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audimax Wi.Wi. 2-2021 - Karrieremagazin für Wirtschaftswissenschaftler

100 Fragen an uns selbst, an Experten, ans Leben. *** plus: 6, 12, 18 – wir haben sechs Wochen lang zu zwölft 18 Routinen getestet *** Holla die MINT-Fee: Frauen in MINT-Berufen? Fabelwesen oder handfeste Realität? *** Jobs, Gründer, Trends und Chefs, die jetzt was zu sagen haben*** Vorhang auf für unsere liebsten Traineeprogramme *** Warum Sabine Rückert noch in einer WG wohnt und in ihrer Kindheit nicht still sein durfte: Sie verrät’s in Mut Zur Lücke

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ARBEITSWELTEN<br />

»ES GIBT KEINEN NATÜRLICHEN ZUSAMMENHANG<br />

ZWISCHEN BERUF UND GESCHLECHT.«<br />

Prof. Dr. Hannelore Faulstich-<strong>Wi</strong>eland, Erziehungswissenschaftlerin<br />

AUF ANFANG<br />

Werden Mädchen durch die Gesellschaft zu informatikhassenden,<br />

chemieverabscheuenden und mathematisch untalentierten<br />

jungen Frauen erzogen? Natürlich nicht, doch die frühkindlichen<br />

Einflüsse und die Konfrontation mit Vorurteilen<br />

und Rollenbildern, die in der Gesellschaft fest etabliert sind,<br />

geht nicht spurlos an den Heranwachsenden vorbei. Blau steht<br />

<strong>für</strong> Junge, rosa <strong>für</strong> Mädchen. Sophie bekommt zu Weihnachten<br />

eine Barbiepuppe oder eine Spielküche, Jonas einen kleinen<br />

Werkzeugkasten oder ein Lego-Fahrzeug. Kochen ist Mädchensache,<br />

das Handwerkliche übernimmt der Junge. Ist ja nur<br />

Spielzeug. Sophie wünscht sich auch einen Werkzeugkasten?<br />

Klar, dann aber bitte in rosa, und am besten mit Feenstaub verziert.<br />

Diese unterschiedlichen Spielsachen mögen im ersten Moment<br />

belanglos wirken, jedoch sind sie prägend. Das Anziehen<br />

einer Puppe oder das Malen eines Bildes erfordert und fördert<br />

ganz andere Fähigkeiten als das Bauen eines Modellflugzeugs.<br />

»Es macht einen großen Unterschied, ob ein Mädchen im frühen<br />

Alter spielerisch an Technik herangeführt wird oder nicht«,<br />

erklärt Hannelore Faulstich-<strong>Wi</strong>eland, emeritierte Professorin<br />

<strong>für</strong> Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg.<br />

»Natürlich gelten heute meist nicht mehr so klare Vorschriften<br />

wie etwa, dass Jungen nicht weinen oder Mädchen nicht auf<br />

Bäume klettern dürfen. Doch subtil spielt es in der Erziehung<br />

immer noch eine Rolle, welches Verhalten <strong>für</strong> ein Mädchen angemessen<br />

ist und welches <strong>für</strong> einen Jungen. In der Spielzeugindustrie<br />

werden solche Klischees massiv gefördert.« Oft seien<br />

es gesellschaftliche Stereotypen, durch die Eltern bei der Spielzeugauswahl<br />

unbewusst beeinflusst werden. Ein rosa Baukasten<br />

extra <strong>für</strong> Mädchen etwa unterstützt nur das gängige Klischee,<br />

dass die echte <strong>Wi</strong>ssenschaft nichts <strong>für</strong> Frauen ist. Diese<br />

Vorstellungen haben Konsequenzen <strong>für</strong> das spätere Rollenverständnis<br />

eines Kindes.<br />

Bei der Berufs- oder Studiengangwahl haben frühkindliche<br />

Prägungen einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss. Zudem<br />

sind vor allem Eltern wichtige Ansprechpartner*innen<br />

bei der Berufsauswahl. Mit ihrem Rat können sie enorm auf<br />

die Entscheidungen ihres Kindes einwirken. Natürlich wollen<br />

sie dabei nur das Beste <strong>für</strong> ihre Kinder. Doch Studien belegen,<br />

dass Eltern ihren Töchtern bei ähnlichen oder sogar höheren<br />

Kompetenzen bereits in der Grundschule weniger mathematische<br />

Fähigkeiten zusprechen als ihren Söhnen. In ihrer Verkleidung<br />

als Jonas würden Sophies Eltern also eher ihre mathematischen<br />

Fähigkeiten erkennen und fördern, als sie es bei Sophie<br />

tun. Durch diese oft unbewusst vorherrschenden Geschlechterstereotypen<br />

ziehen viele Mädchen es gar nicht in Erwägung,<br />

sich in der Schule <strong>für</strong> Fächer wie Mathe oder Chemie zu interessieren.<br />

Dementsprechend wenig trauen sie sich selbst zu: Mädchen<br />

schätzen ihre Fähigkeiten durchschnittlich schlechter ein<br />

als sie tatsächlich sind, während Jungen eher dazu neigen, sich<br />

selbst zu überschätzen. Es mangelt also meist nicht an den Fähigkeiten,<br />

sondern an einem vorurteilsfreien Selbstbild der jungen<br />

Frauen, wenn sie sich bereits in der Schule gegen MINT-Fächer<br />

und <strong>für</strong> vermeintlich »einfachere Fächer« wie Kunst oder<br />

Sprachen entscheiden. »Eltern sollten ihren Töchtern hier mehr<br />

zutrauen und sie in ihrem Selbstwertgefühl bestärken«, erklärt<br />

Hannelore Faulstich-<strong>Wi</strong>eland. »Denn schließlich können sie es<br />

auch.« Doch eine möglichst geschlechtsneutrale Erziehung frei<br />

von gängigen Klischees ist in der Realität nur schwer umzusetzen.<br />

»Ein Kind unabhängig vom Geschlecht so zu erziehen, dass<br />

es alle Möglichkeiten hat, ist nur begrenzt realisierbar, denn die<br />

Eltern haben das natürlich nicht alleine in der Hand«, sagt die<br />

Erziehungswissenschaftlerin weiter. »Erziehung wird von vielen<br />

alltäglichen Begegnungen beeinflusst, durch das Fernsehen,<br />

auf der Straße, in der Schule, deswegen funktioniert eine<br />

völlig geschlechtsneutrale Erziehung nicht.« Die Schule – besonders<br />

die Grundschule – spiele in der Stärkung der persönlichen<br />

Interessen von Kindern eine enorm große Rolle. Hier<br />

fehle es jedoch häufig an technischen Bezügen. »<strong>Wi</strong>r haben in<br />

den Grundschulen einen hohen Anteil an weiblichen Lehrkräften,<br />

die sich bewusst <strong>für</strong> diesen Beruf und gegen etwas Technisches<br />

entschieden haben. Daher entsprechen technische Unterrichtsinhalte<br />

auch weniger den eigenen Interessen und werden<br />

deshalb weniger vermittelt.« Auch Ulrike Struwe empfielt: »<strong>Wi</strong>r<br />

müssen entlang der gesamten Bildungskette tätig werden, über<br />

Kita und Kindergarten bis in die Grundschule hinein. Besonders<br />

wichtig ist auch die Phase der Pubertät, in der es einen großen<br />

Schub in der Identitätsentwicklung gibt. Der relevanteste Punkt<br />

ist dann die konkrete Entscheidungsphase während des Schulabschlusses,<br />

die mit in den Blick genommen werden muss.«<br />

Foto: panda3800/depositphotos.com<br />

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