vsao Journal Nr. 4 - August 2022
Spuren - Von Lupen und Teleskopen Politik - Wohin geht das Geld für die Weiterbildung? Onkologie - Keimzelltumoren des Mannes Infektiologie - Pathologie von Infektionskrankheiten
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Infektiologie - Pathologie von Infektionskrankheiten
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Perspektiven<br />
Schliesslich ist das molekulare Resultat<br />
immer auch mit dem morphologischen<br />
Befund zu korrelieren und abweichende<br />
oder nicht erklärbare Resultate sind zu<br />
re-evaluieren.<br />
Als weiteres Beispiel der molekularen<br />
Untersuchungen sei die PCR mit anschliessender<br />
Sequenzierung für humanpathogene<br />
Pilze erwähnt. Pilze lassen sich<br />
zwar morphologisch einordnen, die genaue<br />
Diagnose ist allerdings häufig<br />
schwierig. Je nach klinischer Situation,<br />
z. B. bei Mucor, ist es bedeutsam, eine<br />
schnelle und eindeutige Diagnose zu<br />
stellen; kann doch eine Infektion mit<br />
Mucor bei immunsupprimierten Patienten<br />
schnell fortschreiten oder sogar tödlich<br />
enden. Ausserdem kann die Anzucht<br />
der Pilze aus nativem Material mehrere<br />
Wochen dauern, bis ein abschliessendes<br />
Resultat vorliegt. Ein schnelleres Ergebnis<br />
kann die Molekularpathologie mittels<br />
der PCR und anschliessender Sanger-Sequenzierung<br />
bieten, zusätzlich erlaubt<br />
diese Technik auch die Erkennung von<br />
Mehrfachinfekten [6].<br />
Bereits 2011 wurde die ITS (internal<br />
transcribed Spacer) Region in der ribosomalen<br />
DNA als universeller Barcode für die<br />
Identifizierung von Pilzen angesehen. Diese<br />
enthält neben konservierten Regionen<br />
viele variable Bereiche, die es ermöglicht<br />
Pilze inter- und intraspezifisch zu identifizieren<br />
[7]. Im Gegensatz zur Array-Methode,<br />
die nur definierte Pilzspezies identifiziert,<br />
ist das System der PCR mit degenerierten<br />
Primern ergebnisoffen. Dadurch<br />
können neben bekannten Arten wie Aspergillus<br />
sp., Trichophyton sp. und Candida<br />
sp. auch seltenere humanpathogene Spezies<br />
wie Exophiala jeanselmei, Coccoidioides<br />
immitis oder Cladophialophora bantiana<br />
nachgewiesen werden (Abbildung 1B) [8].<br />
Die Identifizierung der Pilze mittels<br />
PCR am Institut für Pathologie des KSBL<br />
ist für Paraffinmaterial (FFPE) etabliert,<br />
das heisst, eine Diagnose ist auch noch<br />
möglich, wenn kein natives Material mehr<br />
zur Verfügung steht.<br />
Zukünftige Entwicklungen<br />
In Zukunft muss mit einer Zunahme von<br />
komplexen Infektionen gerechnet werden.<br />
Ursache dafür sind vermehrt Patienten<br />
mit Immunsuppression, sei es iatrogen<br />
medikamentös, aber auch durch die<br />
nach wie vor bestehende HIV-Infektion<br />
und die zunehmend älter werdende Bevölkerung.<br />
Dazu muss durch Migration und<br />
Flüchtlingsbewegungen, aber auch durch<br />
die klimatischen Veränderungen oder die<br />
rasante Entwicklung von Antibiotikaresistenzen<br />
vermehrt mit ungewöhnlichen<br />
und «exotischen» Infektionen gerechnet<br />
werden.<br />
Bei der Fixation mit Formalin und der<br />
anschliessenden Einbettung in Paraffin,<br />
werden sowohl die Gewebezellen als auch<br />
die Erreger in der Probe abgetötet. Ausserdem<br />
führt die Behandlung mit Formalin<br />
zur erwähnten Fragmentierung der Chromosomen<br />
und zur Bildung von Querverbindungen<br />
zwischen einzelnen DNA<br />
Fragmenten. Wegen dieser Vorbehandlung<br />
können in der Pathologie gewisse Untersuchungen<br />
wie z. B. die Massenspektrometrie-basierte<br />
Identifikation der Krankheitserreger<br />
(MALDI-TOF) nicht durchgeführt<br />
werden. Andererseits erlaubt das fixierte<br />
Material auch retrospektive Untersuchungen<br />
an archiviertem Material durchzuführen.<br />
Die PCR erlaubt relativ gut, einzelne<br />
Erreger in den Gewebsproben nachzuweisen.<br />
Der Nachteil dieser PCR-Tests ist,<br />
dass jeder Test für sich nur eine bestimmte<br />
Erregerspezies nachweisen kann. Bei histologischem<br />
Verdacht aber fehlendem Erregernachweis<br />
wäre ein breiterer, ergebnisoffener<br />
Ansatz von Vorteil. Eine Lösung<br />
für dieses Problem sind PCR-Tests, die auf<br />
Zusammenfassung<br />
ein Gen abzielen, das in allen Bakterien<br />
gleichermassen vorhanden ist das 16S rRNA<br />
Gen. Als Teil der Genkassette, die die Ribosomen<br />
codiert, ist es in jedem Bakterium<br />
vertreten. Ausserdem kann anhand der<br />
genauen DNA Sequenz des Gens die Spezies<br />
des Bakteriums ermittelt werden. Allerdings<br />
gilt hier: Je länger die analysierte<br />
DNA Sequenz ist, desto verlässlicher die<br />
Speziesbestimmung. Erneut macht in der<br />
Infektionspathologie hier die Probenverarbeitung<br />
einen Strich durch die Rechnung:<br />
DNA aus FFPE Proben ist selten lang<br />
genug um diese PCR-Tests erfolgreich einsetzen<br />
zu können.<br />
Diese Lücke kann durch Next Generation<br />
Sequencing (NGS) Technologie, auch<br />
Tiefensequenzierung genannt, geschlossen<br />
werden: In sogenannten Metagenomics<br />
NGS Tests wird die DNA Sequenz<br />
vieler kurzer Fragmente gelesen und zusammengesetzt<br />
um für eine verlässliche<br />
Speziesidentifikation zu sorgen. Weil diese<br />
Tests so entworfen sind, dass sie alle der<br />
bekannten Bakterienspezies detektieren<br />
können (aktuell über 400 000), ist die Validierung<br />
der Tests für die klinische Anwendung<br />
äusserst aufwändig. Aber die<br />
NGS Technologie kann mehr: So lassen<br />
Die gewebebasierte histopathologische und molekularpathologische Diagnostik von<br />
Infektionskrankheiten ist ein sehr spannendes interdisziplinäres Feld, das in der<br />
Wahrnehmung nicht nur der fachfremden Kolleginnen und Kollegen manchmal etwas<br />
im Schatten der Tumordiagnostik steht. Die Stärke der Pathologie im Bereich der<br />
Infektionsdia gnostik liegt jedoch in der Korrelation von Entzündungsmustern und dem<br />
direkten Erregernachweis. Zudem erlauben entsprechende Untersuchungen am Gewebe<br />
häufig eine rasche Diagnose, und Zusatzuntersuchungen, wie Immunhistochemie oder<br />
molekulare Pathologie, ermöglichen einen schnellen Erregernachweis mit einer hohen<br />
Sensitivität und Spezifität. Des Weiteren erlaubt die molekulare Untersuchung den<br />
Nachweis von Erregern, welche schwierig, gefährlich oder überhaupt nicht zu züchten<br />
sind. Es ist davon auszugehen, dass komplexe Infektionskrankheiten durch iatrogene<br />
Interventionen, Migration, Antibiotikaresistenz und Klimaveränderungen zunehmen<br />
werden und die Pathologie in enger Zusammenarbeit mit den behandelnden Kolleginnen<br />
und Kollegen hier weiterhin und zunehmend eine wichtige Aufgabe in der Betreuung<br />
der Patientinnen und Patienten wahrnehmen wird.<br />
Abstract: Pathology of infectious diseases<br />
The pathology of infectious diseases is an exciting interdisciplinary field, despite<br />
its niche existence that is somewhat overshadowed by tumor diagnostics. However,<br />
the strength of pathology lies in the correlation of the inflammatory patterns and<br />
pathogen detection. Moreover, corresponding tissue investigations often allow a rapid<br />
diagnosis of the disease, and additional investigations, such as immunohistochemistry<br />
or molecular pathology, enable a rapid pathogen characterization with a high sensitivity<br />
and specificity. In addition, the molecular analysis allows the detection of pathogens<br />
that are difficult, dangerous or not at all to breed. It can be assumed that complex infectious<br />
diseases will increase due to iatrogenic interventions, migration, antibiotic resistance<br />
and climate change, and that pathology, in close cooperation with its treating<br />
colleagues, will increasingly play an important role in the care of patients.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/22 39