Spökenkieker Nr. 440 - 05/2022
Spargelfrühling in Füchtorf // Zweirad-Seiten - Mit dem Fahrrad/E-Bike unterwegs // Emergency Room im Josephs Hospital in Warendorf // 60 Jahre THW Warendorf // Krüßing in Freckenhorst // Spökenkieker-Stellenmarkt: Beruf & Ausbildung // u.v.m.
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32<br />
Beruf & Ausbildung<br />
Pflegeberufe: DEULA und Jobcenter<br />
starten gemeinsames Pilotprojekt<br />
Karin Kirchner (DEULA-Bildungsberaterin, v. l.) Johannes Mersmann (Prokurist Tagespflege St. Anna in<br />
Telgte), Vard Ghumashyan (Projekt-Teilnehmerin) und Silke Smotzok (Teamleiterin im Jobcenter) sind von ihrem<br />
gemeinsamen Projekt überzeugt. (Foto: DEULA)<br />
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Vard Ghumashyan ist 33 Jahre jung<br />
und stammt aus Armenien. Sie ist<br />
ausgebildete Krankenschwester,<br />
aber bei der Flucht vor Krieg und Verfolgung<br />
in ihrem Land war die Mitführung<br />
ihrer Ausbildungszeugnisse<br />
von untergeordneter Bedeutung,<br />
weshalb sie jetzt in Deutschland<br />
noch einmal ganz von vorne anfangen<br />
muss.<br />
Dabei kommt ihr zu Gute, dass beim<br />
Jobcenter, der DEULA und dem Betriebshilfsdienst<br />
im vergangenen<br />
Jahr die Idee entstand, sich gemeinsam<br />
den Pflegeberufen zuzuwenden<br />
und einen „Schnupperkurs” für Migranten<br />
und Langzeitarbeitslose zu<br />
organisieren.<br />
Ziel ist, dass die Teilnehmer sich ein<br />
besseres Bild über Berufe in der<br />
Pflege machen können und dabei<br />
bedarfsgerecht berufssprachlich<br />
qualifiziert werden. Sinn des Projekts<br />
ist es, für die große Nachfrage<br />
in der Pflegebranche möglichst viele<br />
motivierte und talentierte Menschen<br />
zu finden.<br />
„Ich habe hier in Telgte schon in verschiedenen<br />
Pflegeeinrichtungen<br />
Praktika gemacht und hoffe, dass<br />
ich durch das Programm an der<br />
DEULA ein Arbeitsangebot bekomme”,<br />
erklärt die junge Frau in<br />
sehr gutem Deutsch. „Ich habe in<br />
meinem Heimatland schon eine<br />
Krankenpflege- und Geburtshelferausbildung<br />
gemacht und würde hier<br />
auch gerne in meinem Lehrberuf arbeiten.<br />
Berufssprachliche Förderung und<br />
berufliche Orientierung für Migranten<br />
sowie die Qualifizierung von<br />
Langzeitarbeitslosen gehören schon<br />
seit vielen Jahren zu den Kernkompetenzen<br />
des DEULA Bildungszentrums<br />
in Warendorf. Auch für das<br />
Jobcenter Kreis Warendorf war die<br />
berufliche Integration von Flüchtlingen<br />
in den letzten Jahren ein<br />
Schwerpunkt.<br />
„Die Teilnahme an diesem Projekt ist<br />
freiwillig, das heißt, die Menschen,<br />
mit denen wir hier arbeiten, sind motiviert<br />
und wollen auch wirklich in<br />
diesen Beruf einsteigen!” erklärt<br />
DEULA-Bildungsberaterin Karin<br />
Kirchner. Silke Smotzok, Teamleiterin<br />
im Jobcenter Kreis Warendorf bekräftigt<br />
dies und erklärt, dass gerade<br />
bei der Arbeit mit Menschen,<br />
wichtig sei, dass man Freude an seinem<br />
Job habe.<br />
Für die DEULA ist das Projekt ein völlig<br />
neues Arbeitsgebiet, da das Bildungszentrum<br />
nämlich bisher eher<br />
für Aus- und Weiterbildung in grünen<br />
Berufen bekannt ist. „Wir sind natürlich<br />
keine Pflegeschule. Aber in diesem<br />
Programm sollen die Teilnehmenden<br />
möglichst viele Informationen<br />
über die Arbeit als Pfleger oder<br />
Pflegerin bekommen”, erklärt Karin<br />
Kirchner, die bei der DEULA für das<br />
Projekt verantwortlich ist.<br />
Bei der Planung des Projekts war<br />
den Beteiligten ein großer Praxisanteil<br />
wichtig. So werden den Teilnehmer<br />
von einer erfahrenen Ausbilderin,<br />
einer examinierten Altenpflegerin,<br />
durchaus sehr spezifische Aufgaben<br />
vermittelt, wie das Umlagern<br />
oder die Körperpflege der Patienten.<br />
Dazu steht der DEULA auch ein modernes<br />
Krankenbett zur Verfügung,<br />
an dem alltägliche Situationen in<br />
der Pflege durchgespielt werden<br />
können.<br />
Parallel werden die Teilnehmer berufssprachlich<br />
unterstützt und ihre<br />
persönlichen Stärken wie Einfühlungsvermögen<br />
und Kommunikationsfähigkeit<br />
werden gefördert. Dabei<br />
muss auch das deutsche Gesundheitssystem<br />
erklärt werden.<br />
„Für Menschen aus anderen Kulturkreisen<br />
fühlt es sich oft falsch an,<br />
alte Menschen in einer Einrichtung<br />
außerhalb der Familie zu betreuen.<br />
In Praktika können sie sich dann<br />
selbst ein Bild machen, wie Pflege<br />
bei uns funktioniert. Sie sollen eben<br />
maximale Informationen bekommen<br />
über das deutsche Pflegesystem,<br />
sowohl in der Theorie wie auch<br />
in der Praxis”, so Karin Kirchner.<br />
Dreieinhalb Monate dauert die Einführung<br />
in die Pflegeberufe. Silke<br />
Smotzok erklärt, dass bei der Auswahl<br />
auch Teilnehmer mit entsprechenden<br />
Vorerfahrungen oder einer<br />
Ausbildung in der Pflege gewonnen<br />
werden konnten.<br />
„Frau Ghumashyan hat ihren B2-<br />
Sprachkurs aufgrund der Corona-<br />
Pandemie sogar online machen<br />
müssen” erläutert Silke Smotzok.<br />
„Ganz konsequent und fleißig ist sie<br />
dran geblieben – das hilft ihr jetzt natürlich”,<br />
so die zuständige Teamleitung.<br />
Denn jetzt ist Vard Ghumashyan<br />
erneut in einem zweiwöchigen<br />
Praktikum, diesmal bei der Tagespflege<br />
St. Anna in Telgte. Ein Praktikum,<br />
das ihr den Weg in eine Festanstellung<br />
ebnen könnte, so Johannes<br />
Mersmann, der ursprünglich<br />
selbst Krankenpfleger gelernt hat<br />
und mittlerweile die Einrichtung als<br />
Prokurist vertritt.<br />
„Das Problem für Frau Ghumashyan<br />
ist, dass sie als alleinerziehende<br />
Mutter mit einem 10-jährigen Sohn<br />
nicht im Schichtdienst arbeiten<br />
kann. Aber der Bedarf in der Branche<br />
ist so groß, dass sie bestimmt<br />
auch eine ortsnahe Stelle finden<br />
wird, in der sie ausschließlich im<br />
Tagdienst arbeitet.” Wenn ihr Sohn<br />
Gor älter ist und sie nicht mehr so intensiv<br />
braucht, möchte Vard Ghumashyan<br />
auf jeden Fall eine Ausbildung<br />
zur Pflegefachassistenz machen.