STADTBLATT August 2022
Das STADTBLATT ist die führende und verkaufsstärkste Stadtillustrierte für Osnabrück und Umgebung. #stadtblattosnabrück #stadtblatt #osnabrück www.stadtblatt-osnabrueck.de
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kino<br />
Garantiert ohne Roboter<br />
Als Produzentin beweist Reese Witherspoon ein Händchen für gute Stoffe. Mit der Bestseller -<br />
verfilmung „Der Gesang der Flusskrebse“ dürfte sich ihre Erfolgsserie fortsetzen.<br />
Naturkind und Außenseiterin Kya gerät unter Mordverdacht: Daisy Edgar-Jones in „Der Gesang der Flusskrebse“<br />
2005 verbuchte Reese Witherspoon<br />
mit „Walk the Line“<br />
den bis dahin größten Erfolg<br />
ihrer Karriere. Für die Rolle der June<br />
Carter gewann sie einen Oscar und andere<br />
Auszeichnungen.<br />
Aber Filmpreise bewirken nicht automatisch<br />
einen Karriereschub. Bei<br />
ihr folgte eine Pause, privat wie beruflich<br />
begründet. „Ich habe einfach<br />
nichts gelesen, was mir gefiel“, so die<br />
Schauspielerin damals in einem Interview<br />
mit „Entertainment Weekly“.<br />
„Es gibt eine Menge wirklich, wirklich,<br />
wirklich großer Filme über Roboter<br />
und so – aber keine Rolle für eine<br />
34-jährige Frau in einem Roboterfilm.“<br />
Witherspoon war bereits Inhaberin<br />
einer Produktionsfirma, seit einer Fusion<br />
im Jahr 2016 heißt sie Hello Sunshine.<br />
Sie hatte ihr Engagement im<br />
Produktionssektor ausgeweitet, mit<br />
Leinwandhits wie „Der große Trip –<br />
Wild“ und „Gone Girl“ und preisgekrönten<br />
TV-Serien wie „Big Little Lies“<br />
und „The Morning Show“, in denen sie<br />
selbst mitwirkte. Witherspoons Interesse<br />
gilt Stoffen, die Frauen in den<br />
Mittelpunkt stellen. Nicht als allmächtige<br />
Superheldinnen, sondern als<br />
Menschen mit Fehlern, Zweifeln,<br />
Durchsetzungskraft. Manchmal als<br />
Straftäterinnen.<br />
Der Bestseller „Der Gesang der<br />
Flusskrebse“ passt ideal in dieses<br />
Portfolio. Die Zoologin und Tierschützerin<br />
Delia Owens war bereits über<br />
60, als sie die Geschichte des Mädchens<br />
Kya niederschrieb, das in den<br />
1950ern ohne Familie in den Sümpfen<br />
North Carolinas aufwächst. Kya wird<br />
zum Naturkind. Der Schule, wo man<br />
sie verspottet, bleibt sie fern. Lesen<br />
und Schreiben lernt sie trotzdem.<br />
Die begabte, rätselhafte Außenseiterin<br />
weckt das Interesse des umschwärmten<br />
Football-Stars Chase. Er<br />
versucht sie zu vergewaltigen. Kya<br />
flieht. Später wird Chase ermordet aufgefunden,<br />
Kya zur Verdächtigen. Sie<br />
lernt, was aktueller kaum sein könnte:<br />
„Wie bei den meisten Geschichten<br />
spielen Fakten keine Rolle.“<br />
HARALD KELLER<br />
USA <strong>2022</strong>. R: Olivia Newman. D: Daisy Edgar-Jones,<br />
Taylor John Smith, Harris Dickinson, David Strathairn<br />
u. a.<br />
P ab 18.8.,Cinema Arthouse, Hall of<br />
Fame<br />
Hatching<br />
TEENIE-HORROR Die zwölfjährige Tinja (Siiri<br />
Solalinna) wächst unter erschwerten Umständen<br />
auf. Ihre Mutter (Sophia Heikkilä) ist nicht<br />
nur eine auf Äußerlichkeiten und Perfektion<br />
fixierte Frau. Als erfolgreiche Influencerin betreibt<br />
sie auch noch einen Blog, der sich um<br />
die perfekte Familie dreht. Als Tinja eines Tages<br />
im Wald ein einsames Ei findet, nimmt sie<br />
es mit nach Hause und brütet es gemeinsam<br />
mit ihrem Teddy aus. Doch bevor etwas<br />
schlüpfen kann, wächst das Ei immer größer.<br />
So groß, dass ein Teenager wie Tinja locker<br />
darin Platz finden würde! Mit ihrem Spielfilmdebüt<br />
„Hatching“ ist der finnischen Regisseurin<br />
Hanna Bergholm ein kleiner Geniestreich<br />
im Subgenre des Body-Horrors gelungen. Geschickt<br />
vermischt sie in ihrem Low-Budget-<br />
Film den wahren Teenie-Horror einer Coming-of-Age-Geschichte<br />
mit surrealen Elementen,<br />
die äußerst anspielungsreich und<br />
blutig auf die Veränderungen in der Pubertät<br />
zielen. Jetzt schon Kult!<br />
FJ<br />
Finnland <strong>2022</strong>. R: Hanna Bergholm. D: Siiri Solalinna,<br />
Sophia Heikkilä u. a.<br />
P ab 28.7., Hall of Fame<br />
Die Magnetischen<br />
NEUE TÖNE In Frankreich markierte das Jahr<br />
1981 einen Wendepunkt. Erstmals seit 1954<br />
wurde mit François Mitter rand wieder ein<br />
Sozialist zum Präsidenten gewählt. Grund<br />
zur Freude für den Möchtegern-Bohemien<br />
Jerôme, der wie sein Bruder Philippe in<br />
der Werkstatt des Vaters arbeitet und in der<br />
Freizeit einen Piratensender betreibt. Ohne<br />
reguläre Lizenz, also illegal. Jerôme moderiert,<br />
Philippe ist der Techniker, introvertiert,<br />
ein Tüftler. Seine Scheu hindert ihn, sich<br />
seiner Angebeteten zu offenbaren, ein Radiosong<br />
hilft ihm aus der Verlegenheit. Er<br />
bleibt der Musik treu, als er zum Militärdienst<br />
eingezogen und nach Berlin versetzt wird.<br />
Dort ereignen sich just Umbrüche anderer<br />
Art. Beim Atonal Festival trifft sich die Klang-<br />
Avantgarde, auch Philippe beginnt zu experimentieren.<br />
Regisseur Cardona, 1980 geboren,<br />
hat die Ära nicht erlebt, trifft deren Tonalität<br />
dennoch genau und frei von alberner<br />
Nostalgie. H. K.<br />
F 2021. R: Vincent Maël Cardona. D: Thimotée Robart,<br />
Marie Colomb, Joseph Olivennes u. a.<br />
P ab 28.7., Cinema Arthouse<br />
Bullet Train<br />
RASENDE AUFTRAGSKILLER Eigentlich<br />
wollte Ladybug (Brad Pitt) seinen Job als<br />
Auftragskiller längst an den Nagel gehängt<br />
haben. Aber wenn seine Auftraggeberin Maria<br />
Beetle (Sandra Bullock) ruft, dann ist das<br />
wie ein Angebot, das er unmöglich ablehnen<br />
kann. Der Job? Angeblich ein Kinderspiel.<br />
Und ganz nebenbei darf Ladybug dabei mit<br />
dem schnellsten Zug der Welt, dem japanischen<br />
Shinkansen, durch die Gegend dreschen.<br />
Leider hat er die Rechnung ohne die<br />
zahlreichen anderen Auftragskiller im Zug<br />
gemacht, die ihm während der Fahrt an den<br />
Kragen wollen. Frei nach dem Bestseller<br />
„Bullet Train“ von Kōtarō Isaka entwickelt<br />
Leitch eine furiose Actionkomödie, bei der<br />
selbst die auf die Sekunde getaktete japanische<br />
Bahn aus der Balance gerät. Das Ergebnis<br />
ist ein grotesk Spektakel, bei dem<br />
sich der ehemalige Stuntman Leitch nach<br />
Lust und Laune austoben darf.<br />
FJ<br />
USA <strong>2022</strong>. R: David Leitch. D: Brad Pitt, Sandra Bullock<br />
u. a.<br />
P ab 4.8., Cinema Arthouse, Hall of<br />
Fame<br />
Warten auf Bojangles<br />
REALITÄTSFLUCHT Im Frankreich der 1950er<br />
Jahre treffen zwei sehr unkonventionelle<br />
Menschen aufeinander: Georges (Romain Duris)<br />
und Camille (Virginie Efira). Sie scheren<br />
sich nicht um die gesellschaftlichen Erwartungen,<br />
feiern und tanzen jede Nacht, lassen keine<br />
Extravaganzen aus. Auch der gemeinsame<br />
Sohn Gary, der nur neun Monate nach ihrem<br />
Kennenlernen geboren wird, ändert nichts daran.<br />
Natürlich kann das nicht ewig gutgehen:<br />
Gary wird in der Schule gehänselt, weil ihm<br />
niemand die Geschichten glaubt, die er über<br />
sein Elternhaus erzählt und Georges‘ Job als<br />
Gebrauchtwagenverkäufer kann Camilles teuren<br />
Lebensstil auch nicht ewig finanzieren.<br />
Langsam aber sicher beginnt die Fassade zu<br />
bröckeln … Die Verfilmung des Bestsellers von<br />
Olivier Bourdeaut beginnt wie eine romantische<br />
Retro-Komödie, doch schnell wird klar,<br />
dass tägliche Partys und immer gute Laune<br />
nur eine Fassade sind, hinter der sich die tragische<br />
Wirklichkeit verbirgt.<br />
NB<br />
F/B 2021. R: Regis Roinsard. D: Virginie Efira, Romian<br />
Duris, Grégory Gadebois u. a.<br />
P ab 4.8., Cinema Arthouse<br />
28 <strong>STADTBLATT</strong> 8.<strong>2022</strong>