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Mäuse, Maden, Maulwürfe. Zur Thematisierung von Ungeziefer im ...

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2. Der Begriff <strong>Ungeziefer</strong><br />

Nach Angaben des Deutschen Wörterbuchs <strong>von</strong> WILHELM und JAKOB GRIMM besitzt der<br />

erstmals <strong>im</strong> 12. Jahrhundert bezeugte Begriff <strong>Ungeziefer</strong> eine gemeingermanische Grundla-<br />

ge. Er wurzelt <strong>im</strong> heidnischen Opferwesen und bezeichnet das nicht zum Opfer Geeignete,<br />

das Unreine. Hierzu werden neben verwesendem Fleisch und verdorbenem Obst auch ver-<br />

schiedene Tiere gezählt. 1 Im Verlauf der Zeit tritt diese Verbindung zum Opferwesen all-<br />

mählich zurück, der Begriff erhält stattdessen verschiedene Bedeutungen. Im 18. Jahrhun-<br />

dert lassen sich in den <strong>von</strong> mir berücksichtigten Quellen folgende drei Begriffsinhalte un-<br />

terscheiden: 2 Der Terminus wird verwendet, um schädliche Tiere, Tiere, die einen Wider-<br />

willen hervorrufen sowie Tiere mit anatomischen Gemeinsamkeiten zu bezeichnen. Die<br />

morphologische Perspektive wird in etwa bis zur Mitte des Jahrhunderts angewendet. Sie findet<br />

sich beispielsweise bei ABRAHAM FRIEDRICH KRAFFT, der den Begriff <strong>Ungeziefer</strong> auf fol-<br />

gende Weise best<strong>im</strong>mt:<br />

„<strong>Ungeziefer</strong>, so <strong>von</strong> denen Griechen Εντομά, und <strong>von</strong> denen Lateinern Insećta benahmset werden,<br />

sind Thiere, so meistentheils ohne Blut, und viel unvollkommener am Leibe, als alle andere Thiere,<br />

mit unterschiedlichen Abtheilungen oder Ringlein begabet, und bestehen so wohl in- als auswendig<br />

aus einer harten Haut.“ 3<br />

Dieser Definition ist zu entnehmen, dass mit ‚<strong>Ungeziefer</strong>’ zwei fremdsprachige Begriffe<br />

übersetzt werden, die Tiere mit spezifischen inneren und äußeren anatomischen Merkma-<br />

len erfassen. Diese Charakteristika unterscheiden ‚<strong>Ungeziefer</strong>’ nicht nur <strong>von</strong> anderen Tie-<br />

ren, sondern führen dazu, dass es als unvollkommen und damit als minderwertig wahrge-<br />

nommen wird. Schließlich besäßen sie, wie KRAFFT weiter ausführt, anders als die voll-<br />

kommenen Tiere kein Blut 4 und nur weniger schöne und perfekte Gliedmaßen. Als ein<br />

weiteres Charakteristikum unvollkommener Tiere gilt ihre nicht-geschlechtliche Fortpflan-<br />

zung. Es wird angenommen, dass sie stattdessen durch die Urzeugung, das heißt aus dem<br />

1 Vgl. Gr<strong>im</strong>m 1854-1960, Stichwort „<strong>Ungeziefer</strong>“, Bd. 24 (1936), Sp. 943-951, 943.<br />

2 Laut GRIMM wird der Begriff auch als Sch<strong>im</strong>pfwort für Menschen verwendet (Vgl. Ebd., Sp. 949.). Diese<br />

etymologische Bedeutung findet sich nicht in meinen Quellen.<br />

3 Krafft 1712, S. 1.<br />

4 Insekten besitzen Blut, das allerdings nicht zwingend rot sein muss, sondern auch farblos sein kann.

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