blu September | Oktober 2022
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MUSIK<br />
DJ<br />
CALVIN HARRIS,<br />
der Junge aus Schottland<br />
FOTO: SONY MUSIC<br />
Als seine Karriere begann, war er<br />
nur ein schüchterner Junge, der<br />
einfach Glück gehabt hat. Calvin Harris<br />
sah damals aus, als könnte er nicht begreifen,<br />
was um ihn herum geschah: Eben<br />
war noch ein unbekannter Musiker auf<br />
MySpace – einen Moment später hatte<br />
er einen Vertrag und stand im Studio mit<br />
Kylie Minogue.<br />
Dabei war er doch nur ein Junge aus<br />
Schottland, aufgewachsen in einer Kleinstadt<br />
namens Dumfries. „Viele Pubs, viele<br />
Kühe!“, fasste er es damals zusammen. Am<br />
Wochenende verließen die Leute das Haus<br />
nur, um sich besinnungslos zu trinken,<br />
Calvin hingegen spielte lieber mit seinem<br />
Atari Sequenzer rum. Irgendwann verließ<br />
er das Nest, um mit seinen über ein Jahr<br />
gesparten 4000 Pfund in London zu leben<br />
und dort an seinem Durchbruch als Produzent<br />
für elektronische Musik zu arbeiten.<br />
Zwölf Monate später war er pleite und<br />
zurück in Dumfries. „Es war ein Desaster“,<br />
gestand er damals. „Alles lief schief.“<br />
Wieder zu Hause entwickelte er endlich<br />
den housigen, poppigen Sound, für den<br />
sein erstes Album „I Created Disco“ stand.<br />
„Und dann ging ich zu MySpace, weil ich<br />
gelangweilt war. Ich lud vier Songs hoch<br />
und addete viele Freunde, möglichst<br />
Leute von Plattenlabeln, um zu sehen,<br />
was sie davon hielten.“ Kurze Zeit später<br />
hatte Calvin Harris besagten Vertrag in der<br />
Tasche und konnte seinen Job bei Marks<br />
& Spencers aufgeben. Und das Erste, was<br />
er danach zu tun bekam, war mit Róisín<br />
Murphy zusammen zu arbeiten. Es war<br />
etwas ins Rollen gekommen, das niemand<br />
mehr aufhalten konnte …<br />
So war Calvin schon 2009, als „Ready<br />
for the Weekend“ erschien, kaum noch<br />
wiederzuerkennen. Er hatte plötzlich Termine<br />
und Aufträge in einem Umfang, dass<br />
einem schwindlig wurde, noch dazu wurde<br />
er in einem Tempo reich, dass jeden aus<br />
der Bahn werfen muss. Kurze Zeit später<br />
gehörte er schon zu den bestbezahltesten<br />
DJs und Produzenten der Welt, arbeitete<br />
mit den erfolgreichsten Musiker*innen und<br />
lebte zwischen den größten Stars – wenn<br />
er sie nicht gleich auch noch datete, wie<br />
bei seiner kurze Beziehung mit Taylor<br />
Swift. Der Junge aus Schottland war jetzt<br />
selbst eine Berühmtheit.<br />
Mittlerweile gibt es kaum noch einen<br />
bekannten Namen, mit dem er über die<br />
Jahre nicht zusammengearbeitet hat, ob<br />
für deren Tracks oder seine eigenen Alben.<br />
So fanden sich schon 2017 auf „Funk Wav<br />
Bounces Vol. 1“ Frank Ocean, Pharrell,<br />
Ariana Grande oder Nicki Minaj zusammen.<br />
Doch vor allem zeigte „Vol. 1“ einen Calvin<br />
Harris, der Frieden mit seinem Leben<br />
gefunden hat – er wirkte angekommen.<br />
Der Sound war relaxed und perfekt für<br />
einen Sommer zwischen Entspannung<br />
und Partys, die keinen Exzess mehr nötig<br />
haben.<br />
Jetzt, auf „Funk Wav Bounces Vol. 2“, setzt<br />
er genau da wieder an. Mittlerweile, als ein<br />
Elder Statesman des Popgeschäfts, wirkt<br />
es als würde er einfach mit Freunden am<br />
Pool abhängen. Nur dass seine Freunde<br />
Dua Lipa, Charlie Puth, Justin Timberlake<br />
oder Halsey heißen. Calvin lebt hier ganz<br />
entspannt seine poppige Seite genauso<br />
aus wie seine funkige, und hinter allem<br />
feiert er seine Liebe zu modernem Soul<br />
und Hip-Hop. Was er sich damals noch<br />
nicht getraut hatte, denn er fand, dass<br />
es lächerlich für einen neunzehnjährigen<br />
weißen Jungen aus Schottland wäre,<br />
R&B oder Rap zu machen. Doch für den<br />
Megaproduzenten Calvin Harris, der Snoop<br />
Dogg zu seinen Buddys zählt …? So passt<br />
„Vol. 2“ perfekt zum entspannten Ende<br />
eines Sommers: Noch einmal die Beine<br />
hochlegen oder sanft grooven, am besten<br />
mit Meerblick und einem Cocktail in der<br />
Hand. Auf dich, Calvin! *fis