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50 Jahre Landkreis – Ein eigenes Magazin zum Geburtstag!

Der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wird 50! Ein Grund zu feiern, denn die damalige Gebietsreform jährt sich bereits zum 50. Mal und seitdem ist viel auf regionaler Ebene passiert.

Der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wird 50! Ein Grund zu feiern, denn die damalige Gebietsreform jährt sich bereits zum 50. Mal und seitdem ist viel auf regionaler Ebene passiert.

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Wirtschaft<br />

.. ..<br />

Von Handwerkerstadten, goldenen Drahten<br />

und der Bahn<br />

In den beiden städtischen Zentren<br />

in Weißenburg und Gunzenhausen<br />

entwickelten sich bereits im Mittelalter<br />

Handwerkerstädte. Hier lebten<br />

Menschen, die einem Handwerk<br />

nachgingen oder auch in regionalem<br />

Umfang Handel trieben.<br />

Sie alle aber hatten ihre Gärten und<br />

Äcker und versorgten sich zusätzlich<br />

weitgehend selbst.<br />

Größere Bedeutung hatte die Produktion<br />

und Verarbeitung von Tuch<br />

für die Nördlinger Messe, die der<br />

wichtigste Umschlagplatz für Textilien<br />

in Süddeutschland war. Reich waren<br />

damals vor allem die Brauereibesitzer,<br />

die eine eigene Landwirtschaft<br />

besaßen, aber ihr Produkt weiterverarbeiteten<br />

und so mehr Geld verdienten.<br />

Die Anfänge einer frühen Industrialisierung<br />

lassen sich in Weißenburg<br />

für das 18. Jahrhundert fassen, als<br />

die Leonische Industrie ansässig wird.<br />

Die Region wird zu einem Zentrum<br />

der Produktion von Drahtgestricken.<br />

In den kommenden rund zwei Jahrhunderten<br />

entstehen und vergehen<br />

eine Vielzahl von Unternehmen in<br />

diesem Segment. Die Herstellung<br />

Leonischer Waren etablierte sich bereits<br />

im 16. Jahrhundert durch einen<br />

französischen Auswanderer in Nürnberg<br />

und kam später über Roth nach<br />

Weißenburg.<br />

Gunzenhausen wurde aufgewertet, als<br />

die Stadt 1849 an das Bahnnetz angeschlossen<br />

wird, was zu einem Aufschwung<br />

des größeren Handwerks<br />

führte. Dampfsägen oder Mühlen<br />

nutzten die neuen Transportwege,<br />

und es begann ab den 1870er-<strong>Jahre</strong>n<br />

eine erste Industrialisierung. 1869<br />

hatte auch Weißenburg seinen Bahnhof<br />

bekommen, was der Leonischen<br />

Industrie einen Schub bescherte.<br />

<strong>Ein</strong>zelne Unternehmen erlangten mit<br />

ihren Produkten internationale Bedeutung.<br />

Den größten Boom rief die Bahn in<br />

Treuchtlingen hervor. Der Marktflecken<br />

war lange ein lokales Handelszentrum,<br />

das in der Frühen Neuzeit<br />

allerdings für seine Hafner und ihr Geschirr<br />

überregional bekannt war. Die<br />

Bahnlinien von Augsburg, Ingolstadt,<br />

Gunzenhausen und Nürnberg machten<br />

Treuchtlingen binnen weniger<br />

Jahrzehnte zu einem Verkehrsknotenpunkt.<br />

Die <strong>Ein</strong>wohnerzahl wuchs<br />

schnell, die Bahn brachte Arbeit und<br />

baute komplett neue Stadtteile. Ende<br />

des 19. Jahrhunderts wurde Treuchtlingen<br />

durch Prinzregent Luitpold zur<br />

Stadt ernannt. Rund 100 <strong>Jahre</strong> war<br />

Treuchtlingen eine blühende Eisenbahnerstadt,<br />

bis ein langsamer Niedergang<br />

der Bahn einsetzte.<br />

1917 wurde derweil in Gunzenhausen<br />

ein Unternehmen gegründet, das<br />

bis heute nachwirkt. Das Eisenwerk<br />

Gunzenhausen von Unternehmer<br />

Theodor Loos entwickelte sich zu einem<br />

der bedeutendsten Dampf- und<br />

Wasserkesselhersteller Europas und<br />

war bald einer der größten Arbeitgeber<br />

der Altmühlstadt. Heute ist das<br />

Unternehmen Teil der Bosch Industriekessel<br />

GmbH und immer noch vor<br />

Ort präsent.<br />

In Weißenburg musste man nach dem<br />

Ersten Weltkrieg feststellen, dass die<br />

Leonische Industrie am Boden lag.<br />

Nicht zuletzt, weil sie sich auf das Militär<br />

als Kunden ausgerichtet hatte.<br />

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

brachte in beiden Städten massives<br />

Bevölkerungswachstum durch den<br />

Zuzug von Heimatvertriebenen. Das<br />

brachte wirtschaftliche Impulse. So<br />

entstand in Weißenburg, eine Textilindustrie,<br />

die zwischen den 19<strong>50</strong>erund<br />

1960er-<strong>Jahre</strong>n ihren Höhepunkt<br />

mit rund 2000 Arbeitsplätzen hatte.<br />

In Gunzenhausen setzte man mithilfe<br />

von Förderprogrammen des Bundes<br />

eine Ansiedlungswelle in Gang.<br />

Große Firmen wie SEL entstanden,<br />

die zwischenzeitlich mehr als 1000<br />

Mitarbeiter hatten und Beschäftigte<br />

aus der Umgebung ankarrten. Auch<br />

in Weißenburg mühte man sich, außerhalb<br />

der Stadt Flächen für die Industrie<br />

zur Verfügung zu stellen. Die<br />

Ansiedlungen erfolgten insbesondere<br />

im Süden, zwischen B2 und der<br />

Bahnstrecke.<br />

Es bildeten sich nun auch die Anfänge<br />

einer neuen Schwerpunktbranche,<br />

die später die Region erobern sollte:<br />

der Kunststoff. Unter anderem durch<br />

das Unternehmen Dynamit Nobel,<br />

das 1944 vor den Zerstörungen von<br />

Köln nach Weißenburg geflohen war<br />

und sich dort ein paar Steinwürfe<br />

vom historischen Zentrum ansiedelte.<br />

Heute ist das ehemalige Dynamit-<br />

Nobel-Werk Teil des Konzerns Plastic<br />

Omnium, der zusammen mit seiner<br />

Fabrik in Pappenheim der größte Arbeitgeber<br />

des <strong>Landkreis</strong>es ist.<br />

In Gunzenhausen entwickelte sich<br />

derweil seit den 1980er-<strong>Jahre</strong>n durch<br />

die Flutung des Altmühlsees ein neuer<br />

Wirtschaftszweig, der Toursimus,<br />

der die Stadt heute entscheidend in<br />

ihrer Lebendigkeit prägt. Der Tourismus<br />

wurde in den folgenden Jahrzehnten<br />

auch rund um die Seen des<br />

Fränkischen Seenlands ein wichtiger<br />

Erwerbszweig.<br />

<strong>Ein</strong>e eigene Geschichte schrieb die<br />

Steinindustrie im südlichen Teil des<br />

<strong>Landkreis</strong>es. Schon die Römer nutzten<br />

die Jurakalksteine für den Bau<br />

ihrer Gebäude und mit dem Jurahaus<br />

folgte ein ganzer Baustil diesem<br />

Stein. Ganz große Bedeutung erlangte<br />

der Werkstoff im 19. Jahrhundert,<br />

als Alois Senfelder die Lithografie<br />

erfand, die mehr als ein Jahrhundert<br />

das Druckverfahren schlechthin war<br />

und nur mit den Kalksteinen rund<br />

um Solnhofen durchgeführt werden<br />

konnte. Heute ist vor allem die Bauindustrie<br />

Abnehmer für die Natursteine<br />

aus den Brüchen der Region.<br />

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