Vivit_2021_Ausgabe-2
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INTERVIEW UND SERVICE
gefasst, aber wenn man sie dann wirklich vor
sich hat, ist es schon heftig. Dann habe ich diese
komplett verstörten Tiere mit heimgenommen,
und im Hühnerstall lagen da so ein paar Körner
auf dem Boden rum. Ich habe ihnen erst mal einen
Pulli angezogen, denn es war Oktober und
kalt, und noch während ich sie gehalten habe,
haben sie schon angefangen, nach den Körnern
zu picken. Die haben ja noch nie im Leben ein
Korn gesehen, sondern immer nur Legemehl bekommen.
Dass sie direkt – nachdem sie noch
nichts von der Welt gesehen haben – sofort ihre
Instinkte ausleben und sich dermaßen darüber
freuen, dass da Körner sind, das war schon beeindruckend.
Die ersten zwei Minuten in Freiheit
und alles wird schon voll ausgekostet.
Was motiviert Sie zu all Ihrem Einsatz für diese
Tiere?
CHRISTEL STAUDENMAIER: Mir tun sie schon brutal
leid. Früher, als meine Großeltern und Eltern
Hühner hielten, konnte ich nicht viel mit ihnen
anfangen. Aber je mehr man sich mit ihnen beschäftigt,
desto mehr erkennt man, dass jedes
Huhn seinen Charakter hat. Es ist auch nett,
wenn man ins Gehege kommt und sie rennen
alle auf einen zu, voller Freude, fast wie ein Hund,
weil sie denken, jetzt kommt was richtig Leckeres.
Wir müssen nur mit unserem orangefarbenen
Eimer kommen, in dem immer Essensreste
für sie drin sind, dann fl ippen sie aus, dann sind
sie alle da. Das macht einfach Freude und man
kann die Welt so ein bisschen besser machen.
Massentierhaltung geht mir immer mehr gegen
den Strich.
FRANZISKA STAUDENMAIER: Für mich waren Hühner
schon immer ganz, ganz wichtig. Wenn es
mir mal schlecht ging, bin ich zu den Hühnern
gegangen. Die leben da halt ihr Leben und dann
kommt man rein, die Nachtigall singt ihr Liedchen
und dann kommen „Ronja“ und „Rambo“
und picken an den Schuhen und dann ist die
Welt wieder in Ordnung. Der Spruch auf der
„Rettet das Huhn“-Webseite trifft es – leicht abgewandelt
– ganz genau: „Ein Huhn zu retten
verändert nicht die ganze Welt, aber die ganze
Welt verändert sich für dieses Huhn.“
(Fragen von Annette de Cerqueira)
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8. JAHRGANG | AUSGABE 2/2021
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