Ausgabe 6 (Juli 2022) | FNG-Magazin
Entdecken Sie die 6. Ausgabe des blätterbaren FNG-Magazins. FNG Fitness News Germany - Das Fachmagazin für die deutsche Fitnessbranche
Entdecken Sie die 6. Ausgabe des blätterbaren FNG-Magazins.
FNG Fitness News Germany - Das Fachmagazin für die deutsche Fitnessbranche
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gesundheit & Therapie<br />
DER PERSÖNLICHE BIORHYTHMUS<br />
DER FRÜHE WURM PULVERISIERT DIE KILOS – UND DER SPÄTMENSCH GEWINNT DIE CHAMPIONS LEAGUE<br />
Wir haben uns ja bereits in einem früheren Artikel mit der Frage beschäftigt, ob es einen optimalen Zeitpunkt für das Muskeltraining<br />
gibt. Dr. Jörg Zittlau, erst kürzlich von der deutschen Herzstiftung als Wissenschaftsjournalist des Jahres geehrt, hat sich angesehen,<br />
welche Rolle der persönliche Biorhythmus bei der Antwort spielt.<br />
Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Sport?<br />
Auf die Piste oder in den Kraftraum, wenn frühmorgens die Vögel<br />
zwitschern? Oder doch erst, wenn im Fernsehen das Abendprogramm<br />
beginnt? Viele Sportler fragen sich, was für sie der richtige<br />
Trainingszeitpunkt ist. Wissenschaftler haben mittlerweile interessante<br />
Antworten darauf gefunden. Ihr Resümee: Es kommt<br />
darauf an, was man mit dem Sport erreichen will. Und auf den<br />
persönlichen Biorhythmus.<br />
Sie joggt täglich, für eine halbe Stunde. Entweder auf dem Lauftrainer<br />
oder im Freien. US-Vize-Präsidentin Kamala Harris ist<br />
deutlich fitter als das Gros ihrer Landsleute. Was aber für diese<br />
geradezu wie aus einer anderen Welt klingen muss, ist der Zeitpunkt,<br />
den die Politikerin für ihren Workout gewählt hat: nämlich<br />
den frühen Morgen, noch vor dem Frühstück. Ihre Begründung:<br />
„Es bringt dein Blut in Wallung, und dein Adrenalin zum Fließen.“<br />
Nicht wenige Sportler, auch hierzulande, sehen das ähnlich. Doch<br />
für andere ist die Vorstellung vom Training vor dem Frühstück<br />
nichts Anderes als ein Morgen-Grauen. Sie werden erst abends<br />
aktiv, wenn die meisten schon auf dem Fernsehsessel festgepappt<br />
sind. Was die Frage aufwirft, wann eigentlich der richtige<br />
Zeitpunkt für das körperliche Training ist. Oder ist er vielleicht<br />
ohne Bedeutung?<br />
Letzteres kann jetzt endgültig ausgeschlossen werden. Denn ein<br />
internationales Forscherteam um Dominik Lutter vom Münchener<br />
Helmholtz Diabetes Center hat soeben eine Studie veröffentlicht,<br />
die als Resümee einen „Atlas des Bewegungsstoffwechsels“<br />
vorlegt. Er liefert konkrete physiologischen Belege dafür,<br />
dass sich körperliche Bewegung - je nach Tageszeit - tatsächlich<br />
unterschiedlich auf den Organismus auswirkt.<br />
Die metabolische Muskel-Leber-Achse<br />
Die Methode der Wissenschaftler: Man ließ Mäuse ein intensives<br />
Training auf dem Laufband absolvieren, und zwar entweder früh<br />
am Morgen oder spät am Abend, und dann wurde per Blut- und<br />
Gewebeproben ein umfassendes Stoffwechselprofil der Tiere erstellt.<br />
Im Ergebnis zeigte sich, dass vor allem die metabolische<br />
Muskel-Leber-Achse je nach Tageszeit sehr unterschiedlich reagierte.<br />
So zogen etwa morgendlichen Rennmäuse ihre Energien<br />
deutlich mehr aus den Fettdepots als ihre abendaktiven Pendants.<br />
„Denn nach dem nächtlichen Fasten sind die Energiereserven<br />
in der Leber erschöpft“, erklärt Lutter. Der Körper müsse<br />
dadurch, sofern er nicht Nachschub per Frühstück erhält, früher<br />
auf den Fettstoffwechsel umschalten.<br />
Nun funktionieren Mäuse bekanntlich anders als Menschen.<br />
Doch die Nagerstudie liefert ja letzten Endes auch nur die physiologische<br />
Grundlage für bisherige Forschungen, in denen sich<br />
bereits deutlich gezeigt hat, dass Sport in Abhängigkeit von der<br />
Tageszeit sehr unterschiedliche Effekte auf den Menschen haben<br />
kann.<br />
So animierte vor etwa zwei Jahren ein US-amerikanisches Forscherteam<br />
88 übergewichtige Männer und Frauen zu fünf Mal<br />
Sport die Woche. Der Kalorienverbrauch war bei allen gleich,<br />
doch sie unterschieden sich im Hinblick auf den Zeitpunkt ihres<br />
Trainings. Und das sorgte nach 10 Monaten für ziemliche Diskrepanzen<br />
beim Abspeckerfolg.<br />
Dr. Jörg Zittlau<br />
freier Wissenschaftsjournalist<br />
und Sachbuchautor<br />
36