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vsao Journal Nr. 4 - August 2022

Spuren - Von Lupen und Teleskopen Politik - Wohin geht das Geld für die Weiterbildung? Onkologie - Keimzelltumoren des Mannes Infektiologie - Pathologie von Infektionskrankheiten

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Perspektiven<br />

Aktuelles aus der Onkologie: Keimzelltumoren des Mannes<br />

Aktuelle Therapiestrategien<br />

Sie sind zwar eher selten, doch bei jungen Männern die häufigste<br />

Krebserkrankung. Je nach Lokalisation und Stadium der Keimzelltumoren<br />

stehen gute Therapieansätze und Leitlinien zur Verfügung.<br />

Anja Lorch, Leitende Ärztin Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie, Universitätsspital Zürich<br />

Der männliche Keimzelltumor<br />

ist insgesamt eine seltene<br />

Entität, jedoch der häufigste<br />

Tumor im jungen Alter. Die<br />

adäquate, stadiengerechte Therapie der<br />

Erkrankung ist daher von hoher Relevanz<br />

und kann, insbesondere bei fortgeschrittenen<br />

Tumoren, manchmal eine Herausforderung<br />

darstellen. Nationale und internationale<br />

Leitlinien geben hier durch<br />

Daten gut belegte Therapieempfehlungen.<br />

Diese umfassen neben dem richtigen<br />

Einsatz von Chemotherapie, Chirurgie<br />

und Strahlentherapie auch die Auswahl<br />

der erforderlichen Medikamente sowie<br />

die Dauer ihrer Anwendung. Es soll so eine<br />

Übertherapie der Patienten genauso<br />

wie eine Untertherapie vermieden werden.<br />

Selbst bei weit fortgeschrittener Erkrankung<br />

ist das Therapieziel kurativ und<br />

die Heilungschancen sind insgesamt<br />

hoch [1].<br />

Diagnostik und Therapie<br />

Histologisch unterscheidet man Semi nome<br />

von Nichtseminomen. Während 95 Prozent<br />

der Hodentumoren bei den Männern<br />

im Hoden auftreten, sind ca. 5 Prozent primär<br />

extragonadal lokalisiert.<br />

Ein häufiges Symptom ist die nicht<br />

schmerzhafte Vergrösserung oder Schwellung<br />

des Hodens. Seltener bemerken die<br />

Patienten auch Zeichen einer weiter fortgeschrittenen<br />

Erkrankung wie z.B. Rückenschmerzen,<br />

Dyspnoe, Gewichtsverlust oder<br />

neurologische Symptome.<br />

Diagnostisch ist neben der klinischen<br />

Untersuchung mit Palpation der Hoden,<br />

die Sonographie beider Hoden sowie die<br />

ergänzende Bestimmung der Tumormarker<br />

HCG, AFP und LDH obligat. Diese<br />

beweisen oftmals bereits die Neoplasie,<br />

dienen als Monitoring unter Therapie und<br />

in der Nachsorge. Staging-Untersuchungen<br />

mit Computertomographie des Thorax,<br />

Abdomen und Beckens sind obligat.<br />

Eine Bildgebung des Kopfs oder der Knochen<br />

ist hingegen fakultativ (nur bei ausgedehnter,<br />

insbesondere pulmonaler Metastasierung,<br />

sehr hohen Tumormarkern,<br />

klinischen Symptomen oder im Rezidiv).<br />

Bei bestehendem Kinderwunsch gehört<br />

immer eine Spermienanalyse und nachfolgende<br />

Kryokonservierung zur Komplettierung<br />

des Stagings. Eine 18 F-Fluordesoxygluose-Positronen-Emissions-Tomographie<br />

(FDG PET-CT) ist nicht erforderlich<br />

[2].<br />

Die Orchiektomie ist häufig der erste<br />

und oft bereits kurative Therapieschritt.<br />

Nur bei Keimzelltumoren mit sehr hoher<br />

Tumorlast, sehr hohen Markern oder bei<br />

ausgeprägt symptomatischer Metastasierung<br />

erfolgt sie erst nach Abschluss der<br />

Systemtherapie.<br />

Alle Patienten sollten nachfolgend an<br />

einem interdisziplinären Tumorboard<br />

vorgestellt werden. Vor allem bei seltenen<br />

Szenarien und bei Patienten mit weit fortgeschrittener<br />

Erkrankung ist eine frühzeitige<br />

zusätzliche Kontaktaufnahme mit einem<br />

Expertenzentrum unbedingt ratsam.<br />

Therapie des lokalisierten Stadiums<br />

(Stadium I)<br />

Die Erkrankung ist im Stadium I auf den<br />

Hoden beschränkt, und die Tumormarker<br />

sind nach erfolgter Orchiektomie normalisiert.<br />

Sollten sich die Marker nicht normalisieren<br />

oder gar im Verlauf wieder ansteigen<br />

liegt, auch ohne Nachweis von Metastasen<br />

in der Bildgebung, ein metastasiertes<br />

Stadium vor.<br />

Im Stadium I ist die alleinige Überwachung<br />

(Active Surveillance) häufig ausreichend.<br />

Bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren<br />

kann im lokalisierten Stadium<br />

auch eine adjuvante Chemo- oder Bestrahlungstherapie<br />

notwendig werden, selten<br />

auch eine operative Resektion der retroperitonealen<br />

Lymphknoten (RPLND).<br />

Beim Seminom beträgt das Rezidivrisiko<br />

bei aktiver Überwachung je nach<br />

Risikofaktoren ca. 9–26 Prozent. Das Rezidivrisiko<br />

kann durch eine adjuvante Chemotherapie<br />

mit einem Zyklus Carboplatin<br />

AUC 7 auf etwa 5 Prozent gesenkt werden.<br />

Risikofaktoren beim Seminom sind Rete-testis-Infiltration<br />

und Grösse des Tumors<br />

[3].<br />

Beim Nichtseminom ist das Rezidivrisiko<br />

von den Risikofaktoren lymphogene<br />

und/oder vaskuläre Invasion abhängig. Bei<br />

ihrem Vorliegen beträgt es ca. 50 Prozent,<br />

bei Fehlen 15 Prozent. Durch die Gabe von<br />

einem Zyklus adjuvanter Chemotherapie<br />

mit PEB (Cisplatin, Etoposid und Bleomycin)<br />

kann das Rezidivrisiko auf etwa 1 Prozent<br />

gesenkt werden. Auch ein hoher Anteil<br />

an embryonalem Karzinom trägt zur<br />

Erhöhung des Rezidivrisikos bei [4].<br />

Prognosefaktoren des metastasierten<br />

Tumorstadiums<br />

Ab dem Stadium II spricht man von einer<br />

metastasierten Erkrankung. Alle Patienten<br />

mit einem Tumorstadium > IIB und III be­<br />

30<br />

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