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WIKO 2024 – Das Wirtschaftsmagazin für Altmühlfranken

Der Wirtschaftskompass Altmühlfranken stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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schlechte Sache. Im Gegenteil: Arbeit<br />

bringt Zusammenhalt, gibt einem<br />

Struktur und Aufgaben. <strong>Das</strong> ist doch<br />

eigentlich cool, das ist was grundsätzlich<br />

Gutes.“.<br />

Bei diesem Punkt trifft sie sich mit Holger<br />

Pütz-von Fabeck, Fachanwalt <strong>für</strong><br />

Arbeitsrecht bei der Kanzlei Meyerhuber<br />

Rechtsanwälte. „Ich muss grundsätzlich<br />

sagen, dass ich die Work-Life-Balance<br />

nicht ganz verstehe, so wie<br />

sie interpretiert wird.“ Es gehe um ein<br />

Gleichgewicht zwischen zwei Polen,<br />

aber aktuell gehe es oft nur darum,<br />

weniger zu arbeiten und mehr Freizeit<br />

zu haben. Grundsätzlich solle man<br />

ja auch auf der Arbeit einer Tätigkeit<br />

nachgehen, die einem als sinnvoll erscheint,<br />

in der man seine Fähigkeiten<br />

einbringen kann.<br />

Sehen durchaus Probleme auf die Arbeitswelt zukommmen: Die beiden Gewerkschafterinnen<br />

Gertraud Meyer (li.) und Agnes Mendl.<br />

burg-Gunzenhausen führt. „Die Jungen<br />

wollen zum Beispiel nicht mehr<br />

Schicht arbeiten und fragen nach einer<br />

Vier-Tage-Woche“, berichtete sie aus<br />

ihren Erfahrungen bei Plastic Omnium<br />

mit seinen beiden Werken in Weißenburg<br />

und Pappenheim.<br />

„Die Jüngeren haben eine andere Sicht<br />

auf die Arbeit. Sie arbeiten gerne weniger<br />

und verdienen auch weniger“,<br />

ergänzt Agnes Mendl, die bei einem<br />

großen Telekommunikationsunternehmen<br />

in Nürnberg arbeitet. Auch<br />

die Treue zum Arbeitgeber sei nicht so<br />

groß. „Viele kommen <strong>für</strong> zwei, drei Jahre,<br />

dann sind sie wieder weg.“ Im Unterschied<br />

zu Pendelin sehen die beiden<br />

Gewerkschafterinnen aus dem Landkreis<br />

durchaus Probleme auf die Gesellschaft<br />

zukommen. Es fehle bei dem<br />

Nachwuchs in den Betrieben mitunter<br />

an Selbstständigkeit, vielleicht auch an<br />

dem, was man heute Resilienz nennt.<br />

Also der Fähigkeit, mit Widerständen<br />

und Rückschlägen umzugehen.<br />

Klar, die Gen Z wächst mit einem<br />

anderen Lebensgefühl als die Babyboomer<br />

auf. Die waren überall und<br />

immer zu viele. In der Schule, bei der<br />

Ausbildung, im Studium, bei der Wohnungssuche<br />

und demnächst bei den<br />

Altenheimplätzen. <strong>Das</strong>s man nicht<br />

alles kriegt, was man will, dass man<br />

Zurückweisungen erlebt, war Teil der<br />

Generationenerfahrung.<br />

<strong>Das</strong> ist heute mitunter anders. Agnes<br />

Mendel versucht sich das auch familiär<br />

zu erklären. Früher seien die Familien<br />

kinderreicher gewesen, es habe gar<br />

nicht die zeitlichen Ressourcen gegeben,<br />

sich um jedes Kind so intensiv<br />

zu kümmern. „Heute gibt es ja oft nur<br />

noch ein oder zwei Kinder. Die kriegen<br />

dann natürlich die volle Aufmerksamkeit“,<br />

so Mendl. „Die kriegen dann<br />

vermittelt, dass sie die Besten, Tollsten,<br />

und überhaupt sind. Und wenn<br />

sie dann in einem Assessment-Center<br />

scheitern, dann stehen die heulend bei<br />

mir und wissen gar nicht warum. Weil<br />

sie sind ja die Tollsten und Besten. Sie<br />

begreifen gar nicht, wie das passieren<br />

konnte.“<br />

Gertraud Meyer fehlt bei den Jungen<br />

manchmal auch der eigene Antrieb.<br />

„Die warten erst mal auf Ansagen, und<br />

dann machen sie das.“ Aus ihrer Sicht<br />

sind das auch „die Resultate der Helikopter-Eltern,<br />

die ihre Kinder überall<br />

hinfahren und Angst haben, das was<br />

passiert“. Generell gehen ihr in der<br />

aktuellen Debatte um Work-Life-Balance<br />

und Co ein paar Aspekte verloren.<br />

„Arbeit ist ja nicht per se eine<br />

Er erlebe aus den Gesprächen mit<br />

seinen Mandanten, dass der Mittelstand<br />

zunehmend Probleme bekomme.<br />

„Durch Lohnforderungen à la 12,5<br />

Prozent mehr in der Presse mehr gibt<br />

es einen wirklich starken Kostendruck,<br />

den man im Mittelstand kaum erfüllen<br />

kann.“ Auf der anderen Seite sei nach<br />

Corona erst der richtige Arbeitnehmermarkt<br />

gekommen. Weil weitere<br />

„Da gibt es 22-Jährige<br />

mit abgeschlossenem<br />

Studium, die 80 000 Euro<br />

Einstiegsgehalt und 40<br />

Tage Urlaub wollen„<br />

Jahrgänge in die Rente gegangen, weil<br />

Arbeitnehmer aus Osteuropa in die<br />

Heimat zurück seien und weil sich nun<br />

auch noch die Gen Z mit ihren Wünschen<br />

obendrauf setze.<br />

Wie hart die Entwicklung durchschlägt,<br />

kann er mit Blick auf die Kanzlei<br />

Meyerhuber sagen. „2002 hatten<br />

wir <strong>für</strong> eine Anwaltsstelle ca. 120<br />

Bewerbungen, 2012 waren es ca. 20,<br />

2022 hatten wir noch zwei.“ Und das<br />

bei stetig gestiegenen Anforderungen<br />

der Bewerber. „Da gibt es 23-Jährige<br />

mit abgeschlossenem Studium, die<br />

80 000 Euro Einstiegsgehalt und 40<br />

Tage Urlaub wollen. <strong>Das</strong> ist <strong>für</strong> mittelständische<br />

Unternehmer nicht mehr<br />

darstellbar.“<br />

Inzwischen würden sich Gewerbetrei-<br />

10<br />

<strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2024</strong>

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