OM_07_08_2022_ePaper
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Christianes lustige,<br />
aufgeplusterte<br />
Biskuit-Decke.<br />
HEISST ES QUILT<br />
ODER KILT?<br />
UND WAS IST DER<br />
UNTERSCHIED?<br />
Hintere Reihe v.l.n.r. Bärbel, Sylvia, Anja, Christiane; +vordere Reihe v.l.n.r. Angela,<br />
Nancy, Hilma.<br />
Farbenfroh, ideenreich und stichhaltig möchte das<br />
Oberneuland Magazin Ihnen diese Fragen beantworten<br />
und hat sich hierfür mit den Frauen der Quilt<br />
Gruppe im Gemeindehaus der Evangelischen<br />
Kirchengemeinde Oberneuland getroffen.<br />
Quilt oder Kilt, beides sind Handarbeiten<br />
aus Stoff. Kilt kommt aus<br />
dem Schottischen und beschreibt<br />
einen knielangen Rock, welcher<br />
seine erste Erwähnung im 17. Jahrhundert<br />
erfährt. Der Quilt hingegen hat eine weitaus<br />
ältere Geschichte zu bieten. Vermutlich<br />
haben schon die Ägypter gequiltet. In<br />
einem Museum in Kairo sind die ältesten,<br />
ca. 3.000 Jahre alte Patchwork-Quilts ausgestellt.<br />
Auch in Japan und China wurden<br />
schon sehr früh Textilien mit dieser Technik<br />
hergestellt. Vom 11. bis 13. Jahrhundert<br />
verbreiteten heimkehrende Kreuzfahrer<br />
diese Patchwork-Quilt-Technik im nördlichen<br />
Europa, unter ihren Rüstungen<br />
trugen sie wärmende, gesteppte Kleidungsstücke,<br />
welche gleichzeitig vor Druckstellen<br />
schützten. Das Stoffstück gewann durch<br />
das Verbinden der Lagen mittels Steppstiches<br />
an Reißfestigkeit. Außerdem ließen<br />
die gefütterten Decken und Kleidungsstücke<br />
die kalten Winter erträglicher<br />
werden. Europäische Auswanderer nahmen<br />
Anfang des 17. Jahrhunderts diese Handarbeitskunst<br />
mit nach Amerika, wo Quilten<br />
und Patchwork zur Volkskunst wurde.<br />
Schon damals entstanden in Geselligkeit<br />
und durch gegenseitige Unterstützung<br />
große Gemeinschafts-Quilts. Oft waren<br />
diese Ausdruck gesellschaftlicher Anerkennung,<br />
manchmal auch Statussymbol. Es<br />
wurde ihnen eine so hohe Bedeutung beigemessen,<br />
dass sie sogar im Testament aufgeführt<br />
wurden. Schnell entdeckten die<br />
Menschen diese Handwerkskunst<br />
auch für dekorative<br />
Zwecke. Messgewänder<br />
hoher Geistlicher wurden<br />
verziert und bereits<br />
im 19. Jahrhundert gab<br />
es in England Quilts als<br />
Wanddekoration in wohlhabenden<br />
Häusern.<br />
Die acht Frauen sind<br />
sich einig, wenn sie sagen:<br />
„Es gibt keine Quilt-Polizei. Egal wie wir<br />
zum Ziel gelangen, das Ergebnis zählt. Im<br />
Laufe der Zeit lässt die Sehkraft und die<br />
Fingerfertigkeit nach, das müssen wir akzeptieren.“<br />
Dennoch ist es erstaunlich, wie<br />
geschickt Hilma Fäthke noch die kleinsten<br />
Stoffe über Papier gezogen näht. Urgestein<br />
und Legende wird die 85-Jährige liebevoll<br />
von den anderen Frauen genannt. Fäthke<br />
quiltet seit Anfang der 90er Jahre, gab die<br />
ersten Kurse in Bremen in einem Raum auf<br />
dem Peterswerder. „Damals gab es keine<br />
Literatur, Cutter oder Schablonen.<br />
Aber ich war öfters in Amerika<br />
und habe mir dort vieles<br />
abgeschaut“, erzählt sie<br />
schmunzelnd. Vor fast<br />
20 Jahren kam<br />
Bärbl Vollertsen<br />
nach Bremen,<br />
1998 hat sie ihre<br />
Mit English Paper Piecing gefertigte Muster<br />
in verschiedenen Formen.<br />
große Leidenschaft<br />
für Patchwork und<br />
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