undsonst?! - Alsdorfer Stadtmagazin
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Die Frage nach dem<br />
Sinn des Lebens wird<br />
nicht auf dem Fußballplatz<br />
beantwortet<br />
Roland Dammers im Gespräch mit<br />
Heribert Brendt<br />
Als Heribert Brendt 1998 nach Stationen<br />
in Mönchengladbach, Aachen,<br />
Erkelenz und Geilenkirchen als Pries -<br />
ter nach Mariadorf kam, war auch ich<br />
als damaliger Leiter bei den Georgs -<br />
pfadfindern sehr gespannt, wie denn<br />
der »Neue« so sein würde. Nun, das<br />
ist lange her! Aber eines kann ich<br />
sa gen: Bis zum Erreichen seines Ruhe -<br />
standes wurde und wird er in Maria -<br />
dorf und darüber hinaus als geradlinige<br />
und offene Persönlichkeit<br />
geschätzt. Außerdem war und ist er<br />
ein sehr guter Priester, mit dem ich<br />
als Pfadfinder (er war während dieser<br />
Jahre unser Stammeskurat) und als<br />
»Privatperson« immer ein gutes Ge -<br />
spräch führen konnte.<br />
Was lag also näher, ihn zum Thema<br />
»Wie bekommt man die Kirchen wieder<br />
voll« zu interviewen. Für alle, die sich<br />
sonst wundern: Pfadfinder duzen sich<br />
untereinander!<br />
Also frage ich Heribert, der mittlerweile<br />
so langsam auf die 68 Jahre zugeht,<br />
was er denn so in seiner Freizeit macht.<br />
»Ich bin jetzt ein so genannter Wohnsitzpriester.<br />
Das heißt, dass ich keine<br />
offiziellen Ämter mehr ausübe, aber<br />
bei Bedarf gerne mal aushelfe.«<br />
Nun aber zum eigentlichen Grund für<br />
das Interview: »Wie beurteilst du die<br />
Situation der Kirche?«, frage ich.<br />
Natürlich kommen jetzt viel wenige<br />
Katholiken in die Kirchen als früher.<br />
Aber das bedauere ich nicht. Schon in<br />
der Bibel steht, dass man die Spreu<br />
vom Weizen trennen soll. Es kommt<br />
nicht auf die Quantität, sondern vielmehr<br />
auf die Qualität der Kirchgänger<br />
an. Früher haben die Leute die Gottesdienste<br />
besucht, weil es so üblich war.<br />
Die waren nicht frommer als die<br />
Leute heutzutage. Da wurde dann<br />
auch schon mal während der Messe<br />
auf der Empore über die Rübenpreise<br />
diskutiert. Solche Kirchgänger, die<br />
selbst gängige Kirchenlieder nicht<br />
mehr mitsingen können, bleiben<br />
heut-zutage immer öfter zu hause.<br />
Wer jetzt kommt, erscheint aus<br />
Überzeugung und weil die Religion<br />
für ihn (oder sie) eine Bedeutung im<br />
Leben hat.«<br />
Nun stellt sich die Frage, wie die<br />
Kirche es schaffen kann die Gottesdienste<br />
wieder zu füllen.<br />
»Da muss man realistisch sein. Die<br />
Kirche steht mit ihren Angeboten in<br />
harter Konkurrenz zu Vereinen, Discos<br />
und anderen Freizeitangeboten. Ich<br />
kann es keinem Jugendlichen übel<br />
nehmen, wenn er nach einer langen<br />
Disco-Nacht am Sonntagmorgen zu<br />
müde ist, um noch zur Kirche gehen.<br />
Wenn ich ein Kind vor die Wahl stelle,<br />
ob es mit zur Fronleichnamsprozession<br />
oder als Spieler zum Fußballturnier<br />
ALSDORFER STADTMAGAZIN 5/2010 20 Dezember / Januar 2010/11<br />
geht, ist die Ent -<br />
scheidung doch<br />
klar!«<br />
»Also ist die Jugend<br />
für die Kirche verloren?«,<br />
frage ich<br />
nach.<br />
»Nein, überhaupt<br />
nicht! Es gibt<br />
auch jetzt noch jede Menge Kinder<br />
und Ju gendliche, die Gottesdienste be -<br />
su chen. Viele, die das nicht machen,<br />
sind in der Kinder und Jugendarbeit<br />
aktiv und leben so ihr Christsein. Ich<br />
sehe da eine deutliche Tendenz zum<br />
Positiven.«<br />
»Kann die Kirche denn nichts aktiv<br />
machen, um wieder attraktiver zu<br />
werden?«, hake ich nach. »Die Kirche<br />
hat da viele Chancen«, antwortet<br />
Heribert Brendt. »Sie hat natürlich<br />
in der Vergangenheit viele Fehler gemacht.<br />
So hat sie sich zum Beispiel<br />
durch den Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung<br />
selbst in eine<br />
Randposition gebracht. Sie versteht<br />
bis heute nicht, dass sich viele Moralvorstellungen<br />
geändert haben.<br />
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Unmoral hat heute weniger mit Sexualität<br />
zu tun, als vielmehr mit Rücksichtslosigkeit<br />
im Berufsleben oder im<br />
Straßenverkehr. Solche Botschaften<br />
muss die Kirche offener diskutieren<br />
und verbreiten. Trotz dieser Mängel<br />
fühle ich mich in der Kirche immer<br />
noch sehr wohl.<br />
Die Kirche hatte schon viele Krisen.<br />
Unter den Nazis oder auch in der<br />
DDR hatte es die Kirche es sehr<br />
schwer. Solche Christen, die keine<br />
Risiken scheuen, gibt es jetzt immer<br />
noch und wenn die Menschen<br />
merken, dass die Frage nach dem<br />
Sinn des Lebens nicht auf dem<br />
Fußballplatz oder in der Disco beantwortet<br />
wird, habe ich für die Zukunft<br />
große Hoffnung.«<br />
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