blu Mai/Juni 2022
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28 Kultur<br />
NACHGEFRAGT<br />
Zwei Jahrzehnte<br />
MEGY B.<br />
FOTOS: PR SCHÖNWETTER<br />
Wir telefonierten mit dem Travestiekünstler<br />
und Schauspieler Marc<br />
Rudolf alias MEGY B. anlässlich ihres<br />
20-jährigen Bühnenjubiläums.<br />
Du bist auch „als Mann“ auf der<br />
Bühne zu sehen, aber Megy B.<br />
überwiegt, oder?<br />
Bei meiner Ausbildung im Theater durfte<br />
ich die Travestie lernen – Megy B. habe ich<br />
für die Bühne entwickelt, sie ist ein schöner<br />
Schein für das Theater.<br />
Was fasziniert dich an der Zauberei?<br />
Sie war mein Weg auf die Bühne, ähnlich wie<br />
bei Jürgen von der Lippe oder auch Sascha<br />
Grammel. Und sie war auch mein Weg zur<br />
Travestie!<br />
Wie das?<br />
Es war vor vielen Monden auf einer Kreuzfahrt<br />
mit meinen Eltern. Ein Künstler führte<br />
dort Zaubertricks auf und zeigte mir einen<br />
davon, den ich dann aufführte, das kam sehr<br />
gut an! Der Moderator der Show, das Berliner<br />
Original Peter Wieland, sagte zu meinen<br />
Eltern: „Dit Kind ist ein Künstler, da können<br />
Se nüscht gegen machen.“ Also förderten<br />
sie mich, wie es nur ging … Ich ging dann auf<br />
eine Zauberschule in Pullach, München, und<br />
gewann auch in Berlin Preise. Dann bin ich<br />
auf die Schauspielschule gegangen. Um mir<br />
Geld dazuzuverdienen, habe ich das Münchner<br />
Original Petra Dorén gefragt, ob ich bei<br />
ihr arbeiten könnte, sie gastierte mit ihrem<br />
Programm im Travestielokal Bel Étage. Und<br />
sie sagte: Du kannst dein Zauberzeug gerne<br />
machen, aber im Fummel! Und so passierte<br />
es … Das Publikum war begeistert und ich<br />
blieb dabei. Ich kam mit der Zauberei zur<br />
Travestie und habe nun eine Show, in die<br />
auch mal magische Momente einfließen.<br />
Gerade ist Krieg in Europa, wir reden<br />
über Spaß.<br />
Theater muss stattfinden! Der Mensch<br />
muss lachen können. Desto schlimmer die<br />
Zeiten, desto wichtiger ist es, dass wir den<br />
Menschen Lebensfreude geben. Freudentränen<br />
sorgen dafür, dass die Scheibe vom<br />
Auge gereinigt wird, dass wir wieder einen<br />
klaren Blick auf die wunderschöne Welt<br />
bekommen.<br />
<strong>2022</strong> feierst du nicht nur zwanzig<br />
Jahre Megy B., du bist auch vierzig<br />
geworden. Ist für dich <strong>2022</strong> also<br />
bisher besonders schön?<br />
Ja … Vierzig zu werden gibt<br />
einem mehr Gelassenheit.<br />
Man hat nicht mehr den<br />
Druck, sich beweisen<br />
zu müssen, immer zu<br />
kämpfen. Was nicht<br />
heißt, dass man<br />
aufhört, an sich zu<br />
arbeiten.<br />
Du hast deinen<br />
Mann in Freiburg<br />
geheiratet, warum<br />
dort?<br />
Das war pandemiebedingt.<br />
Freiburg war der einzige Ort, der<br />
damals seine Hotels geöffnet hatte.<br />
Weder in Berlin noch in München hätten<br />
wir im Kreise der Familie feiern können.<br />
Ich sagte damals: Entweder sind wir am<br />
Ende des Tages verheiratet oder verhaftet.<br />
(lacht) Die Pandemie hat uns – bei aller<br />
Tragik – Ruhe gegeben und die Heirat<br />
eigentlich erst möglich gemacht, davor<br />
haben wir 18 Jahre durchgearbeitet. Ich<br />
bin glücklich, im Hafen der Ehe gelandet<br />
zu sein.<br />
Du bist auch in deiner Heimatstadt<br />
München populär, was magst du an<br />
der Stadt?<br />
Das Münchnerische! Das ist diese<br />
Mischung aus den Bergen, dem Essen, den<br />
Trachten, das Granteln der Münchner, das<br />
übrigens nie böse gemeint ist. München<br />
ist Gelassenheit und Heimat. Wir sind nach<br />
Rosenheim gezogen und haben dort ein<br />
kleines Paradies erschaffen.<br />
Und an deiner Wahlheimat Berlin?<br />
Berlin explodiert, Berlin sind Farben, Lichter,<br />
Hektik, eine unglaubliche Energie … Berlin<br />
ist ein Marathon, Bayern ist eine<br />
Ruhephase.<br />
Abschließend: Was<br />
willst du noch<br />
loswerden?<br />
Ich will Danke sagen!<br />
Danke meinem<br />
Maskenbildner Stefan<br />
Winkler, meinem lieben<br />
Freund, der es seit<br />
zwanzig Jahren schafft,<br />
dass Megy B. so aussieht,<br />
wie sie aussieht. Und<br />
meinem Fotografen Sascha<br />
Funke, der dafür sorgt, dass<br />
die Person auf dem Plakat der<br />
entspricht, die die Leute dann auch auf<br />
der Bühne sehen, sowie meiner Mama, dass<br />
sie seit zwanzig Jahren meine Kostüme<br />
schneidert und natürlich meinem Mann<br />
Dennis Schönwetter! Allein würde ich das<br />
alles nicht schaffen.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.megy-b.com