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ERF Medien Magazin Oktober 2022

Gutes Leben

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KOLUMNE<br />

<strong>ERF</strong> MEDIEN MAGAZIN<br />

ı ı 31<br />

10.<strong>2022</strong><br />

Kolumne von Ruedi Josuran<br />

In jeder Lebenslage leben<br />

Manchmal bin ich ein «Wiederholungstäter».<br />

Es fehlt mir auf den<br />

ersten Blick nichts: aufregender<br />

Beruf, familiärer Zusammenhalt,<br />

konnte gesundheitliche Krisen<br />

bewältigen. Und dann passiert es<br />

wieder. Ich höre fasziniert einem<br />

Referenten zu und denke: «So<br />

müsste ich formulieren können.»<br />

Dann lese ich einen Artikel und<br />

denke: «Grandios, kreativer Einstieg.<br />

Das könnte ich nie.» Ein Teil<br />

von mir ist angesprochen und<br />

inspiriert. Aber dann lande ich im<br />

Defizit. Zwischen Bewunderung<br />

und Selbstabwertung.<br />

Auch das Durchscrollen der<br />

Instagram-Feeds kann eine Falle<br />

sein. Hochglanzbilder, strahlende<br />

Gesichter, Lebensfreude pur. – Bei<br />

den anderen.<br />

Auf der Abwärtsspirale begegne<br />

Die vielen Möglichkeiten,<br />

die wir haben, machen es<br />

uns schwer, zu geniessen<br />

und im Augenblick zu sein.<br />

Bei sich selbst – und nicht<br />

bei den anderen zu sein.<br />

Spruch. Der Fokus der Aufmerksamkeit<br />

liegt auf dem, was schon<br />

da ist. Und ich merke: Ich kann<br />

mich nicht gleichzeitig auf das<br />

konzentrieren, was ich habe, und<br />

auf das, was fehlt. Der Mangel<br />

tritt in den Hintergrund. Wir<br />

können nicht gleichzeitig an zwei<br />

Orten sein. Zwei Leben leben. Auf<br />

zwei Partys tanzen.<br />

Die vielen Möglichkeiten,<br />

die wir haben, machen es uns<br />

schwer, zu geniessen und im<br />

Augenblick zu sein. Bei sich<br />

selbst – und nicht immer bei<br />

den anderen zu sein. Dabei können<br />

wir nicht alles haben. Jede<br />

Lebensphase hat eigene Chancen,<br />

Risiken und Grenzen.<br />

Die Endlichkeit des Lebens<br />

führt uns das eindrücklich vor<br />

Augen. Begrenzungen sind<br />

ich noch bei schönstem Wetter einem fast Gleichaltrigen<br />

auf seiner Jogging-Runde. Kein Gramm Fett. Sterbehospiz habe ich das aus nächster Nähe mal beob-<br />

schmerzhaft, aber sie gehören zum Leben. In einem<br />

Durchtrainiert. So wäre ich gerne. Es fällt mir tatsächlich<br />

immer noch schwer, mich nicht mit anderen zu auch gelacht. «Nicht dem Leben mehr Tage – sondern<br />

achten können. Dort wurde geweint, geschwiegen, aber<br />

vergleichen. Obwohl ich ganz viele Gründe hätte, es den Tagen mehr Leben geben», lautet das Motto der<br />

nicht zu tun. Ich weiss um die Selbstoptimierung mit Hospiz-Bewegung.<br />

Filter und Photoshop und um die verzerrte Wahrnehmung<br />

meiner Kopfbilder. Und doch …<br />

ich es nicht formulieren: «Schliesslich habe ich ge-<br />

Viel mehr auf den Punkt als der Apostel Paulus kann<br />

Für diese Bilder und den Text meiner Gedanken bin lernt, in jeder Lebenslage zurechtzukommen. Ob ich<br />

ich nicht verantwortlich. Aber ich habe Verantwortung, nun wenig oder viel habe, beides ist mir durchaus vertraut,<br />

und so kann ich mit beidem fertig werden: Ich<br />

wie ich damit umgehe. In Beziehung mit Gott darf auch<br />

diese Seite sein. Ich gestatte es mir, Wünsche zu Ende kann satt sein und hungern. Ich kann Mangel leiden<br />

zu denken. Um was geht es wirklich? Was steckt hinter und Überfluss haben. Alles kann ich durch Christus, der<br />

einer Sehnsucht? Welches Bedürfnis meldet sich? mir Kraft und Stärke gibt.» (Philipper 4,11-13)<br />

Ich erlaube mir, Gefühle zuzulassen und nicht wieder Es geht um weit mehr als Selbstoptimierung, Erfüllung<br />

von To-do-Liste, Zustimmung durch Follower,<br />

zu bewerten. In diesen Momenten nimmt Dankbarkeit<br />

wieder Raum ein. «Wer dankbar ist, weiss zu schätzen, Tricks und Methoden. Es geht um die Beziehung zu<br />

was er hat», lese ich an einer Büro-Wand. Kein billiger dem, der das Leben ist.<br />

RUEDI JOSURAN<br />

Moderator FENSTER ZUM SONNTAG-Talk<br />

ruedi.josuran@erf.ch

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