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Das moderne Küchenhandwerk

Kartoffelsalat in Gelform? Olivenöl als Aerosol oder Air? Der bekannte Physik-Professor Thomas Vilgis fasst in seinem neuen Buch die aktuellen Küchentechniken zusammen und zeigt, was man aus Lebensmitteln alles kreieren kann. Im ersten Teil des Buchs präsentiert er das nötige Handwerk, im zweiten Teil zeigt er zusammen mit dem bekannten Schweizer Koch Rolf Caviezel raffinierte Rezeptideen, in denen die bebilderten Techniken praxisnah umgesetzt werden.

Kartoffelsalat in Gelform? Olivenöl als Aerosol oder Air? Der bekannte Physik-Professor Thomas Vilgis fasst in seinem neuen Buch die aktuellen Küchentechniken zusammen und zeigt, was man aus Lebensmitteln alles kreieren kann. Im ersten Teil des Buchs präsentiert er das nötige Handwerk, im zweiten Teil zeigt er zusammen mit dem bekannten Schweizer Koch Rolf Caviezel raffinierte Rezeptideen, in denen die bebilderten Techniken praxisnah umgesetzt werden.

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Fließverhalten von Hydrokolloiden –<br />

Molekulare Eigenschaften und Verdickungswirkung<br />

Die molekularen Eigenschaften wie Löslichkeit, Ladung und Kettenflexibilität der Verdickungsmittel<br />

sind für die Konsistenz der Saucen oder Cremes verantwortlich. Dies sieht man am besten, wenn die<br />

Flüssigkeiten tropfen.<br />

GUARKERNMEHL<br />

Am Beispiel des Guarkernmehls* kann man den Einfluss von Verdickungsmitteln erkennen, deren<br />

Kettenmoleküle extrem flexibel sind.<br />

<strong>Das</strong> Tropfverhalten einer wässrigen Lösung – hier Hagebuttentee<br />

ungezuckert – verdickt mit 0,5 % Guarkernmehl.<br />

Guarkernmehl zeigt eine starke sogenannte scherverdünnende Wirkung: Bei zunehmender Fallgeschwindigkeit<br />

des Tropfens (durch die Erdbeschleunigung, Erdanziehung) bildet sich ein dünner Faden,<br />

der schließlich dann in kleine Tröpfchen zerreißt. Mit dem Verdickungsmittel Guarkernmehl lassen sich<br />

Saucen und Cremes mit einem flüssigen, aber dennoch elastischen Mündgefühl erzeugen.<br />

Auch bei höheren Konzentrationen des Verdickungsmittels bleibt dieses Verhalten bestehen. <strong>Das</strong> Fließen<br />

ist weiterhin ausgeprägt gleichmäßig, bis der Faden in Tropfen zerreißt. Allerdings ist die Form des<br />

Tropfens im Vergleich zu 0,5 % Guarkernmehl deutlich ausgeprägter. Die Flüssigkeit ist zähflüssiger und<br />

hat eine höhere Viskosität. Die Anzahl der Abrisstropfen ist aber geringer.<br />

Bei noch höherer Konzentration wird das Mundgefühl eher leimig und unangenehm. Auch dies lässt<br />

sich anhand der Tropfenbilder veranschaulichen.<br />

<strong>Das</strong> Tropfverhalten einer wässrigen Lösung – hier Hagebuttentee<br />

ungezuckert – verdickt mit 1,0 % Guarkernmehl.<br />

Bei der Abbildung unten überwiegt das hoch-viskoelastische Verhalten über das Fließen. Ein längerer<br />

Faden bildet sich nun nicht mehr. Stattdessen zieht sich der am Rohr hängende Tropfen elastisch zurück.<br />

Die Konzentration ist bereits zu hoch. <strong>Das</strong> Mundgefühl der Flüssigkeit wird oft nicht mehr als angenehm<br />

beschrieben.<br />

XANTHAN<br />

Xanthan* als relativ unflexibles Makromolekül hat eine ganz andere Verdickungswirkung als Guarkernmehl.<br />

Mit Xanthan verdickte Flüssigkeiten benötigen eine Mindestkraft bzw. Spannung, damit sie<br />

überhaupt fließen (Ketchupeffekt). Daher sehen die Tropfen deutlich anders aus. Ebenso bildet sich<br />

kein langer Faden, denn beim Erreichen der Mindestspannung werden die Lösungen sofort flüssiger.<br />

<strong>Das</strong> Tropfverhalten einer wässrigen Lösung – hier Hagebuttentee<br />

ungezuckert – verdickt mit 1,5 % Guarkernmehl.

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