer mehr<br />

durch Informatik und Digitalisierung geprägt, diese<br />

Entwicklung betrifft alle Lebensbereiche«, erklärt<br />

Dr. Ursula Köhler, Sprecherin der Fachgruppe Frauen<br />

und Informatik. »Umso wichtiger ist es, dass genug<br />

Frauen in diesen Bereichen aktiv sind, um die Entwicklungen<br />

mitzugestalten und bei der Technik von<br />

morgen nicht außen vor gelassen zu werden.« Genau<br />

diese Entwicklung be<strong>für</strong>chten Expert*innen<br />

beispielsweise im Bereich der Künstlichen Intelligenz.<br />

KI-Systeme lernen aus Daten, die in das Programm<br />

eingespeist werden. Repräsentieren die eingespeisten Datensätze<br />

nicht die gesellschaftliche Vielfalt, entstehen zunehmend Systeme, die<br />

von Männern <strong>für</strong> Männer entwickelt werden. Die weibliche Sicht wird<br />

schlichtweg nicht miteinbezogen, wenn das Entwicklerteam ausschließlich<br />

oder überwiegend männlich ist.<br />

Doch warum gibt es überhaupt so wenige Frauen, die als Informatikerin,<br />

Ingenieurin oder Elektrotechnikerin arbeiten? Fehlt Frauen das Interesse<br />

an technischen Fächern? Oder an den Fähigkeiten, die <strong>für</strong> diese Berufe benötigt<br />

werden? Falsch! Die Ursachen <strong>für</strong> den Frauenmangel führen uns<br />

nicht nur zurück in die Hörsäle deutscher Unis und Hochschulen, wo<br />

auch heute noch zu wenige Frauen im MINT-Bereich ausgebildet werden,<br />

sondern noch deutlich weiter zurück. Zurück in die Schulen, Kindergärten<br />

und Kinderzimmer.<br />

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