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WIKO 2024 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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www.wiko-wug.de<br />

AUSGABE <strong>2024</strong><br />

WIRTSCHAFTSKOMPASS ALTMÜHLFRANKEN<br />

Die Arbeit der<br />

Zukunft<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

1


14./15.SEPTEMBER <strong>2024</strong><br />

PLEINFELD/BROMBACHSEE<br />

Seenlandmarathon ist eine Marke von<br />

Alle Informationen und Online-Anmeldung:<br />

www.seenlandmarathon.de<br />

2<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong><br />

@seenlandmarathon<br />

* laut Auswertung von HDsports (www.hdsports.de)


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

Arbeit ist das halbe Leben <strong>–</strong> heißt es. Tatsächlich ist das nur einer der unzähligen<br />

Aphorismen rund um dieses Thema. Für den deutschen Durchschnittsarbeitnehmer<br />

ist die Arbeit eher ein Zehntel seines Erwachsenen-Lebens. Knapp 53 000<br />

Stunden verbringt man als Mustermann oder Musterfrau damit.<br />

Bei allen schreienden Bild-Artikeln darüber, dass die ganze Welt angeblich früher<br />

in Rente geht als wir, in Sachen Lebensarbeitszeit haben wir es in Deutschland<br />

gut getroffen. Im EU-Durchschnitt wird fast 5000 Stunden mehr gearbeitet. Aber<br />

natürlich sind 53 000 Stunden genug, um intensiv darüber nachzudenken, ob<br />

man diese Zeit gut verbringt.<br />

Und darum dreht sich dieses Heft in großen Teilen. Welche Einstellung man zu<br />

Arbeit hat oder haben sollte, welche Rolle der Job <strong>für</strong> die Identität spielt oder<br />

spielen sollte.<br />

Natürlich ist das auch eine Generationenfrage. Hier treffen die Babyboomer auf ihren letzten Metern vor der<br />

Rente mit einer der neuen Generation Z zusammen. Und mitunter prallen hier Welten aufeinander. <strong>Das</strong> haben<br />

wir auch in diesem Heft zugelassen. Wir haben uns in <strong>Altmühlfranken</strong> auf die Suche gemacht, was Arbeit<br />

früher, heute und in Zukunft <strong>für</strong> die Menschen bedeutet. Die Antworten fallen unterschiedlich aus. Arbeit ist nur<br />

ein Wort, aber es verbirgt sich dahinter ein Universum an Ideen, Werten und Vorstellungen.<br />

Während man sich zwischen den Generationen streitet, welchen Wert die Arbeit hat, finden auf volkswirtschaftlicher<br />

Ebene andere Debatten statt. Die Frage lautet: Gehen uns die Arbeiter oder geht uns die Arbeit aus?<br />

Viele Firmen in <strong>Altmühlfranken</strong> wissen nicht mehr, wo sie Personal finden sollen. Auf der anderen Seite greifen<br />

Automatisierung und Künstliche Intelligenz um sich.<br />

Passend zum Thema haben auch wir es uns bei diesem Heft leichter gemacht und neben tollen Kolleginnen<br />

und Kollegen die KI an Bord geholt. <strong>Das</strong> Cover dieses Hefts, einige Illustrationen sowie die Rubrikbilder <strong>für</strong> die<br />

Unternehmensporträts wurden mit der KI-Software Adobe Firefly erstellt.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis ist interessant, die Erkenntnisse des Prozesses auch. Zwar erstellt das Programm die Grafik oder<br />

das Bild, aber die Qualität des Produkts ist erheblich abhängig von den Vorgaben, die man ihm macht. Und<br />

vielleicht ist das der Blick in die Zukunft, die man am besten mit einer Metapher aus der Musik beschreibt. Die<br />

neue Arbeitswelt erfordert weniger echte, handwerklich gute Musiker, sie braucht mehr kreative DJs.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Lesen.<br />

Ihr Jan Stephan<br />

<strong>WIKO</strong>-Redaktionsleiter<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

3


HERAUSGEBER<br />

Braun & Elbel GmbH & Co. KG,<br />

Verlag Weißenburger Tagblatt<br />

Wildbadstraße 16-18 | 91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 85 90 90<br />

www.wiko-wug.de | info@wiko-wug.de<br />

PROJEKTMANAGEMENT<br />

Felix Oeder<br />

Tel. 0 91 41 / 85 90 25<br />

oeder@wiko-wug.de<br />

REDAKTION<br />

Jan Stephan (Leitung) | Uwe Ritzer (Berater)<br />

Ina Brechenmacher | Selina Yildiz<br />

Celine Ritzer<br />

LAYOUT UND DESIGN<br />

be media <strong>–</strong> Werbeagentur<br />

Verlag Weißenburger Tagblatt<br />

Sven Katheder | Erik Körner<br />

Tanja Meyerhöfer<br />

braun-elbel@be-media.de<br />

LEKTORAT<br />

Ingrid Philipp<br />

DRUCK UND VERTEILUNG<br />

Buch- und Offsetdruckerei<br />

Braun & Elbel GmbH & Co. K.G.<br />

Verlag Weißenburger Tagblatt<br />

Wildbadstraße 16-18 | 91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 85 90 90<br />

Erscheinung als Beilage im Weißenburger Tagblatt,<br />

Treuchtlinger Kurier und Altmühl-Bote<br />

Auflage: ca. 20.000 Exemplare<br />

Arbeit <strong>–</strong> früher und heute. <strong>Das</strong> ist<br />

eines der Themen dieses Hefts. Die<br />

Geschwindigkeit der Veränderungen hat<br />

dabei stetig zugenommen. Nach der<br />

Automatisierung steht nun die Integration<br />

der Künstlichen Intelligenz bevor.<br />

Aber es verändert sich nicht nur die<br />

Technik der Arbeit, sondern mittlerweile<br />

auch ganz massiv die Einstellung zum<br />

Job.<br />

4<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Die große Kunst des Weglassens<br />

Warum sich Wirtschaftsförderung<br />

konzentrieren muss, um zu wirken.<br />

34<br />

Work-Life-Was?!<br />

70-Stunden-Woche oder<br />

Homeoffice am Strand?<br />

Von Jan Stephan<br />

06<br />

Von Jan Stephan<br />

Banken & Behörden:<br />

Stadt Weißenburg, VR Bank,<br />

Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

39<br />

Die Debatte<br />

Welche Generation hat recht?<br />

Von Uwe Ritzer und Ina Brechenmacher<br />

Handwerk:<br />

Mory, Autohaus Neulinger,<br />

Kamm Beton<br />

Outdoor & Freizeit:<br />

Velovita, Fürst Carl<br />

12<br />

14<br />

17<br />

Steinbrüche, Sandgruben,<br />

Sakkohersteller<br />

Womit die Menschen in <strong>Altmühlfranken</strong><br />

früher ihr Geld verdienten.<br />

Von Uwe Ritzer<br />

Die Lösung?<br />

Weniger Gerechtigkeit!<br />

Warum die Bauern recht haben und<br />

es trotzdem verbocken.<br />

42<br />

46<br />

Den Schnellen gehört die Zukunft<br />

Schluss mit dem Bewerbungs-Wahn,<br />

kleine Firmen können punkten.<br />

20<br />

Von Jan Stephan<br />

Impressum<br />

53<br />

Von Uwe Ritzer<br />

Industrie:<br />

Ossberger, SAR, Härtha<br />

„Wer seine Arbeit richtig gemacht<br />

hat, hatte ein gutes Leben“<br />

Drei Gunzenhäuser Senioren<br />

erzählen von ihrem Berufsleben.<br />

22<br />

26<br />

Die neue <strong>WIKO</strong>-Ausgabe<br />

gibt es auch als<br />

Online-Blätterkatalog.<br />

Von Selina Yildiz<br />

Dienstleistung:<br />

Löffler | Wulff + Partner, be media,<br />

Allianz Vertretung Thilo Maurer,<br />

meyerhuber rechtsanwälte<br />

partnerschaft mbb<br />

30<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

5


Work-Life-Was?!<br />

Von Jan Stephan<br />

6<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Was bedeutet Arbeit<br />

heute? Sind die Trends der<br />

Zeit auf dem Land angekommen?<br />

Und gehen uns<br />

jetzt eigentlich die Arbeit<br />

oder doch die Arbeiter<br />

aus? Eine Reise durch die<br />

altmühlfränkische Arbeitswelt<br />

mit sehr unterschiedlichen<br />

Begegnungen.<br />

„Also sonntags“, sagt Andreas Nehmeier<br />

und schaut einem mit dem klaren<br />

Blick einer Offenbarung in die Augen,<br />

„sonntags, da mach' ich wirklich<br />

nichts.“ Andreas Nehmeier ist Bauer<br />

und diese Sache ist ihm wichtig. „Man<br />

ist als Mensch nicht da<strong>für</strong> gebaut, dass<br />

man nur arbeitet.“ Da müsse man aufpassen,<br />

in der Landwirtschaft würde es<br />

mit der Arbeit oft übertrieben, sagt der<br />

fünffache Familienvater.<br />

„Arbeit <strong>–</strong> es gibt<br />

wenig Begriffe, an denen<br />

derzeit mit größerem<br />

Eifer aus unterschiedlichen<br />

Richtungen<br />

gezerrt wird„<br />

Arbeit <strong>–</strong> es gibt wenig Begriffe, an<br />

denen derzeit mit größerem Eifer aus<br />

unterschiedlichen Richtungen gezerrt<br />

wird. Volkswirtschaftler sagen, uns<br />

gehen die Arbeiter aus. Zukunftsforscher<br />

sagen, uns geht die Arbeit aus.<br />

Und auch gesellschaftlich ist man sich<br />

nicht einig. Ist Arbeit Fluch oder doch<br />

ein Segen?<br />

<strong>Das</strong>s mehr Menschen arbeiten, gilt als<br />

Erfolg <strong>–</strong> sich nur um Familie oder Angehörige<br />

zu kümmern, ist verdächtig<br />

geworden. Den Sinn im Sozialen-Privaten<br />

zu finden? Überholt. Auf der anderen<br />

Seite versucht eine junge Generation<br />

gerade die Dominanz der Arbeit<br />

auf ihr Leben abzuwehren. Den Sinn<br />

im Beruflichen zu finden? Überholt.<br />

Man ahnt schon: Die Sache ist kompliziert.<br />

Also beginnen wir unsere Reise<br />

durch die altmühlfränkische Arbeitslandschaft<br />

da, wo die Arbeit mehr<br />

oder weniger erfunden worden ist.<br />

Auf dem Bauernhof. Landwirt ist einer<br />

der ältesten Jobs der Menschheit. Also<br />

steht man nun an einem frühen Frühlingstag<br />

auf dem Bauernhof der Familie<br />

Nehmeier im Haundorfer Ortsteil<br />

Geislohe.<br />

„Ich bin da schon ein bisschen anders“,<br />

fährt Andreas Nehmeier mit seinem<br />

Exkurs in Sachen Arbeitshaltung fort.<br />

„Ich schau' wirklich, dass es auch mal<br />

Freizeit gibt.“ Offenbar keine Selbstverständlichkeit<br />

in bäuerlichen Kreisen.<br />

Nehmeier erzählt, wie er den Hof<br />

von seinem Vater übernommen hat.<br />

„Da habe ich ihm gesagt, er soll sich<br />

jetzt doch öfter mal ein Wochenende<br />

freinehmen“, lächelt der Junior. „Da<br />

hat er mich dann erst mal gefragt, was<br />

er denn da machen soll?“<br />

Offenbar hat man in Andreas Nehmeier<br />

den Vertreter einer modernen<br />

Landwirtschafts-Work-Life-Balance<br />

vor sich. <strong>Das</strong> passt zum Thema, denkt<br />

man, und lässt sich die Sache mit der<br />

Freizeit und der Arbeit auf dem Hof<br />

genauer erklären. Also, wie ist das<br />

mit dem freien Sonntag? „Ja, da muss<br />

wirklich viel passieren, dass ich da irgendwas<br />

arbeite“, erzählt Nehmeier.<br />

„Gut, in den Stall muss ich in der Früh<br />

natürlich schon.“ Aber ab dann keine<br />

Verpflichtungen mehr, oder? „Na ja,<br />

abends wollen die Tiere natürlich auch<br />

gefüttert werden …“<br />

Es stellt sich heraus, dass Nehmeiers<br />

freier Sonntag in den meisten anderen<br />

Arbeitswelten ein Arbeitstag plus<br />

Feiertagszuschlag wäre. Nirgendwo<br />

anders als in der Landwirtschaft wäre<br />

er jedenfalls ein Beleg <strong>für</strong> eine achtsame<br />

Ausbalancierung von Arbeit<br />

und Freizeit. Die meisten modernen<br />

Arbeitnehmer würden fünf Stunden<br />

wöchentlicher Sonntagsarbeit als Zumutung<br />

interpretieren.<br />

Sicherheitshalber geht man mit dem<br />

Geisloher Landwirt auch den Rest seiner<br />

Arbeitswoche durch. „Ich arbeite<br />

von 7 bis 12 Uhr, dann zwei Stunden<br />

Pause, und dann wieder von 14 bis 19<br />

Uhr, im Sommer schon auch mal 20<br />

Uhr, dann ist aber auch schon Schluss“,<br />

sagt er. Diese Arbeitszeit gilt <strong>für</strong> sechs<br />

Tage die Woche, plus Nehmeiers „freien<br />

Sonntag“. So kommt man auf eine<br />

wöchentliche Arbeitszeit von um die<br />

70 Stunden. <strong>Das</strong> ist das Doppelte dessen,<br />

was die Lokführer gerade durchgekämpft<br />

haben. Und die IG Metall<br />

ist schon dabei, die Arbeitszeit weiter<br />

zu reduzieren <strong>–</strong> bei vollem Lohnausgleich.<br />

Hält man dem Landwirt das vor, zuckt<br />

er mit den Schultern. Nicht sein Thema.<br />

Er will nicht als Held der Arbeit<br />

dastehen, es zwingt ihn ja keiner. „Die<br />

Arbeitszeit ist absolut okay, ich will das<br />

auch so“, wiegelt er mit Blick auf seine<br />

Belastung ab. Seine Arbeit mache ihm<br />

Spaß, die ganze Familie sei auf dem<br />

Hof beschäftigt, man arbeite gemeinsam,<br />

man lebe zusammen. „Wenn wir<br />

abends am Esstisch sitzen, dann reden<br />

wir über den Hof und was sich da tut.“<br />

Offenbar passt bei der Familie Nehmeier<br />

die Work-Life-Balance. Die<br />

Rechnung geht aber nur auf, weil bei<br />

ihnen so viel Life in ihrer Work steckt.<br />

Weil hier also Arbeit mit Familie und<br />

Privatem in großen Teilen zusammenfällt.<br />

Es ist ein sehr integriertes, ein<br />

sehr altes Verständnis von Arbeit. Eines,<br />

das heute nur unter außergewöhnlichen<br />

Bedingungen möglich ist, das<br />

aber eben offenbar auch zu dem führen<br />

kann, was alle in der Arbeit suchen:<br />

Zufriedenheit.<br />

Wobei sich die Frage stellt, ist das auch<br />

das Thema einer neuen, einer jungen<br />

Generation von Arbeitnehmern?<br />

Den Geburtsjahrgängen von 1995 bis<br />

2010, die man unter dem Label Gen Z<br />

„Offenbar passt hier<br />

die Work-Life-Balance.<br />

Aber nur, weil so viel Life<br />

in ihrer Work steckt„<br />

zusammenfasst, und die zuletzt wahlweise<br />

<strong>für</strong> die Rettung der Welt oder<br />

den Untergang der Arbeitsmoral herhalten<br />

mussten. Was wollen diese Jungen?<br />

„Die persönliche Sinnsuche rückt immer<br />

mehr in den Mittelpunkt“, sagt<br />

Duygu Bayramoglu, „aber sie findet<br />

halt nicht mehr auf der Arbeit statt.“<br />

Die 34-Jährige ist in Weißenburg aufgewachsen,<br />

lebt in Augsburg, wo sie<br />

ihr eigenes Marketing-Unternehmen<br />

leitet. „Ich bin die Älteste in meinem<br />

Unternehmen, die Jüngste ist 19.“ Bayramoglu<br />

ist viel unterwegs. „Ich pendle<br />

zwischen Düsseldorf, Berlin, Mün-<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

7


da reihenweise Gen-Z-ler in der sozialen<br />

Hängematte lägen und Playstation<br />

daddelten, während sich die Boomer<br />

zum Wohle des Landes mit Doppelschichten<br />

in Richtung Rente schleppen,<br />

das stimmt einfach nicht.<br />

Aber andere Ansprüche an die Arbeit<br />

haben sie durchaus, die neuen jungen<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />

„Sie wollen, dass sich die Arbeit<br />

den Menschen anpasst, der sie sind,<br />

und dass das nicht umgekehrt stattfindet.“<br />

Entgegen mancher Weltuntergangsszenarien<br />

deprimierter Chefs<br />

bleibt Arbeit aber auch unter diesen<br />

Bedingungen durchaus möglich. „Bei<br />

mir ist es auch nicht so, dass alle alles<br />

dürfen. Krankmelden per WhatsApp<br />

oder so ein Schmarrn“, stellt Duygu<br />

Bayramoglu fest.<br />

„Aber ich biete natürlich flexibles<br />

Arbeiten. Ich suche heute in meinem<br />

Team Intrapreneure, also Leute, die<br />

zwar angestellt sind, die sich aber organisieren<br />

wie ein Selbstständiger.“<br />

<strong>Das</strong> bringt Herausforderungen, die vor<br />

allem digital lösbar sind. „Bei so einem<br />

Arbeiten, das zeitlich, aber auch räumlich<br />

versetzt stattfinden kann, ist vor<br />

allem wichtig, dass man technisch gut<br />

aufgestellt ist, dass man die richtigen<br />

Tools und das richtige Setup hat.“<br />

Duygu Bayramoglu: Die Jungen wollen, dass sich die Arbeit ihrer Persönlichkeit anpasst<br />

und nicht umgekehrt.<br />

chen, Augsburg und Weißenburg.“<br />

Neben ihrer Firma hat sie eine Eventreihe,<br />

ist Speakerin und ehrenamtliche<br />

Wertebotschafterin. Selbst Millenial<br />

(die Jahrgänge1980 bis 1995), hat sie<br />

in ihren Workshops und Beratungen<br />

sowie als Chefin viel mit der Gen Z<br />

und ihren Ansprüchen an die Arbeitswelt<br />

zu tun.<br />

„Die Bereitschaft, sich aufzuopfern,<br />

die ist einfach geringer“, weiß sie. „Es<br />

geht auch darum, dass diese Generation<br />

nicht so viel braucht. Die Leute<br />

fragen sich, will ich wirklich ein Haus<br />

finanzieren, brauche ich das Auto, will<br />

ich Kinder? <strong>Das</strong> ist eine völlig andere<br />

Generation.“<br />

Klar, wenn man nur <strong>für</strong> sich verantwortlich<br />

ist, reist man mit leichterem<br />

Gepäck. Wenn man nicht die nächsten<br />

30 Jahre Raten <strong>für</strong>s Haus abzahlen<br />

muss, sieht man einem Jobverlust oder<br />

Jobwechsel gelassener entgegen. Erst<br />

recht mit Blick auf einen Arbeitsmarkt,<br />

der auf absehbare Zeit dankbar ist <strong>für</strong><br />

jede Arbeitskraft. Die Flexibilität, die<br />

Unverbindlichkeit, die die Gen Z an<br />

den Tag legt, hat viel mit ihrer Lebenssituation<br />

zu tun.<br />

<strong>Das</strong>s die Gen Z nicht arbeiten wolle,<br />

sei aber Quatsch, findet Duygu Bayramoglu.<br />

Und sie verweist auf den<br />

Arbeitsmarktbericht. „Wenn das so<br />

wäre, dann müssten wir ja eine hohe<br />

Jugendarbeitslosigkeit haben <strong>–</strong> haben<br />

wir aber eben nicht“, erklärt sie. <strong>Das</strong><br />

mag ein wenig verkürzt sein <strong>–</strong> es geht<br />

ja auch um Teilzeit und Sabbatjahre <strong>–</strong>,<br />

aber im Kern trifft ihr Argument. <strong>Das</strong>s<br />

„Bei mir ist es auch<br />

nicht so, dass alle alles<br />

dürfen. Krankmelden<br />

per WhatsApp oder so<br />

ein Schmarrn„<br />

<strong>Das</strong>s Arbeit heut' nicht mehr automatisch<br />

zu festgelegten Zeiten an einem<br />

festgelegten Ort stattfindet, ist <strong>für</strong> viele<br />

junge Jobsuchenden selbstverständlich.<br />

„Die Leute kommen dir nicht<br />

mehr fünf Tage ins Büro, das ist vorbei“,<br />

erzählt Wolfgang Pendelin. „Und<br />

zwar unabhängig davon, ob sie 27 oder<br />

47 Jahre alt sind.“ Pendelin ist bei<br />

Bosch Industriekessel in Gunzenhausen<br />

Personalleiter und seit Jahrzehnten<br />

im Geschäft.<br />

Klar, Änderungen in der mentalen<br />

Einstellung einer neuen Arbeitnehmergeneration<br />

gebe es, bedeutender<br />

sei in vielen Bereichen aber vielleicht<br />

sogar die Zäsur durch Corona. Mobiles<br />

Arbeiten sei zu einer neuen Normali-<br />

8<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


tät geworden. „Wir haben jetzt auch<br />

zwei Führungskräfte neu bekommen,<br />

einer aus Eßlingen, einer aus Augsburg.<br />

Die kommen nur drei Tage die<br />

Woche ins Büro, sonst hätten wir die<br />

nicht gekriegt“, erzählt Pendelin. Vor<br />

zehn oder 20 Jahren sei das tatsächlich<br />

unvorstellbar gewesen, dass eine Führungskraft<br />

nicht rund um die Uhr in<br />

der Firma sei.<br />

Auch andere Dinge haben sich geändert,<br />

bemerkt der Personaler. „Ich erlebe<br />

es schon so, dass die junge Generation<br />

in vielen Bereichen topmotiviert<br />

ist, aber man muss halt damit zurechtkommen,<br />

dass um 16.30 Uhr Schluss<br />

ist. Da sagt einem dann der Mitarbeiter,<br />

dass er den Termin nicht übernehmen<br />

kann, weil er da ins Fitnessstudio<br />

muss.“<br />

„Die junge Generation<br />

ist in vielen Bereichen<br />

topmotiviert, aber man<br />

muss halt damit zurechtkommen,<br />

dass um<br />

16.30 Uhr Schluss ist„<br />

Er selbst habe eine andere Einstellung<br />

und einen anderen Anspruch, räumt<br />

er offen ein. „Ich bin Babyboomer und<br />

ich habe kein Problem damit auch<br />

zwölf Stunden zu arbeiten. Mein Anspruch<br />

ist es, am Ende der Woche viel<br />

geschafft zu haben, und wenn ich da<strong>für</strong><br />

eine 55-Stunden-Woche brauche,<br />

dann ist das mein Thema. Für mich<br />

war klar, dass wer führt, auch lang da<br />

ist und viel leistet. <strong>Das</strong> wird heute ein<br />

wenig anders gesehen.“<br />

Beim Thema Führung habe sich ohnehin<br />

viel getan. „Die Führung ist heute<br />

viel anstrengender als vor 20 Jahren“,<br />

lacht der Personalleiter. „Sie macht<br />

aber auch mehr Spaß.“ Einfach sagen,<br />

was zu tun ist, und dann wird es erledigt,<br />

das war gestern. „Heute wollen<br />

die Mitarbeitenden stärker das Why<br />

und den Purpose erklärt bekommen,<br />

man muss viel mehr Zeit in die Story<br />

investieren.“<br />

Im Grunde gehe es mehr um eine Art<br />

andauerndes Coaching und weniger<br />

um das klassische Chef-Sein. „Ich hatte<br />

eine Zeit lang das Bild von einem<br />

Fußballtrainer neben meinem Bildschirm<br />

hängen, das sollte mich daran<br />

erinnern, dass mein Platz neben dem<br />

Spielfeld ist, ich stehe draußen und<br />

leite an.“<br />

Pendelin stellt diese Unterschiede aber<br />

eher achselzuckend und mit einem<br />

milden Lächeln fest. Er ist nicht verbittert<br />

oder findet, dass es sich die neue<br />

„Die Leute, die<br />

behaupten, dass es<br />

schlechter geworden ist,<br />

die haben nicht recht„<br />

Generation da zu einfach machen<br />

würde. Die Dinge sind in Bewegung <strong>–</strong><br />

sie werden deswegen nicht zwingend<br />

schlechter, manchmal werden sie nur<br />

anders. „Die Jungen müssen ja etwas<br />

anders machen“, sagt Pendelin und<br />

lacht. „<strong>Das</strong>s man über die junge Generation<br />

schimpft, das ist eine ganz normale<br />

Sache, das hat man schon immer<br />

gemacht.“ Die neuen Arbeitnehmenden<br />

brächten zum Beispiel auch neue,<br />

dringend benötigte Kompetenzen etwa<br />

im Umgang mit der Digitalisierung<br />

mit. Pendelin: „Die Leute, die behaupten,<br />

dass es schlechter geworden ist, die<br />

haben nicht recht.“<br />

Und selbst wenn man die neuen Einstellungen<br />

als schlechter empfinden<br />

würde, im Moment sieht es nicht so<br />

aus, als seien sie aufzuhalten. <strong>Das</strong>s die<br />

Arbeitnehmer der Zukunft weniger<br />

arbeiten werden, da ist sich zumindest<br />

Duygu Bayramoglu sicher. Und zwar<br />

vor allem deswegen, weil sie es können.<br />

Viele gut ausgebildete junge Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer treffen<br />

auf einen Arbeitsmarkt, der sich<br />

nach Arbeitskräften verzehrt.<br />

Kurioserweise führt dieser Mangel an<br />

Arbeitskraft dazu, dass die verbliebenen<br />

Arbeitnehmer mit ihren Wünschen<br />

nach weniger Arbeit durchkommen.<br />

Die Unternehmen verbiegen<br />

sich im Wettbewerb um Arbeitskräfte<br />

längst in alle Richtungen, um irgendwie<br />

die Nase vor der Konkurrenz zu<br />

haben. Frei nach dem Motto lieber den<br />

Spatz in der Hand als die Taube auf<br />

dem Dach, füllt man die Vollzeitstelle<br />

dann halt mit zwei Teilzeitkräften,<br />

wenn es nicht anders geht. <strong>Das</strong> mag<br />

<strong>für</strong> Unternehmen und Arbeitnehmer<br />

funktionieren, volkswirtschaftlich werden<br />

die demografischen Probleme des<br />

Arbeitsmarkts dadurch aber eher größer<br />

als kleiner.<br />

Bei aller Debatte um die New Work ist<br />

es Duygu Bayramoglu wichtig, die Kirche<br />

im Dorf oder vielleicht besser das<br />

Office auf der Arbeit zu lassen. Man<br />

spreche hier oft über eine kleine, privilegierte<br />

Gruppe. „Die Dame im Kiosk,<br />

die neben der Fritteuse steht, die wird<br />

erst mal kein Homeoffice machen können,<br />

wenn Elon Musk da nicht noch<br />

eine technische Möglichkeit einfällt,<br />

Pommes ausdrucken zu lassen.“ Viele<br />

Diskussionen über Gegenwart und<br />

Zukunft der Arbeit fänden in einer<br />

Bubble statt und manche Entwicklungen<br />

seien auch kritisch zu sehen.<br />

„Wenn sich da jetzt irgendwelche Vanilla<br />

Girls in Bali an den Strand legen<br />

und von dort aus arbeiten oder sie jetzt<br />

Kapstadt <strong>für</strong> sich entdeckt haben, weil<br />

da die Zeitverschiebung nur eine Stunde<br />

ist …“<br />

Die Arbeitsrealität der Masse bildet<br />

das jedenfalls nicht ab. Selbst in den<br />

urbanen Zentren des Landes gibt es<br />

immer noch mehr Menschen, die den<br />

Müll wegbringen, Brezen verkaufen,<br />

den Kaffee am Tisch servieren oder<br />

die Kinder betreuen, als smarte Digital-Nomaden,<br />

die nur einen Laptop<br />

und ausreichend viel Sushi-Lokale in<br />

der Nähe brauchen, um Geld auf ihr<br />

Konto zu kriegen. Für das auch in digitaler<br />

Hinsicht flachere Land gilt das<br />

erst recht.<br />

Deswegen dürfte grundlegender als<br />

manche Debatten über Workation<br />

oder Homeoffice und Sabbatical letztlich<br />

der Mangel an Arbeitnehmern<br />

„Die Jüngeren haben<br />

eine andere Sicht auf<br />

die Arbeit. Sie arbeiten<br />

gerne weniger und verdienen<br />

auch weniger„<br />

und der abnehmende Wunsch nach<br />

Arbeit werden. Und den gibt es offenbar<br />

tatsächlich relativ flächendeckend<br />

in der neuen Generation.<br />

„Wir sehen schon Unterschiede“, sagt<br />

Gertraud Meyer, die zusammen mit<br />

Agnes Mendl, den Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) in Weißen-<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

9


schlechte Sache. Im Gegenteil: Arbeit<br />

bringt Zusammenhalt, gibt einem<br />

Struktur und Aufgaben. <strong>Das</strong> ist doch<br />

eigentlich cool, das ist was grundsätzlich<br />

Gutes.“.<br />

Bei diesem Punkt trifft sie sich mit Holger<br />

Pütz-von Fabeck, Fachanwalt <strong>für</strong><br />

Arbeitsrecht bei der Kanzlei Meyerhuber<br />

Rechtsanwälte. „Ich muss grundsätzlich<br />

sagen, dass ich die Work-Life-Balance<br />

nicht ganz verstehe, so wie<br />

sie interpretiert wird.“ Es gehe um ein<br />

Gleichgewicht zwischen zwei Polen,<br />

aber aktuell gehe es oft nur darum,<br />

weniger zu arbeiten und mehr Freizeit<br />

zu haben. Grundsätzlich solle man<br />

ja auch auf der Arbeit einer Tätigkeit<br />

nachgehen, die einem als sinnvoll erscheint,<br />

in der man seine Fähigkeiten<br />

einbringen kann.<br />

Sehen durchaus Probleme auf die Arbeitswelt zukommmen: Die beiden Gewerkschafterinnen<br />

Gertraud Meyer (li.) und Agnes Mendl.<br />

burg-Gunzenhausen führt. „Die Jungen<br />

wollen zum Beispiel nicht mehr<br />

Schicht arbeiten und fragen nach einer<br />

Vier-Tage-Woche“, berichtete sie aus<br />

ihren Erfahrungen bei Plastic Omnium<br />

mit seinen beiden Werken in Weißenburg<br />

und Pappenheim.<br />

„Die Jüngeren haben eine andere Sicht<br />

auf die Arbeit. Sie arbeiten gerne weniger<br />

und verdienen auch weniger“,<br />

ergänzt Agnes Mendl, die bei einem<br />

großen Telekommunikationsunternehmen<br />

in Nürnberg arbeitet. Auch<br />

die Treue zum Arbeitgeber sei nicht so<br />

groß. „Viele kommen <strong>für</strong> zwei, drei Jahre,<br />

dann sind sie wieder weg.“ Im Unterschied<br />

zu Pendelin sehen die beiden<br />

Gewerkschafterinnen aus dem Landkreis<br />

durchaus Probleme auf die Gesellschaft<br />

zukommen. Es fehle bei dem<br />

Nachwuchs in den Betrieben mitunter<br />

an Selbstständigkeit, vielleicht auch an<br />

dem, was man heute Resilienz nennt.<br />

Also der Fähigkeit, mit Widerständen<br />

und Rückschlägen umzugehen.<br />

Klar, die Gen Z wächst mit einem<br />

anderen Lebensgefühl als die Babyboomer<br />

auf. Die waren überall und<br />

immer zu viele. In der Schule, bei der<br />

Ausbildung, im Studium, bei der Wohnungssuche<br />

und demnächst bei den<br />

Altenheimplätzen. <strong>Das</strong>s man nicht<br />

alles kriegt, was man will, dass man<br />

Zurückweisungen erlebt, war Teil der<br />

Generationenerfahrung.<br />

<strong>Das</strong> ist heute mitunter anders. Agnes<br />

Mendel versucht sich das auch familiär<br />

zu erklären. Früher seien die Familien<br />

kinderreicher gewesen, es habe gar<br />

nicht die zeitlichen Ressourcen gegeben,<br />

sich um jedes Kind so intensiv<br />

zu kümmern. „Heute gibt es ja oft nur<br />

noch ein oder zwei Kinder. Die kriegen<br />

dann natürlich die volle Aufmerksamkeit“,<br />

so Mendl. „Die kriegen dann<br />

vermittelt, dass sie die Besten, Tollsten,<br />

und überhaupt sind. Und wenn<br />

sie dann in einem Assessment-Center<br />

scheitern, dann stehen die heulend bei<br />

mir und wissen gar nicht warum. Weil<br />

sie sind ja die Tollsten und Besten. Sie<br />

begreifen gar nicht, wie das passieren<br />

konnte.“<br />

Gertraud Meyer fehlt bei den Jungen<br />

manchmal auch der eigene Antrieb.<br />

„Die warten erst mal auf Ansagen, und<br />

dann machen sie das.“ Aus ihrer Sicht<br />

sind das auch „die Resultate der Helikopter-Eltern,<br />

die ihre Kinder überall<br />

hinfahren und Angst haben, das was<br />

passiert“. Generell gehen ihr in der<br />

aktuellen Debatte um Work-Life-Balance<br />

und Co ein paar Aspekte verloren.<br />

„Arbeit ist ja nicht per se eine<br />

Er erlebe aus den Gesprächen mit<br />

seinen Mandanten, dass der Mittelstand<br />

zunehmend Probleme bekomme.<br />

„Durch Lohnforderungen à la 12,5<br />

Prozent mehr in der Presse mehr gibt<br />

es einen wirklich starken Kostendruck,<br />

den man im Mittelstand kaum erfüllen<br />

kann.“ Auf der anderen Seite sei nach<br />

Corona erst der richtige Arbeitnehmermarkt<br />

gekommen. Weil weitere<br />

„Da gibt es 22-Jährige<br />

mit abgeschlossenem<br />

Studium, die 80 000 Euro<br />

Einstiegsgehalt und 40<br />

Tage Urlaub wollen„<br />

Jahrgänge in die Rente gegangen, weil<br />

Arbeitnehmer aus Osteuropa in die<br />

Heimat zurück seien und weil sich nun<br />

auch noch die Gen Z mit ihren Wünschen<br />

obendrauf setze.<br />

Wie hart die Entwicklung durchschlägt,<br />

kann er mit Blick auf die Kanzlei<br />

Meyerhuber sagen. „2002 hatten<br />

wir <strong>für</strong> eine Anwaltsstelle ca. 120<br />

Bewerbungen, 2012 waren es ca. 20,<br />

2022 hatten wir noch zwei.“ Und das<br />

bei stetig gestiegenen Anforderungen<br />

der Bewerber. „Da gibt es 23-Jährige<br />

mit abgeschlossenem Studium, die<br />

80 000 Euro Einstiegsgehalt und 40<br />

Tage Urlaub wollen. <strong>Das</strong> ist <strong>für</strong> mittelständische<br />

Unternehmer nicht mehr<br />

darstellbar.“<br />

Inzwischen würden sich Gewerbetrei-<br />

10<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


„Ich möchte überhaupt<br />

nicht sagen, dass<br />

es falsch war, wie es<br />

früher war, aber jetzt<br />

wird es eben anders„<br />

bende hinter den Kulissen wohl gegen<br />

die Ausweisung weiterer Gewerbegebiete<br />

aussprechen, mutmaßt Pütz-von<br />

Fabeck. Sie <strong>für</strong>chten noch mehr Konkurrenz<br />

um die ohnehin knappe Ressource<br />

Arbeitskraft. Auch in seinem<br />

direkten Arbeitsumfeld könne man die<br />

Folgen der jüngsten Entwicklungen sehen.<br />

„Die Zahl der arbeitsrechtlichen<br />

Auseinandersetzungen ist die vergangenen<br />

Jahre deutlich zurückgegangen,<br />

können wir aus der Praxis sagen.“ Man<br />

ist offenbar vorsichtiger im Umgang<br />

mit den Mitarbeitern, die man hat.<br />

Die Frage aller Fragen wird sein, wie es<br />

weitergeht, welcher Trend der vielen<br />

gegenläufigen sich durchsetzt. „Man<br />

muss ein bisschen aufpassen, dass<br />

nicht am Ende eine Lösung gefunden<br />

wird, die keiner will“, gibt Pütz-von Fabeck<br />

zu bedenken. Wenn als Antwort<br />

massenhaft automatisiert und digitalisiert<br />

werde, könnten eines Tages doch<br />

wieder die Jobs fehlen.<br />

Wolfgang Pendelin betont eher die<br />

andere Seite des Problems. „Wenn die<br />

ganzen Boomer weg sind, wird schon<br />

noch Arbeit überbleiben, da muss man<br />

dann sehen, wie man die verteilt.“ Gertraud<br />

Meyer <strong>für</strong>chtet dagegen um den<br />

Zusammenhalt. „Die Leute sollen alle<br />

Freiheiten haben, aber es ist doch auch<br />

wichtig und etwas Gutes, wenn man<br />

sich kümmert, wenn man hilft.“<br />

Sie macht sich Sorgen darüber, dass<br />

die neue Unverbindlichkeit dazu führt,<br />

dass man sich weniger in Vereinen, in<br />

Gewerkschaften, in Parteien engagiere.<br />

<strong>Das</strong> dürfe nicht der Weg sein. „Wenn<br />

jeder nur an sich denkt, dann ist zwar<br />

auch an alle gedacht, das ist dann aber<br />

schon ein bisschen wenig, oder?“<br />

Aber vielleicht geht es ja darum, nicht<br />

„nur“, aber schon „auch“ an sich zu<br />

denken. „Ich bin genug so wie ich<br />

bin“, fasst Duygu Bayramoglu den Anspruch<br />

einer neuen Generation an die<br />

Arbeitswelt zusammen. „Ich möchte<br />

überhaupt nicht sagen, dass es falsch<br />

war, wie es früher war. Ich möchte das<br />

nicht abwerten, vielleicht war es genau<br />

so, wie es damals sein musste, aber<br />

jetzt wird es eben anders.“ Zumindest<br />

bis eine neue Generation kommt, die<br />

alte Strukturen infrage stellt, die neue<br />

Ansprüche hat, die etwas anderes will<br />

vom Leben und von der Arbeit.<br />

Holger Pütz-von Fabeck von der Kanzlei Meyerhuber Rechtsanwälte: Der Kampf um Fachkräfte wird immer härter und zugleich die<br />

Forderungen der Arbeitnehmer immer höher. Er rät dazu, einen fairen Ausgleich auf Augenhöhe zu suchen.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

11


Verwöhnte<br />

Wohlstandskinder<br />

Warum Uwe Ritzer von<br />

der „Gen Z“ wenig hält<br />

Gut, dann bin ich eben ein alter, weißer<br />

Mann. Zumindest in den Augen<br />

der sogenannten „Gen Z“, der zwischen<br />

1995 und 2010 Geborenen. Ein<br />

Spießer, der davon überzeugt ist, dass<br />

Fleiß, Können und Ehrgeiz gut sind<br />

und Voraussetzung <strong>für</strong> Erfolg. Die<br />

Gen Z sieht das anders, auch wenn<br />

man nie eine ganze Altersgruppe über<br />

den sprichwörtlichen Kamm scheren<br />

darf. Ihre Werte: Frei-zeit statt (beruflicher)<br />

Ehrgeiz, Work-Life-Balance,<br />

keine Überstunden, keine Statussymbole,<br />

da<strong>für</strong> privates Idyll. Hauptsache,<br />

es geht einem selbst gut. Kann man so<br />

Wohlstand bewahren? Ist das die richtige<br />

Einstellung? Ich meine: nein.<br />

„Samstags gehört<br />

Vati mir!“,<br />

propagierten<br />

die Gewerkschaften<br />

in den<br />

1950er und<br />

1960er-Jahren.<br />

Mit der Forderung<br />

aus vermeintlichem<br />

Kindermund kämpften<br />

sie hart und mit großer Ausdauer <strong>für</strong><br />

die Fünf-Tage-Woche mit 40 Arbeitsstunden.<br />

Bis dahin waren 48 Stunden<br />

und sechs Arbeitstage die Regel. Der<br />

Wiederaufbau des kriegszerstörten<br />

Landes war einigermaßen erledigt, die<br />

Wirtschaft brummte, der gesellschaftliche<br />

Wohlstand wuchs. Es war Zeit<br />

<strong>für</strong> mehr Freizeit und Lebensqualität<br />

<strong>für</strong> alle.<br />

Vermutlich langweilen solche Exkurse<br />

in die Geschichte die Zettler. Sie<br />

gerieren sich, als hätten sie die Work-<br />

Life-Balance erfunden. Dabei ist die<br />

35-Stunden-Woche fast überall die<br />

Regel und es wird über die Vier-Tage-<br />

Arbeitswoche diskutiert. <strong>Das</strong> ist allein<br />

der Erfolg der Gewerkschaften, die<br />

um ein verträglicheres Maß zwischen<br />

Arbeit und Freizeit kämpfen.<br />

„Ein Spießer, der<br />

davon überzeugt ist,<br />

dass Fleiß, Können und<br />

Ehrgeiz gut sind„<br />

Die Selbstgerechtigkeit der Gen Z<br />

nervt, was an sich nicht weiter schlimm<br />

wäre, denn jede junge Generation ist<br />

selbstgerecht. <strong>Das</strong>s die Zettler <strong>für</strong> sich<br />

beanspruchen, altes Denken und überkommene<br />

Rollen aufzubrechen und<br />

nebenbei auch noch die Welt zu verbessern<br />

<strong>–</strong> geschenkt. Sie blenden völlig<br />

aus, dass sie sich leichter als jede Generation<br />

vor ihnen tun, wenn sie Überstunden<br />

ablehnen, Karrierestreben<br />

entsagen und über Statussymbole<br />

aus dem Arbeitsleben heraus die<br />

Nase rümpfen. Denn sie sind die<br />

erste Generation, die nicht mehr darauf<br />

angewiesen ist, sich Wohlstand<br />

selbst zu erarbeiten. Zettler können<br />

sich lässig auf dem ausruhen, was ihre<br />

Eltern, Großeltern an Werten geschaffen<br />

haben.<br />

Wer auch ohne großes, eigenes<br />

Zutun gut leben kann,<br />

weil daheim Vermögen<br />

ist, muss sich nicht plagen<br />

und kann leicht<br />

über die Ehrgeizigen<br />

und Fleißigen die<br />

Nase rümpfen.<br />

Zumal in Zeiten,<br />

in denen<br />

der Fachkräftemangel<br />

Arbeitgeber<br />

zwingt, auch<br />

faule Kompromisse mit Bewerberinnen<br />

und Bewerbern zu schließen. Wie<br />

keine vor ihr macht es sich die Gen Z<br />

bequem. Warum? Weil sie es (sich leisten)<br />

kann.<br />

Die Genz Z ist in weiten Teilen eine<br />

Ansammlung betüdelter und saturierter<br />

Wohlstandskinder, die es schlichtweg<br />

nicht mehr nötig haben, sich<br />

reinzuhängen. Eine neue Biedermeiergeneration,<br />

die hinsichtlich Bildung<br />

und Qualifikation die besten Voraussetzungen<br />

hat, daraus aber zu wenig<br />

<strong>für</strong> die Allgemeinheit macht. Sie pflegt<br />

eine neue Innerlichkeit, will es schön<br />

haben, abgesichert sein und ist vor allem<br />

mit sich selbst beschäftigt.<br />

Selbst ihr politisches Engagement ist<br />

schick und unverfänglich. Ganz anders<br />

als bei den Achtundsechzigern,<br />

der Anti-Atom- oder der Friedensbewegung.<br />

Ihrem Protest wohnte ein<br />

Aufbegehren inne, das mit Zerwürfnissen<br />

und schmerzlichen Erfahrungen<br />

verbunden war. Wenn hingegen die<br />

Gen Z die Schule schwänzt, um <strong>für</strong><br />

Klimaschutz zu demonstrieren, finden<br />

das ihre Lehrer und Eltern ganz toll.<br />

So wichtig Fridays for Future und die<br />

frühe Greta waren, um <strong>für</strong> das Thema<br />

Klimaschutz wachzurütteln, so unglaubwürdig<br />

ist der Protest in Teilen.<br />

Denn keine Altersgruppe hinterlässt<br />

einen größeren ökologischen Fußabdruck<br />

als die Gen Z.<br />

12<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Neue<br />

Spielregeln<br />

Ina Brechenmacher:<br />

Gen Z rüttelt am Selbstbild<br />

der Boomer<br />

Wirklich durchdacht<br />

ist es ja nicht:<br />

Sie suchen verzweifelt<br />

nach Mitarbeitern<br />

und Kollegen,<br />

gleichzeitig bezichtigen<br />

sie eine gesamte Generation der<br />

Faulheit. Sie ziehen Schlüsse mit einer<br />

Selbstsicherheit, die sich sonst wohl<br />

Soziologen mit ausreichend zeitlichem<br />

Abstand und nach dem Studium großer<br />

Datenmengen nicht zutrauen. Es<br />

ist so boomer, zu meinen, den absoluten<br />

und sicheren Überblick über die „Faulheit“<br />

der Generation Z zu haben. Und<br />

dieses Meckern haben sie nicht mal erfunden.<br />

Schon die griechischen Philosophen<br />

zogen über ihre Nachfolger her<br />

<strong>–</strong> ich mag gar nicht nachschauen, wie<br />

damals über die heutigen Querulanten<br />

geschimpft wurde.<br />

Verständlich ist das Ganze. Es ist ein<br />

Selbsterhaltungstrieb. Jahr <strong>für</strong> Jahr,<br />

Monat <strong>für</strong> Monat, Woche <strong>für</strong> Woche<br />

haben die Boomer Stunden ihrer Lebenszeit<br />

darauf verwandt, ihr berufliches<br />

Selbstbild und damit auch ihre<br />

Gesamtidentität aufzubauen. Und<br />

plötzlich stehen da Kolleginnen und<br />

Kollegen, die Prioritäten anders setzen,<br />

sich nicht mehr alles gefallen lassen<br />

und veraltete Abläufe infrage stellen.<br />

Während sich so langsam die Spielregeln<br />

ändern, gerät das fragile Bild des<br />

diensttreuen Arbeitnehmers und des<br />

omnipotenten Chefs gehörig ins Wanken.<br />

Parallel dazu wandelt sich die Arbeitswelt<br />

in einem nie da gewesenen Tempo.<br />

Es finden sich die besser zurecht,<br />

die mit dem Internet aufgewachsen<br />

sind. Meine Generation befindet sich<br />

in der absurden Lage, Kollegen, die das<br />

Doppelte verdienen, zu erklären, wie<br />

man ein Word-Dokument in ein PDF<br />

umwandelt. Es wird immer schneller<br />

gearbeitet <strong>–</strong> umso weniger hat die Generation<br />

Z mehr Lust, eingefahrene<br />

zeitintensive Prozesse mitzuschleifen.<br />

Zurück zum Thema Selbstüberschätzung.<br />

Unter der Fuchtel der Boomer<br />

gilt gerade noch: Wer viele Überstunden<br />

auf dem Zettel hat, hat’s geschafft<br />

im ständigen Wettkampf „Wer hat den<br />

stressigsten Job“. Der Großteil meiner<br />

Generation versteht aber, dass stetige<br />

Überstunden zwei Dinge bedeuten<br />

können: a) man ist selbst einfach nicht<br />

gut organisiert oder b) das Unternehmen<br />

sollte gefälligst mehr Leute einstellen.<br />

„<strong>Das</strong> ist nicht faul, das<br />

heißt, <strong>für</strong> sich einzustehen<br />

und klare Grenzen<br />

zu setzen„<br />

Wir verstehen auch, was die Wissenschaft<br />

belegen kann. Der Mensch kann<br />

nur eine gewisse Anzahl an Stunden<br />

pro Tag konzentriert arbeiten. Und<br />

dass sind eben nicht die acht Stunden,<br />

sondern eindeutig weniger. Da hat<br />

man sich damals halt leichter getan: Bis<br />

der Kollege antwortete, sind gut mal<br />

ein paar Minütchen verstrichen, stupide<br />

Aktenführung dauert eben, auf<br />

dem Weg zum Kopierer lässt sich eine<br />

Kaffeepause einschieben und der Chef<br />

hatte gar nicht erst die Möglichkeit,<br />

dich am Wochenende mal eben schnell<br />

zu erreichen. So ließ sich leichter die<br />

Fassade aufrechterhalten.<br />

Zur Fassade gehört auch: Acht Stunden<br />

auf „der“ Arbeit zu verbringen und<br />

nach Feierabend wartet dann daheim<br />

wie durch Zauberhand der dampfende<br />

Topf Abendessen, die gestriegelten<br />

und zufriedenen Kinder und die Geburtstagskarte<br />

<strong>für</strong> Tante Susi, auf der<br />

nur noch eine Unterschrift fehlt. Die<br />

Arbeit zu Hause spielt <strong>für</strong> den männlichen<br />

Boomer immer noch eine untergeordnete<br />

Rolle. Für voll wird sie nicht<br />

genommen. Also: Während damals<br />

noch häufiger ein Einkommen ausreichte,<br />

krabbelt unser Renteneintrittsalter<br />

immer weiter nach oben, Hausarbeit<br />

und Pflege werden auf mehreren<br />

Schultern verteilt und unsere Altersvorsorge<br />

müssen wir mühsam selbst zusammenbasteln.<br />

Ernsthaft: Ist es wirklich so faul, nicht<br />

permanent die viel besungene Extrameile<br />

gehen zu wollen, um dann mit<br />

67 „so richtig die Sau rauszulassen“<br />

und mit dem Rentnerbus durch die<br />

Uckermark zu tuckern? Ist es erstrebenswert,<br />

mit den Enkelkindern mehr<br />

Zeit als mit den eigenen Kindern zu<br />

verbringen? Ist es selbstbezogen, <strong>für</strong><br />

die eigene Gesundheit einzutreten und<br />

sich zu trauen, offen über Burnout und<br />

Depressionen zu sprechen, und nicht<br />

still ausharren zu müssen, bis es zu spät<br />

ist? <strong>Das</strong> ist nicht faul, das heißt, <strong>für</strong> sich<br />

einzustehen und klare Grenzen zu setzen.<br />

Während der BR also titelt „Babyboomer<br />

wollen vor 67 in Rente gehen“<br />

(<strong>2024</strong>), lehnen wir uns entspannt zurück.<br />

Und irgendwann, in ein paar<br />

Jahren, wenn wir unsere verbleibenden<br />

Arbeitsjahre aus dem Effeff kennen,<br />

reichen wir den uns anvertrauten<br />

Staffelstab der Faulheit freudig weiter.<br />

Dann arbeiten wir uns <strong>–</strong> mit dem<br />

aufgestauten Frust der vergangenen<br />

Dienstjahre <strong>–</strong> an der uns nachfolgenden<br />

Generation des Alphabets ab.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

13


14<br />

Handwerk<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

Mory setzt auf<br />

Mitarbeiter-<br />

App<br />

„Bei uns sind es weder die Arbeitsplätze, die knapp werden,<br />

noch die Auftragslage oder das Arbeitsvolumen“, sagt Rainer<br />

Mory, einer der drei Geschäftsführer der gleichnamigen Firma<br />

aus Pleinfeld. Eine Erklärung liegt <strong>für</strong> ihn im Ausbildungsansatz.<br />

Jedes Jahr investiert Mory in vier bis fünf neue Lehrstellen<br />

<strong>für</strong> Elektroniker <strong>für</strong> Energie- und Gebäudetechnik sowie <strong>für</strong><br />

Anlagenmechaniker SHK, um den eigenen Bedarf an qualifizierten<br />

Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mittel- und langfristig<br />

zu decken. Gewonnen<br />

werden die neuen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter<br />

hauptsächlich mit<br />

den modernen Möglichkeiten<br />

der Digitalisierung.<br />

Soziale Netzwerke wie<br />

Facebook und Instagram<br />

haben den traditionellen<br />

Weg der Rekrutierung<br />

abgelöst. Die sozialen<br />

Netzwerke ermöglichen eine schnelle und unkomplizierte Kontaktaufnahme,<br />

und Mory ist darin ziemlich erfolgreich. Die<br />

Innovationsbereitschaft endet jedoch nicht bei der Personalgewinnung;<br />

sie erstreckt sich auch über die interne Kommunikation.<br />

Hier setzt Mory seit Ende 2023 auf eine eigene Mitarbeiter-App.<br />

Die Mitarbeiter können so relevante Informationen<br />

auf einer geschützten digitalen Plattform austauschen und<br />

mit ihrem Arbeitgeber kommunizieren. Von Terminen <strong>für</strong> Betriebsversammlungen<br />

bis zu Schulungsmöglichkeiten bietet<br />

die Firmen-App einen schnellen Informationsfluss. Der Chat<br />

fördert den unmittelbaren Dialog, eingestellte Umfragen unterstützen<br />

die Feedbackkultur. Auch die Onlinepräsenz der Firma<br />

130 Jahre<br />

Fachbetrieb<br />

Mory steht <strong>für</strong> über 130 Jahre Erfahrung<br />

in professioneller Haustechnik.<br />

Eine Expertise, die sich über das<br />

Spektrum der Energie- und Gebäudetechnik,<br />

dem Sanitärhandwerk, dem<br />

Heizungsbau bis hin zur Installation<br />

von Klima- und Lüftungsanlagen<br />

sowie von Elektroinstallationen<br />

erstreckt. In Zeiten, in denen sich<br />

Unternehmen im ständigen Wandel<br />

befinden, beweist Mory große<br />

Aufgeschlossenheit <strong>für</strong> Neues. „Die<br />

Verteilung der Aufträge hat sich<br />

verändert. Derzeit arbeiten wir statt<br />

in Einfamilienhäusern vermehrt in<br />

Mehrfamilienhäusern. Die Nachfrage<br />

an Heizungsumbauten hat stark<br />

abgenommen. Diese Veränderungen<br />

lassen auf die derzeitige politische<br />

Situation schließen.“ Die schnelle<br />

Anpassung ist <strong>für</strong> das Pleinfelder<br />

Unternehmen jedoch kein Problem.<br />

Mory spiegelt diese Offenheit <strong>für</strong> digitale Kommunikation wider.<br />

Auf der Webseite präsentiert sich das Traditionsunternehmen<br />

mit Bewegtbildern/Videos, die nicht nur Kunden, sondern<br />

auch potenzielle neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen näher<br />

an das Unternehmen heranführen. <br />

-cr-<br />

Mory GmbH<br />

Nordring 8 • 91785 Pleinfeld<br />

Tel. 0 91 44 / 9 29 40<br />

www.mory-haustechnik.de<br />

info@mory-haustechnik.de<br />

Unternehmensgründung: 1882<br />

MitarbeiterInnen: 100<br />

Geschäftsführer: Bernd Mory,<br />

Rainer Mory und Gerhard Schrank<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

15


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Neue Betonmischanlage setzt<br />

Öko-Maßstäbe<br />

Georg Kamm Bauunternehmung<br />

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Moderne Technik, ein leistungsfähiges<br />

und vor allem ökologisches<br />

Maschinenkonzept: Die neue Betonmischanlage<br />

der Ellinger Traditionsfirma<br />

Georg Kamm setzt neue<br />

Maßstäbe. <strong>Das</strong> neue Konzept kann<br />

auf individuelle Kundenwünsche<br />

eingehen. So können nun unter anderem<br />

Hochleistungsbetone wie<br />

selbstverdichtender Beton oder<br />

auch nachhaltigere RC-Betone<br />

produziert werden. Bei Letzterem<br />

wird durch die Zugabe recycelter<br />

Zuschlagsstoffe der Verbrauch<br />

primärer, natürlicher Ressourcen<br />

reduziert, indem aufbereitetes Abbruchmaterial<br />

bei der Produktion<br />

wieder zugeführt wird. So kann am<br />

Ende gleichwertiger Beton hergestellt<br />

werden. Eine zukunftsfähige<br />

Lösung, denn natürliche Zuschläge<br />

wie z. B. Sand oder Kies sind nicht<br />

unendlich vorhanden. Die Mischanlage<br />

ist leistungsfähiger bei weniger<br />

Energieverbrauch. Durch die Summe<br />

an Maßnahmen werden jährlich<br />

ca. 500 Tonnen CO 2<br />

eingespart. Im<br />

Dezember nahm KammBau die alte<br />

Mischanlage nach 43 Jahren außer<br />

Betrieb. „Könnte sie sprechen, hätte<br />

sie sicher einiges zu erzählen. Unser<br />

altes Werk macht Platz <strong>für</strong> ihren<br />

modernen und effizienten Nachfolger“,<br />

so Klaus Weber, Geschäftsführer<br />

von KammBau. 18 Mitarbeiter,<br />

darunter Bauingenieure und Bautechniker,<br />

Experten <strong>für</strong> Hoch- und<br />

Tiefbau, Kanalreinigung und Transportbeton<br />

arbeiten bei KammBau.<br />

Ausgebildet werden Maurer und<br />

Betonbauer. Neben Beton und Baustoffen<br />

bietet das Unternehmen<br />

den Betonblock „KammBlock“ und<br />

Wärmepumpenfundamente an.<br />

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Wie das Autohaus Neulinger<br />

sein Personal bindet<br />

„Unser Unternehmen ist familiär<br />

und somit auch die Beziehung zu<br />

unseren Mitarbeitern“, sagt Stefanie<br />

Neulinger, die das Autohaus in<br />

Weißenburg und Gunzenhausen<br />

gemeinsam mit ihrem Vater Karl<br />

Neulinger leitet. „Wir haben umgerüstet<br />

auf die Viereinhalb-Tage-Woche.<br />

Für unsere Mitarbeiter ist ab<br />

Freitagnachmittag Wochenende.<br />

Und an allen Brückentagen bleibt<br />

unser Betrieb geschlossen. <strong>Das</strong><br />

kommt unseren Beschäftigten entgegen,<br />

denn sie spüren, dass wir alles<br />

tun, damit sie sich wohlfühlen“,<br />

sagt Neulinger. „Denn je zufriedener<br />

sie sind, desto lieber arbeiten sie bei<br />

uns. Und wir wollen Anreize bieten,<br />

damit wir sie an uns binden können.“<br />

Denn die beste Firma ist nur<br />

so gut wie ihre qualifizierten Mitarbeiter.<br />

Derzeit arbeiten insgesamt<br />

17 Menschen <strong>für</strong> das Autohaus.<br />

„Die Mitarbeiter können von einer<br />

Kooperation mit einem Weißenburger<br />

Fitnessstudio profitieren“,<br />

sagt Neulinger. Auch das Angebot<br />

eines Job-Rads ist ein Beitrag, um<br />

die Gesundheit der Beschäftigten<br />

zu fördern. Jährlich bildet das<br />

Unternehmen zwei Kfz-Mechatroniker<br />

aus. Ein Beitrag gegen den<br />

Fachkräftemangel, der auch vor der<br />

Autobranche nicht haltmacht. <strong>Das</strong><br />

Klima liegt den Neulingers am Herzen.<br />

Seit Jahrzehnten gibt es regelmäßige<br />

Firmenveranstaltungen, die<br />

beide Standortmitarbeiter vereint.<br />

Zum Beispiel eine große jährliche<br />

Weihnachtsfeier. Die Resonanz sei<br />

sehr positiv, sagen die Familienunternehmer.<br />

„Altbewährtes wird von<br />

unseren Leuten genauso geschätzt<br />

wie auch die neuen Maßnahmen.“<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


& Freizeit<br />

Outdoor<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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Erfolgsgeschichte<br />

auf zwei Rädern<br />

Begonnen hat David Lischka 2017<br />

mit einem Mitarbeiter. Mittlerweile<br />

zählt das Unternehmen in der Augsburger<br />

Straße in Weißenburg 27<br />

Beschäftigte. Es erstreckt sich über<br />

drei Stockwerke mit eigenen Fitting-<br />

Räumen und eigener Werkstatt.<br />

Velovita bildet auch aus. David<br />

Lischka legt sehr viel Wert auf die<br />

Zufriedenheit seiner Mitarbeiter<br />

und auf dynamisches Arbeiten. „Ich<br />

möchte Werte vermitteln, Menschen<br />

ausbilden und auf ihrem Lebensweg<br />

so lange wie möglich begleiten. Die<br />

eigene Ausbildungszeit vergisst man<br />

nie. Diese ist prägend <strong>für</strong> das eigene<br />

Leben.“<br />

Velovita Radsport GmbH<br />

Augsburger Straße 74<br />

91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 38 44<br />

www.velovita.de • hallo@velovita.de<br />

Unternehmensgründung: 2017<br />

MitarbeiterInnen: 27<br />

Geschäftsführer: David Lischka,<br />

Christian Lang<br />

Wie halte ich Mitarbeiter im Unternehmen? Und zwar langfristig<br />

und so, dass sie gesund und motiviert bleiben? <strong>Das</strong> beschäftigt<br />

viele Unternehmer in der doch sehr dynamischen Arbeitswelt.<br />

Der amerikanische Fahrradbauer Sinyard sagte einmal:<br />

„Zeigen Sie mir ein Problem dieser Welt und ich gebe Ihnen das<br />

Fahrrad als Teil der Lösung.“ David Lischka, der Geschäftsführer<br />

von Velovita in Weißenburg, greift diesen Gedanken auf. Er<br />

sieht Fahrradleasing durch Unternehmen <strong>für</strong> ihre Mitarbeiter<br />

als eine Lösung. „Man least nicht nur ein Fahrrad.Man least<br />

einen Lifestyle, ein Lebensgefühl, man fördert die Gesundheit<br />

des Mitarbeiters“, so Lischka. „Man unterstützt die mentale<br />

und körperliche Balance. Velovita verkauft eine Leidenschaft,<br />

eine Emotion, etwas, womit man Erinnerungen schafft und<br />

einen aktiven Ausgleich zur Arbeit findet.“ Fahrrad-Leasing als<br />

ein Tool, um Mitarbeiter zu gewinnen, im Unternehmen zu halten<br />

und Nachwuchskräfte<br />

zu finden <strong>–</strong> in<br />

Zeiten von Fachkräftemangel<br />

und dem<br />

verstärkten Wunsch<br />

vor allem bei jüngerer<br />

Menschen nach<br />

einer guten Work-Life-Balance<br />

ist dieses<br />

Angebot zweifellos<br />

attraktiv. Ein Beitrag<br />

zur Mitarbeitergesundheit<br />

ist es obendrein.<br />

Bei Velovita<br />

können Kunden aus<br />

einer Auswahl auf<br />

zwei Ebenen das <strong>für</strong><br />

sie beste Gefährt<br />

auswählen. Dazu gehören<br />

Sporträder wie<br />

Gravel- und Rennräder,<br />

Mountainbikes<br />

ebenso verschiedene<br />

E-Bike-Modelle vom E-Mountainbike bis zum Tourenrad.<br />

Zur Ausstattung des Ladengeschäfts gehören zwei „Fitting-<br />

Rooms“ <strong>für</strong> die Anpassung des Rads an die individuellen Körperproportionen<br />

und die Beweglichkeit des neuen Besitzers.<br />

Denn jedes Rad, egal ob E-Tourenbike oder Rennrad verlässt<br />

Velovita nur, wenn es auf den neuen Besitzer angepasst wurde.<br />

Des weiteren gehört auch eine Werkstatt <strong>für</strong> Servicearbeiten<br />

und Reparaturen zum Velovita-Spektrum. „Mir ist es wichtig,<br />

dass ich nicht nur ein Produkt verkaufe, sondern dass es auch<br />

benutzt und die Region dadurch mobiler wird“, so Lischka. „Velovita<br />

ist der Grundversorgerladen <strong>für</strong> Lebensqualität.“ Doch<br />

wie funktioniert ein Fahrradleasing nun genau? <strong>Das</strong> können<br />

Interessierte in einem Informationsabend am 14.05 um 19:30<br />

Uhr erfahren. Eine Anmeldung per Telefon/Mail bei velovita ist<br />

ab sofort möglich.<br />

-js-<br />

18<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

Für die guten<br />

Momente im<br />

Leben<br />

Seit einem guten Jahrzehnt erfindet man sich bei Fürst Carl<br />

neu. Indem man die Tradition des Familienunternehmens in<br />

eine neue Zeit übersetzt. Mit Ideen und dem Willen zur Authentizität.<br />

Die Herzen des Unternehmens schlagen in Ellingen und Pleinfeld.<br />

In der Deutschordensstadt stehen Brauerei und Bräustüberl,<br />

in Pleinfeld die Sommerrodelbahn und seit vergangenem<br />

Jahr die neue Adventure-Golf-Anlage.<br />

Dabei handelt<br />

es sich um eine in<br />

Mittelfranken einmalige<br />

Attraktion,<br />

die auf 18 in die natürliche<br />

Topografie<br />

des Geländes gebauten<br />

Bahnen ein<br />

außergewöhnliches<br />

Freizeitvergnügen<br />

verspricht.<br />

Die Investition ist<br />

beispielhaft <strong>für</strong> die<br />

Entwicklung des Familienunternehmens. Fürst Carl will in der<br />

Region ein Partner <strong>für</strong> die guten Momente im Leben sein. Für<br />

Genuss und Kulinarik in einer handwerklichen Lebensmittelproduktion,<br />

<strong>für</strong> Erlebnisse, Spaß und Gemeinschaft in seinen<br />

Freizeiteinrichtungen.<br />

Dabei aber will man bei sich bleiben und keine aufgesetzten<br />

Event-Welten entstehen lassen. Die Adventure-Golf-Anlage<br />

baute man in weiten Teilen auf der alten Minigolfbahn und entsiegelte<br />

so große Flächen. Der mikroplastikfreie Kunstrasen<br />

lässt Niederschläge ins Grundwasser. Auf fast 4000 Quadratmetern<br />

Fläche ist eine Anlage entstanden, die bei Jung und Alt<br />

<strong>für</strong> Begeisterung und gemeinsame Momente sorgt.<br />

Weil man aus der Region kommt und sich ihr verbunden fühlt,<br />

hat man die Anlage als einen Reiseführer durch die Region<br />

entworfen. Die bis zu 30 Meter langen Bahnen verweisen auf<br />

Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse der Region zwischen<br />

Seenland und Naturpark Altmühltal. Man spielt die Bälle durch<br />

Steinerne Rinnen, Mühlräder, das Pleinfelder Tor oder puttet<br />

sich durchs Seenland.<br />

Eineinhalb bis zwei Stunden in der Natur, bei Spiel und Spaß,<br />

sind in den diesen hektischen Zeiten eine willkommene Auszeit<br />

vom Alltag. Und genau da<strong>für</strong> steht Fürst Carl in der Region.<br />

Für das Glück der kleinen Dinge vor Ort. <br />

-js-<br />

Ein Erlebnis-<br />

Unternehmen<br />

Die Zeiten abseits des Alltags bleiben<br />

in Erinnerung <strong>–</strong> und sie werden den<br />

Menschen wichtiger. Diese Momente<br />

zu schaffen, sieht Fürst Carl als Aufgabe.<br />

Man definiert sich als Genussund<br />

Erlebnisunternehmen, das aus<br />

dem Reichtum der Region schöpft.<br />

Aus der Vielfalt an Geschichte, Kulinarik<br />

und Natur in <strong>Altmühlfranken</strong>.<br />

<strong>Das</strong> Brauhaus in Ellingen mit<br />

seinem historischen Ensemble steht<br />

im Mittelpunkt dieser Überzeugung.<br />

Die Erlebniswelt in Pleinfeld mit der<br />

Sommerrodelbahn und dem Adventure<br />

Golf fügt sich nahtlos ein.<br />

Fürst Carl Erleben GmbH<br />

Schloßstraße 10 • 91792 Ellingen<br />

Tel. 0 91 41 / 97 80<br />

www.fuerst-carl.de<br />

info@fuerst-carl.de<br />

Unternehmensgründung: 1980 als<br />

Sommerrodelbahn Pleinfeld GmbH,<br />

Umfirmierung im Jahr 2018<br />

MitarbeiterInnen: 30<br />

Geschäftsführer: Carl Christian Fürst<br />

von Wrede, Katalin Fürstin von Wrede<br />

#fuerstcarlschlossbrauerei<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

19


Den Schnellen gehört<br />

die Zukunft <br />

Von Uwe Ritzer<br />

Alle klagen über Fachkräftemangel.<br />

Zu Recht.<br />

Doch warum sind vor allem<br />

größere Firmen trotzdem<br />

so umständlich und abgehoben<br />

im Umgang mit Bewerberinnen<br />

und Bewerbern?<br />

Eine Misere, von der<br />

kleine Betriebe auf dem<br />

Land profitieren können<br />

Die Geschichte spielte sich vor gar<br />

nicht langer Zeit bei einem Industrieunternehmen<br />

im Landkreis ab, dem<br />

Ableger eines internationalen Konzerns:<br />

Ein Maschinenbauingenieur mit<br />

Einskommaeins-Master bewirbt sich<br />

frisch nach der Uni um eine Stelle. Er<br />

kommt von außerhalb und würde auch<br />

gerne in die Region ziehen. Der junge<br />

Mann durchläuft drei Bewerbungsrunden,<br />

was sich mehrere Wochen<br />

„Selbst <strong>für</strong> einfache<br />

Aushilfejobs findet sich<br />

kaum jemand„<br />

der etwas von dem Unternehmen. Bei<br />

Nachfragen wird er vertröstet; irgendwann<br />

gibt er auf. Nicht einmal seine<br />

Bewerbungsunterlagen bekommt er<br />

zurück.<br />

Fachkräftemangel? Ist da was?<br />

Natürlich. Niemand kann ernsthaft<br />

bestreiten, dass Unternehmen immer<br />

größere Schwierigkeiten haben,<br />

gut ausgebildetes Personal zu finden.<br />

Selbst <strong>für</strong> einfache Aushilfsjobs findet<br />

sich kaum jemand. Diese Misere wird<br />

sich weiter verschlechtern, je mehr Angehörige<br />

der Babyboomer-Generation<br />

in den kommenden Jahren in Rente ge-<br />

hinzieht. Nach dem letzten Gespräch<br />

heißt es seitens der Firma, seine Chancen<br />

stünden gut <strong>–</strong> „wir melden uns“.<br />

Doch der junge Mann hört nie wiehen.<br />

Alle Sparten, selbst der jobsichere<br />

öffentliche Dienst, leiden unter diesem<br />

Dilemma. Einerseits. Andererseits<br />

müssen sich viele Unternehmen die<br />

Frage stellen lassen, ob sie die richtigen<br />

Konsequenzen daraus ziehen. Speziell<br />

in den Personalabteilungen größerer<br />

Firmen haben viele den Schlag<br />

vielleicht gehört, aber definitiv nicht<br />

verinnerlicht. Beileibe nicht alle, aber<br />

doch zu viele wursteln einfach weiter,<br />

als gäbe es keinen Fachkräftemangel.<br />

Sie zelebrieren weiter einen umständlichen<br />

Bewerbungs-Popanz, der schon<br />

vor dem Fachkräftemangel absurd war.<br />

Da werden Bewerbungen oft wochenlang<br />

liegen gelassen, schließlich könnte<br />

sich noch jemand Besseres melden.<br />

Dann folgt ein Telefoninterview mit<br />

der Bewerberin oder dem Bewerber, im<br />

nächsten Schritt ein persönliches Vorstellungsgespräch,<br />

anschließend womöglich<br />

noch ein Assessment-Center.<br />

Und wer all das übersteht, muss sich<br />

noch in einer allerletzten Runde gegen<br />

20<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


den oder die schärfsten Konkurrenten<br />

durchsetzen. <strong>Das</strong> Prozedere zieht sich<br />

über Wochen, manchmal sogar Monate<br />

hin.<br />

Die Vorstellung, dass man mit schnellem,<br />

effizientem Bewerbermanagement<br />

den Fachkräftemangel zwar<br />

nicht aushebeln, wohl aber geschickt<br />

dagegen arbeiten kann, ist bei vielen<br />

Firmen noch nicht angekommen. Statt<br />

mit Bewerberinnen und Bewerbern sofort<br />

zu kommunizieren und sich so erste<br />

Eindrücke zu verschaffen, lässt man<br />

sie lieber in der Luft hängen, hält sie<br />

hin, behandelt sie von oben herab oder<br />

reagiert gar nicht.<br />

Letzteres ist besonders arrogant. Bereits<br />

die Stellenanzeigen in den hiesigen<br />

Lokalzeitungen hinterlassen mitunter<br />

den Eindruck, dass vor allem größere<br />

Unternehmen die sprichwörtliche eierlegende<br />

Wollmilchsau suchen. Leute,<br />

die jung und voller Tatendrang sind,<br />

aber schon alles können und viel Erfahrung<br />

mitbringen. Bisweilen werden<br />

in den Annoncen die geforderten Qualifikationen<br />

so präzise aufgelistet, dass<br />

dies Bewerber eher abschreckt.<br />

Die Möglichkeit, dass jemand noch<br />

nicht alles kann und weiß, was er<br />

braucht, wohl aber die Grundvoraussetzungen<br />

erfüllt und mit Fleiß und<br />

Unterstützung des Arbeitgebers seine<br />

Lücken schnell schließen könnte,<br />

scheinen manche Firmen erst gar nicht<br />

in Betracht zu ziehen. Dann lieber<br />

über Fachkräfte jammern.<br />

„Bewerberinnen und<br />

Bewerber sind keine<br />

Bittsteller mehr. <strong>Das</strong><br />

mag manch Arbeitgeber<br />

beklagen <strong>–</strong> ändern kann<br />

er es nicht„<br />

sche Zeitung das Thema Ende 2023<br />

anhand konkreter Einzelfälle aufgriff,<br />

erlebte sie eine Überraschung. Die<br />

Redaktion wurde mit Mails aus ganz<br />

Deutschland, der Schweiz und Österreich<br />

überflutet, in denen Betroffene<br />

den Tenor des Artikels bestätigten und<br />

ihre schlechten Erfahrungen schilderten.<br />

Auffallend viele berichteten, dass<br />

es in Österreich, vor allem aber in der<br />

Schweiz viel schneller und unkomplizierter<br />

zuginge bei der Personalakquise.<br />

Was offenbar neben dem höheren<br />

Verdienst (der sich allerdings durch die<br />

Schnelle Einigung? Bei Konzernen ist das oft nicht der Fall, das kann eine Chance <strong>für</strong> kleine Unternehmen<br />

sein.<br />

Natürlich gilt diese Kritik nicht <strong>für</strong><br />

alle Unternehmen; es gibt viele Betriebe,<br />

wo es anders läuft. Fachkräftemangel<br />

hat auch nicht eine, sondern<br />

viele Ursachen. Man darf nicht verallgemeinern.<br />

Aber man sollte die Folgen<br />

von schlechter Personalpolitik in<br />

Unternehmen auch nicht kleinreden<br />

oder unterschätzen. Als die Süddeuthohen<br />

Lebenshaltungskosten der Eidgenossen<br />

relativiert) ein wesentlicher<br />

Grund ist, weshalb allerhand Handwerker<br />

und andere Fachkräfte auch<br />

aus <strong>Altmühlfranken</strong> trotz der lästigen<br />

Pendelei sich als Gastarbeiter in der<br />

Schweiz verdingen.<br />

Besonders anfällig <strong>für</strong> umständliches<br />

Einstellungsgebaren scheinen größere<br />

Unternehmen zu sein, die regionalen<br />

Ableger von Konzernen zum Beispiel.<br />

Solche, wo nicht einer vor Ort schnell<br />

und unbürokratisch einstellen darf,<br />

sondern viele, teils anderswo sitzende<br />

Vorgesetzte entscheiden. Nicht zu vergessen<br />

die Personalabteilungen, die in<br />

ihren ganz eigenen Formalismen funktionieren.<br />

Entsprechend zieht sich die Personalsuche<br />

hin. Vor wenigen Jahren noch,<br />

als Firmen in einem gut gefüllten Bewerberpool<br />

fischen konnten, hat das<br />

funktioniert. Inzwischen aber hat der<br />

Arbeitsmarkt komplett gedreht, zugunsten<br />

der Bewerber. Wer gut qualifiziert<br />

ist und erkennbar leistungsbereit,<br />

kann sich seinen Job aus vielen Angeboten<br />

aussuchen. Bewerberinnen und<br />

Bewerber sind keine Bittsteller mehr.<br />

<strong>Das</strong> mag manch Arbeitgeber beklagen<br />

<strong>–</strong> ändern kann er es nicht.<br />

Besser wäre es, auf das Unabänderliche<br />

adäquat zu reagieren. Zumal darin eine<br />

riesige Chance <strong>für</strong> kleine und mittlere<br />

Firmen, <strong>für</strong> Familienunternehmen,<br />

ja, überhaupt <strong>für</strong><br />

Betriebe in einer ländlichen<br />

Region wie Weißenburg-<br />

Gunzenhausen liegt. Weil<br />

vor allem in inhabergeführten<br />

Unternehmen die<br />

Entscheidungswege kurz<br />

sind, weil immer einer da<br />

ist, der zu einer Bewerbung<br />

„ja“ oder „nein“ sagen kann.<br />

Auch in Sachen Gehalt und<br />

möglicher anderer Konditionen<br />

können Handwerker<br />

oder Familienunternehmer<br />

vor Ort flexibler und schneller<br />

entscheiden als Konzerne,<br />

wo viel mehr mitreden,<br />

was erfahrungsgemäß lange<br />

dauert. Am Ende haben im<br />

Idealfall beide etwas davon:<br />

Der Arbeitgeber gewinnt<br />

eine Fachkraft, der<br />

Bewerber erhält schnell<br />

Klarheit.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

21


Industrie<br />

22<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

Regional<br />

verwurzelt<br />

und international<br />

unterwegs<br />

Es ist eine Firma, wie es sie im Landkreis kaum ein zweites<br />

Mal gibt. In Weißenburg daheim und in der Welt zu Hause. Ossberger<br />

<strong>–</strong> ein Weltmarktführer in Familienhand. 100 Prozent regionale<br />

Entwicklung und Produktion, 90 Prozent Export in alle<br />

Welt. Speziell <strong>für</strong> junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

eine reizvolle Mischung.<br />

Vor Ort geht es auf dem Firmenareal nahe der Weißenburger Innenstadt<br />

familiär zu. Man kennt sich, ein direkter Draht zu Chefetage<br />

und Vorgesetzten ist selbstverständlich. So regional und<br />

familiär das Traditionsunternehmen aber ist, Ossberger bietet<br />

auch ein Tor zur Welt.<br />

„Wer motiviert ist, was von der Welt sehen will, hat bei uns<br />

die Möglichkeit dazu“, erzählt Firmenchef Dr. Karl-Friedrich<br />

Ossberger. Da wird der junge Ingenieur schon mal mit zu Vertragsverhandlungen<br />

nach Japan oder der gerade erst zum Inbetriebnahme-Team<br />

gestoßene Mitarbeiter zu seiner ersten<br />

großen Montage nach Kenia geschickt. Und im Unternehmen<br />

trifft man auch einmal die Wirtschaftsminister oder Botschafter<br />

fremder Länder.<br />

Aus Tradition<br />

modern<br />

Kreativität und Innovationskraft,<br />

da<strong>für</strong> steht die Firma Ossberger<br />

seit 1873. Der Fokus lag dabei von<br />

Anfang an auf innovativen und umweltverträglichen<br />

Technologien im<br />

Maschinenbau. Aus der Wasserkraft<br />

im Jahr 1906 hervorgegangen, kamen<br />

über die Jahrzehnte neue Geschäfts -<br />

felder hinzu. Zunächst 1966 die<br />

Kunststoff- und 2003 schließlich die<br />

Oberflächentechnik. Heute<br />

beschäftigt Ossberger rund 150<br />

Mitarbeiter und steht <strong>für</strong> einen<br />

international erfolgreichen, regional<br />

verwurzelten Mittelstand, der mit<br />

Zuversicht in die Zukunft sieht.<br />

Während in großen Konzernen Entscheidungen oft in weit entfernten<br />

Führungsebenen fallen, sind bei Ossberger die Wege<br />

überschaubar. Wer Ideen hat, kann hier Dinge bewegen und<br />

sich einbringen. Zumal Offenheit der Markenkern des Unternehmens<br />

ist <strong>–</strong> und der Grund, warum es die Firma bis heute<br />

gibt.<br />

1873 begann Ossberger als Landmaschinenhersteller <strong>–</strong> heute<br />

leisten die patentierten Wasserkraftwerke auf der ganzen Welt<br />

einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Pa rallel<br />

hat man eine Kunststofftechnik-Sparte aufgebaut, in der man<br />

ebenfalls zum Weltmarktführer aufstieg. Und in einem dritten<br />

Bereich, der Oberflächentechnik, beweist man gerade, dass<br />

Innovation und Entwicklung in der Otto-Rieder-Straße nie aufhören.<br />

In einer zunehmend unübersichtlicheren Welt vereint die Firma<br />

Ossberger das Beste aus vielen Welten. Regionale Verwurzelung<br />

und familiäre Führung mit Innovationsgeist und<br />

Internationalität. Ein Arbeitsplatz mit Zukunft und Gestaltungsmöglichkeit.<br />

<br />

<strong>–</strong>js<strong>–</strong><br />

Ossberger GmbH + Co. KG<br />

Otto-Rieder-Straße 5<strong>–</strong>11<br />

91781 Weißenburg i. Bay.<br />

Tel. 091 41 / 9 77 - 0<br />

www.ossberger.de<br />

info@ossberger.de<br />

Unternehmensgründung: 1873<br />

MitarbeiterInnen: 150<br />

Geschäftsführer: Dr. Karl-Friedrich<br />

Ossberger<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

23


Anzeige<br />

Agil, flexibel,<br />

mittelständisch<br />

Wertschöpfung durch<br />

Automati sierung<br />

Die SAR <strong>–</strong> Steuerung, Automation,<br />

Regeltechnik <strong>–</strong> wurde 1985 gegründet.<br />

Die Group wächst stetig und<br />

agiert mit über 800 Beschäftigten<br />

mittlerweile weltweit. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />

hat Standorte in u. a. Südfrankreich,<br />

Großbritannien, der Schweiz<br />

und in Amerika. In Deutschland ist<br />

SAR auch in Gunzenhausen vertreten.<br />

Eben immer dort, wo man das<br />

Unternehmen gerade braucht. SAR<br />

bietet maßgeschneiderte Automatisierungslösungen<br />

mit zertifizierter<br />

Systemqualität.<br />

SAR Elektronic GmbH<br />

Richard-Stücklen-Straße 15<br />

91710 Gunzenhausen<br />

Tel. 0 98 31 / 88 11 - 0<br />

www.sar.biz<br />

gunzenhausen@sar.biz<br />

MitarbeiterInnen: rund 120<br />

Geschäftsführer: Konrad Sigl<br />

„Diese Gleichberechtigung in allen Bereichen, von den jungen<br />

Wilden bis hin zu unseren langjährigen Mitarbeitern, das<br />

kenne ich aus keiner vorherigen Firma. Diese flachen Hierarchien<br />

und das vertraute Miteinander.“ Jürgen Schwarz gerät<br />

ins Schwärmen. Denn SAR in Gunzenhausen, wo er als Leiter<br />

der Geschäftsentwicklung Verantwortung trägt, überzeugt<br />

nicht nur eine globale Kundschaft mit innovativen Automatisierungslösungen<br />

im Kunststoffbereich. Sondern auch mit<br />

einer besonders positiven Mitarbeiterkultur. „Wir hatten schon<br />

schwierigere Zeiten in der Personalgewinnung “, sagt Christine<br />

Schönweiß, zuständig <strong>für</strong> Personal bei SAR in Gunzenhausen.<br />

„<strong>Das</strong> hat damit zu tun, dass wir unseren Mitarbeitern Aufgaben<br />

in einer zukunftsweisenden, spannenden Technologie bieten.“<br />

Der Automatisierungsspezialist SAR ist zudem ein Unternehmen,<br />

das volle Auftragsbücher hat und expandiert. Innerhalb<br />

der Firmengruppe hat SAR das Start-up „KNEXT“ geschaffen.<br />

Dieser Bereich ist das Geschäftsfeld <strong>für</strong> autonome Service-Robotik<br />

und der Gastronomie-Robotik. Hier, wie in der Kunststoffautomation<br />

ist Kreativität in jeder Ecke gefragt“, sagt Jürgen<br />

Schwarz. Schon lange fokussiere sich SAR nicht mehr nur auf<br />

eine Branche. Innovative individuelle Kundenlösungen finden,<br />

durch „out of the box“-Denken weg vom Mainstream <strong>–</strong> das ist<br />

der erfolgreiche Ansatz. <strong>Das</strong> gilt auch <strong>für</strong> die Personalgewinnung.<br />

„Empfehlungsmanagement bringt uns viele Mitarbeiter,<br />

genauso wie unser Kinowerbespot“, sagt Personalexpertin<br />

Schönweiß. Auch über die Social-Media-Kanäle kommen Bewerbungen<br />

rein. „Wir fahren mehrere Gleise, um unsere zukünftigen<br />

Mitarbeiter zu erreichen. Und das zahlt sich aus.“ Die<br />

Personalarbeit an sich habe sich verändert, sagt sie.<br />

SAR passt sein Portfolio an den Markt an und diversifiziert<br />

kontinuierlich, um die sich stark wandelnden Kundenanforderungen<br />

zu erfüllen. <strong>Das</strong> Unternehmen bietet am Standort in<br />

Gunzenhausen mit dem skalierbaren Automatisierungsbaukasten<br />

<strong>für</strong> Kunststofftechnik individuelle und maßgeschneiderte<br />

Roboter-Lösungen. Vorreiter ist SAR mit seinen Nachhaltigkeitszielen<br />

in der E-Mobilität. Jedoch wird heute noch mehr<br />

Fokus auf die Hersteller von Konsumgütern, „Weißer Ware“,<br />

wie z. B. Waschmaschinen sowie komplett neue Märkte gesetzt.<br />

Hier profitieren die Kunden besonders vom Ideenreichtum<br />

und dem Engagement der SAR Experten/innen. Durch<br />

diese proaktive Herangehensweise positioniert sich SAR als<br />

flexibler Partner <strong>für</strong> Kunden und Mitarbeiter, der innovative<br />

Antworten bietet und so nachhaltigen Mehrwert <strong>für</strong> Zukunftsmärkte<br />

schafft.<br />

-cr-<br />

24<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

Energieeinsatz<br />

intelligent<br />

gemacht<br />

„Nachhaltigkeit <strong>für</strong> die kommenden Generationen verpflichtet<br />

<strong>–</strong> und das nehmen wir sehr ernst“, sagt Thomas Bückert, Geschäftsführer<br />

der HÄRTHA Hardening Industries in Weißenburg.<br />

<strong>Das</strong> Unternehmen hat sein Augenmerk im täglichen<br />

Arbeitsprozess auf größtmögliche Nachhaltigkeit gesetzt.<br />

„Gemeinsam mit Siemens haben wir ein sogenanntes Lastmanagement<br />

<strong>für</strong> unsere Standorte in Weißenburg und Cadolzburg<br />

eingeführt.“ 80 Prozent der Stromerzeugung ist mittlerweile<br />

Grünstrom, der durch Windkraft oder Photovoltaik generiert<br />

wird. „Dabei kommen automatisierte Härteöfen zum Einsatz,<br />

bei denen der Stromverbrauch<br />

wenn nötig<br />

gedrosselt und<br />

an den tatsächlichen<br />

Energiebedarf in<br />

Echtzeit angepasst<br />

werden kann“, schildert<br />

Geschäftsführer<br />

Bückert stolz. „Energiegewinnung<br />

und<br />

Energieeinsatz 2.0.<br />

Eine Win-win-Situation<br />

<strong>für</strong> alle Beteiligten<br />

und die Umwelt.“<br />

<strong>Das</strong> System wurde Ende 2023 eingeführt und es wurde darauf<br />

geachtet, es so transparent wie möglich darzustellen. Große<br />

Bildschirme im Betrieb zeigen den Mitarbeitern alle relevanten<br />

Daten in Echtzeit an. „Was wir tun, ist richtig und vor allem<br />

wichtig“, sagt Bückert voller Überzeugung. „Mit diesem Gefühl<br />

sollen unsere Mitarbeiter täglich arbeiten und natürlich auch<br />

sensibilisiert werden.“ Nicht nur auf eine transparente Mitarbeiterführung<br />

wird Wert gelegt <strong>–</strong> auch die Mitarbeiterzufriedenheit<br />

ist dem Unternehmen wichtig. Neben 30 Tagen Urlaub<br />

bietet HÄRTHA jedem Beschäftigten ein Dienstrad-Leasing<br />

und eine monatliche Wertkarte von 50 Euro. Alles aus Überzeugung,<br />

wie Thomas Bückert sagt: „Wir glauben fest daran,<br />

dass wir als Unternehmen eine Verantwortung gegenüber unseren<br />

Mitarbeitern, Kunden und der Gesellschaft tragen <strong>–</strong> und<br />

freuen uns, dieser Verantwortung nachzukommen.“ -cr-<br />

Nachhaltigkeit trifft<br />

auf Tradition<br />

Seit über 25 Jahren zählt HÄRTHA<br />

Hardening Industries in Weißenburg<br />

zu den führenden Unternehmen in<br />

der Metallverarbeitungs- und Oberflächenhärtetechnikbranche.<br />

<strong>Das</strong><br />

Unternehmen in der Dettenheimer<br />

Straße gehört zu der 1990 gegründeten<br />

HÄRTHA GROUP, welche<br />

europaweit tätig ist. Härtha kann in<br />

Weißenburg jährlich fünf Auszubildende<br />

aufnehmen. Aber auch Quereinsteiger,<br />

Maschinen- und Anlagenführer<br />

oder qualifizierte Mitarbeiter<br />

in sämtlichen technischen Bereichen<br />

sind gerne willkommen.<br />

HÄRTHA <strong>–</strong> WEISSENBURG GmbH<br />

Dettenheimer Straße 28<br />

91781 Weißenbu rg<br />

Tel. 0 91 41 / 85 89 - 0<br />

www.haertha.de<br />

weissenburg@haertha.de<br />

Unternehmensgründung:1997<br />

MitarbeiterInnen<br />

Standort Weißenburg: 94<br />

Geschäftsführer: Thomas Bückert<br />

HLX-1-BEHANDLUNG<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

25


„Wer seine Arbeit<br />

richtig gemacht hat,<br />

hatte ein gutes<br />

Leben“<br />

Von Selina Yildiz<br />

Drei Gunzenhäuser Senioren<br />

erzählen von ihrem<br />

Berufsleben. Zwei waren<br />

angestellt, einer selbstständig.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Altmühlfranken</strong>,<br />

das sie erlebten, war<br />

ein anderes, genau wie<br />

die Bedeutung von Arbeit.<br />

Heute blicken sie zurück.<br />

Gunzenhausen Anfang der 1960er-<br />

Jahre: Die Kriegsschäden sind weitgehend<br />

beseitigt, seit ein paar Jahren<br />

geht es industriell aufwärts. Im Zuge<br />

der Gebietsreform werden nacheinander<br />

14 Stadtteile in die Stadt eingegliedert.<br />

Eine moderne Kläranlage und<br />

ein Hallenbad entstehen, drei Schulen<br />

werden unter der Stadtführung von<br />

Bürgermeister Friedrich Wust saniert.<br />

Direkt unter der Berufsschule wird ein<br />

atombombensicheres Bunkerhospital<br />

gebaut. An allen Ecken und Enden der<br />

Stadt spüren die Gunzenhäuser, dass<br />

es vorangeht, besonders spürbar wird<br />

das im Gewerbegelände im Osten der<br />

Stadt.<br />

Dort siedelt sich 1960 eine Firma an,<br />

deren Hauptsitz in Stuttgart liegt. Sie<br />

bringt Hunderte neue Arbeitsplätze<br />

nach <strong>Altmühlfranken</strong>. Es ist der Technologiekonzern<br />

Alcatel SEL. Verantwortlich<br />

<strong>für</strong> Nachrichtentechnik und<br />

Telekommunikationsausrüstung ist die<br />

weitgehend SEL genannte Firma bis in<br />

die 1980er-Jahre eines der größten und<br />

ein bedeutendes deutsches Unternehmen,<br />

ein Hauptzulieferer <strong>für</strong> Telekom.<br />

Johanna Engel (87) und Karl Lechner<br />

(85) haben die Gunzenhäuser Industrie<br />

in diesen Jahren von innen gesehen.<br />

Heute sitzen sie gemeinsam<br />

an einem Holztisch im Speisesaal des<br />

Burkhard-von-Seckendorff-Seniorenheims<br />

in Gunzenhausen. Lechner trägt<br />

eine Kappe und führt einen großen<br />

Regenschirm mit sich, den er wie einen<br />

Gehstock schwingt. Er trägt eine Brille<br />

und Lachfalten in seinem Gesicht. Johanna<br />

Engel hat weiße Locken. Beide<br />

leben in Wohnungen im Gebäudekomplex<br />

des Seniorenheims, in denen sie<br />

sich selbst versorgen. Früher waren sie<br />

Kollegen in der SEL. <strong>Das</strong>s sie sich im<br />

Seniorenheim wiedersehen, das hätten<br />

sie nicht gedacht, lachen sie.<br />

Zur Arbeit <strong>für</strong> die SEL kommen beide<br />

in den 1960er-Jahren. Engel stammt<br />

aus der DDR und siedelt im Jahr 1953<br />

in den Westen über. In der Nürnberger<br />

Gegend lernt sie ihren späteren<br />

Ehemann kennen. Er ist Elektriker,<br />

sie hat zuvor im Finanzamt und in der<br />

Metallbaukastenfirma Trix gearbeitet.<br />

Viele kleine Bauernbetriebe werden zu<br />

dieser Zeit aufgelöst, besonders Frauen<br />

suchen händeringend Arbeit. In dieser<br />

Zeit geht es den Menschen nicht darum,<br />

den idealen Job zu finden, sondern<br />

darum, einen zu haben.<br />

26<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


SEL und Gunzenhausen passen gut<br />

zusammen. Die Bürger suchen Arbeit,<br />

die Firma will expandieren. Zur Spitzenzeit<br />

beschäftigt das Unternehmen<br />

1600 Angestellte. 15 Busse schlängeln<br />

sich fortan jeden Morgen die Straßen<br />

hinunter, um die Beschäftigten einzusammeln.<br />

Karl Lechner findet in der<br />

Firma Arbeit, die ihn erfüllt und die<br />

er fair bezahlt findet. Rechnen hat ihm<br />

schon als kleinem Jungen gefallen, fortan<br />

kann er seine Freude am Herumtüfteln<br />

beruflich ausleben. Überstunden<br />

und Fahrtkosten werden im Betrieb<br />

immer ausbezahlt und in den Jubiläumsjahren<br />

gibt es Prämien. Für ihn ist<br />

die SEL der beste Arbeitgeber in der<br />

Region.<br />

Etwa zehn Jahre, bevor Johanna Engel<br />

in Gunzenhausen Fuß fasst, beginnt<br />

der Berufsweg des gebürtigen Gunzenhäusers<br />

Erwin Haas. Es ist ein Weg,<br />

Im Salon eines Freundes seines Vaters<br />

lernt er, wie man Männern die<br />

Haare schneidet. Dann leistet er <strong>für</strong><br />

zwölf Monate seinen Wehrdienst und<br />

schneidet in der Kaserne jeden Abend<br />

„Es hat mir wirklich<br />

überhaupt nicht<br />

gefallen„<br />

<strong>für</strong> ein paar Pfennige seinen Kameraden<br />

die Haare. Von den Pfennigen<br />

kauft er dann Bier <strong>für</strong> die Runde. Die<br />

Monate vergehen schnell und Haas<br />

kehrt zurück in den Salon des Kollegen<br />

seines Vaters. Die ersten Jahre bereitet<br />

ihm seine Arbeit keine Freude. „Es hat<br />

mir wirklich überhaupt nicht gefallen“,<br />

sagt er heute.<br />

Er hat ein Problem mit all den „Saubären“,<br />

den Männern, die nach der Arbeit<br />

Pensionierungswelle der Boomer-Generation<br />

macht sich bemerkbar und die<br />

Arbeitnehmer der Zukunft sind sich<br />

<strong>–</strong> vielleicht mehr als jemals zuvor <strong>–</strong><br />

bewusst, dass ihre Arbeitskraft wertvoll<br />

ist.<br />

Anders Ende der 1950er-Jahre. Die<br />

Nachkriegsjahre sind eine Zeit, in der<br />

jeder tut, was sich gerade ergibt, um einen<br />

Teil dazu beizutragen, die Kriegsschäden<br />

zu beheben. Die Mentalität<br />

ist eine andere, die Menschen wollen<br />

vergessen, und gleichzeitig arbeiten sie<br />

daran, dass Deutschland sich zurück in<br />

die Liga der Wirtschaftsmächte spielen<br />

kann. Für Erwin Haas ist an Aufgeben<br />

also nicht zu denken, auch wenn<br />

er keine Freude am Haareschneiden<br />

hat. Aber Geld musste er allemal verdienen,<br />

und was wäre ihm schon übrig<br />

geblieben, sagt er heute.<br />

1961 kommt sein Chef an Weihnachten<br />

überraschend vorbei und sagt, er<br />

wolle zwar nicht zum Essen bleiben,<br />

aber er habe ein Angebot. Er wird<br />

aufhören zu arbeiten und Erwin Haas<br />

soll seinen Laden übernehmen. Nach<br />

zweieinhalb Jahren als angestellter Friseur<br />

bietet sich ihm die Gelegenheit,<br />

in jungen Jahren sein eigener Chef<br />

zu werden. Die Idee gefällt ihm. Und<br />

weil er noch keinen Meistertitel hat,<br />

übt er fortan ein Jahr lang mit seiner<br />

Freundin Marga Damenfrisuren <strong>für</strong><br />

die Meisterprüfung.<br />

Früher Kollegen, heute Nachbarn im Wohnungsflügel des Burkhard-von-Seckendorff-<br />

Heims: Johanna Engel und Karl Lechner.<br />

der, wie vieles in den 1950er-Jahren im<br />

Nachkriegsdeutschland, unromantisch<br />

beginnt. Haas kommt 1953 mit einem<br />

guten Zeugnis aus der Schule und<br />

macht sich daran, einen Ausbildungsplatz<br />

zu finden. Er versucht sein Glück<br />

bei der Post, bei der Bahn, als Schreiner,<br />

als Autoschlosser. Aber alle haben<br />

bereits einen Auszubildenden und<br />

schicken ihn weiter, bis nur noch wenige<br />

Berufe übrigbleiben. Sein Vater<br />

überzeugt ihn von den Vorzügen des<br />

Friseurberufs: „Für jeden Handwerksberuf<br />

brauchst du teure Maschinen<br />

und Ausrüstung. Als Friseur kannst du<br />

dich viel leichter selbstständig machen,<br />

mehr Möglichkeiten hast du kaum.“<br />

Eine gute Schere kostet damals 80<br />

Mark. Erwin Haas wird Friseur.<br />

direkt in den Salon kommen und dabei<br />

noch den ganzen Dreck vom vergangenen<br />

Arbeitstag auf ihrer Kopfhaut<br />

kleben haben. Heute, am Küchentisch<br />

seiner gemütlich eingerichteten Wohnung<br />

im Burkhard-von-Seckendorff-<br />

Heim, verzieht er sein Gesicht beim<br />

Erzählen, als schüttle es ihn beim bloßen<br />

Gedanken daran.<br />

Heute ist es keine Seltenheit, dass Berufseinsteiger<br />

ihre Arbeitsstelle wechseln,<br />

wenn es ihnen nicht gefällt. Warum<br />

einer Arbeit nachgehen, die einen<br />

nicht erfüllt, wenn die Möglichkeiten<br />

zahlreich sind. Qualifizierte Arbeitskräfte<br />

werden besonders im Dienstleistungssektor<br />

trotz schwächelnder<br />

Konjunktur nach wie vor gesucht. Die<br />

Die Gunzenhäuserin Marga ist zu dieser<br />

Zeit „die beste Friseuse weit und<br />

breit“ und hat im Salon um die Ecke<br />

zu Erwin Haas‘ Herrensalon Dutzende<br />

Stammkundinnen. Später wird sie<br />

Haas‘ Ehefrau und Partnerin im Geschäft.<br />

Am 30. September 1963 findet<br />

Erwin Haas‘ Meisterprüfung statt.<br />

Eine „hochgezogene Welle mit einem<br />

Knüpfer oben und einer kleinen Krone<br />

im Haar“ frisiert er und besteht mit<br />

Bravour. Er übernimmt den Laden.<br />

Und plötzlich macht es ihm Spaß.<br />

1964 ist Engels erstes Jahr in der SEL.<br />

Ihre jüngste Tochter ist damals noch<br />

klein. Bis sie zwölf ist, arbeitet Engel<br />

in der Heimarbeit: Kabel legen und<br />

komplexe Schaltungen auf Brettern zusammenbauen.<br />

Heimarbeit sagt heute<br />

kaum noch einer, unter Homeoffice ist<br />

das Konzept allen ein Begriff. „Wer bei<br />

uns damals nicht ordentlich gearbeitet<br />

hat, der wurde in die Firma bestellt<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

27


zum Nacharbeiten“, erinnert sie sich.<br />

Sie lächelt, und sagt dann: „Ich war natürlich<br />

so schnell, dass ich mir Freizeit<br />

ausgearbeitet hatte, ich hab' nicht mehr<br />

gearbeitet, als ich musste, und die Freizeit<br />

habe ich dann <strong>für</strong> meine Familie<br />

verwendet.“<br />

Johanna Engel verdient damals das<br />

gleiche Gehalt wie die Mitarbeiter, die<br />

regulär in der Firma arbeiten. Für sie<br />

keine Selbstverständlichkeit: „Ich bin<br />

gut über die Runden gekommen. Dabei<br />

wurde Heimarbeit im Allgemeinen<br />

schlechter bezahlt“, erinnert sie sich.<br />

Heute sagen ihr ihre Kinder, dass sie<br />

eine gute Kindheit hatten. Engel ist<br />

das das Wichtigste. „Manchmal war<br />

nur noch Geld <strong>für</strong> einen Liter Milch<br />

im Geldbeutel. Aber ich habe es geschafft“,<br />

sagt sie.<br />

Die 1970er-Jahre sind ein Jahrzehnt<br />

des Aufschwungs. Noch ist kein Seenlandtourismus<br />

in Sicht, stattdessen stehen<br />

die Eingemeindungen einiger umliegenden<br />

Dörfer bevor. An die 11 000<br />

Menschen leben in Gunzenhausen<br />

und es werden stetig mehr. Der Wohlstand<br />

ist auf dem Vormarsch, das Wirtschaftswunder<br />

auch in der fränkischen<br />

Kleinstadt spürbar.<br />

Über 50 Wirtschaften gibt es zu dieser<br />

Zeit im Ort, mehrere Brauereien, und<br />

in den Kneipen wird zu den Beatles<br />

und zu deutschem Schlager getanzt.<br />

Simon & Garfunkel und Howard Cargewerbebesitzer<br />

der Stadt auf ihn aufmerksam.<br />

Haas wird in den Kreis derer<br />

aufgenommen, die seine wichtigsten<br />

Kunden sind. Er frisiert sie fortan alle.<br />

1970 kauft er sich sein erstes eigenes<br />

Auto <strong>–</strong> nach acht Jahren im Geschäft<br />

hat er das Geld beisammen. Es ist ein<br />

Opel Rekord Coupé, rote Sitze, silbermetallic.<br />

Er kennt den Händler und<br />

zahlt ihm 8000 Mark in bar auf die<br />

Hand. Haas ist spätestens jetzt im Geschäftsleben<br />

angekommen. Manchmal<br />

gibt es fortan Ärger, wenn die Geschäftsleute<br />

meinen, sie könnten früher<br />

frisiert werden als andere. Aber<br />

Haas behandelt alle gleich <strong>–</strong> wer zuerst<br />

kommt, wird zuerst geschnitten, egal<br />

ob er der Bürgermeister ist oder nicht.<br />

„Die Leut' haben mich gemocht und<br />

ich hab' die Leut' gemocht“, fasst er<br />

Tag geöffnet. Seine Kunden kommen<br />

nach oder zwischen der Arbeit bei ihm<br />

am Lutherplatz vorbei, setzen sich und<br />

warten, bis sie drangenommen werden.<br />

Haas sorgt da<strong>für</strong>, dass immer ein<br />

Kasten Bier vorrätig ist. Als Friseur,<br />

schmunzelt er, hat er immer alles zuerst<br />

gewusst, was in der Stadt vor sich<br />

ging. „Abends saßen manchmal sechs<br />

bis acht Männer bei mir herum und haben<br />

sich unterhalten. Wie in der Kneipe<br />

hocken, nur, dass das Bier umsonst<br />

war. Es waren andere Zeiten.“<br />

Es sind die 1980er-Jahre in der Stadt.<br />

Dauerwellen und toupiertes Haar<br />

bei den Damen, Vokuhila und Oberlippenbärte<br />

bei den Herren. Vor den<br />

Toren der Stadt wird seit 1976 der Altmühlsee<br />

ausgehoben. Bis 1984 dauert<br />

das und kostet den Freistaat 107 Millionen<br />

Mark. Erwin Haas‘ Salon ist<br />

„Sonntagfrüh um<br />

sechs stand eine echte<br />

Lebedame vor meiner<br />

Haustür„<br />

pendale sind in den Top-Charts der<br />

Republik. Es ist eine Zeit, die viele<br />

Menschen als lebensfroh und bunt bezeichnen,<br />

und eine Zeit, die heute gerne<br />

verklärt wird.<br />

Fünf Friseursalons gibt es in Gunzenhausen,<br />

heute sind es 13. Erwin Haas<br />

befolgt eines Abends den Rat seines<br />

ehemaligen Chefs und setzt sich in der<br />

Kneipe an den Stammtisch der Wichtigen.<br />

Der Wirt empfängt ihn und seine<br />

Frau Marga mit offenen Armen, bietet<br />

ihnen das Du an und bringt ihnen<br />

sehr gute Schnitzel an den Tisch. So<br />

werden die Unternehmer und Klein-<br />

Erwin Haas Ende der 1970er-Jahre als junger Friseur. Noch heute hängt genau dieses<br />

Foto im Salon am Lutherplatz, den mittlerweile sein Sohn Michael betreibt.<br />

zusammen, es ist ganz einfach <strong>für</strong><br />

ihn. Für Geschichten sorgen die Geschäftsleute<br />

mit ihren Extrawünschen<br />

allemal. „Einmal wurde ich am Sonntagfrüh<br />

um sechs von der Klingel geweckt<br />

und draußen stand eine Kundin<br />

von mir, eine echte Lebedame war die,<br />

und sagt, sie müsse auf München und<br />

brauche eine Frisur. Da hab' ich schon<br />

sagen müssen, das ist nicht so gut, wir<br />

sind doch spät vom Tanzen heimgekommen,<br />

um drei oder vier Uhr. Aber<br />

dann zieht die auf einmal einen Zwanziger<br />

raus aus ihrer Tasche und sagt,<br />

das stimmt so. Na, dann hab' ich lieber<br />

nichts mehr gesagt.“ Er lacht.<br />

Ein Friseurbesuch sieht zu dieser Zeit<br />

anders aus als heute, erzählt Haas und<br />

dreht dabei seine alte Visitenkarte, die<br />

er in einem Fotoalbum gefunden hat,<br />

in seiner Hand umher. In den 60er-,<br />

70er- und 80er-Jahren ist der Spezialherrensalon<br />

Erwin Haas den ganzen<br />

im Gunzenhäuser Geschäftsleben seit<br />

mehr als zehn Jahren eine Institution.<br />

Ihn nennen alle nur noch den Hoosaboder,<br />

das leitet sich vom Namen seines<br />

Vaters ab.<br />

Der Name blieb und steht noch heute<br />

in unauffälligen, mattweißen Lettern<br />

über dem Schaufenster des Salons geschrieben,<br />

den heute Haas‘ Sohn betreibt.<br />

In dieser Zeit bekommt Erwin<br />

Haas immer mehr Kunden, die er kaum<br />

alle frisieren kann, besonders, als seine<br />

Angestellten das Schwächeln beginnen:<br />

Einer wechselt zur Bahn, ein anderer<br />

trinkt zu viel. Für eine kurze Zeit<br />

steht er allein da und macht sich große<br />

Sorgen. Dann hilft ihm seine Frau<br />

Marga im Herrensalon. Im Geschäft<br />

steht Haas ab acht Uhr morgens, Feierabend<br />

ist nach dem Putzen meist gegen<br />

19 Uhr. Eine Stunde macht er Mittagspause,<br />

aber die langen Arbeitstage sind<br />

gesetzt. „Da hat es keine Diskussion<br />

28<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


gegeben“, sagt er heute und schnaubt<br />

leicht, als wäre eine Diskussion ohnehin<br />

nicht angemessen gewesen.<br />

Seine Arbeitstage damals sind anstrengend:<br />

„Nur schneiden, den ganzen<br />

Tag“, sagt er, und gestikuliert dabei<br />

versehentlich so stark, dass die Knöchel<br />

seiner Hand laut auf den Tisch<br />

klopfen. Wer zwölf Stunden seines<br />

Tags mit derselben Tätigkeit verbringt,<br />

<strong>für</strong> den wird die Arbeit zum Drehund<br />

Angelpunkt des eigenen Lebens.<br />

Haas ist nicht von Beruf Friseur, er ist<br />

Friseur. Und zwar einer, zu dem die<br />

Menschen im Ort sehr gerne kommen.<br />

„Manchen habe ich 60 Jahre lang die<br />

Haare geschnitten. Die kamen immer.<br />

Denen musste ich das Endergebnis im<br />

Spiegel hinten nicht mal mehr zeigen.“<br />

Über Treue sprechen auch Johanna<br />

Engel und Karl Lechner. Beide bleiben<br />

ihr Berufsleben lang der SEL treu, etwas<br />

anderes wäre ihnen nicht in den<br />

Sinn gekommen, sie waren zufrieden.<br />

Die Atmosphäre unter den Kollegen<br />

empfinden die beiden als sehr gut. Eines<br />

Nachmittags, erinnert sich Engel,<br />

packt der Versandchef einen Dienstwagen<br />

voll und fährt einen Teil der<br />

Belegschaft zu einer Kollegin, die Geburtstag<br />

hat, nach Hause. Sie feiern<br />

eine Stunde lang und fahren anschließend<br />

zurück in den Betrieb und beenden<br />

ihre Schicht.<br />

Für sie hat es neben der Arbeit wenig<br />

anderes gegeben, „um Mode oder so<br />

etwas haben wir uns keine Gedanken<br />

machen können“, sagt sie. „Arbeit und<br />

Familie“, viel mehr habe nicht gezählt,<br />

„das war unser Leben“, fährt sie fort<br />

und klingt überhaupt nicht frustriert.<br />

Karl Lechner stimmt ihr zu. „Wir waren<br />

da und froh, dass wir die Arbeit<br />

hatten. Wir sind gern gegangen. Der,<br />

der seine Arbeit richtiggemacht hat,<br />

hatte ein gutes Leben, normale Menschen<br />

waren immer zufrieden“, sagt er.<br />

Wenn sie über Arbeit sprechen, dann<br />

fallen bei allen drei Senioren Worte<br />

wie tüchtig und fleißig.<br />

Dieselben Begriffe fallen auch, wenn<br />

sie über ihre eigene Schulzeit oder<br />

ihre Kinder sprechen. „In meiner Familie<br />

sind alle zum Glück gut gesittet,<br />

jeder kommt zurecht“, erklärt Johanna<br />

Engel Karl Lechner und er nickt bekräftigend.<br />

„Wenn die Familie intakt<br />

ist, dann geht das ordentlich weiter.“<br />

Ordentlich, tüchtig, anständig. Heute<br />

fallen diese Worte seltener.<br />

Die Debatten rund um Arbeit heute<br />

sehen Engel, Lechner und Haas aus<br />

unterschiedlichen Blickwinkeln. Engel<br />

und Lechner betrachten sie sorgenvoll,<br />

Haas macht manches daran wütend.<br />

Trotzdem gehören sie nicht zu denjenigen,<br />

die den Generationen unter<br />

ihnen vorwerfen, keine Arbeitsmoral<br />

zu haben. <strong>Das</strong> maßen sie sich nicht an.<br />

Aber Gedanken machen sie sich doch<br />

ein bisschen: „Heute ist es so viel Neid<br />

und viel jetzt komme ich und was du<br />

machst, ist mir egal“, findet Engel. „Ellbogengesellschaft“,<br />

wirft Karl Lechner<br />

ein. Es seien andere Bedingungen, unter<br />

denen die Menschen heute lernen,<br />

was Arbeit bedeute, betonen sie. Tauschen<br />

würden sie ungern: „Die Leute<br />

heute machen sich ja schon fertig, bevor<br />

sie überhaupt einen Beruf haben“,<br />

sagt Engel und runzelt ihre Stirn.<br />

„Zur Nachkriegszeit<br />

haben die Leute noch<br />

miteinander im Dreck<br />

gewühlt„<br />

Vielleicht sei es früher einfacher gewesen,<br />

weil es weniger Möglichkeiten gab,<br />

denkt sie. „Zur Nachkriegszeit haben<br />

die Leute noch miteinander im Dreck<br />

gewühlt, damit sie ihr Haus oder was<br />

noch übrig davon war, wiederfinden<br />

konnten. <strong>Das</strong> war ein Miteinander.“<br />

Die Leute seien nicht so aufeinander<br />

eifersüchtig gewesen wie heute, sind<br />

sich Engel und Lechner einig. Erwin<br />

Haas empört sich besonders über die<br />

Forderungen einiger Gewerkschaften,<br />

er findet sie utopisch. Und sowieso<br />

„würde es andauernd nur ums Geld<br />

gehen". <strong>Das</strong> Freundschaftliche, sagt<br />

er, sei vorbei, es ginge allen nur darum,<br />

das meiste Geld nach Hause zu bringen.<br />

Seinen eigenen Angestellten bezahlt<br />

er früher immer einen Hunderter<br />

mehr im Monat als vereinbart <strong>–</strong> dann<br />

sind alle miteinander zufrieden, und<br />

wenn es nötig ist, bleiben sie auch mal<br />

eine Viertelstunde länger nach Dienstschluss.<br />

Heute ist die Forderung nach Flexibilität<br />

im Berufsleben groß. Gleitzeitmodelle,<br />

Homeoffice und Sabbaticals sind<br />

in vielen Firmen angekommen. Arbeitgeber<br />

müssen ihren Angestellten etwas<br />

bieten. Aber hört man Johanna Engel<br />

und Karl Lechner zu, dann hat auch<br />

die SEL ihren Arbeitnehmern in den<br />

60er-, 70er- und 80er-Jahren etwas<br />

bieten können: einen sicheren Arbeitsplatz,<br />

der fair bezahlt wurde, eine Führungsetage,<br />

die sich um ein soziales<br />

Miteinander kümmerte und Konzepte<br />

<strong>für</strong> Mitarbeitende bereithielt, die Kinder<br />

hatten.<br />

Und Erwin Haas wusste auch 1962<br />

schon, wie man ein guter Chef ist. Vielleicht<br />

ist es wahr, dass die Menschen<br />

früher höflicher waren, ihren Nachbarn<br />

häufiger geholfen, mehr gespart<br />

und sich fleißige Kinder gewünscht<br />

haben. Aber was wünschen sich die<br />

jungen Arbeitnehmer denn heute?<br />

<strong>Das</strong>s sie einen fairen Arbeitsplatz haben,<br />

Rente bekommen und nicht eines<br />

Tages gegen ihren Willen zum Wehrdienst<br />

verpflichtet werden.<br />

Vielleicht kämpfen die Gewerkschaften<br />

heute auch nicht lauter oder unverschämter<br />

als früher, sondern man<br />

erfährt einfach nur jede Forderung öffentlich<br />

im Detail. <strong>Das</strong> Phänomen vom<br />

Früher-war-alles-besser-Gejammer hat<br />

sich auserzählt. Spätestens dann, wenn<br />

man versteht, wie unterschiedlich die<br />

Leben früher aussahen. Sogar die von<br />

Johanna Engel, Karl Lechner und Erwin<br />

Haas, die alle drei zur selben Zeit<br />

in derselben mittelfränkischen Kleinstadt<br />

alt wurden.<br />

Erwin Haas in seiner Wohnung im Burkhard-von-Seckendorff-Heim<br />

(vor ihm,<br />

leicht vergilbt, eine Visitenkarte des<br />

Spezialherrensalons).<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

29


Dienstleistung<br />

30<br />

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Löffler, Wulff + Partner ihren Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern. 35 sind es an der Zahl, hinzu kommen vier Geschäftsführer.<br />

Neben Weißenburg als Hauptgeschäftsstandort<br />

gibt es Löffler, Wulff + Partner auch noch in Treuchtlingen<br />

und München. Es ist eine ansprechende Arbeitsatmosphäre,<br />

die Besucher in der Kanzlei im Herzen der Weißenburger Altstadt<br />

erwartet. Als „Exzellenter Arbeitgeber <strong>2024</strong>“ wurde Löffler,<br />

Wulff + Partner einer Urkunde zufolge ausgezeichnet. 55<br />

Prozent der Mitarbeiter sind unter 40 Jahren. Ein relativ junges<br />

Team also, das gerne weiterwachsen möchte. Jedes Jahr vergibt<br />

die Kanzlei einen Ausbildungsplatz zur oder zum Steuerfachangestellten.<br />

„Bis dato ist kein Azubi nach seiner Ausbildungszeit<br />

gegangen, alle sind bei uns geblieben“, sagt Andreas<br />

Renger, Steuerberater und neben Sandra Löffler, Tobias Gruber<br />

und Werner Löffler einer der vier Geschäftsführer. „Wir schimpfen<br />

auch nicht über die Generation Z“, ergänzt Gruber, „im Gegenteil:<br />

Wir haben nur gute Erfahrungen mit dieser Generation<br />

gesammelt. Sie macht einen guten Job.“<br />

Der Fachkräftemangel<br />

in Deutschland<br />

macht auch vor der<br />

Steuerberaterbranche<br />

nicht halt. Daher<br />

sei es umso wichtiger,<br />

darauf adäquat<br />

zu reagieren. „Wir haben<br />

ein flexibles Arbeitszeitmodell“,<br />

sagt<br />

Tobias Gruber. „Sieht man genauer hin, haben wir eigentlich 34<br />

individuelle Arbeitszeitmodelle, vom Minijob bis zum 100-prozentigen<br />

Homeoffice-Einsatz einer jungen Mutter. Wir können<br />

uns auf alle Bedürfnisse und Lebensformen unserer Mitarbeiter<br />

einstellen.“ Jeder Mitarbeiter bekomme auf Wunsch die Büronummer<br />

auch zu Hause zur Verfügung gestellt, ebenso wie<br />

die kompletten Arbeitsmaterialien. „Außerdem können unsere<br />

Mitarbeiter regelmäßige Termine mit unserer Physiotherapeutin<br />

ausmachen. Diese hat in der Weißenburger Kanzlei ein<br />

eigenes Zimmer, in dem sie unsere Mitarbeiter dann behandeln<br />

kann“, sagt Gruber. <strong>Das</strong> schlägt sich in hoher Zufriedenheit<br />

und entsprechender Betriebszugehörigkeit nieder. Über 40<br />

Jahre ist der längste Mitarbeiter dabei, viele zwischen 20 und<br />

40 Jahren. Eine gute Work-Life-Balance ist <strong>für</strong> die Steuerberatungsgesellschaft<br />

Löffler, Wulff + Partner eben eine Selbstver-<br />

ständlichkeit.-cr-<br />

Umfangreich, vielseitig,<br />

interessant<br />

Löffler, Wulff + Partner wird bereits<br />

in dritter Generation geführt. <strong>Das</strong><br />

Familienunternehmen wächst seit<br />

der Gründung im Jahr 1956 stetig<br />

<strong>–</strong> räumlich und personell. Um neue<br />

Mitarbeiter zu gewinnen, sucht die<br />

Kanzlei über viele Kanäle. Neben<br />

der Online-Präsenz auf Social-Media-Kanälen<br />

ist die Kanzlei auch<br />

beim regionalen „Girls-Boys-Day“<br />

vertreten. Derzeit kann die Steuerberatungsgesellschaft<br />

zwei Steuerfachangestellte<br />

ausbilden <strong>–</strong> einen in<br />

Weißenburg und einen in Treuchtlingen.<br />

Für dieses Jahr <strong>2024</strong> ist bis<br />

dato kein neuer „Azubi“ gefunden<br />

worden. Obwohl der Beruf sehr vielseitig<br />

und interessant ist, ist das Bild<br />

der Steuerfachangestellten in der<br />

öffentlichen Wahrnehmung eher ein<br />

trockenes <strong>–</strong> völlig zu Unrecht. Löffler,<br />

Wulff + Partner würde davon gerne<br />

überzeugen.<br />

Löffler | Wulff + Partner<br />

Steuerberatungsgesellschaft mbH<br />

Auf der Wied 6<br />

91781 Weißenburg i. Bay.<br />

Tel. 0 91 41 / 86 08 - 0<br />

www.loeffler-steuer-beratung.de<br />

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Unternehmensgründung: 1956<br />

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Design ein haptisches Gesicht.<br />

Doch auch im digitalen Bereich ist be media als Agentur gut<br />

aufgestellt. Der erste Eindruck entscheidet, diese weitläufig<br />

bekannte Regel gilt auch im Internet, weshalb ein zeitgemäßer<br />

Webauftritt zum Standard gehören sollte. Egal ob Relaunch<br />

einer bestehenden Webseite oder Neukonzeption des zukünftigen<br />

Webprojekts, das Team aus Design und Entwicklung ist<br />

während der Projektphase ein kompetenter Ansprechpartner.<br />

Mit Frank Pauler ist ein vor allem in Weißenburg bekannter Kooperationspartner<br />

Teil des Teams, der sich bestens in der Welt<br />

der Nullen und Einsen auskennt. So sind auf Kundenwunsch<br />

mittlerweile auch Individualprogrammierungen umsetzbar.<br />

Alles aus einer Hand, dieses Motto zieht sich bei Kundenprojekten<br />

von Anfang bis Ende durch. Für die Kunden bedeutet<br />

dies im Umkehrschluss, <strong>für</strong> alle Belange einen Ansprechpartner<br />

zu haben, was im täglichen Geschäftsbetrieb eine wesentliche<br />

Erleichterung darstellen kann. Dies ist auch der Anspruch<br />

von be media: Kundenorientierte Beratung und zielgerichtete<br />

Umsetzung vom Entwurf bis zum fertigen Produkt <strong>–</strong> egal ob<br />

analog oder digital!<br />

-foe-<br />

32<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

<strong>Das</strong> wohltuende Gefühl der Sicherheit<br />

Thilo Maurer hat ein klares Ziel.<br />

Wenn Kunden seine Generalvertretung<br />

der Allianz in der Gunzenhausener<br />

Straße in Weißenburg betreten,<br />

dann haben er und seine<br />

Angestellten vor allem eines im<br />

Sinn: „Unseren Kunden nicht nur<br />

Versicherungsprodukte anzubieten,<br />

sondern ihnen auch ein Gefühl von<br />

Zukunftssicherheit zu vermitteln“,<br />

sagt Maurer. „Da<strong>für</strong> legen wir großen<br />

Wert auf persönliche Beratung<br />

und individuelle Betreuung.“ Egal,<br />

ob es um den Schutz des persönlichen<br />

Besitzes mit einer Sachversicherung<br />

geht, die private und betriebliche<br />

Altersvorsorge oder die<br />

betriebliche Krankenversicherung.<br />

Nachgewiesenermaßen machen<br />

Maurer und sein Team dabei einen<br />

Top-Job. Unter bayernweit mehr als<br />

1.200 Allianz-Agenturen rangieren<br />

sie unter den Top Ten. Bundesweit,<br />

bei über 8.200 Agenturen, unter<br />

den Top 50.<br />

Die Agentur besteht<br />

seit 1978, wird von<br />

Thilo Maurer in zweiter<br />

Generation geführt<br />

und beschäftigt derzeit<br />

zehn Mitarbeiter. Eines<br />

der wichtigsten Standbeine:<br />

Baufinanzierung.<br />

„Wir betrachten beide<br />

Seiten der Baufinanzierung<br />

und können eine<br />

Zinsbindung zu günstigen<br />

Konditionen bis<br />

zu 40 Jahre anbieten“,<br />

sagt der Inhaber. Die Agentur behauptet<br />

sich mit einem umfassenden<br />

Portfolio an Versicherungsprodukten<br />

als erfolgreicher Allrounder.<br />

„Bei uns erhalten Kunden nicht nur<br />

erstklassige Versicherungslösungen,<br />

sondern auch das beruhigende<br />

Gefühl, auf eine finanziell solide<br />

und zukunftsorientierte Partnerschaft<br />

zählen zu können“, so Thilo<br />

Maurer. <br />

-cr-<br />

Breites Feld, große Einheit<br />

23 Anwälte mit 26 Fachanwaltstiteln.<br />

Natürlich sind sie alle Juristen,<br />

die, jeder <strong>für</strong> sich, <strong>für</strong> die Rechte<br />

ihrer Mandanten kämpfen. Sie<br />

arbeiten aber auch als ein starkes<br />

Team mit flachen Hierarchien. Und<br />

ihr Selbstverständnis reicht weiter.<br />

„Wir setzen auf langfristige Partnerschaften“,<br />

sagt Holger Pütz-von<br />

Fabeck, Partner in der Kanzlei Meyerhuber<br />

Rechtsanwälte Partnerschaft<br />

mbb. „Nach innen und nach<br />

außen, auch in den Beziehungen<br />

zu unserer Mandantschaft. Nur so<br />

können wir wachsen und seit über<br />

45 Jahren erfolgreich sein. Und<br />

diesen Ansatz geben wir auch an<br />

unsere Mandanten weiter.“<br />

1977 wurde die Kanzlei von Dr. Alfred<br />

Meyerhuber in Gunzenhausen<br />

gegründet; heute ist das einer von<br />

insgesamt sechs Standorten. Die<br />

anderen fünf sind Ansbach (der<br />

mittlerweile größte Standort, an<br />

dem mehr als die Hälfte der 50<br />

Kanzlei-Angehörigen arbeitet), Weißenburg,<br />

Dinkelsbühl, Feuchtwangen<br />

und neuerdings auch Nürnberg.<br />

Die Kanzlei erfreut sich an<br />

hoher Akzeptanz und langjähriger<br />

Beständigkeit. Mittlerweile ist u.a.<br />

mit der Partnerin Dr. Sylvia Meyerhuber<br />

auch die zweite Generation<br />

tätig. Die schiere Größe habe Vorteile,<br />

so die Partner: „Wir können<br />

die Arbeit und damit auch die Verantwortung<br />

<strong>für</strong> unser Unternehmen<br />

auf viele Schultern aufteilen, genau<br />

das macht uns aus.“<br />

Als wichtiges Asset sieht die Partnerschaft<br />

das Vertrauen in die eigenen<br />

Beschäftigten. Bei Meyerhuber<br />

Rechtsanwälte gibt es ein enges Miteinander<br />

mit den Mitarbeitern: „<strong>Das</strong><br />

Vertrauen in die eigenen Leute und<br />

miteinander auch mutig zu sein, hat<br />

sich bisher immer ausgezahlt.“ Seit<br />

drei Jahren ist die Kanzlei aus dem<br />

Herzen <strong>Altmühlfranken</strong>s mit der<br />

vorhandenen breiten juristischen<br />

Expertise auch in der Großstadt<br />

Nürnberg erfolgreich vertreten. -cr-<br />

Thilo Maurer<br />

Gunzenhausener Straße 1<br />

91781 Weißenburg in Bayern<br />

Tel. 0 91 41 / 92 22 90 ( )<br />

www.vertretung.allianz.de/<br />

maurer.weissenburg/<br />

maurer.weissenburg@allianz.de<br />

Die Partner der Kanzlei<br />

meyerhuber rechtsanwälte<br />

partnerschaft mbb<br />

Nürnberger Straße 11<br />

91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 8 73 39 - 0<br />

www.meyerhuber.de<br />

wug@meyerhuber.de<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

33<br />

ihr recht in g<br />

wir la<br />

zu unseren vortr<br />

„ne<br />

arbeit<br />

berufs- und w<br />

rechtsänwaltin<br />

referat fü<br />

am dienstag, den 26<br />

„der ärztliche b


Die große<br />

Kunst des<br />

Weglassens<br />

Interview: Jan Stephan<br />

Neumarkt, Gifhorn, Wuppertal,<br />

Eisenach <strong>–</strong> die<br />

LennardtundBirner GmbH<br />

hat ihnen allen einen Masterplan<br />

<strong>für</strong> eine glückliche<br />

wirtschaftliche Zukunft<br />

erstellt. Nun war der Landkreis<br />

Weißenburg-Gunzenhausen<br />

an der Reihe. Wir<br />

sprachen mit Dr. Thomas<br />

Birner über eine Revolution<br />

der Wirtschaftsförderung,<br />

die Kunst des Weglassens<br />

und die süddeutsche Überbetonung<br />

des Tourismus.<br />

Warum muss die Politik eigentlich Unternehmen<br />

helfen? Warum öffentliches<br />

Geld ausgeben, um private Zwecke zu<br />

fördern?<br />

Weil sie nicht nur privat sind. Die öffentliche<br />

Hand muss Rahmenbedingungen<br />

schaffen, durch die sich gut<br />

wirtschaften lässt. <strong>Das</strong> generiert Arbeitsplätze,<br />

Kaufkraft und Wohlstand.<br />

Und den braucht die öffentliche Hand,<br />

um Geld <strong>für</strong> ihre Aufgaben zu haben.<br />

Richtig verstandene Wirtschaftsförderung<br />

schafft die Voraussetzungen,<br />

dass Unternehmen, Kompetenzen und<br />

Köpfe an den Standort kommen und<br />

bleiben.<br />

„Man kann jetzt<br />

natürlich sagen, das<br />

sind Unternehmer, das<br />

müssen die doch selber<br />

können. Aber eben nicht<br />

jeder in dem Maße„<br />

Im konkreten Fall geht es bei der Wirtschaftsstandortstrategie<br />

<strong>Altmühlfranken</strong><br />

aber um viel mehr als nur Rahmenbedingungen.<br />

Man will den Unternehmen<br />

helfen, an Gelder zu kommen, und<br />

Innovationen fördern.<br />

Ja, das ist richtig. Man kann jetzt natürlich<br />

sagen, das sind Unternehmer, das<br />

müssen die doch selber können. Aber<br />

eben nicht jeder in dem Maße, wie es<br />

gut wäre. Die Konzerne brauchen uns<br />

nicht. Siemens hat eine eigene Abteilung,<br />

die sich nur um Förderprogramme<br />

kümmert. Aber es gibt ja nicht<br />

nur große, internationale Unternehmen,<br />

im Gegenteil: Wirtschaftsana-<br />

lysen zeigen immer wieder, dass der<br />

Mittelstand das Rückgrat unserer<br />

Wirtschaft ist. <strong>Das</strong> ist in <strong>Altmühlfranken</strong><br />

nicht anders.<br />

Also braucht der Mittelstand Hilfe?<br />

Er hat sich diese Hilfe auf jeden Fall<br />

gewünscht. Wir haben die Unternehmen<br />

befragt und hatten sie bei der<br />

Erstellung der Strategie am Tisch. Sie<br />

wollten diese Stellen <strong>–</strong> und das hat<br />

Gründe. Vielfach besteht der Mittelstand<br />

aus kleinen Betrieben, Familienstrukturen,<br />

von Technikern geführten<br />

Unternehmen usw. Da gibt es oft nicht<br />

die Ressourcen, sich zum Beispiel mit<br />

Innovationsthemen und Förderungen<br />

auseinanderzusetzen.<br />

Zudem man sich in der Förderlandschaft<br />

auch verlaufen kann?<br />

<strong>Das</strong> ist leider so. Die Förderlandschaft,<br />

die wir mittlerweile in Deutschland haben,<br />

ist sehr kompliziert. Da kann sich<br />

keiner wirklich auskennen, der das ein<br />

bisschen nebenbei macht. Wenn man<br />

einen Förderlotsen hat, dann muss der<br />

in den über 2000 Förderprogrammen,<br />

die es in der EU gibt, orientiert sein,<br />

diejenigen kennen, die <strong>für</strong> den Stand-<br />

34<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


ort wirklich relevant sind und den Unternehmen<br />

beim Beantragen helfen. Er<br />

soll aber auch die Tricks und Kniffe sowie<br />

die Fallstricke kennen, die man bei<br />

den Programmen beachten muss. Eine<br />

solche Stelle rechnet sich leicht.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Ich war 15 Jahre Geschäftsführer einer<br />

Landkreis-Wirtschaftsförderung. In<br />

dieser Zeit haben wir die Fördermittel<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung der Unternehmen<br />

vervielfacht. Die da<strong>für</strong> eingesetzten<br />

Personalkosten in der Wirtschaftsförderung<br />

wurden von den in den<br />

Landkreis geholten Fördermitteln<br />

mindestens um den Faktor zehn bis 20<br />

übertroffen und von den dadurch ausgelösten<br />

Investitionen des Mittelstands<br />

noch viel mehr.<br />

„Die Zeichen stehen<br />

auf Niedergang, vor<br />

allem aufgrund mangelhafter<br />

politischer<br />

Rahmenbedingungen„<br />

Wie kann Kommunalpolitik darüber<br />

hinaus der Wirtschaft helfen? Der bessere<br />

Unternehmer ist sie ja eher nicht<br />

und Bürokratieabbau ist Landes- oder<br />

Bundesthema.<br />

Richtig, deswegen benötigt es auch<br />

andere Kompetenzen in der Wirtschaftsförderung.<br />

Menschen mit einer<br />

Vertriebsorientierung, mit fachlichem<br />

Hintergrund zum Thema, mit Moderationsfähigkeiten,<br />

idealerweise mit<br />

Berufserfahrung in der Wirtschaft.<br />

Kommen schwierige Zeiten auf uns zu?<br />

Mittlerweile geht wieder die Erzählung<br />

von Deutschland als dem kranken<br />

Mann in Europa um.<br />

Ja, das sehe ich auch so. Die Zeichen<br />

stehen auf Niedergang, vor allem aufgrund<br />

mangelhafter politischer Rahmenbedingungen.<br />

Da hilft auch alles<br />

Schönhoffen nichts. Der wirtschaftlich<br />

starke Süden wird das auch spüren.<br />

Alle Regionen werden wirtschaftliche<br />

Probleme bekommen. Die städtischen<br />

Räume in der Tendenz weniger als die<br />

ländlichen.<br />

Woran liegt es denn?<br />

Unsere Nachbarländer überholen uns<br />

massiv oder setzen dazu an. Der Standort<br />

benötigt bessere und stabilere ordnungspolitische<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Man muss den Unternehmen wieder<br />

mehr das Ruder überlassen.<br />

Also genau der richtige Moment, um<br />

die Wirtschaftsförderung auszubauen<br />

und bessere Rahmenbedingungen aktiv<br />

anzugehen?<br />

Na ja, früher wäre immer besser gewesen,<br />

aber die Wirtschaftsförderung<br />

wird gerne aus einer gewissen Not heraus<br />

ausgebaut. Erfunden worden ist<br />

sie in Nordrhein-Westfalen, im Zuge<br />

des Strukturwandels und der Kohlekonversion.<br />

In Süddeutschland hat<br />

man traditionell weniger Wirtschaftsförderung<br />

gemacht, sich da<strong>für</strong> stärker<br />

im Tourismus engagiert. Aber ja, es ist<br />

jetzt schon der richtige Zeitpunkt. Die<br />

Wirtschaftsförderung muss sich an vielen<br />

Standorten vom Schattendasein-<br />

Status à la „Machen wir auch noch“<br />

hin zu professionellen und fokussierten<br />

Strukturen entwickeln. <strong>Das</strong> haben<br />

Landrat und Kreistag ihres Landkreises<br />

erkannt.<br />

Wie sieht es denn im Landkreis wirtschaftlich<br />

aus? Gerade auch im Vergleich<br />

zu anderen?<br />

Klar, es gibt auch in Bayern ein Gefälle.<br />

Da ist man eher im hinteren Drittel<br />

dabei. Aber der Landkreis ist nicht<br />

schlecht aufgestellt. Man hat mit der<br />

Kunststoffverarbeitenden Industrie<br />

und dem Naturstein zwei Branchen,<br />

die sich in zwei absoluten Megatrendthemen<br />

der Zukunft bewegen und gut<br />

dastehen. Es gibt auch Regionen, da<br />

haben die beiden Kernbranchen zweistellige<br />

Rückgänge pro Jahr und die<br />

Vorzeichen stehen auf Knallrot. <strong>Das</strong><br />

würde ich auch sagen, wenn es in Weißenburg-Gunzenhausen<br />

so wäre. Ist es<br />

aber nicht.<br />

Was sind denn die Bereiche, in denen<br />

man punkten kann?<br />

Also wirtschaftlich, wie gesagt, die<br />

beiden Branchen-Cluster mit hohen<br />

Kompetenzen. Aber auch die Nähe<br />

zu Nürnberg und die Metropolregion<br />

Nürnberg. <strong>Das</strong> gibt die Möglichkeit,<br />

deren Hochschullandschaft und Netzwerke<br />

anzuzapfen und Teil davon zu<br />

werden. Die Unternehmen sind insgesamt<br />

sehr zufrieden mit ihrem Standort.<br />

Es gibt niedrige Baulandpreise und<br />

eine gute Schulbildungs- und Ausbildungsquote.<br />

Nicht zu unterschätzen ist<br />

die hohe Lebensqualität. <strong>Das</strong> Seenland<br />

und das Altmühltal in Verbindung mit<br />

attraktiven Städten.<br />

Wo sind wir noch besser als andere?<br />

Man hat hier mehrere Kennzahlen, die<br />

zeigen, dass die Region attraktiv ist.<br />

Eine vergleichsweise hohe Geburtenrate,<br />

positiven Zuzug und eine positive<br />

Familienwanderung. <strong>Das</strong> zeigt sich<br />

auch in der überdurchschnittlichen Errichtung<br />

von Wohngebäuden.<br />

Und wo ist man schlechter?<br />

Wir haben einen niedrigen Kaufkraftindex,<br />

geringe Steuereinnahmen und<br />

insgesamt einen Beschäftigungs-Rückgang<br />

im gesamten Produktionsbereich.<br />

Außerdem stellen wir fest, dass wir<br />

eine Bildungsabwanderung haben.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet, dass junge Menschen<br />

den Landkreis <strong>für</strong> ihre Ausbildung verlassen<br />

und nicht mehr zurückkommen.<br />

„Junge Menschen<br />

verlassen <strong>für</strong> ihre Ausbildung<br />

den Landkreis<br />

und kommen nicht mehr<br />

zurück„<br />

<strong>Das</strong>s die Kunststoffbranche ein Schwerpunktbereich<br />

in der neuen Wirtschaftsstandortstrategie<br />

geworden ist, hat nicht<br />

sehr überrascht.<br />

Moment, es handelt sich um einen Teil<br />

der Kunststoffbranche, der hier besonders<br />

stark ist, nämlich um die kunstoffverarbeitende<br />

Industrie. Hier werden<br />

keine Kunststoffe hergestellt, aber es<br />

gibt eine hohe Kompetenz in der Verarbeitung<br />

dieser Materialien. Übrigens<br />

nicht nur Kunststoff, auch Metall.<br />

Aber ist Kunststoff nicht eine problematische<br />

Branche? Viel Absatz geht<br />

über die kriselnde Automobilbranche<br />

und dazu ist der Rohstoff an sich in der<br />

Kritik.<br />

Kunststoff ist ein Riesenthema. Was ist<br />

heute nicht aus Kunststoff?! Aber klar,<br />

das Thema hat drei Riesenprobleme.<br />

Erstens: Es ist ein erdölbasierter Rohstoff.<br />

Zweitens: Die Recyclingfähigkeit<br />

ist schlecht, weil es immer mehr<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

35


Spezialkunststoffe gibt, die man nicht<br />

mehr sauber trennen kann. Drittens:<br />

das Thema Mikroplastik. <strong>Das</strong> ist eine<br />

tickende Zeitbombe. Hier gibt es unglaublich<br />

viel Innovationsbedarf. Ein<br />

großes Thema werden biogene Kunststoffe,<br />

zum Beispiel aus Holz oder ja<br />

vielleicht auch eines Tages aus Steinstaub.<br />

Und zum Thema Automobilindustrie:<br />

Unsere Untersuchungen haben<br />

gezeigt, dass man zwar stark an der<br />

Automobilindustrie hängt, aber kaum<br />

direkt am Verbrenner.<br />

In Weißenburg-Gunzenhausen sollen<br />

also die Kunststoffe der Zukunft erforscht<br />

werden?<br />

Nein, hier muss die Verarbeitung<br />

der neuen Kunststoffe weiterentwickelt<br />

und umgesetzt werden. Biogene<br />

Kunststoffe haben ganz andere Voraussetzungen,<br />

zum Beispiel ganz andere<br />

Abkühl- und Zykluszeiten. <strong>Das</strong> wird<br />

eine große Herausforderung.<br />

Beim Thema Naturstein war man sehr<br />

wohl überrascht, dass es eine Schwerpunktbranche<br />

im Landkreis ist. Ökologisch<br />

umstritten mit wenig direkter<br />

Wirtschaftskraft und wenig Innovation<br />

in den Produkten. Warum ist die Zukunft<br />

im Landkreis (auch) aus Stein?<br />

Schöne Bilder, wenig Wertschöpfung: Der Tourismus in <strong>Altmühlfranken</strong> hat größere Bedeutung<br />

als anderswo, aber er ist auch weit davon entfernt, die Region wirtschaftlich zu<br />

tragen.<br />

Die Steinindustrie mit Bauwirtschaft<br />

hat sich in unserer faktenbasierten<br />

Analyse als starke Wertschöpfungskette<br />

herausgestellt. An ihrer Wirtschaftskraft<br />

hängen weitere Betriebe und<br />

Beschäftigte. Der ökologische Wandel<br />

bietet auch hier große Chancen. Die<br />

Baubranche hat ein Riesenproblem mit<br />

„Ein großes Thema<br />

werden biogene Kunststoffe,<br />

zum Beispiel aus<br />

Holz oder ja vielleicht<br />

auch aus Steinstaub„<br />

ihrer CO2-Bilanz. Vor allem bei Beton<br />

und Zement. Der Naturstein kann als<br />

Ersatz <strong>für</strong> zementbasierte Stoffe dienen<br />

und so stark zur Einsparung von<br />

CO2 beitragen. Durch Recyclingtech-<br />

nologien kann außerdem Naturstein<br />

beim Abbruch und bei Renovierungen<br />

besser verwertet werden, anstatt diese<br />

wertvolle Ressource im Bauschutt zu<br />

entsorgen.<br />

Warum ist der Tourismus keine Zukunftsbranche?<br />

Ist die Wirtschaftskraft<br />

zu gering?<br />

Die Wertschöpfungskette Tourismus<br />

ist stärker als in anderen Landkreisen.<br />

Normalerweise macht sie so ein bis<br />

zwei Prozent der Wertschöpfung aus,<br />

in Weißenburg-Gunzenhausen sind<br />

es vier bis acht Prozent, je nach Ort.<br />

Eine dominierende Kraft in der lokalen<br />

Wertschöpfung ist man damit aber<br />

Stein: einer der beiden Stoffe, aus denen die Zukunft des Landkreises bestehen soll. Aber nicht mehr nur als Baumaterial, sondern auch<br />

auch recycelt oder als 3-D-Druckmaterial.<br />

36<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


trotzdem nicht. Zumal es auch keine<br />

hochwertschöpfende Branche ist. Die<br />

Löhne sind niedrig, die Gewinne sind<br />

niedrig. Dazu kommt, dass es ja genug<br />

Strukturen gibt, die bereits den Tourismus<br />

unterstützen. Deswegen haben<br />

wir Nein gesagt zu noch mehr Ressourcen<br />

in den Tourismus.<br />

„Noch mehr Ressourcen“ klingt ein wenig<br />

so, als würde da Kritik mitschwingen?<br />

Na ja, die Förderung von Unternehmen<br />

im Tourismus ist auch eine freiwillige<br />

Leistung. Es wundert mich<br />

auch, dass das nicht infrage gestellt<br />

wird. Aber das stellen wir an vielen<br />

Standorten, vor allem in Süddeutschland,<br />

fest: Tourismusbudget und Ressourcen<br />

liegen immer über dem Budget<br />

<strong>für</strong> andere Wirtschaftsförderungs-Aufgaben<br />

und werden selten hinterfragt.<br />

Sollte man dann hier die Mittel zusammenstreichen?<br />

Nein, das habe ich nicht gesagt. Der<br />

Tourismus hier hat Potenzial. Für uns<br />

stellt sich aber die klare Aufgabe, dass<br />

die Tourismusstrukturen im Landkreis<br />

effizienter werden müssen, vor allem in<br />

der Zusammenarbeit. Wir haben dazu<br />

geraten, das Thema anzugehen. Aber<br />

das ist am Ende eine Frage der Ressourcen.<br />

Kann man es sich leisten, einen so wichtigen<br />

Bereich zu ignorieren?<br />

Wie gesagt, es gibt bereits andere<br />

Strukturen, die sich hier kümmern.<br />

Aber das ist grundsätzlich immer ein<br />

Thema. Politik will gerne, dass man<br />

<strong>für</strong> alle etwas macht. Aber man muss<br />

auch den Mut haben, etwas wegzulassen.<br />

Wenn eine Wirtschaftsförderung<br />

50 Leute hat, dann kann sie auch viele<br />

Themen bearbeiten. Wenn sie das aber<br />

nicht hat, dann ist man gezwungen,<br />

sich zu konzentrieren. Wenn man nur<br />

drei Leute hat, macht es keinen Sinn<br />

alles zu machen, weil man es dann einfach<br />

nur sehr oberflächlich behandeln<br />

kann.<br />

Für die lokalen Vertreter im Lenkungskreis<br />

war es sicher nicht leicht, sich da<br />

zu einigen.<br />

<strong>Das</strong> war eine intensive, auch schwierige<br />

Entscheidungsfindung. Wir hatten<br />

teilweise Sitzungen von fast fünf<br />

Stunden. Die Politik tut sich schwer<br />

mit dem Verzicht, mit dem Weglassen.<br />

Aber wir haben ein sehr analytisches<br />

und faktenbasiertes Vorgehen mit vielen<br />

Zahlen. Über Meinungen können<br />

Sie Jahre diskutieren, aber wenn man<br />

„Die Politik tut sich<br />

schwer mit dem<br />

Verzicht, mit dem<br />

Weglassen„<br />

die klaren Zahlen zeigt, dann tut man<br />

sich mit Entscheidungen leichter. Und<br />

wir ignorieren die anderen Bereiche ja<br />

auch nicht. Es gibt einfach eine Unterscheidung.<br />

Was <strong>für</strong> eine Unterscheidung?<br />

In den Schwerpunktbranchen wollen<br />

wir einen aktiven Unternehmensservice.<br />

<strong>Das</strong> heißt, die Wirtschaftsförderung<br />

geht aktiv auf die Unternehmen<br />

dieser Branchen zu, baut Netzwerke<br />

mit auf, befördert Innovationen und so<br />

weiter. Aber es muss natürlich auch einen<br />

reaktiven Service geben. Da wäre<br />

dann der Bäckermeister gut aufgehoben,<br />

der sagt, er möchte sich in einem<br />

Gewerbegebiet ansiedeln, oder der sich<br />

<strong>für</strong> Förderprogramme <strong>für</strong> Energieeffizienz<br />

interessiert.<br />

Okay, so wird also dem Bestand an Unternehmen<br />

geholfen, aber wie wäre es<br />

denn mit Neuansiedlungen. Man hat<br />

seit Jahren kaum große Neuzugänge in<br />

der Industrielandschaft der Region.<br />

Wenn die oben genannten Unterstützungsthemen<br />

und ein starkes Standort-<br />

marketing aufgebaut ist, wird sich das<br />

langfristig ändern. Dazu gehört auch<br />

eine engere Zusammenarbeit zum Beispiel<br />

mit Partnern wie Invest in Bavaria.<br />

Allerdings liegt der Fokus der Wirtschaftsförderung<br />

mit 95 Prozent auf<br />

der Unterstützung der Entwicklung<br />

der bestehenden Betriebe.<br />

Warum?<br />

Weil das einfach mehr Potential hat.<br />

<strong>Das</strong> bringt die Haupt-Wirtschaftskraft.<br />

Deutschland ist kein Ansiedlungsland<br />

mehr. Firmen gehen mit neuen Standorten<br />

eher nach Rumänien oder Bulgarien<br />

und bestehende Unternehmen<br />

versuchen eher an ihrem Standort zu<br />

wachsen. Der Landkreis hat auch nicht<br />

die geeigneten Flächen, um Großansiedlungen<br />

anzuziehen.<br />

Also wird es eher nichts mit Großansiedlungen<br />

wie in Heide in Schleswig-<br />

Holstein, wo eine neue Batteriefabrik<br />

rund 3000 Arbeitsplätze schaffen soll?<br />

Nein, eher nicht. Zumal man ohnehin<br />

wählerisch sein muss.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Fläche wird in Zukunft ein knappes<br />

Gut. Man muss sich davon verabschieden,<br />

einfach jede Ansiedlung<br />

einer Firma zu ermöglichen, ohne zu<br />

schauen, ob sie zur Region passt. Gewerbesteuereinnahmen<br />

sollten nicht<br />

das einzige Entscheidungskriterium<br />

sein. <strong>Das</strong> ist oft im Osten passiert. Mit<br />

dem Ergebnis, dass man dort nun viele<br />

Unternehmen nebeneinander hat, die<br />

überhaupt nichts miteinander zu tun<br />

haben. Man sollte sich hier die Rosinen<br />

picken. Es braucht ein Gewerbeflächenmanagement<br />

in den Kommunen.<br />

Die Wirtschaftsförderung der Stadt<br />

Gunzenhausen hat das Projekt Vergabekriterien<br />

<strong>für</strong> Gewerbeflächen aus<br />

der Strategie übernommen, um hier<br />

Blaupause <strong>für</strong> den gesamten Landkreis<br />

zu sein.<br />

Immer mehr Mittelstand aus der Region<br />

ist in den vergangenen Jahren in größeren<br />

Konzernstrukturen aufgegangen.<br />

Ist das ein Problem <strong>für</strong> eine regionale<br />

Wirtschaftsförderung, wenn man vor<br />

Ort immer weniger Entscheider sitzen<br />

hat?<br />

<strong>Das</strong> ist ein Problem, denn die Entschei-<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

37


dungen werden nun unter anderen<br />

Voraussetzungen getroffen. Mittelständische<br />

Familienunternehmen empfinden<br />

eine ganz andere Verantwortung<br />

<strong>für</strong> einen Standort. Aber es muss nicht<br />

nur negativ sein. Oft kommen durch<br />

die Einbindung großer, internationaler<br />

Unternehmen auch neue Investitionen,<br />

neue Märkte, Kooperationen,<br />

Entwicklung und Technologien, von<br />

denen der Standort profitiert.<br />

Was sind die zentralen Punkte, die<br />

WUG in den kommenden Jahren besser<br />

machen muss, und wie wird sich das<br />

auswirken?<br />

<strong>Das</strong> Thema Verfahrenstechnik und<br />

zukunftsfähige Materialien muss<br />

stärker nach vorne gebracht und der<br />

Kunststoffcampus weiterentwickelt<br />

werden. Außerdem sollte es gelingen,<br />

die Bildungsabwanderer wieder zurückzuholen.<br />

Aber auch weitere Zukunftsthemen<br />

wie die Versorgung mit<br />

regenerativen Energien müssen forciert<br />

werden. Und, ganz wichtig: Die<br />

Wirtschaftsförderungs-Strategie muss<br />

konsequent und mit Leidenschaft die<br />

nächsten zehn Jahre durchgezogen werden.<br />

Dazu braucht es auch die Politik,<br />

die das Thema ohnehin sehr unterstützt.<br />

Es wird nichts, wenn man alle<br />

zwei, drei Jahre eine andere Strategie<br />

fährt.<br />

Kunststoff soll der andere Stoff sein, aus dem die wirtschaftliche Zukunft des Landkreises<br />

besteht. Der Kunststoffcampus soll hier eine wichtige Rolle spielen und Innovationen<br />

vorantreiben.<br />

Auch der Aufbau eines Standortmarketings<br />

ist ein Aspekt der neuen Wirtschaftsstandortstrategie.<br />

Im Kreistag<br />

haben Sie schon festgestellt, dass da<strong>für</strong><br />

die Entscheidung <strong>für</strong> einen Namen<br />

zentral ist. Hand aufs Herz: Weißenburg-Gunzenhausen<br />

oder <strong>Altmühlfranken</strong>?<br />

VITA DR. THOMAS BIRNER<br />

Dr. Thomas Birner ist geschäftsführender<br />

Gesellschafter der LennardtundBirner<br />

GmbH <strong>–</strong> Beratung<br />

<strong>für</strong> Wirtschaftsförderung. Zuvor<br />

leitete er 15 Jahre lang die Wirtschaftsförderungs<br />

GmbH eines<br />

bayerischen Landkreises. Er hat<br />

außerdem Erfahrung im Projektmanagement<br />

in der Industrie an<br />

Standorten in Deutschland und<br />

Österreich und in der Leitung eines<br />

Forschungsprojekts an der ETH<br />

Zürich. Die LennardtundBirner<br />

GmbH gilt als eine der renommiertesten<br />

Beratungsunternehmen <strong>für</strong><br />

kommunale Wirtschaftsförderungen<br />

und ist deutschlandweit aktiv.<br />

<strong>Altmühlfranken</strong>. Aus mehreren Gründen.<br />

Es ist besser „sprechbar“ im Sinne<br />

des Marketings als ein Doppelname,<br />

nimmt Treuchtlingen mehr mit, da es<br />

nicht die anderen beiden Städte hervorhebt,<br />

und ist emotional positiv besetzt.<br />

Sowohl Franken als auch die Altmühl<br />

beziehungsweise das Altmühltal<br />

werden positiv gesehen.<br />

<strong>Das</strong> ist ein emotionales Thema …<br />

<strong>Das</strong> ist mir bewusst. Aber man muss<br />

etwas machen. Man kann nicht eine<br />

Sache mit zwei Marken bewerben.<br />

<strong>Das</strong> geht einfach nicht. Fragt man die<br />

Künstliche Intelligenz, dann erklärt<br />

die einem, dass Weißenburg-Gunzenhausen<br />

und <strong>Altmühlfranken</strong> zwei verschiedene<br />

Landkreise an zwei unterschiedlichen<br />

Orten Bayerns sind. <strong>Das</strong><br />

ist nicht ideal. Grundsätzlich würde<br />

aber auch Weißenburg-Gunzenhausen<br />

gehen, wenn <strong>Altmühlfranken</strong> nicht<br />

gewünscht wird. Ich finde die Idee<br />

einer Bürgerbefragung eigentlich ganz<br />

gut.<br />

38<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


& Behörden<br />

Banken<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

39


Anzeige<br />

Repräsentation<br />

der Stadt<br />

Weißenburg<br />

Der Gesamteindruck<br />

zählt<br />

Gehen dem Landkreis die Arbeiter<br />

oder die Arbeit aus? Die Stadtverwaltung<br />

Weißenburg würde eher ersteres<br />

behaupten. Die Fachkräftegewinnung<br />

wird immer herausfordernder. Doch<br />

was ist bei der Bewerberauswahl<br />

neben fachlichem Können wichtig?<br />

Thomas Felber, Leiter des Büros von<br />

Oberbürgermeister Jürgen Schröppel,<br />

gibt Auskunft: „Als Mitarbeiter der<br />

Stadtverwaltung repräsentiert man<br />

die Stadt Weißenburg. Daher achten<br />

wir bei den Bewerbern neben den<br />

persönlichen Fähigkeiten und den<br />

entsprechenden schulischen und<br />

beruflichen Qualifikationen auch auf<br />

ein seriöses und loyales Erscheinungsbild.“<br />

Bau-, Planungs- und Verwaltungsrechtler treffen auf Touristiker,<br />

Veranstaltungstechniker, Verwaltungsangestellte und<br />

Erzieherinnen. Hinzu kommen die handwerklich Angestellten<br />

im Garten- und Landschaftsbau, im Bauhof und der Kläranlage.<br />

Wäre die Stadt Weißenburg ein Unternehmen, ginge sie<br />

als kleiner Mischkonzern durch. Etwa 335 Menschen stehen<br />

in Diensten der größten Stadt im Landkreis. Wer hier arbeiten<br />

möchte, den erwartet eine Vielfalt an Aufgabenfeldern und<br />

Entfaltungsmöglichkeiten. Hier treffen sich Macher und Entscheidungsträger,<br />

die alle ein Ziel verfolgen: Weißenburg liebenswert<br />

zu halten und es voranzubringen.<br />

Trotzdem macht der allgemeine Fachkräftemangel auch vor<br />

attraktiven Kommunen wie Weißenburg nicht halt. Eine der<br />

größten Herausforderungen ist die Fluktuation, gekoppelt mit<br />

einem steigenden Personalbedarf im Bereich der Kindertages-<br />

Stadt Weißenburg i. Bay.<br />

Marktplatz 19<br />

91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 9 07 - 0<br />

www.weissenburg.de<br />

stadt@weissenburg.de<br />

MitarbeiterInnen: 300<br />

Oberbürgermeister:<br />

Jürgen Schröppel<br />

in Bayern<br />

stätten. Aufgrund des hohen Anteils von weiblichen Beschäftigten<br />

dort müssen hier insbesondere Zeiten von Schwangerschaft<br />

und Kindererziehung der Bediensteten kompensiert<br />

werden. Durch den Ausbau der Kindertageseinrichtungen<br />

entstehen zusätzliche offene Stellen <strong>für</strong> Erzieherinnen und Erzieher,<br />

die besetzt werden müssen. Aber auch im technischen<br />

Bereich ist der Fachkräftemangel spürbar. Sechs Planstellen<br />

und zwei Ausbildungsplätze sind derzeit bei der Stadt Weißenburg<br />

nicht besetzt. Es sind spezifischere Stellen, die <strong>für</strong> länger<br />

unbesetzt bleiben. Eine Stelle zum Tiefbautechniker beispielsweise,<br />

oder auch ein Ausbildungsplatz zur Fachkraft <strong>für</strong> Abwassertechnik.<br />

Dabei ist die Stadt ein sicherer und attraktiver<br />

Arbeitgeber. Sie zeigt sich vielseitig und aufgeschlossen.<br />

Homeoffice, flexible Arbeitszeitmodelle und auch die Möglichkeit<br />

der Teilzeitarbeit werden angeboten. Interessierte finden<br />

offene Stellen über die regionalen Printmedien, die Homepage<br />

der Stadt und über die Social-Media-Kanäle der Stadt Weißenburg.<br />

<br />

-cr-<br />

40<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Anzeige<br />

„Win-win“ durch Vorsorgekonzepte<br />

2023 fusionierte die Raiffeisenbank<br />

Weißenburg-Gunzenhausen mit der<br />

VR-Bank Feuchtwangen-Dinkelsbühl<br />

und der Raiffeisenbank Heilsbronn-Windsbach<br />

zur VR Bank im<br />

südlichen Franken. Der Zusammenschluss<br />

bringt viele Vorteile. Zwei<br />

Gruppen sollen davon besonders<br />

profitieren: die Kunden und die Mitarbeiter.<br />

„Wir richten den Blick nach<br />

außen, und nach innen“, sagt Gerd<br />

Reißlein, Bereichsleiter <strong>für</strong> Firmenkunden.<br />

Die VR Bank fokussiert sich<br />

auf innovative Finanzlösungen und<br />

auf das eigene Team. Um sowohl<br />

Privat- als auch Firmenkunden gut<br />

beraten zu können, setzt die Bank<br />

bei ihren Mitarbeitern an. Gleitzeitmodelle,<br />

mobile Arbeitsplätze und<br />

betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

wie das Jobrad stärken das<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl und<br />

drücken die Wertschätzung der VR<br />

Bank aus. Jährlich bildet die Bank<br />

rund 20 Nachwuchskräfte aus. „Der<br />

Trend geht im Gegensatz zu den<br />

Corona-Hochzeiten dahin, dass<br />

wieder mehr Mitarbeiter im Büro arbeiten.<br />

Zwischenmenschliche Beziehungen<br />

bekommen wieder mehr<br />

Gewicht“, so Reißlein. Genauso<br />

geht es den Firmenkunden. „Auch<br />

ihnen ist die Mitarbeiterbindung<br />

wichtig. Wir erarbeiten individuelle,<br />

sofort erlebbare betriebliche Vorsorgekonzepte.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet, dass<br />

aus verschiedenen Bausteinen ein<br />

perfekt an die Bedürfnisse des Kunden<br />

anpassbares Modell erstellt<br />

wird. <strong>Das</strong> können die Firmen dann<br />

etablieren und an ihre Mitarbeiter<br />

weitergeben.“ Bausteine wie eine<br />

ergänzende Krankenversicherung<br />

mit Vorteilen, die nur über den<br />

Arbeitgeber möglich sind, werden<br />

dabei integriert. „Die Firmenkunden<br />

nehmen Geld in die Hand, um sich<br />

als Arbeitgeber weniger austauschbar<br />

zu machen. Obendrein gibt dies<br />

dem Arbeitnehmer eine gewisse<br />

Sicherheit. Und wir als VR Bank<br />

können helfend zur Seite stehen.<br />

Eine Win-win-Situation <strong>für</strong> alle Beteiligten.“<br />

<br />

-cr-<br />

Unser Firmenkundenteam<br />

Bereich Altmühl<br />

VR Bank im südlichen Franken eG<br />

Luitpoldstraße 13<br />

91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41 / 9 70 - 0<br />

www.vr-sf.de<br />

info@vr-sf.de<br />

Viele Wege, um Fachkräfte zu gewinnen<br />

„Unternehmen können Fachkräfte<br />

gewinnen und sichern, indem sie<br />

ihre Beschäftigten qualifizieren. Dabei<br />

unterstützen wir, indem wir vor<br />

Ort beraten und unter bestimmten<br />

Voraussetzungen eine Weiterbildung<br />

finanziell fördern“, erläutert<br />

Claudia Wolfinger.<br />

So kann zum Beispiel der Produktionshelfer<br />

von heute der Maschinenführer-<br />

und Anlagenführer von morgen<br />

werden. Arbeitnehmer ohne<br />

formale Ausbildung können mit verkürzter<br />

Ausbildungszeit bei gleichbleibendem<br />

Gehalt einen Berufsabschluss<br />

nachholen oder durch<br />

eine Anpassungsqualifizierung fit<br />

<strong>für</strong> die Zukunft gemacht werden.<br />

Darüber hinaus hält die Vorsitzende<br />

der Agentur <strong>für</strong> Arbeit Ansbach-Weißenburg<br />

qualifizierte Zuwanderung<br />

<strong>für</strong> die Gewinnung von Fachkräften<br />

vonnöten: „Schon jetzt tragen<br />

Menschen mit ausländischer<br />

Staatsangehörigkeit zwei Drittel<br />

zum Beschäftigungswachstum bei.<br />

Ohne sie wäre die Beschäftigung in<br />

den letzten fünf Jahren sogar geschrumpft“,<br />

so Wolfinger.<br />

Erleichterungen <strong>für</strong> die Zuwanderung<br />

bringt Stufe zwei des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes.<br />

In<br />

vielen Berufen kann nun die Arbeit<br />

in Deutschland aufgenommen und<br />

die berufliche Anerkennung hier in<br />

Deutschland angestoßen werden.<br />

„Außerdem gilt es das Potenzial der<br />

geflüchteten Menschen zu heben,<br />

die bereits bei uns sind“, ist Claudia<br />

Wolfinger überzeugt, „Unternehmen<br />

können diese Chance nutzen, indem<br />

sie zum Bespiel auch Geflüchtete<br />

mit Grundkenntnissen in Deutsch<br />

einstellen und Qualifizierung und<br />

Spracherwerb on the job ermöglichen.“<br />

Auch dabei kann die Agentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit mir ihren bewährten Fördermöglichkeiten<br />

unterstützen.<br />

Der Arbeitgeber-Service berät gerne<br />

zu den Möglichkeiten Fachkräfte zu<br />

gewinnen und zu sichern.<br />

©Josep Suria/Adobe Stock<br />

Agentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

Ansbach-Weißenburg<br />

Geschäftsstelle Weißenburg<br />

Schwärzgasse 1<br />

91781 Weißenburg<br />

Tel. 0 91 41/ 8 71 - 4 40<br />

arbeitsagentur.de/vor-ort/ansbachweissenburg/unternehmen/ags<br />

Ansbach-Weissenburg.<br />

Arbeitgeber@arbeitsagentur.de<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

41


Steinbrüche,<br />

Sandgruben,<br />

Sakkohersteller<br />

Von Uwe Ritzer<br />

Wo arbeiteten die Menschen<br />

unserer Region früher,<br />

wo arbeiten sie heute?<br />

Und was haben die Eisenbahn<br />

und die Industrie damit<br />

zu tun? Eine Zeitreise.<br />

Wo sonst ließe sich diese Zeitreise in<br />

unserer Region spektakulärer beginnen<br />

als in der Langenaltheimer Haardt? In<br />

dieser archaischen Kraterlandschaft,<br />

die sich als Kulisse <strong>für</strong> Science-Fiction-<br />

Filme genauso eignen würde wie <strong>für</strong><br />

solche, die im Mittelalter oder in Straflagern<br />

spielen. Oder aber ganz banal<br />

von harter, handwerklicher Arbeit handeln.<br />

Und darum soll es in diesem Text<br />

schließlich gehen; von der Geschichte<br />

des Arbeitens in diesem Landstrich,<br />

der bekanntlich erst seit 1972 Weißenburg-Gunzenhausen<br />

heißt und sich<br />

selbst gerne <strong>Altmühlfranken</strong> nennt.<br />

Die Steinbrüche im südlichen Landkreis<br />

um Solnhofen, Langenaltheim,<br />

42<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Pappenheim bis nach Treuchtlingen<br />

oder hinüber ins angrenzende Oberbayerische<br />

sind eines der wenigen wirtschaftlichen<br />

Alleinstellungsmerkmale<br />

dieses Landkreises. <strong>Das</strong>s dort über<br />

Jahrhunderte hart gearbeitet wurde,<br />

„Solnhofener Platten<br />

waren ein Exportschlager,<br />

als man<br />

diesen Begriff noch gar<br />

nicht kannte„<br />

steht außer Zweifel. Jahrhundertelang<br />

verkauften sich die Jurakalksteine und<br />

Solnhofener Platten prächtig. Sie waren<br />

ein Exportschlager, als man diesen<br />

Begriff noch gar nicht kannte. Die Erfindung<br />

des Steindrucks zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts, der Lithografie also,<br />

durch Alois Senefelder gab nicht nur<br />

dem Buchdruck enorme Impulse, sondern<br />

befeuerte auch die Geschäfte der<br />

„Steinbarone“ und der Hackstockmeister<br />

und ihrer Helfer in den Brüchen. In<br />

der Langenaltheimer Haardt entfaltete<br />

sich eine ganz eigene Arbeitswelt, die<br />

beispielsweise Kneipen einschloss, in<br />

denen nur die Steinbruchgemeinde<br />

verkehrte.<br />

Historisch betrachtet ist die Frage, womit<br />

die Menschen in diesem heutigen<br />

Landkreis ihren Lebensunterhalt bestritten,<br />

relativ einfach zu beantworten:<br />

Es gibt nicht die eine Branche, die<br />

alle anderen überlagert, weil vor allem<br />

sie den Menschen Arbeit, Lohn und<br />

Brot garantierte. <strong>Das</strong> heutige Weißenburg-Gunzenhausen<br />

zeichnete sich<br />

immer schon durch große Vielfalt aus<br />

<strong>–</strong> bis heute.<br />

Abgesehen von den Steinbrüchen im<br />

Süden waren eine sehr, sehr lange Zeit<br />

vor allem die Landwirtschaft und in<br />

den Städten die Handwerker die wichtigsten<br />

Arbeitgeber. Die ältesten, nachgewiesenen<br />

Siedlungen existierten<br />

dort, wo es die ertragreichsten Böden<br />

gab. Der Festschrift zum 50-jährigen<br />

Bestehen des Landkreises ist zu entnehmen,<br />

dass diese Böden vor allem in<br />

der Region Dittenheim-Ehlheim-Alesheim<br />

zu finden seien. Jahrhundertelang<br />

handelte es sich um eine bäuerliche<br />

Selbstversorgung, die abgesehen<br />

von Dittenheim-Ehlheim-Alesheim<br />

hinaus vor allem entlang von Altmühl<br />

und Rezat gedieh. In den Städten, allen<br />

Die leonische Industrie und die Tressenfertigung haben eine lange Tradition.<br />

voran in der lange Freien Reichsstadt<br />

Weißenburg, blühte das Handwerk in<br />

allen Facetten, zu dem im Rückblick<br />

auffallend viele Brauereien samt dazugehöriger<br />

Wirtshäuser gehörten. Eine<br />

wichtige Entwicklungsachse war auch<br />

die heutige B2, die, bevor sie als solche<br />

geschaffen wurde, bereits eine wichtige<br />

Handelsroute zwischen Nürnberg und<br />

Augsburg war.<br />

Zwei Entwicklungen änderten das<br />

Arbeiten fundamental. Zum einen<br />

entwickelte sich ab dem späten 16.<br />

Jahrhundert die Leonische Industrie,<br />

die aus ihrer Heimat vertriebene französische<br />

Hugenotten nach Franken<br />

brachten. Im 18. und vor allem im 19.<br />

Jahrhundert wurde die Fertigung von<br />

Drahtgestricken und Uniformtressen<br />

(CHK) in Weißenburg ansässig. Ebenso<br />

in Treuchtlingen, das damals noch<br />

ein Marktflecken war, der allerdings<br />

Ruf und Tradition als Herstellungsort<br />

von Keramikgeschirr aufzuweisen hatte.<br />

Die Hafner verkauften ihre Waren<br />

in das weite Umland.<br />

„Vor allem Treuchtlingen<br />

profitierte von<br />

der Erfindung der<br />

Eisenbahn„<br />

Die Industrialisierung mit der damit<br />

verbundenen Massenfertigung und<br />

der Arbeitsteilung revolutionierte die<br />

Produktion in ganz Europa. Die Notwendigkeit,<br />

Güter auch über längere<br />

Strecken zu transportieren, wurde immer<br />

größer. <strong>Das</strong> Prinzip der Selbstversorgung<br />

brach auf. Vor allem Treuchtlingen<br />

profitierte von der Erfindung<br />

der Eisenbahn. Sie kam 1849 in den<br />

heutigen Landkreis, als die staatliche<br />

Ludwig-Süd-Nord-Bahn die Verbindung<br />

zwischen Pleinfeld-Gunzenhausen<br />

und Nördlingen eröffnete. Von<br />

Ansbach her erreichte die Eisenbahn<br />

1869 Treuchtlingen. Die Stadt wurde,<br />

was sie heute noch ist: ein <strong>für</strong> Bayern<br />

wichtiger Schienenknotenpunkt. Fortan<br />

war die Eisenbahn <strong>für</strong> Generationen<br />

der wichtigste Arbeitgeber <strong>für</strong><br />

Treuchtlingen und die Treuchtlinger.<br />

1898 wurde der Markt zur Stadt erhoben.<br />

Die Eisenbahn brachte vor allem Treuchtlingen<br />

mit Volldampf voran.<br />

Auch Pleinfeld, wo es lokale Verbindungen<br />

aus dem großen Sandabbaugebiet<br />

entlang der Mühlstraße zum<br />

örtlichen Bahnhof gab und wo sich<br />

der Schienenstrang von Nürnberg her<br />

Richtung Weißenburg/Treuchtlingen<br />

und Gunzenhausen gabelt, profitierte<br />

vom Anschluss als Haltepunkt an das<br />

neue Bahnnetz.<br />

Damit einher entwickelte sich Industrie<br />

in den Städten. Ihre Anziehungskraft<br />

wuchs; immer häufiger verließen<br />

Menschen ihre Dörfer, um in den<br />

Fabriken zu arbeiten. In Gunzenhausen<br />

gründete der Unternehmer<br />

Theodor Loos ein Eisenwerk, das später<br />

zu einem führenden Kesselhersteller<br />

wurde, der heute wiederum zum<br />

Bosch-Konzern gehört. In Weißen-<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

43


Industrie und verarbeitendes Gewerbe sind die größten Arbeitgeber im Landkreis.<br />

burg schwächelte zwar die zuvor auf<br />

Kriegsproduktion ausgerichtete Leonische<br />

Industrie nach dem Ersten<br />

Weltkrieg. Sie konnte sich allerdings<br />

noch einige Zeit behaupten.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg litten<br />

jedoch auch viele Menschen, vor<br />

allem Arbeiter und Ungelernte, große<br />

Not. Die Massenarbeitslosigkeit<br />

traf redliche Menschen wie Karl<br />

Schmidt aus Mischelbach, der hier<br />

exemplarisch erwähnt sei. Als Gelernter<br />

Schuster fand er in seinem<br />

angestammten Beruf keine Arbeit<br />

mehr. Also verdingte er sich beim<br />

Straßenbau, in der Landwirtschaft,<br />

als Tagelöhner. Seine überlieferten<br />

Arbeitszeugnisse bescheinigen ihm<br />

allesamt Fleiß, Zuverlässigkeit und<br />

Geschick. Sie enden meist mit dem<br />

dahingeschriebenen Bedauern, man<br />

könne ihn „wegen fehlender Arbeit“<br />

nur leider nicht länger beschäftigen.<br />

Argwohn, nicht selten sogar Feindseligkeit<br />

mehr zähneknirschend akzeptiert,<br />

als wirklich aufgenommen<br />

worden. Dabei zeigte sich alsbald,<br />

„Als die Sakkos der<br />

Olympiamannschaft<br />

aus Weißenburg<br />

kamen„<br />

dass da sehr viele fleißige und kluge<br />

Menschen unter den Schlesiern,<br />

Sudetendeutschen oder Ostpreußen<br />

waren, die anzupacken verstanden.<br />

Allein in Weißenburg wuchs zwischen<br />

1939 und 1950 die Zahl der<br />

Einwohner von 8760 auf 13 800.<br />

Die Stadt profitierte auch davon,<br />

dass 1944 die Firma Dynamit Nobel<br />

vor den Bombenangriffen der<br />

Alliierten aus Köln weggezogen und<br />

in Weißenburg gelandet war. Im<br />

Lauf der Jahrzehnte richtete sich<br />

das Unternehmen immer mehr auf<br />

Kunststoff aus und etablierte sich<br />

vor allem mit seiner Stoßfänger-Fertigung<br />

als wichtiger Zulieferer der<br />

Automobilindustrie <strong>für</strong> großvolumige<br />

Teile. „Die Dynamit“, wie die<br />

Firma schlicht genannt wurde, schuf<br />

viele Arbeitsplätze. In Pappenheim<br />

eröffnete sie einen zweiten Standort;<br />

zusammen mit Weißenburg ist das<br />

über den Umweg des Faurecia-Konzerns<br />

inzwischen zur französischen<br />

Plastic-Omnium-Gruppe gehörende<br />

Unternehmen nach Angaben aus<br />

dem Landratsamt seit Langem der<br />

größte Arbeitgeber in Weißenburg-<br />

Gunzenhausen.<br />

Zusätzlich entstanden im Lauf der<br />

Nachkriegszeit weitere Industriezweige<br />

und boten Tausende Arbeitsplätze<br />

an. Beispiel Textilwirtschaft.<br />

In den 50er- und 60er-Jahren des vorigen<br />

Jahrhunderts erlebte sie ihren<br />

Höhepunkt; das Jubiläumsmagazin<br />

des Landkreises schreibt von 2000<br />

Arbeitsplätzen. Sie waren angesiedelt<br />

in Fabriken wie jener von Erich<br />

Roth, dessen Firma 1964 sogar die<br />

deutsche Olympiamannschaft bei<br />

den Spielen in Tokio mit Sakkos ausstattete.<br />

Dann aber sank der Stern<br />

der Textiler; Nähfertigung und Massenproduktion<br />

waren in Asien konkurrenzlos<br />

billig. <strong>Das</strong> musste, wenn<br />

Der Zweite Weltkrieg veränderte<br />

alles. Flucht und Vertreibung nach<br />

dem von Hitler und seinen Schergen<br />

in Gang gesetzten Massensterben<br />

verschlugen sehr viele Heimatvertriebene<br />

vornehmlich nach Weißenburg,<br />

aber auch in andere Städte<br />

und Gemeinden des heutigen Landkreises.<br />

Sie sollten in den folgenden<br />

Jahrzehnten wichtige wirtschaftliche<br />

Impulse setzen und zahlreiche<br />

Arbeitsplätze schaffen. Dabei waren<br />

sie von den Einheimischen mit<br />

Die Bekleidungsindustrie (hier die Fa. Edelstein in Weißenburg 1963) war in der Nachkriegszeit<br />

ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.<br />

44<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Zahl der bäuerlichen Betriebe in<br />

Weißenburg-Gunzenhausen von<br />

fast 2000 auf rund 1500. Die, die<br />

überleben, bewirtschaften in der<br />

Regel immer größere Höfe. Die Zahl<br />

der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<br />

in der Landwirtschaft<br />

liegt bei gerade einmal 400.<br />

Beim Weißenburger Edelschneider Regent kaufte männliche Prominenz aus Politik,<br />

Wirtschaft und Kultur ein.<br />

„Gunzenhausen<br />

hat eine Tradition<br />

in Sachen Digitalisierung„<br />

auch mit großer Verzögerung, die<br />

Firma Regent erleben. 1946 gegründet<br />

von Henryk Barig und Michael<br />

Aisenstadt, entwickelte sich das Unternehmen<br />

zum Edelschneider <strong>für</strong><br />

Herrenanzüge. Kaum ein prominenter<br />

Politiker oder Wirtschaftsführer<br />

des vorigen Jahrhunderts, der nicht<br />

Regent trug. Doch auch dieser Stern<br />

sank; nach allerhand Irrungen und<br />

Wirrungen wurde die Fabrik 2019<br />

geschlossen; allein der Name existiert<br />

noch als Markenzeichen.<br />

Während das rasante Wachstum von<br />

Hetzner ein Paradebeispiel da<strong>für</strong> ist,<br />

wie die Digitalisierung Arbeiten an<br />

sich verändert, aber auch neue Jobs<br />

schafft, offenbart auch der Blick in<br />

die Daten des bayerischen Landesamts<br />

<strong>für</strong> Statistik gewaltige und<br />

bisweilen auch überraschende Entwicklungen.<br />

So verliert <strong>–</strong> allen lauten<br />

Protesten zu Jahresbeginn <strong>2024</strong><br />

zum Trotz <strong>–</strong> die Landwirtschaft stetig<br />

an Bedeutung. Nicht in ihrer gesellschaftlichen<br />

Wertigkeit als Nahrungsmittelproduzent<br />

wohlgemerkt,<br />

jedoch was die Zahl der Betriebe<br />

und der sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten im Landkreis angeht.<br />

Allein von 2004 bis 2022 sank die<br />

Auch der von manchen angesichts<br />

des ab den 1970er-Jahren geschaffenen<br />

Fränkischen Seenlands als Allheilmittel<br />

gepriesene Tourismus als<br />

Wertschöpfungssektor schwächelt.<br />

Weniger, was Besucherzahlen angeht,<br />

wohl aber als Arbeitgeber. Die<br />

Zahl der Beherbergungsbetriebe<br />

(Hotels, Gasthöfe, Vermieter von Ferienwohnungen<br />

etc.) sackte binnen<br />

fünf Jahren von 149 auf 119 im Jahr<br />

2020 (neuere amtliche Statistiken<br />

liegen noch nicht vor). Der mit Abstand<br />

wichtigste Sektor im Landkreis<br />

ist und bleibt hingegen das Produzierende<br />

Gewerbe. Mit etwa 13 500<br />

sozialversicherungspflichtigen Jobs<br />

sind diese Unternehmen zusammengefasst<br />

der große, starke Motor auf<br />

dem hiesigen Arbeitsmarkt. Weit,<br />

weit vor anderen Sparten wie etwa<br />

Tourismus und Gastronomie. Die<br />

Industrie bietet viele wichtige Arbeitsplätze<br />

in diversen Segmenten.<br />

Vor allem die Kunststoffindustrie ist<br />

ein starker Player, dem nicht zuletzt<br />

der Kunststoffcampus Weißenburg<br />

als praxisorientierte Hochschuleinrichtung<br />

Rechnung trägt.<br />

In Gunzenhausen siedelten sich<br />

<strong>–</strong> nicht zuletzt angelockt durch<br />

Strukturförderprogramme des Bundes<br />

<strong>–</strong> Firmen wie die SEL an, die<br />

zeitweise mehr als 1000 Menschen<br />

Jobs bot. Einige Jahre später ging<br />

die Firma sukzessive unter. Da<strong>für</strong><br />

entstanden neue, wie die 1997 gegründete<br />

Firma Hetzner Online, die<br />

nach eigenen Angaben „mit mehreren<br />

hunderttausend Servern zu den<br />

größten Webhostern und Rechenzentren-Betreibern<br />

in Europa“ zählt.<br />

Und bekanntlich seit geraumer Zeit<br />

mit der Stadt Ellingen dort über<br />

einen weiteren Standort verhandelt.<br />

Die Digitalisierung hält Einzug: Die Firma Hetzner Online gehört zu den größten Webhostern<br />

und Betreibern von Rechenzentren in Europa.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

45


Die Lösung?<br />

Weniger<br />

Gerechtigkeit!<br />

Von Jan Stephan<br />

Die Bauern sind sauer<br />

wie nie. Weil eine alte<br />

Welt unterzugehen droht<br />

und ein System an sich<br />

selbst verzweifelt. Die<br />

Ansätze <strong>für</strong> eine Lösung<br />

liegen in vielen Bereichen<br />

auf dem Tisch. Es<br />

fehlt an Mut, an Respekt<br />

und auch an Einsicht.<br />

Vielleicht ist ja an allem die Gerechtigkeit<br />

schuld. Dieser Gedanke kommt<br />

einem, nachdem man in wochenlanger<br />

Recherche versucht hat den Problemen<br />

der Landwirtschaft auf den<br />

Grund zu gehen. Also natürlich nicht<br />

die Gerechtigkeit selbst, sondern der<br />

scheiternde Versuch sie herzustellen.<br />

In der Landwirtschaft spielt sich ein<br />

epischer Kampf ab. Der Gesetzgeber<br />

schlägt mit dem Schwert der Verordnung<br />

einer Ungerechtigkeit den Kopf<br />

ab und umgehend wachsen zwei neue<br />

nach. Für die braucht es dann wieder<br />

neue Verordnungen, die neue Probleme<br />

schaffen, <strong>für</strong> die man erneut neue<br />

Verordnungen braucht … Ein e wiger<br />

Kreislauf.<br />

Über die Jahrzehnte hat man so ein<br />

Monster erschaffen. Eines, das aus<br />

purem guten Willen besteht und doch<br />

Verzweiflung sät. Eine Geschichte, als<br />

hätte man Goethes Faust, die antiken<br />

Heldensagen und den neuesten Marvel-Film<br />

zusammengeworfen. Nur<br />

dass man dabei das Happy End vergessen<br />

hat.<br />

Womit man beim Anlass dieser Geschichte<br />

wäre. Dem fehlenden Happy<br />

End. Als die Bundesregierung Ende<br />

2023 auf die Idee kam, Agrardiesel<br />

und Kfz-Steuervergünstigungen zu<br />

streichen, da war Schicht in der Scheune.<br />

Den Bauern ging sehr eindrucksvoll<br />

der Traktor durch. Auf dem Höhepunkt<br />

der Proteste standen mehr als<br />

1000 Schlepper in Gunzenhausen auf<br />

dem Volksfestplatz.<br />

„So eine Beteiligung, so eine Solidarität,<br />

die hatten wir noch nie“, sagt Erwin<br />

Auernhammer, der Kreisvorsitzende<br />

des Bauernverbands in Weißenburg-<br />

Gunzenhausen. „Ich muss sagen, da<br />

habe ich mir schon ein paar Tränen<br />

verdrücken müssen.“ Auernhammer<br />

ist Schweinehalter. Ein gestandener<br />

Bauer, auf der kargen Scholle des Weißenburger<br />

Jura, in Indernbuch groß<br />

geworden. Einer Gegend mit wenig<br />

Wasser, aber viel Stein im Acker. Auernhammer<br />

ist ein Mann, der sich selten<br />

Tränen verdrücken muss.<br />

<strong>Das</strong>s er dazu nun Anlass hatte, ist nachvollziehbar.<br />

Geklagt haben die Bauern<br />

schon immer, aber sie hatten noch nie<br />

so viel Rückenwind beim Jammern. Es<br />

gibt viele, die ihren Protesten Erfolg<br />

wünschen. Nur: Was wäre eigentlich<br />

ein Erfolg? Ein paar Rabatte mehr, ein<br />

Regierungswechsel?! Nach Wochen<br />

der Gespräche mit Menschen in, um<br />

und um die Landwirtschaft herum<br />

könnte man zu der verblüffenden Ansicht<br />

kommen, dass das System vor allem<br />

eines braucht: mehr Ungerechtigkeit!<br />

46<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Der Küchentisch von Erwin Auernhammer<br />

ist ein guter Ort, um diese Geschichte<br />

beginnen zu lassen. Es ist ein<br />

herrlicher Morgen. Draußen schmilzt<br />

unter der steigenden Sonne langsam<br />

der Raureif von den Wiesen, drinnen<br />

versucht sich Auernhammer an einer<br />

Erklärung der Nöte der Bauern. Es<br />

wird ein langes Gespräch.<br />

Der Kreisvorsitzende des BBV ist ein<br />

Mann, der auf beeindruckende Art und<br />

Weise in sich ruht. Man kann ihn in<br />

ein Heer von wütenden Bauern stellen<br />

oder mitten hinein in einen Saal voller<br />

Naturschützer, Auernhammers Puls<br />

bleibt auf stabilem Samstag-Abend-<br />

Couch-Niveau. Er ist überzeugt, dass<br />

von der Mutterkuh im Stall mit Müttern<br />

verglichen, die ihre Kleinkinder<br />

in die Kita bringen, damit sie schnell<br />

„Auch in jüngerer<br />

Vergangenheit gehörte<br />

der Protest in gewisser<br />

Art und Weise zur bäuerlichen<br />

Lebensform„<br />

wieder arbeiten können. <strong>Das</strong> kann man<br />

wahlweise mutig oder anmaßend finden.<br />

Feigheit vor dem Shitstorm kann<br />

man Auernhammer jedenfalls schwer<br />

vorwerfen. Stolze und selbstbewusste<br />

Landwirte wie ihn, die gab es schon im-<br />

Abständen mit der eher städtischen<br />

Obrigkeit ergaben. Auch in jüngerer<br />

Vergangenheit gehörte der Protest in<br />

gewisser Art und Weise zur bäuerlichen<br />

Lebensform. Man beschwerte<br />

sich über Viehpreise, Getreidesteuern,<br />

Milchquoten, Landwirtschaftsminister,<br />

Discounter oder Bienen. <strong>Das</strong> war<br />

immer mal wieder aufsehenerregend,<br />

die Frage ist, warum es diesmal die Republik<br />

erschüttert.<br />

Darauf gibt es eine Reihe von Antworten.<br />

„Vom Agrardiesel musst‘ die Finger<br />

lassen, sonst hast du alle Bauern auf<br />

einmal gegen dich“, sagt Artur Auernhammer.<br />

„<strong>Das</strong> hat schon der Schäuble<br />

immer gesagt, dass man das nicht machen<br />

darf“, erzählt er und zuckt die<br />

Achseln, wie ein Fußballtrainer, der<br />

einen haarsträubenden Fehlpass seines<br />

Abwehrspielers erklären soll. Sieht<br />

ja jeder, diesen Bock, was soll man da<br />

jetzt noch sagen?!<br />

Erwin Auernhammer: Feigheit vor dem Shitstorm kann man dem Schweinezüchter eher<br />

nicht vorwerfen.<br />

er eine Mission hat, dass es jemanden<br />

braucht, der die Landwirtschaft vor<br />

den Angriffen der Ahnungslosen verteidigt.<br />

Und ahnungslos, das sind in<br />

Sachen Landwirtschaft eigentlich alle,<br />

die keine Landwirte sind.<br />

mer auf dem Land. Früher noch mehr<br />

als heute. Da wurden die Bürgermeister,<br />

Kirchenvorsteher und Feuerwehrkommandanten<br />

aus den Reihen der<br />

Großbauern besetzt. Oft führten sie die<br />

Konflikte an, die sich in regelmäßigen<br />

Auernhammer kommt aus Oberhochstatt,<br />

sitzt <strong>für</strong> die CSU im Bundestag,<br />

ist einer der führenden Agrarexperten<br />

seiner Partei und selbst Nebenerwerbslandwirt.<br />

Sein Büro hat er im<br />

Erdgeschoss des Bauernhofs seiner Familie<br />

eingerichtet. Sein Schreibtisch<br />

steht zwei, drei Kilometer von seinem<br />

Namensvetter vom Bauernverband<br />

entfernt. Die Welt der Landwirtschaft<br />

ist ein Dorf.<br />

Er selbst kann sich diese „strategische<br />

Vollkatastrophe“ aus den Reihen der<br />

Opposition relativ entspannt ansehen.<br />

Er und seine CSU können nichts da-<br />

„Experten sind <strong>für</strong> mich Leute, die<br />

theoretisch wissen, wie es geht, aber<br />

praktisch keine Ahnung davon haben“,<br />

erzählt Auernhammer gerne. Er verwendet<br />

diesen Satz in persönlichen<br />

Gesprächen, auf Bauernkundgebungen,<br />

auf Infoveranstaltungen. Er erntet<br />

da<strong>für</strong> mal Lachen, mal Kopfschütteln.<br />

Je nachdem, ob mehr Theoretiker oder<br />

Praktiker im Raum sind.<br />

Man darf den Landwirt aus Indernbuch<br />

in seiner Ruhe nicht unterschätzen.<br />

Zum einen ist er in vielen Themen<br />

bis in die Tiefe fachlich versiert, zum<br />

anderen kann er in seiner Selbstgewissheit<br />

beeindruckend um sich schlagen.<br />

Er hat mal die Trennung der Kälber<br />

Artur Auernhammer: Der Agrarexperte der CSU weiß, dass mit den Bauern nicht gut<br />

streiten ist, man meint fast, ein wenig Mitleid mit der Ampelkoalition zu spüren.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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<strong>für</strong>. Auernhammer kennt das auch<br />

anders. Auch gegen ihn fanden schon<br />

Bauernproteste statt <strong>–</strong> redet man lange<br />

genug mit ihm, spürt man Spuren von<br />

Mitleid mit der politischen Konkurrenz.<br />

In Berlin ist von seinem Mitleid allerdings<br />

wenig zu spüren. In seinen Reden<br />

im Parlament teilt er aus. Gegen<br />

Scholz, Habeck, Özdemir und Co. Die<br />

Kollegen von den Regierungsparteien<br />

nehmen es ihm nicht übel. So ist das<br />

Geschäft <strong>–</strong> verbockt man was, fehlt es<br />

nicht an Menschen, die einem das unter<br />

die Nase reiben. So ist das mit der<br />

Demokratie.<br />

<strong>Das</strong>s die Proteste so groß sind, liegt<br />

daran, dass man alle Bauern auf einmal<br />

gegen sich aufgebracht hat. Vom<br />

Weinbauern aus Baden-Württemberg<br />

über den agrarindustriellen Ackerbaubetrieb<br />

aus Brandenburg bis zum<br />

Nebenerwerbslandwirt aus Polsingen.<br />

Alle stinkig, weil alle Diesel im Tank.<br />

Schöner Mist aus Sicht der Ampelkoalition,<br />

aber das erklärt nicht die gesamte<br />

Wucht der Proteste.<br />

Wenn die Bauern im Landkreis die<br />

B2, B13 oder B466 in Schleichfahrten<br />

hinabfahren, sieht man nicht nur Traktoren.<br />

Zwischen die grünen Giganten<br />

mischen sich Pritschenwagen und<br />

Caddys. Die Handwerker sind mit auf<br />

dem Baum der Empörung. Nicht wegen<br />

des Diesels, sondern wegen überbordender<br />

Bürokratie, politischer Unzuverlässigkeit<br />

und einem allgemeinen<br />

Verdruss, erklären einem Logistiker,<br />

Elektriker, Schreiner oder Bauunternehmer<br />

aus dem Landkreis.<br />

Sie hätten mit dem Protestieren nicht<br />

angefangen. Die betriebswirtschaftliche<br />

Not ist nicht groß, da<strong>für</strong> die Liste<br />

der zu erledigenden Dinge lang.<br />

Die Handwerker haben fette Jahre<br />

hinter sich, wer jetzt keine Rücklagen<br />

auf dem Firmenkonto hat, schafft<br />

sich keine mehr. Aber wenn jemand<br />

die Demonstriererei organisiert, dann<br />

fährt und hupt man schon gerne mit.<br />

Denn auch im Handwerk fühlt man<br />

sich gegängelt von einem zunehmend<br />

irrwitziger laufenden System an Vorschriften,<br />

Dokumentations- und Nachweispflichten.<br />

Fast jeder Handwerker kann einem<br />

eine Geschichte erzählen. Von Gastanks,<br />

<strong>für</strong> die nachgewiesen werden<br />

muss, dass sie nicht übers Internet gehackt<br />

werden können, obwohl sie so<br />

alt sind, dass sie komplett analog laufen.<br />

Oder von Verbrauchsnachweisen<br />

<strong>für</strong> Spachtelmasse, die neuerdings der<br />

Gesetzgeber einfordert. Die Erzählung<br />

von der überbordenden Bürokratie<br />

„Die Lehrerin, der<br />

Metzger, die Ärztin<br />

fahren zwar nicht im<br />

Protestkonvoi mit,<br />

aber sie haben<br />

Verständnis„<br />

ist anschlussfähig. Die Lehrerin, der<br />

Metzger, die Ärztin fahren zwar nicht<br />

im Protestkonvoi mit, aber sie haben<br />

Verständnis. Deutlich mehr als <strong>für</strong><br />

Klima-Protestler, die sich auf Straßen<br />

kleben. Im Februar unterstützten 80<br />

Prozent der Bevölkerung die Bauernproteste,<br />

Mitte 2023 lehnten 85 Prozent<br />

die Klima-Klebe-Aktionen ab. Die<br />

Bürokratie ist offenbar eine anerkannte<br />

Bedrohung <strong>für</strong> den Weltfrieden, das<br />

Klima nur dann, wenn man deswegen<br />

nicht im Stau steht.<br />

Es sind also nicht nur alle Bauern gemeinsam<br />

sauer, die Handwerker säuern<br />

mit und die Bevölkerung steht in<br />

ihrer Mehrheit am Rand und klatscht<br />

Applaus.<br />

Schöner Mist aus Sicht der Ampelkoalition,<br />

aber das erklärt noch immer<br />

nicht die gesamte Wucht der Proteste.<br />

Der Leidensdruck bei den Landwirten<br />

ist groß, in manchen Bereichen existenziell.<br />

Es droht eine Lebensform unterzugehen.<br />

Eine, die über Jahrhunderte<br />

hinweg die Region geprägt hat. Wirtschaftlich<br />

und kulturell. Der Bauernhof<br />

war bis weit ins 19. Jahrhundert in<br />

<strong>Altmühlfranken</strong> <strong>für</strong> die meisten Menschen<br />

der Ort, der ihnen einen Platz in<br />

der Welt bot. Ein Dach über dem Kopf,<br />

ein Auskommen, Anschluss. Circa 80<br />

Prozent der Menschen lebten in Weißenburg-Gunzenhausen<br />

Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts direkt oder indirekt von<br />

der Landwirtschaft. Die Bauern ernährten<br />

die kleine lokale Welt, sie waren<br />

die Ursache <strong>für</strong> alles.<br />

Vergleicht man das mit dem Heute,<br />

wird klar, wie viel geschehen ist. Es<br />

gibt noch rund 400 Vollerwerbslandwirte<br />

in Weißenburg-Gunzenhausen.<br />

Die Branche hat gerade 200 sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsplätze.<br />

Allein das Klinikum <strong>Altmühlfranken</strong><br />

bietet mehr Jobs als alle „Profi-Bauern“<br />

zusammen.<br />

Die Wut ist groß, der Agrardiesel hat das Fass aber nur zum Überlaufen gebracht, der Frust der Landwirte sitzt viel tiefer.<br />

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<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Hans Walter hat ein Leben in der Landwirtschaft verbracht, zu seinem Abschied als Behördenleiter erklärt er, wie man den Untergang<br />

vielleicht aufhalten kann.<br />

Was <strong>für</strong> ein Bedeutungsverlust.<br />

Und der ist noch nicht zu Ende. Von<br />

Jahr zu Jahr werden es weniger Bauern.<br />

Immer mehr Haupterwerbler<br />

gehen in den Nebenerwerb, immer<br />

mehr Nebenerwerbler lassen es ganz<br />

sein. Waren es 2004 in Weißenburg-<br />

Gunzenhausen noch fast 2000 landwirtschaftliche<br />

Betriebe, lag die Zahl<br />

im Jahr 2022 nur noch bei rund 1500.<br />

Davon 400 im Haupt- und 1100 im<br />

Nebenerwerb. Noch krasser ist die<br />

Entwicklung bei den Milchviehhaltern.<br />

1973 hatten 4143 Bauern im<br />

Landkreis Kühe im Stall, 2022 gab es<br />

in Weißenburg-Gunzenhausen noch<br />

290 Höfe mit Kühen.<br />

<strong>Das</strong> ist besonders bemerkenswert, wie<br />

Hans Walter, der ehemalige Leiter des<br />

Amts <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />

und Forsten (AELF) in Weißenburg,<br />

erklärt. „Bei uns in der Region war<br />

die Milchwirtschaft schon immer das<br />

Rückgrat der Bauern. Die Milchkühe<br />

haben das Geld gebracht.“ <strong>Das</strong> hat<br />

historische Gründe. Im Grunde ist das<br />

Erbrecht an den ganzen Kühen schuld.<br />

Weil in Franken die Realteilung vorherrschte,<br />

Höfe also nicht an den Ältesten,<br />

sondern an alle Söhne zu gleichen<br />

Teilen übergeben wurden, entstanden<br />

kleine Flächen.<br />

Aus denen konnte man nur dann genug<br />

erwirtschaften, wenn man die<br />

Wertschöpfungstiefe erhöhte. Die Kuh<br />

war in dem Fall das Mittel der Wahl.<br />

Der Bauer betrieb nicht nur Landwirtschaft,<br />

indem er Äcker und Wiesen bewirtschaftete,<br />

er sorgte auch da<strong>für</strong>, dass<br />

ein Teil seiner Ernte durch den Magen<br />

der Kühe wanderte und so zu Milch<br />

und Fleisch wurde.<br />

Die Wut über die jüngsten Entscheidungen<br />

der Politik kommt auch von<br />

dem gefühlten Untergang der bäuerlichen<br />

Lebensweise. Von der Entwertung<br />

einer Lebensform. „Die Herausforderungen<br />

sind riesig und es geht den<br />

Bauern nicht gut“, sagt Walter. Er hat<br />

ein Leben in der Landwirtschaft verbracht.<br />

Erst als Sohn einer Bauernfamilie<br />

aus dem Nürnberger Land, dann<br />

als Beamter in der Agrarverwaltung,<br />

seit Ende Januar ist er in Pension.<br />

Er war mit Agrardelegationen in den<br />

USA oder den Niederlanden, hat die<br />

Prototypen der ersten Melkroboter gesehen,<br />

als noch wenige daran glaubten,<br />

dass sich das durchsetzen würde. Er<br />

kennt seine Landwirte zwischen Lauf,<br />

Roth und Weißenburg. „Ich denke, das<br />

wird sich noch einige Jahre so fortsetzen“,<br />

sagt Walter zum Bauernschwund<br />

in <strong>Altmühlfranken</strong>. Immer mehr Landwirte<br />

haben das Gefühl, nicht mehr<br />

mitzukommen. „Es ist das Gefühl, ausgeliefert<br />

zu sein, das Gefühl, zerrieben<br />

zu werden zwischen allen Seiten. <strong>Das</strong><br />

Gefühl, dass es schier nicht mehr geht,<br />

egal, wie man sich anstrengt“, erklärt<br />

Walter. Er hat viele Gespräche mit<br />

Bauern, Bäuerinnen und ganzen Familien<br />

geführt. Er weiß, wie groß die Not<br />

mitunter ist. „Da kommt auch der ganze<br />

Frust her, der jetzt bei den Demos<br />

zutage tritt.“ Von dem Gefühl, nicht<br />

mehr zu genügen, obwohl man von<br />

morgens bis abends schuftet.<br />

„Es ist das Gefühl,<br />

ausgeliefert zu sein,<br />

das Gefühl, zerrieben zu<br />

werden zwischen allen<br />

Seiten„<br />

Die neue Welt der Landwirtschaft ist<br />

eine, in der nicht mehr alle mitkommen.<br />

„Du musst heute mehr können als<br />

früher“, sagt Andreas Nehmeier, Landwirt<br />

aus Haundorf. „Schlechter wirtschaftende<br />

Bauern sind früher leichter<br />

durchgekommen. Da lief es dann vielleicht<br />

nicht so gut wie bei einem anderen,<br />

aber es hat trotzdem noch gelangt“,<br />

erklärt er. „Heute musst du beständig<br />

investieren, dich informieren, mit den<br />

Daten umgehen können, rechtlich und<br />

betriebswirtschaftlich fit sein ...“<br />

Wenn man das auf dem Kasten hat,<br />

findet man auch in der modernen Welt<br />

der Landwirtschaft noch einen Platz.<br />

Aber das sind hohe Anforderungen.<br />

„Da bleiben nur noch die Profis übrig,<br />

die Chefs, die Guten, die damit zurechtkommen“,<br />

ergänzt Hans Walter<br />

vom AELF. Aber im Moment scheint<br />

auch denen der Glaube an die Zukunft<br />

zu fehlen. <strong>Das</strong> lässt sich an Zahlen festmachen<br />

beziehungsweise an Ställen.<br />

„Ich hatte es noch nie, dass so wenig<br />

in neue Ställe investiert wurde“, stellt<br />

Walter fest. Die Investition in einen<br />

Stall ist in der Landwirtschaft eine <strong>für</strong><br />

die nächsten zwei Jahrzehnte. Wenn<br />

sich die keiner mehr traut, sagt das viel<br />

über die Stimmung bei den Bauern.<br />

Walter: „<strong>Das</strong> geht nicht lange gut,<br />

wenn das ein paar Jahre so bleibt mit<br />

der Zurückhaltung bei den Investitionen,<br />

dann wird der Berg zu groß, dann<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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packen die das nicht mehr und sind<br />

auch weg.“<br />

Aber selbst die Betriebe, die auf Stand<br />

sind, denen es betriebswirtschaftlich<br />

gut geht, haben Sorgen. Hat die nächste<br />

Generation keine Lust mehr auf die<br />

ewige Plackerei, war trotzdem alles<br />

umsonst. Einen Hof an jemanden außerhalb<br />

der Familie zu übergeben, ist<br />

die absolute Ausnahme.<br />

Auf einer Veranstaltung trifft man<br />

einen Landwirt. Ein ruhiger Mensch,<br />

bedächtig, informiert, abwägend. Er erzählt<br />

einem Kollegen, dass seine Tochter<br />

mit der Landwirtschaftsausbildung<br />

aufgehört hat. „<strong>Das</strong> haben sie ihr ausgetrieben“,<br />

kommentiert er trocken. Zu<br />

viel Auflagen, zu viel Theorie, zu viel,<br />

was man alles nicht dürfe. Sein Kollege<br />

nickt mitfühlend, er weiß, worum<br />

es geht. „Jetzt habe ich noch ein Kind,<br />

eine Chance, wenn das net will …“, sagt<br />

der Bauer und schaut ins Leere, zuckt<br />

die Schultern. „Dann ist das ganze Lebenswerk<br />

<strong>für</strong>’n Arsch“, murmelt er vor<br />

sich hin.<br />

Die Welt der Bauern ist eine sehr alte.<br />

Eine, deren Zentrum nicht in Weißenburg,<br />

Gunzenhausen oder Treuchtlingen<br />

liegt, sondern in Indernbuch,<br />

Haundorf oder Mischelbach. Eine<br />

Welt des Dorfes, der Gemeinschaft,<br />

aber auch der Unabhängigkeit, der<br />

Eigenverantwortlichkeit, ja mitunter<br />

auch der Einsamkeit. Familie zählt hier<br />

viel, Eigentum, Grund und Boden sind<br />

heilig. Die Höfe in <strong>Altmühlfranken</strong> haben<br />

eigene Namen. Die bewirtschaftenden<br />

Familien mögen wechseln, der<br />

Hof bleibt bestehen. Zumindest war<br />

das früher einmal so.<br />

Auf der anderen Seite ist diese in Teilen<br />

archaische Welt eine ungeheuer innovative<br />

und moderne. „Veränderung<br />

ist in der Landwirtschaft ganz normal,<br />

das ist unser tägliches Brot“, stellt Erwin<br />

Auernhammer vom BBV fest. Und<br />

er kann diese Behauptung belegen.<br />

Zum Beispiel mit der fast unglaublichen<br />

Steigerung der Produktivität. Ernährte<br />

im Jahr 1960 ein Bauer noch 17<br />

Menschen, waren es 1990 schon 69,<br />

„Die Welt der Bauern<br />

ist eine sehr alte. Eine<br />

Welt des Dorfes, der<br />

Gemeinschaft, aber<br />

auch der Unabhängigkeit„<br />

und 2021 konnten 139 Menschen von<br />

der Arbeit eines einzigen Landwirts<br />

leben. „Auf die Produktivitätsfortschritte<br />

der Landwirtschaft schaut die<br />

Industrie mit Neid“, weiß der Agrarpolitiker<br />

Artur Auernhammer.<br />

Allerdings sind die Fortschritte teuer<br />

erkauft. Sie ließen sich nur durch<br />

Spezialisierung, Technisierung und<br />

Automatisierung erreichen. „Man<br />

kann heute mit großem Gerät manchmal<br />

in einer Stunde mehr machen, als<br />

man es früher in einem Monat konnte“,<br />

sagt Artur Auernhammer. Die Bauernhöfe<br />

aus den Bilderbüchern sind<br />

seit Jahrzehnten Vergangenheit. Ein<br />

paar Schweine, ein paar Kühe, dazu<br />

noch Schafe, Ziegen, Hühner, Pferde,<br />

Gemüse und Getreide, das gibt es nirgends<br />

mehr. Wäre von den Auflagen<br />

her schon gar nicht zu machen, und<br />

erst recht nicht, was die Effizienz angeht.<br />

Aber: Wer sich einen Melkroboter anschafft<br />

<strong>–</strong> oder zwei <strong>–</strong>, der muss nicht<br />

nur viel Geld investieren, der braucht<br />

auch die richtige Anzahl an Kühen, die<br />

<strong>für</strong> eine perfekte Auslastung sorgt und<br />

dem Bauern beim Abzahlen der Investition<br />

hilft. <strong>Das</strong> gilt ähnlich <strong>für</strong> Ställe,<br />

Scheunen und Traktoren. Mehr Technik<br />

wird meist nur über mehr Produktion<br />

rentabel.<br />

Die Produktivitätsfortschritte bringen<br />

also steigenden Kapitalbedarf und den<br />

Impuls mit sich, die Betriebsgröße der<br />

technischen Ausstattung anzupassen.<br />

<strong>Das</strong> Ende des Lieds sind Bauernhöfe,<br />

die immer größer werden, die aber<br />

auch unter immer größerem Druck stehen.<br />

„Bauern haben immer Schulden,<br />

weil sie den technischen Fortschritt<br />

mitgehen müssen, wenn sie konkurrenzfähig<br />

bleiben wollen“, fasst Hans<br />

Walter zusammen.<br />

Auch wenn es nicht so aussieht: Die<br />

Arbeitsplätze in der Landwirtschaft<br />

sind extrem kapitalintensiv. Ein Stall<br />

kostet schnell zwei, drei Millionen<br />

Euro, ein Traktor zwischen 100 000<br />

und 300 000 Euro, hinzu kommen<br />

Melkroboter, Spritzen, Häcksler, Gebäude<br />

und, und, und … Gemessen am<br />

einzelnen Arbeitsplatz ist eine gängige<br />

Fabrik mit erheblich weniger Investitionen<br />

verbunden als ein handelsüblicher<br />

Bauernhof in irgendeinem Weiler<br />

auf dem altmühlfränkischen Land.<br />

Worauf die Industrie mit Blick auf die<br />

Landwirtschaft nicht neidisch ist, das<br />

sind die Abschreibungszeiten. In der<br />

Industrie muss sich eine Investition<br />

nach fünf bis zehn Jahren gerechnet<br />

haben. Ein Stall in der Landwirtschaft<br />

wird auf 20 Jahre abfinanziert. <strong>Das</strong><br />

Problem dabei: In diesen 20 Jahren hat<br />

die Landwirtschaftspolitik drei Kehrtwenden<br />

und vier Kopfstände gemacht<br />

und damit möglicherweise die Grundlagen<br />

<strong>für</strong> die Einkünfte geändert, die<br />

eigentlich den Stall abzahlen sollten.<br />

Läuft bei Andreas Nehmeier mit der Zukunft: Zwei seiner fünf Kinder haben sich beruflich<br />

schon <strong>für</strong> die Landwirtschaft entschieden, sein Bauernhof in Geislohe dürfte in die<br />

nächste Generation gehen.<br />

„Die wirtschaftliche Unsicherheit ist<br />

enorm“, bestätigt AELF-Mann Walter.<br />

„Ein großer Milchbauer produziert<br />

heute eine Million Kilo Milch im Jahr.<br />

Der Preis kann hier um die 15 Cent<br />

schwanken. <strong>Das</strong> macht auf ein Jahr<br />

150 000 Euro aus“, rechnet er vor.<br />

50<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


„<strong>Das</strong> sorgt <strong>für</strong> einen gewaltigen Druck,<br />

weil man diese Entwicklungen überhaupt<br />

nicht in der Hand hat.“<br />

Schöner Mist aus Sicht der Landwirte,<br />

aber das erklärt immer noch nicht ganz<br />

die gesamte Wucht der Proteste.<br />

„It’s the economy, stupid!“, lautete der<br />

ikonische Wahlkampfslogan des späteren<br />

US-Präsidenten Bill Clinton. Frei<br />

und freundlich übersetzt: Es ist die<br />

Wirtschaft, um die sich alles dreht. <strong>Das</strong><br />

ist allerdings eben nur die halbe Wahrheit.<br />

Es geht bei den Protesten der<br />

Bauern auch viel um Emotionen. „Wir<br />

sind verärgert davon, dass ein Bild von<br />

der Landwirtschaft transportiert wird,<br />

das nicht der Realität entspricht“, sagt<br />

Erwin Auernhammer. „Wir werden<br />

teils offen angefeindet. Dann heißt es,<br />

dass wir ein System brauchen, in dem<br />

es den Tieren gut geht.“ Auernhammer<br />

schaut jetzt ein bisschen fassungslos<br />

und schüttelt den Kopf. „Was denken<br />

die Leute denn, was ich will?!“<br />

Tatsächlich wächst in der Bevölkerung<br />

die Distanz zur landwirtschaftlichen<br />

Welt. Zugleich nimmt der Wille zu,<br />

sich um die Umwelt zu kümmern.<br />

Wenig Wissen und viel guter Wille<br />

können eine anstrengende Mischung<br />

ergeben. Und so kann fast jeder Bauer<br />

Geschichten erzählen von mal mehr,<br />

mal weniger gut gemeinten Interventionen<br />

von außen.<br />

Da ist die Galloway-Züchterin, die<br />

im Winter angerufen wird, dass ihre<br />

Rinder noch auf der Weide stehen, obwohl<br />

es doch so kalt geworden sei. Dabei<br />

sind <strong>für</strong> die Zottel-Rinder aus den<br />

schottischen Highlands weniger die<br />

Temperaturen als mehr Fütterversuche<br />

von Spaziergängern eine Gesundheitsgefahr.<br />

Oder der Jogger, der eilends<br />

die Polizei ruft, weil er einen Bauern<br />

erwischt zu haben glaubt, der bei Frost<br />

seine Felder düngt, nichts ahnend, dass<br />

man das unter bestimmten Voraussetzungen<br />

darf. Oder der Zugezogene aus<br />

der Siedlung, der das Veterinäramt informiert,<br />

weil er die Unruhe brünftiger<br />

Kühe <strong>für</strong> Schmerzensschreie hält.<br />

Mancher Bauer fühlt sich als Watschensack<br />

der Nation. Während der<br />

Großteil der Verbraucher im Supermarkt<br />

zu den günstigen Lebensmitteln<br />

greift, hat man kein Problem damit, die<br />

Landwirtschaft <strong>für</strong> Insektensterben,<br />

Grundwasserverschmutzung und Klimawandel<br />

verantwortlich zu machen.<br />

„Es fehlt an Respekt“, sagt Andreas<br />

Nehmeier. Er wünscht sich einen<br />

menschlicheren Umgang. Nehmeier<br />

ist ein Mann mit breitem Kreuz, einem<br />

tiefen Lachen und im emotionalen<br />

Grundzustand der guten Laune zu<br />

Hause. Er ist Vollblutlandwirt, steht<br />

mitten im Leben, hat fünf Kinder, 300<br />

Kühe, zwei Hunde, zwei Ponys und<br />

eine bunte Rassesammlung an Hühnern.<br />

„Wenig Wissen und<br />

viel guter Wille können<br />

eine anstrengende<br />

Mischung ergeben„<br />

Seinen Hof hat er im Haundorfer Ortsteil<br />

Geislohe und er glaubt vorbehaltlos<br />

an dessen Zukunft. Auch weil die<br />

Kinder allesamt mithelfen und ein<br />

selbstverständlicher Teil des Familienbetriebs<br />

sind. Eine Tochter hat schon<br />

ihre Landwirtschaftsausbildung gemacht,<br />

eine ist gerade dabei. Läuft also<br />

in Sachen Lebenswerk bei Andreas<br />

Nehmeier. Es schaut gut aus mit der<br />

nächsten Generation.<br />

Bei aller Zuversicht und guter Laune,<br />

auch Nehmeier merkt, dass die Frustration<br />

bei den Bauern wächst. Und da<br />

geht es eben oft um die Zwischentöne.<br />

„Wenn einem mal ein Fehler unterläuft,<br />

wird sofort die Polizei gerufen,<br />

dann kommt schnell ein Strafbefehl.“<br />

<strong>Das</strong> ärgert Nehmeier zutiefst, weil es<br />

an seiner Berufsehre kratzt.<br />

Man hat ihn auf einer Informationsveranstaltung<br />

des LBV kennengelernt,<br />

wo er nach Ende des offiziellen Teils<br />

spontan das Podium enterte und voller<br />

Emotion und wild gestikulierend eine<br />

Rede hielt, dass es ja wohl nicht sein<br />

könne, dass hier immer zwischen Umweltschützern<br />

und Landwirten unterschieden<br />

werde. Er sei beides. Nach<br />

diesem kleinen Ausbruch unterhielt<br />

er sich noch eineinhalb Stunden sehr<br />

freundlich und höflich mit genau diesen<br />

Naturschützern.<br />

„<strong>Das</strong>s man versucht, alles richtig zu<br />

machen, dass ist doch überhaupt keine<br />

Frage“, sagt er nun. Man sitzt in<br />

der Küche einer WG, die seine Töchter<br />

auf einer Etage des Wohnhauses<br />

gegründet haben, vor ihm stehen<br />

die noch warmen Krapfen, die seine<br />

Schwiegermutter gerade eine Etage tiefer<br />

bäckt. Er schaut schon fassungslos,<br />

wenn er sich nur vorstellen muss, dass<br />

man ihm einen bewussten Regelbruch<br />

vorwerfen könnte. „Aber die Sache ist<br />

doch die: Wir haben so viele Regelungen,<br />

da blickt ja selbst das Amt nicht<br />

mehr durch. Und wir sind auch nur<br />

Menschen, Fehler passieren, da muss<br />

man doch vernünftig miteinander umgehen.“<br />

Damit wäre man dann beim Lösungsteil<br />

dieses Artikels. Was braucht man<br />

<strong>für</strong> eine bessere Zukunft in der Landwirtschaft?<br />

Erwin Auernhammer<br />

nennt es „mehr gesunden Menschenverstand“,<br />

Artur Auernhammer spricht<br />

von „Fünfe auch mal gerade sein lassen“<br />

und Hans Walter fordert „mehr<br />

Vertrauen in die Menschen“. Sie meinen<br />

alle das Gleiche, sie meinen, dass<br />

es dieses Mal etwas werden muss mit<br />

der Eindämmung der Bürokratie.<br />

Hans Walter ist am eindringlichsten in<br />

dieser Sache, und das will etwas heißen.<br />

Immerhin ist er derjenige, der die<br />

vergangenen Jahrzehnte viel von dieser<br />

Bürokratie umsetzen und verwalten<br />

musste. „Wir müssen da eine Wende in<br />

der Bürokratie schaffen, sonst kriegen<br />

wir ein Problem“, stellt er fest. Klar, es<br />

brauche Kontrollen, aber die müssten<br />

in einem Verhältnis zum Aufwand stehen.<br />

Fragt man ihn, ob die Landwirtschaft<br />

überreguliert ist, antwortet er,<br />

„Wir haben so viele<br />

Regelungen, da blickt<br />

ja selbst das Amt nicht<br />

mehr durch. Und wir<br />

sind auch nur<br />

Menschen„<br />

noch bevor die Frage zu Ende ist. „Ja“,<br />

sagt er und zuckt mit den Schultern.<br />

Auch er wirkt jetzt so wie der Fußballtrainer,<br />

der den katastrophalen Fehlpass<br />

des Abwehrspielers erklären soll.<br />

Sieht ja jeder, den Bock, was soll man<br />

da noch sagen.<br />

„Wir müssen einfach weniger in die<br />

Details gehen, aufhören, jeden Sonderfall<br />

mit einem eigenen Gesetz regulieren<br />

zu wollen“, so Walter. Er sagt auch,<br />

dass das nicht ohne Verlust über die<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

51


Bühne gehen wird. „Wenn wir davon<br />

wegkommen, müssen wir damit leben,<br />

dass die Regelungen ein bisschen ungerechter<br />

werden, aber da<strong>für</strong> werden<br />

sie weniger. Und das ist im Moment<br />

das Wichtigste.“ Da ist sie also: die Forderung<br />

nach weniger Gerechtigkeit <strong>für</strong><br />

ein besseres Leben.<br />

Nur: Warum gelingt es denn nicht,<br />

diese Bürokratie zurückzustutzen, obwohl<br />

sie doch keiner leiden kann? In<br />

jedem Parteiprogramm stehe Bürokratieabbau,<br />

hat Treuchtlingens Bürgermeisterin<br />

Dr. Dr. Kristina Becker bei<br />

einer Kundgebung der Landwirte festgestellt.<br />

„Wir müssen jetzt aber mal ins<br />

Machen kommen, damit diese Proteste<br />

nicht umsonst gewesen sind“, rief sie<br />

vom Podium herab.<br />

Warum das mit dem Machen nicht<br />

so recht klappt, da hätte Artur<br />

Auernhammer eine Theorie. „Man<br />

kann nichts regeln, ohne dass es einen<br />

gibt, der sich aufregt, der eine Ausnahme,<br />

eine Sonderregelung will“, weiß<br />

der erfahrene Politiker. Aber ist das<br />

nicht genau das, was jetzt die Bauern<br />

wieder tun? Sie regen sich auf, dass<br />

man ihnen Sonderregeln streichen<br />

will. Sind nicht auch Agrardiesel und<br />

Kfz-Steuervergünstigungen Ausnahmen,<br />

die selbst wieder <strong>für</strong> Bürokratie<br />

sorgen? Wollte man wirklich etwas<br />

besser machen, wäre es dann nicht gescheiter,<br />

die Subventionsstreichungen<br />

zu belassen und den Bauern da<strong>für</strong> eine<br />

ernsthafte, wirklich grundlegende Entlastung<br />

bei der Bürokratie zu geben?<br />

Die Landwirte, mit denen man <strong>für</strong> diese<br />

Geschichte gesprochen hat, könnte<br />

man sich bei so einer Lösung vorstellen.<br />

Natürlich, sie alle fingen mit<br />

dem Schimpfen über die Kürzungen<br />

an, nicht mehr fertig mit dem Ärgern<br />

wurden sie aber beim Thema Regulierungen.<br />

„Wir dokumentieren und<br />

dokumentieren und dokumentieren.<br />

Wir schreiben in Listen und Listen<br />

und Listen. Es wäre sehr viel sinnvoller,<br />

wenn wir diese Zeit bei den Tieren<br />

im Stall verbringen oder uns um unsere<br />

Betriebe kümmern könnten“, hatte sich<br />

Erwin Auernhammer geärgert.<br />

So abwegig ist der Gedanke nicht. Die<br />

rund 5000 Euro pro Jahr, die einen normalen<br />

Betrieb die Agrardiesel-Streichung<br />

kostet, die würden die meisten<br />

wahrscheinlich hinnehmen, wenn sie<br />

mehr Zeit in Ställen und auf Äckern<br />

bekämen. Und erst recht, wenn man<br />

ihnen endlich wieder mehr zutrauen<br />

würde. Wenn Gesetzgeber, Ämter, Behörden,<br />

Nachbarn und der Jogger den<br />

Landwirten vertrauen würden, dass sie<br />

es richtig machen wollen und dass sie<br />

es in den allermeisten Fällen auch tun.<br />

<strong>Das</strong>s anerkannt wird, dass da Leute auf<br />

den Traktoren sitzen, die eine Leidenschaft<br />

<strong>für</strong> das haben, was sie machen,<br />

und ein ureigenes Interesse daran, dass<br />

sie sich die Natur nicht ruinieren. <strong>Das</strong><br />

wäre vielen Landwirten vermutlich<br />

wichtiger als die ganzen Agrardiesel-<br />

Subventionen.<br />

<strong>Das</strong>s es nicht ganz ohne Kontrolle geht,<br />

müssen sich die Landwirte auch bewusst<br />

machen. Denn dass ihnen mehr<br />

hineinregiert wird als anderen Bereichen,<br />

wird bleiben. Die Bauern bekommen<br />

viel öffentliches Geld, damit<br />

es sie überhaupt weitergibt. Von der<br />

EU, vom Bund, vom Land. Ohne diese<br />

Gelder läge die deutsche Landwirtschaft<br />

schon längst in Trümmern, weil<br />

man bei hohen Standards und hohem<br />

Lohnniveau in Deutschland nicht zu<br />

Weltmarktpreisen produzieren kann.<br />

Solche Entwicklungen gab es in<br />

der deutschen Wirtschaftsgeschichte<br />

immer wieder. Zum Beispiel in der<br />

deutschen Textilindustrie. Auch die<br />

Arbeitskleidung der Bauern stammt<br />

heute nicht mehr aus Sachsen, der<br />

„Die Menschen<br />

müssen den Landwirten<br />

wieder vertrauen, dass<br />

sie es richtig machen<br />

wollen„<br />

Schwäbischen Alb oder dem Rheinland,<br />

sondern aus Laos, Bangladesch<br />

und Vietnam, wo zum Beispiel Engelbert<br />

Strauss Teile seiner Sortimente<br />

herstellt.<br />

Im Gegensatz zur Landwirtschaft ließ<br />

man diese Branche untergehen. Der<br />

Unterschied: Eine eigene Textilindustrie<br />

zu haben, ist schön, eine eigene<br />

Nahrungsmittelversorgung zu haben,<br />

möglicherweise existenziell. Und genau<br />

daher war und ist man aus politischen<br />

Gründen bereit, öffentliches<br />

Geld in die Hand zu nehmen. Die<br />

Bauern müssen sich da<strong>für</strong> nicht bedanken,<br />

die Gesellschaft tut das aus<br />

eigenem Interesse. Aber die Bauern<br />

dürfen sich über politischen Einfluss<br />

auch nicht beschweren: Wer öffentliches<br />

Geld will, muss sich mit erhöhten<br />

öffentlichen Ansprüchen anfreunden.<br />

Und damit ist man bei einem entscheidenden<br />

Punkt. Wenn die Bauern weiter<br />

auf Subventionen angewiesen sind<br />

<strong>–</strong> und daran gibt es wenig Zweifel <strong>–</strong>,<br />

dann werden sie weiter politischen<br />

Vorgaben ausgesetzt sein. Politische<br />

Vorgaben folgen gesellschaftlichen<br />

Kräfteverhältnissen, und es gibt längst<br />

eine strukturelle Mehrheit <strong>für</strong> einen<br />

Wandel der Landwirtschaft in diesem<br />

Land.<br />

„Es geht mittelfristig<br />

darum, weniger zu<br />

produzieren, das aber<br />

auf eine bessere Art und<br />

Weise„<br />

Die Menschen wollen in der Mehrzahl<br />

eine ökologischere, eine ressourcenschonendere,<br />

eine artenreichere und<br />

extensivere Landwirtschaft. <strong>Das</strong> kann<br />

man aufseiten der Landwirtschaft bedauern,<br />

wie man mag, aber das geht<br />

nicht mehr weg. Im Gegenteil: Es steht<br />

aus demografischen und umweltpolitischen<br />

Gründen zu erwarten, dass der<br />

Druck noch größer wird.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet <strong>für</strong> die Landwirte, dass<br />

sie sich verändern müssen. <strong>Das</strong> Gute<br />

ist: Sie sind sehr großartig darin, sich<br />

zu verändern. Die Herausforderung<br />

ist diesmal allerdings, dass es veränderungstechnisch<br />

in eine andere Richtung<br />

geht. Es geht nicht mehr darum,<br />

noch mehr aus der Fläche zu holen, es<br />

geht mittelfristig darum, weniger zu<br />

produzieren, das aber auf eine bessere<br />

Art und Weise. <strong>Das</strong> Mehr darf nicht<br />

mehr das Kriterium <strong>für</strong> den Erfolg sein.<br />

Natürlich muss das irgendjemand<br />

bezahlen. Die Politik wird hier Regelungen<br />

finden müssen. Und auch die<br />

Bürger müssen umdenken und ihren<br />

Teil der Verantwortung übernehmen.<br />

„Grundsätzlich muss Bio und Regional<br />

schon ein Weg aus den Problemen<br />

sein“, ist Hans Walter überzeugt. „Man<br />

muss den Leuten ganz klar sagen,<br />

unterstützt eure Landwirtschaft, eure<br />

52<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


Orte und die spezifische Kultur, so zu<br />

leben auf dem Land. Dazu könnt ihr<br />

beitragen, indem ihr regional einkauft.“<br />

<strong>Das</strong> wird ein bisschen ein Zurück in<br />

die Zukunft werden. Es werden wieder<br />

weniger Menschen werden, die<br />

ein Bauer ernährt, es werden vielleicht<br />

eines Tages auch wieder kleinere, vielleicht<br />

sogar mehr Höfe werden. Auf<br />

jeden Fall müssen sie wieder stärker<br />

aus den eigenen Ressourcen heraus<br />

wirtschaften können. Und da wird es<br />

all den Mut, die Innovationskraft, das<br />

Unternehmertum brauchen, die die<br />

Landwirte die vergangenen Jahrzehnte<br />

eindrucksvoll unter Beweis gestellt<br />

haben.<br />

Landauf, landab hängen die Gummistiefel an den Schildern und mahnen, dass es mit<br />

den Bauern bald zu Ende gehen könnte.<br />

An dieser Einsicht aber <strong>–</strong> so ehrlich<br />

muss man sein <strong>–</strong> fehlt es bei den<br />

Bauern. Zu verbreitet ist die Ansicht,<br />

dass sich über Insektensterben, Artenschwund,<br />

Überdüngung und Klimawandel<br />

diskutieren ließe. <strong>Das</strong>s das eher<br />

Modeerscheinungen seien als wissenschaftliche<br />

Fakten mit dem Potenzial<br />

<strong>für</strong> sehr, sehr ernsthafte Probleme. Den<br />

Bauern wäre es am liebsten, sie selbst<br />

würden sich die Regeln ihrer Branche<br />

setzen. Dann wären endlich die Praktiker<br />

am Werk und nicht die vermeintlich<br />

ahnungslosen Experten. <strong>Das</strong> aber<br />

ist eine in zweierlei Hinsicht ziemlich<br />

abenteuerliche Ansicht. Zum einen:<br />

So beeindruckend die Produktivitätssteigerungen<br />

auch sind, ökologisch hat<br />

der Pragmatismus nicht so glänzend<br />

funktioniert. Siehe die bekannten Umweltprobleme,<br />

an denen die Landwirtschaft<br />

ihren Anteil hat.<br />

Zum anderen: Jede Branche wünscht<br />

sich in ihren Träumen, die Regeln<br />

selbst machen zu dürfen <strong>–</strong> und keiner<br />

außerhalb der Branche käme auf die<br />

Idee, das gut zu finden. Vermutlich<br />

würde auch kein Bauer sagen, dass es<br />

klug wäre, die Banker die Regularien<br />

<strong>für</strong> ihre Geschäfte entwickeln zu lassen<br />

…<br />

Es braucht also natürlich mehr Res pekt<br />

<strong>für</strong> die Landwirte, es braucht aber auch<br />

ein bisschen Einsicht in Realitäten aufseiten<br />

der Bauern und es braucht unbedingt<br />

mehr Vertrauen und weniger<br />

Bürokratien. Sollten die Proteste der<br />

Bauern Anfang des Jahres zu all dem<br />

führen, sollte man jedem Beteiligten<br />

am Ende noch mal persönlich die<br />

Hand schütteln. Vielleicht gibt es dann<br />

ja auch noch ein bisschen Geld <strong>für</strong><br />

einen Tankgutschein als Dank <strong>–</strong> bevorzugt<br />

wäre wohl Diesel.<br />

Herausgeber/Verlag: Braun & Elbel GmbH & Co. K.G., Verlag Weißenburger Tagblatt, Wildbadstraße 16-18, 91781 Weißenburg,<br />

Tel. 0 91 41 / 85 90 90, info@wiko-wug.de; Projektmanagement: Felix Oeder (Kontakt: oeder@wiko-wug.de); Redaktionsleiter:<br />

Jan Stephan; Layout & Design: Sven Katheder, Erik Körner, Tanja Meyerhöfer (be media); Lektorat: Ingrid Philipp; Verteilung: Beilage<br />

im Weißenburger Tagblatt, Treuchtlinger Kurier und Altmühl-Bote; Erscheinung: 1 x jährlich (März/April); Auflage: ca. 20.000;<br />

Druck: Buch- und Offsetdruckerei Braun & Elbel GmbH & Co. K.G., Wildbadstraße 16-18, 91781 Weißenburg, Tel. 0 91 41 / 85 90 90,<br />

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KI); S. 23 Ossberger; S. 24 SAR; S. 25 Härtha; S. 26 SEL (Stadtarchiv Gunzenhausen); S. 27 Selina Yildiz; S. 28 privat; S. 29 Selina<br />

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KI); S. 40 Stadt Weißenburg; S. 41 VR Bank im südlichen Franken (Isabel Reuther), Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit (Josep Suria/<br />

Adobe Stock); S. 42 Archiv Weißenburger Tagblatt; S. 43 Bahn (Patrick Shaw), Tressenfertigung (Jan Stephan); S. 44 Bosch/<br />

Loos (Wolfgang Dressler), Bekleidungsindustrie (Dr. Horst Spitschka); S. 45 Regent (Markus Steiner), Hetzner Online; S. 46 Jan<br />

Stephan; S. 47 Erwin Auernhammer (Jan Stephan), Artur Auernhammer (Jan Stephan); S. 48 Jan Stephan; S. 49 Hans Walter<br />

(Jan Stephan); S. 50 Familie Nehmeier (Jan Stephan); S. 53 Jan Stephan; S. 54 Uwe Ritzer (Fotostudio Rainer Lentz); Celine<br />

Ritzer (Fotostudio Rainer Lentz), Jan Stephan/Selina Yildiz/Ina Brechenmacher/Ingrid Philipp/Erik Körner/Tanja Meyerhöfer/<br />

Sven Katheder (Felix Oeder/Onur Alagöz/Privat).<br />

Die mit Namen oder Zeichen versehenen Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der <strong>WIKO</strong>-Redaktion wieder. Aus Gründen<br />

der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Sämtliche Rollenbezeichnungen<br />

gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich <strong>für</strong> alle Geschlechter. Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags<br />

gestattet. Datenschutzhinweis nach DSGVO. <strong>Das</strong> Magazin und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung der Redaktion in irgendeiner Form reproduziert<br />

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Aktualität und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Alle Angaben sind ohne Gewähr.<br />

Impressum<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

53


Team<br />

Hinter den<br />

<strong>WIKO</strong>-Kulissen<br />

Hinter einem Magazin steckt immer ein<br />

Team <strong>–</strong> und ganz viel Arbeit.<br />

Deshalb hier die Köpfe unseres<br />

<strong>WIKO</strong> und ein kleiner Blick<br />

hinter die Kulissen.<br />

Unterschiedliche Meinungen zuzulassen, ist der Kern<br />

journalistischen Arbeitens. Sie frontal aufeinanderprallen<br />

zu lassen, indem man eine Kollegin und einen Kollegen in<br />

den Ring schickt, ist ungewöhnlich. Genau das haben wir<br />

diesmal getan.<br />

Jan Stephan<br />

Redaktionsleitung<br />

Felix Oeder<br />

Projektmanagement<br />

Uwe Ritzer<br />

Berater und Redaktion<br />

Wenn wir schon ein Heft machen, das sich in großen Teilen<br />

mit dem Generationenkonflikt beschäftigt, dann soll<br />

der auch offensiv ausgetragen werden. Und so durften<br />

Ina Brechenmacher <strong>für</strong> die Gen Z und Uwe Ritzer <strong>für</strong> die<br />

Boomer aktiv Stimmung machen. Der Stimmung im Team<br />

hat das nicht geschadet, Streiten kann auch Spaß machen.<br />

Wenn man ein ganzes Heft über Arbeit macht, kommt<br />

man kaum umhin, sich auch Gedanken über den eigenen<br />

Job und den eigenen Betrieb zu machen. Die Einbindung<br />

von Künstlicher Intelligenz in die Produktion dieses Hefts<br />

bei der Erstellung von Bildern war in diesem Zusammenhang<br />

ein spannender Blick in die Zukunft.<br />

Selina Yildiz<br />

Redaktion<br />

Sven Katheder<br />

Layout und Design<br />

Ina Brechenmacher<br />

Redaktion<br />

Wir sind der Überzeugung, die KI kann in vielen Fällen<br />

helfen, aber sie ist nur so gut wie der Mensch, der sie bedient<br />

und einsetzt. Zumindest dürfte das auf absehbare<br />

Zeit der Fall sein. Es geht in diesem Heft auch darum, unterschiedliche<br />

Perspektiven abzubilden,<br />

die unterschied liche<br />

Menschen einbringen.<br />

Celine Ritzer<br />

Redaktion<br />

Ingrid Philipp<br />

Lektorat<br />

Erik Körner<br />

Layout und Design<br />

Tanja Meyerhöfer<br />

Layout und Design<br />

Deshalb stehen hinter dem<br />

<strong>WIKO</strong> weiter eine ganze Fülle<br />

von Menschen mit all ihren<br />

Lebenserfahrungen, Überzeugungen,<br />

Gedanken und kreativen<br />

Potenzialen. <strong>Das</strong> ist eine<br />

Datenmenge, die keine KI zu<br />

verwalten wüsste. Zumindest<br />

noch …<br />

54<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>


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