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Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische Land und den Kreis Mettmann
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TITEL INTERVIEW ENERGIEWENDE: KRISE ALS CHANCE
temperaturwärmepumpen. Hinzu kommt die Option
Produktion (zeitweise) ins Ausland zu verlagern,
wie dies bei der Herstellung von Ammoniak
bereits passiert ist.
Im Bereich der Stromerzeugung besteht neben effizienter
Stromnutzung und dem Ausbau der erneuerbaren
Energien kurzfristig die Möglichkeit
auf Kohlekraftwerke auszuweichen – verbunden
mit dem Nachteil deutlich höherer CO2-Emissionen.
Bei der Gasbeschaffung konzentrieren sich
die Bemühungen aktuell auf den verstärkten Import
von verflüssigtem Gas (LNG) aus Ländern
wie Katar, Ägypten und den USA. Hintergrund
ist die Tatsache, dass aktuell kaum Möglichkeiten
bestehen den leitungsgebundenen Import von
Gas, das heißt den Bezug über Pipelines, von den
Hauptlieferländern Norwegen und den Niederlanden
auszubauen. Beim Bezug von LNG ist für die
Klimabilanz zu berücksichtigen, dass die Verflüssigung
mit einem signifikanten Energiebedarf
verbunden ist und es sich beim LNG aus den USA
um unkonventionelles Erdgas handelt, das über
das sogenannte „Fracking“ gewonnen wird, bei
dem Treibhausgase freigesetzt werden.
Im Gespräch sind immer wieder Wärmepumpen,
zuletzt im Hilfspaket der Bundesregierung
in Form von zusätzlicher Förderung.
Wie realistisch ist es, vor dem Hintergrund
eines möglicherweise großen Sanierungsbedarfs
auch bestehende Gebäude und
Altbauten in großer Anzahl damit auszustatten?
Aus heutiger Sicht ist dies eine sehr realistische
Option. Lange Zeit galt der Einsatz von elektrischen
Wärmepumpen nur für den Neubau als eine
realistische Möglichkeit. Durch technische Verbesserung
ist dies heute nicht mehr der Fall. Bedingung
ist aber, dass gerade in alten Häusern zuvor
eine energetische Sanierung erfolgt, um den
Restwärmebedarf abzusenken.
Darüber hinaus bedarf es im Wesentlichen größerer
Heizkörper in den zu beheizenden Räumen, da
Wärmepumpensysteme mit einer geringeren Vorlauftemperatur
auskommen müssen als Erdgasheizungen.
Neben dem Einsatz von Wärmepumpen
gibt es aber auch die Möglichkeit, sich an
Nah- oder Fernwärmesysteme anzuschließen, die
zwar heute vor allem aus fossilen Heizkraftwerken
mit Wärme gespeist werden, auf der Zeitachse
aber auf „grüne Wärme“ umgestellt werden können
und müssen.
Welche Chancen stecken in Wasserstoff als
Energieträger, wo bietet sich Wasserstoff besonders
an?
Der Einstieg in eine Wasserstoffwirtschaft ist aus
vielen Gründen eine zentrale Herausforderung für
eine erfolgreiche Gestaltung des Transformationspfades
zu einem klimaverträglichen Energiesystem.
Dies gilt in erster Linie für grünen Wasserstoff, der
elektrolytisch aus Strom aus erneuerbaren Energien
gewonnen wird. Aufgrund des Aufwandes bei der
Herstellung sollte Wasserstoff primär dort eingesetzt
werden, wo es keine oder nur mit einem extrem
hohen Aufwand umsetzbare klimaverträgliche
Alternativen gibt. Dies betrifft vor allem den industriellen
Bereich sowie die Umstellung von erdgasoder
kohlebasierten Heizkraftwerken auf Wasserstoff.
Im Mobilitätsbereich kommt Wasserstoff für
den Güterverkehr und Busse (über den Einsatz von
Brennstoffzellen) sowie in umgewandelter Form als
synthetischer flüssiger Kraftstoff im Flugverkehr
eine wichtige Rolle zu.
Im PKW-Bereich und bei der Gebäudeenergieversorgung
gibt es bessere Alternativen und es kann
durch den direkten Einsatz von Strom viel Energie
eingespart werden. Wasserstoff in Heizkraftwerken
spielt in mehrfacher Hinsicht eine wichtige
Rolle, einmal für die Wärmeversorgung und zum
anderen für die Absicherung der Stabilität im
Stromsystem, da die hochflexiblen und dynamischen
Kraftwerke die fluktuierende Stromerzeugung
der erneuerbaren Energien Wind und Sonne
ausgleichen können und auch in sogenannten Dunkelflauten,
die immer mal wieder vorkommen, als
Ersatz für Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke
zur Verfügung stehen.
Wie sollten Industriebetriebe auf die Notwendigkeit
zur Energiewende reagieren?
Wie zuvor beschrieben, ist Energieeffizienz und Einsatz
elektrisch betriebener Anlagen für die Prozesswärmeversorgung
der Schlüssel im Bereich Industrie.
Weitere Möglichkeiten bestehen mittelfristig
durch den verstärkten Einsatz von Biomasse. Für die
Steigerung der Energieeffizienz ist der Einsatz von
Energiemanagementsystemen eine Voraussetzung.
26 www.bvg-menzel.de