STADTBLATT August 2022
Das STADTBLATT ist die führende und verkaufsstärkste Stadtillustrierte für Osnabrück und Umgebung. #stadtblattosnabrück #stadtblatt #osnabrück www.stadtblatt-osnabrueck.de
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titel<br />
schlüpft Aura seit drei Jahren in bunte Kostüme,<br />
läuft auf Prideparaden mit.<br />
Auf einem Workshop von Wendy Warhorse traf<br />
sie auf Barbara Balenciaga, und auf einer Gay-Party,<br />
die sie in Drag zu dritt besuchten, auf Miss Barbara<br />
Smalls und Mimi Filthcrown. Nach anfänglichen<br />
Schwierigkeiten bei der Namensfindung einigten<br />
sich die fünf schließlich auf den Namen „House of<br />
Fluicy“, der sich auf das bewusste Spiel mit den<br />
Geschlechtern, Rollenklischees und Stereotypen<br />
bezieht. Diese normativen Grenzen versuchen sie<br />
durch ihre gemeinsamen Auftritte zu hinterfragen<br />
und zu durchbrechen, um Osnabrück mit ihrem<br />
Drag „bunter zu machen“, hofft Aura.<br />
Instagram: houseoffluicy<br />
Station 2<br />
Haus of Udo<br />
„Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich<br />
Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung<br />
und geschlechtlichen Identität unsichtbar<br />
oder gefährdet sind, frei entfalten und ganz sie<br />
selbst seien können“, sagen Manuel Lorenz und<br />
Gigi vom Künstler:innen Kollektiv „Haus of Udo“.<br />
Begonnen hat ihre Arbeit, damals noch unter<br />
dem Namen „Kulturspektakulum“, im Jahr 2018<br />
mit der Organisation eines jährlichen alternativen<br />
Festivals in der Skatehalle, das queeren Künst -<br />
ler:innen Raum zur Entfaltung bietet, sie sichtbar<br />
macht und eine Alternative zur meist heteronormativen<br />
Nachtclubszene darstellt.<br />
Durch das Zusammenführen von Tanz, Musik<br />
und Theater und verschie denen Workshops mit einem<br />
breiten partizipatorischen Angebot erhofft<br />
sich das Kollektiv nicht nur die eigene Zielgruppe<br />
zu erreichen, sondern in die Stadtgesellschaft<br />
hineinzuwirken.<br />
„Die Sichtbarkeit von queeren Menschen hat<br />
auch immer eine politische Dimension“, so Manuel<br />
Lorenz. „Natürlich wollen wir mit unserem Festival<br />
und unserem Kollektiv eine Anlaufstelle für<br />
queere Menschen, eine Art safe space schaffen.<br />
Aber wenn wir diese Sichtbarkeit von Diversität,<br />
Gleichbehandlung und Akzeptanz nach draußen<br />
tragen, leisten wir auch einen Beitrag, um alte<br />
Strukturen aufzubrechen und ein Um- und Weiter -<br />
denken anzuregen.“<br />
Die Stadt- und Nachtkultur Osnabrücks sei immer<br />
noch viel zu homogen, findet auch Gigi. Deshalb<br />
brauche es Initiativen wie das „Laut! Kollektiv“,<br />
den „Elektronischen Dauerurlaub“ oder eben<br />
das „Haus of Udo“, um die Kulturlandschaft Osnabrücks<br />
diverser und attraktiver zu gestalten.<br />
Von der Stadt Osnabrück fordern sie deshalb, intensiver<br />
in niedrigschwellige Angebote und Strukturen<br />
für queeres Leben zu investieren. Denn für<br />
eine Stadt, die den Frieden im Namen trägt, reiche<br />
es nicht aus „einmal im Jahr die Regenbogenflagge<br />
zu hissen und buntbemalte Bänke in der Red -<br />
lingerstraße aufzustellen“.<br />
www.kulturspektakulum.de<br />
Instagram: hausofudo<br />
Station 3<br />
Confusion<br />
Trübes Licht schimmert durch die Regenbogenlamellen<br />
ins Innere des kleinen, gemütlichen<br />
Pubs. Buntes Partylicht tanzt über den Boden, aus<br />
den zahlreichen Boxen schmettern Songs von AB-<br />
BA, Britney Spears und der ECS-Hitparade. Etwas<br />
Manuel Lorenz, Haus of Udo: „Die Sichtbarkeit vonqueeren Menschen hat auch immer eine politische Dimension.“<br />
Burkhard Wischer, Gastronom: Bei ihm ist jeder<br />
willkommen, egal ob bi, schwul, lesbisch, trans<br />
oder hetero<br />
erhöht am Rande der Tanzfläche steht Burkhard<br />
Wischer, Inhaber des Confusion.<br />
Vom DJ-Pult aus versucht er seine noch etwas<br />
scheuen Gäste, die sich paarweise oder in kleinen<br />
Gruppen an der Bar oder in gemütlichen Sitz -<br />
nischen in angeregte Gespräche vertieft haben,<br />
zum Karaokesingen zu animieren. Einer oder eine<br />
müsse nunmal den Anfang machen, als Belohnung,<br />
so verspricht er, gäbe es hinterher einen<br />
Shot aufs Haus.<br />
Die Karaokeabende erzählt Wischer später seien<br />
für ihn und seine Gäste jeden Monat ein besonderes<br />
Highlight. Seit zwölf Jahren betreibt Wischer<br />
nun schon das Confusion, einen Open Gay Pub, der<br />
von Außen genauso bunt ist, wie sein Publikum<br />
im Inneren. Zu seinen Gästen zählen nicht nur<br />
Schwule und Lesben, sondern auch deren Freunde<br />
und immer mehr Heterosexuelle. „Die Welt ist offener<br />
geworden. Viele Menschen, die sich heute<br />
als schwul oder lesbisch identifizieren, haben<br />
einen sehr toleranten und offenen Bekanntenkreis,<br />
den sie dann auch hierhin mitbringen.”<br />
Das sei in den Achtzigern noch etwas ganz<br />
anderes gewesen. Auch damals schon gab es hier<br />
eine Schwulenkneipe erzählt Burkhard Wischer,<br />
das „Bei Theo”. „Das war eine kleine abgekapselte<br />
Oase, hier blieb man unter sich und wurde nur<br />
dann toleriert, wenn man auch wirklich schwul<br />
war.”<br />
Mit diesem Konzept hat er im Confusion ge -<br />
brochen. Bei ihm sei jeder willkommen, egal ob bi,<br />
schwul, lesbisch, trans oder hetero. Doch natürlich<br />
versteht er seinen Pub auch weiterhin als Schutzraum.<br />
Als homosexuelles Pärchen riskiere man in<br />
der traditionellen Eckkneipe noch immer einen<br />
schiefen Blick oder dummen Kommentar. Das sei<br />
hier zum Glück anders.<br />
Bald schon platzt der Pub aus allen Nähten.<br />
Ein Mutiger nimmt das Mikro in die Hand und<br />
stimmt „Strangers in the Night“ von Sinatra an,<br />
viele weitere folgen. Das Eis scheint gebrochen<br />
und Burkard Wischer sichtlich bester Stimmung<br />
zu sein.<br />
www.confusion-online.eu<br />
Facebook: Confusion Open Gaypub<br />
FOTO: NOAH SCHNARRE<br />
14 <strong>STADTBLATT</strong> 8.<strong>2022</strong>