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EKD: Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung (Leseprobe)

Rechtes Gedankengut und menschenfeindliche Einstellungen sind ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft. Das Thema beschäftigt auch die Evangelische Kirche in Deutschland. Die vorliegende, von der EKD geförderte Studie beleuchtet den Zusammenhang zwischen Kirchenmitgliedschaft, Religiosität, politischer Kultur und Vorurteilsstrukturen aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Perspektiven. Methodisch umfassen die drei enthaltenen Teilstudien - eine repräsentative Bevölkerungsumfrage, - eine qualitative Analyse von Zusammenhängen zwischen theologischer Argumentation und Narrationen vorurteilsbezogener Kommunikation sowie Hassrede online und - ethnografische Untersuchungen politisch-kultureller Herausforderungen in exemplarischen Kirchengemeinden. Die Ergebnisse zeigen, wo kirchlicher Handlungsbedarf besteht, aber auch, in welchen Fällen sich Kirche und Religiosität positiv auf ein vorurteilsfreies Denken auswirken.

Rechtes Gedankengut und menschenfeindliche Einstellungen sind ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft. Das Thema beschäftigt auch die Evangelische Kirche in Deutschland. Die vorliegende, von der EKD geförderte Studie beleuchtet den Zusammenhang zwischen Kirchenmitgliedschaft, Religiosität, politischer Kultur und Vorurteilsstrukturen aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Perspektiven. Methodisch umfassen die drei enthaltenen Teilstudien

- eine repräsentative Bevölkerungsumfrage,
- eine qualitative Analyse von Zusammenhängen zwischen theologischer Argumentation und Narrationen vorurteilsbezogener Kommunikation sowie Hassrede online und
- ethnografische Untersuchungen politisch-kultureller Herausforderungen in exemplarischen Kirchengemeinden.

Die Ergebnisse zeigen, wo kirchlicher Handlungsbedarf besteht, aber auch, in welchen Fällen sich Kirche und Religiosität positiv auf ein vorurteilsfreies Denken auswirken.

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Religion <strong>und</strong> Rechtspopulismus/-extremismus: Analysen von Narrationen (TP2)<br />

gen, die auf vorhandene Vorurteilsstrukturen in Argumentationen <strong>und</strong> Begründungen<br />

hinweisen. 170 Akzeptierende wie ablehnende Einstellungen können dabei bei den<br />

Akteur*innen durchaus nebeneinander stehen, sodass sich dem Konstatieren einer<br />

prinzipiellen Offenheit von Glaubensüberzeugungen hinsichtlich potenzieller Imprägnierungen<br />

die Annahme zugesellt, dass der Bereich religiös-weltanschaulich motivierter<br />

Einstellungen nicht selten von Ambivalenzen, Suchbewegungen, Indifferenzen <strong>und</strong><br />

unabgeschlossenen Meinungsbildungsprozessen geprägt ist. 171 Positiv formuliert: Einstellungen<br />

sind oft nicht unabänderlich festgelegt, sie können sich ändern. Interessant<br />

ist in diesem Zusammenhang weiterhin die Erkenntnis der (qualitativen <strong>und</strong> insofern<br />

eher hypothesengenerierenden) Studie Kirchenmitgliedschaft <strong>und</strong> politische Kultur,<br />

dass befragte Akteur*innen in den Kirchengemeinden oftmals nur auf ein eher begrenztes<br />

theologisches Wissen zurückgreifen können, wenn es um die Erörterung <strong>und</strong><br />

Diskursivierung religiöser Themen bzw. die Auseinandersetzung um religiös motivierte<br />

Einstellungen geht. So notieren die Verfasser*innen des Abschlussberichts:<br />

„Ein breiter Diskurs über GMF-Elemente ist auch eine zentrale Voraussetzung<br />

dafür, dass die Beteiligten ihre bisherigen Meinungen vor dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer<br />

religiösen Überzeugungen reflektieren. Gerade die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Auslegungen der Bibel erfordern in diesem Zusammenhang<br />

den Zugang zu Informationen, die im gemeindlichen Kontext üblicherweise nicht<br />

vorhanden sind. Dass <strong>EKD</strong>-Positionen hier praktisch keine Rolle spielen, deutet<br />

auf eine unzureichende Anschlussfähigkeit der übergeordneten kirchlichen Ebenen<br />

hin.“ 172<br />

Der Schluss liegt nahe, dass Kirchengemeindemitgliedern, so sie denn in Suchbewegungen<br />

<strong>und</strong> unabgeschlossene Meinungsbildungsprozesse involviert sind, eine größere<br />

Bandbreite religiösen Wissens dienlich ist, um mit Blick auf ihre Selbstpositionierung<br />

170<br />

Die Unterschiedlichkeit der Einstellungen überrascht an sich nicht. Wenn die kürzlich erschienene Studie<br />

Die geforderte Mitte – Rechtsextreme <strong>und</strong> demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21<br />

zu dem Ergebnis kommt, dass 25,3 Prozent der Befragten deutlich zu rechtspopulistischen Einstellungen<br />

neigen <strong>und</strong> sich bei 41,5 Prozent der Befragten in Deutschland eine Tendenz dazu zeigt, kann angenommen<br />

werden, dass sich diese Einstellungen auch unter Kirchenmitgliedern finden, in welcher prozentualen<br />

Verteilung auch immer. (Vgl. ZicK/KüppeR [Hrsg.], Die geforderte Mitte, 57.) Besonders interessant hingegen<br />

scheint uns der Bef<strong>und</strong> der Fallstudie Kirchenmitgliedschaft <strong>und</strong> politische Kultur, dass die Einstellungen<br />

zwischen Gemeindeleitung <strong>und</strong> Gemeinde themenbezogen durchaus deutlich divergieren. Was sagt ein<br />

solcher Bef<strong>und</strong> aus über das Verhältnis von Leitung <strong>und</strong> Gemeinde? Dieser Frage kann das hier skizzierte<br />

Projekt aufgr<strong>und</strong> seiner thematischen Anlage nicht weiter nachgehen, vgl. hierzu aber auch entsprechende<br />

Ergebnisse aus TP 3.<br />

171<br />

Vgl. RebenstoRf, „Rechte“ Christen?, 330.<br />

172<br />

lobeRmeieR/Klemm/stRobl, Abschlussbericht, 154. Die Abkürzung ‚GMF‘ steht für den Terminus ‚Gruppenbezogene<br />

Menschenfeindlichkeit‘; mit dem Begriff werden abwertende Einstellungen bezeichnet, die sich<br />

auf die Zuschreibung der Zugehörigkeit von Menschen zu einer (konstruierten) Gruppe beziehen (z. B.<br />

Jüd*innen, Muslim*innen, Wohnungslose). Vgl. dazu u. a. auch: ZicK/KüppeR/HeitmeyeR, Vorurteile als Elemente.<br />

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