Download Pdf [2,31 MB] - MTU Aero Engines
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Reportagen<br />
28 REPORT<br />
Megamodell<br />
mit Miniturbinen<br />
Andreas Spaeth<br />
Eines nach dem anderen beginnen die vier gerade einmal eimergroßen Triebwerke zu sirren und kommen langsam<br />
auf Touren. Zur Sicherheit hält Peter Michel seine Hand in den Abgasstrahl, um zu überprüfen, ob jede Miniturbine<br />
auch wirklich die vorgesehene Leistung von je zwölf Kilogramm Schub bringt. Der Deutsche hat das größte, mit echten<br />
Triebwerken ausgestattete Modellflugzeug der Welt gebaut – den Airbus A380. Damit begeistert er auf Flugvorführungen<br />
Zuschauer im In- und Ausland.<br />
Die kleinen Kraftpakete sind speziell angefertigte<br />
Modellantriebe – Kosten: rund 3.500<br />
Euro pro Stück. Der Original-A380-Antrieb,<br />
das GP7000, bringt es auf eine Länge von<br />
4,75 Metern und sechs Tonnen Gewicht, an<br />
ihm ist die <strong>MTU</strong> <strong>Aero</strong> <strong>Engines</strong> als Programmpartner<br />
beteiligt. Aber auch seine kleinen<br />
Nachbildungen haben es in sich. Nachdem<br />
klar ist, dass alle Triebwerke auf Hochleistung<br />
laufen, betätigt Michel per Fernsteuerung<br />
Höhenruder, Seitenruder, Vorflügelklappen<br />
und die Luftbremsen an den Tragflächen<br />
– genau wie es die Piloten des echten<br />
Riesenflugzeugs vor dem Start zur Überprüfung<br />
aller Systeme machen. Alles muss<br />
tadellos auf Michels per Daumen gegebenes<br />
und über Funk und zwei Antennen übertragenes<br />
Kommando reagieren, bevor er den<br />
kleinen Riesen zur Startbahn rollen und nach<br />
kurzer Anlaufstrecke elegant abheben lässt.<br />
Jeder Start versetzt den Modellbauer in<br />
höchste Anspannung, Schweißperlen stehen<br />
auf seiner Stirn, während er routiniert die<br />
Der Rumpf des Modells besteht vor allem aus Balsaund<br />
Sperrholz.<br />
Fernsteuerung bedient. Schließlich ist der<br />
A380 das Prunkstück seiner 20-jährigen<br />
Modellbauleidenschaft, die bereits funkferngesteuerte<br />
Jet-Modelle der Boeing 747-400,<br />
der Concorde sowie anderer Düsenriesen<br />
hervorgebracht hat. Mit dem kleinen Megaflieger<br />
besitzt und betreibt der pensionierte<br />
Kraftfahrzeugmeister aus Ingelheim das derzeit<br />
ungewöhnlichste Flugzeugmodell der<br />
Welt. Im Alleingang und nach Originalkonstruktionszeichnungen,<br />
die Airbus lieferte,<br />
hat der 64-Jährige in seiner Kellerwerkstatt<br />
ein Unikat hergestellt, das seinesgleichen<br />
sucht. Aufgewendet hat er über 2.000<br />
Arbeitsstunden und Gelder, für die er ein gehobenes<br />
Mittelklasse-Auto hätte kaufen können.<br />
Die Abmessungen sind beeindruckend für<br />
ein Modell – 4,80 Meter Länge, 5,40 Meter<br />
Spannweite und dazu ein 1,65 Meter hohes<br />
Leitwerk. Gut 70 Kilogramm wiegt das Megamodell,<br />
das dem leer 277 Tonnen schweren<br />
Vorbild erstaunlich detailgetreu nachgebildet<br />
ist. Da der kleine A380 schwerer als 25<br />
Kilogramm ist, wird er vom Luftfahrt-<br />
Bundesamt (LBA) nicht mehr als zulassungsfreies<br />
Modell akzeptiert, sondern benötigt<br />
eine Lizenz. Den „Ausweis für Steuerer von<br />
Flugmodellen“ musste Michel nicht mehr<br />
gesondert erwerben; er hatte ihn bereits für<br />
das Vorgängermodell, die 60 Kilogramm<br />
schwere Boeing 747-400, erhalten. „Dazu ist<br />
eine Art vereinfachte Pilotenausbildung<br />
nötig, bei der man vor allem die Beherrschung<br />
der Technik lernt“, erklärt der Modellbauer.<br />
Bei der Flugzeugabnahme haben die LBA-<br />
Gutachter den Modellbauer und sein Prunkstück<br />
auf eine harte Probe gestellt: Die Tragflächen<br />
wurden jeweils mit 75 Kilogramm<br />
schweren Sandsäcken belastet, um nachzuweisen,<br />
dass sie eine Belastung vom Drei-<br />
An besonders belasteten Stellen ist das Modell durch<br />
Glasfasern und Verbundwerkstoffe verstärkt.<br />
fachen der Erdanziehung aushalten. Ergebnis:<br />
Es gab keine Beanstandungen. Das aus<br />
Styropor, Balsa- und Sperrholz gefertigte Modell,<br />
vor allem an tragenden Teilen durch Beschichtungen<br />
aus Glasfasern und Kohlefaser-<br />
Verbundwerkstoffen verstärkt, erwies sich<br />
als hart im Nehmen.<br />
Das im Flug bis zu 120 km/h schnelle Strahlflugzeug<br />
hat eine eigene Versicherung –<br />
Deckungssumme: bis zu drei Millionen Euro –<br />
ein Lärmmessprotokoll sowie ein Flugbuch,<br />
in dem alle Starts und Landungen festgehalten<br />
werden. „Mehr Unterlagen braucht ein<br />
Privatpilot auch nicht“, stöhnt Michel über<br />
die Bürokratie. Genau wie jedes echte Flug-<br />
Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Anblick<br />
des Modell-Starts kaum vom Abheben des Originals.<br />
zeug darf der Modellflieger in Deutschland<br />
nicht überall abheben; Starterlaubnis erhält<br />
er nur auf Flugplätzen und speziell ausgewiesenen<br />
Flächen. Die Tankkapazität von zehn<br />
Litern Kerosin reicht für eine zwölfminütige<br />
Flugvorführung – und damit hat Michel schon<br />
Tausende von Zuschauern zum Staunen gebracht.<br />
Ihr Ansprechpartner zu diesem Thema:<br />
Sabine Biesenberger<br />
+49 89 1489-2760<br />
Interessante Multimedia-Services zu<br />
diesem Artikel unter:<br />
http://www.mtu.de/107Megamodell<br />
Vor dem nächsten Start kümmert sich Peter Michel - in rot gekleidet - genauestens um alle<br />
Details.<br />
REPORT 29