SB_20628BGLP
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2022<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Schweißnahtgüte und<br />
Schwingfestigkeit<br />
geschweißter Verbindungen<br />
aus Aluminium Knet- und<br />
Druckgusswerkstoffen
Schweißnahtgüte und<br />
Schwingfestigkeit<br />
geschweißter Verbindungen<br />
aus Aluminium Knet- und<br />
Druckgusswerkstoffen<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 20.628 BG<br />
DVS-Nr.: 09.3087<br />
Technische Universität Braunschweig<br />
Institut für Füge- und Schweißtechnik<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V. Fraunhofer-<br />
Institut für Werkstoff- und Strahltechnik<br />
IWS<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.628 BG / DVS-Nr.: 09.3087der Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die<br />
AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2022 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 538<br />
Bestell-Nr.: 170648<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-538-5<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung des<br />
Forschungsprojektes .............................................................................................. 1<br />
1.1 Problemstellung und Motivation (ifs) .................................................................. 1<br />
1.2 Zielsetzung (ifs) ................................................................................................... 2<br />
2 Stand von Wissenschaft und Technik.................................................................... 3<br />
2.1 Aluminiumlegierungen (IWS) .............................................................................. 3<br />
2.2 Schweißprozesse zur Verarbeitung von Aluminium (ifs) ................................... 5<br />
2.2.1 Lichtbogenschweißprozesse (ifs)............................................................. 7<br />
2.2.2 Strahlschweißprozesse (IWS) .................................................................. 8<br />
2.3 Regelwerke zur Auslegung von zyklisch belasteten<br />
Aluminiumschweißverbindungen (ifs) ................................................................ 9<br />
3 Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten mit den Zielen des<br />
Forschungsvorhabens .......................................................................................... 12<br />
3.1 Arbeitsumfang des Forschungsprojektes (IWS) .............................................. 12<br />
3.1.1 Arbeitspaket 1: Abgießen des Versuchsmaterials (ifs) ......................... 13<br />
3.1.2 Arbeitspaket 2: Herstellung der Schweißproben (ifs) ............................ 14<br />
3.1.3 Arbeitspaket 3: Werkstoffanalytik (ifs/IWS) ........................................... 17<br />
3.1.4 Arbeitspaket 4: Schwing- und Nahtfestigkeit (ifs/IWS).......................... 20<br />
3.1.5 Arbeitspaket 5: Kerbspannungsberechnung (IWS) ............................... 21<br />
3.1.6 Arbeitspaket 6: Validierung der Ergebnisse (ifs) ................................... 24<br />
3.1.7 Arbeitspaket 7: Richtlinien / Einsatzempfehlungen (ifs) ........................ 24<br />
4 Versuchsergebnisse ............................................................................................. 25<br />
4.1 Charakterisierung der Grundwerkstoffe (ifs) .................................................... 25<br />
4.2 Schweißtechnische Prozessuntersuchungen .................................................. 26<br />
4.2.1 Metall-Schutzgas-Schweißen (ifs) ......................................................... 26<br />
4.2.2 Elektronenstrahlschweißen (ifs) ............................................................. 29<br />
4.2.3 Laserstrahlschweißen (IWS) .................................................................. 33<br />
4.3 Untersuchung des Porengehalts mittels CT (ifs) ............................................. 43<br />
4.4 Berechnung mit dem Kerbspannungskonzept DVS 0905 (IWS) .................... 48<br />
4.5 Quasistatische Nahtfestigkeit (ifs) .................................................................... 49<br />
4.6 Ermittlung der Wöhlerlinien............................................................................... 52<br />
4.6.1 MSG geschweißte Proben (ifs) .............................................................. 52<br />
4.6.2 EB geschweißte Proben (ifs).................................................................. 54<br />
4.6.3 LBW geschweißte Proben (IWS) ........................................................... 58<br />
4.6.4 LBW-HF geschweißte Proben (IWS)..................................................... 62<br />
I
Inhaltsverzeichnis<br />
4.6.5 Zusammenfassende Darstellung der Wöhlerlinien (ifs)........................ 65<br />
4.7 Korrelation zwischen Nahtqualität und Schwingfestigkeit ............................... 67<br />
5 Richtlinien und Einsatzempfehlungen ................................................................. 69<br />
6 Schlussbemerkung .............................................................................................. 73<br />
7 Zusammenstellung aller Veröffentlichungen ....................................................... 75<br />
8 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 77<br />
9 Anhang ................................................................................................................. 79<br />
II
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung des<br />
Forschungsprojektes<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche<br />
Problemstellung des Forschungsprojektes<br />
1.1 Problemstellung und Motivation (ifs)<br />
Die industrielle Verwendung von Aluminiumprodukten steigt seit den 1980er Jahren<br />
stetig an [Ost15]. Maßgebliche Treiber für diese Entwicklung sind die durch gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen und steigende Energiepreise getriebenen Leichtbauanstrengungen<br />
in verschiedenen Bereichen der Transport- und Verkehrstechnik<br />
[Ost15]. Ein Großteil der in Deutschland hergestellten Leichtbaustrukturen mit<br />
definierten Materialeigenschaften findet dabei Verwendung im Automobil- und<br />
Mobilitätssektor. Zur wirtschaftlichen Herstellung komplexer, dünnwandiger und<br />
endkonturnaher Bauteile aus Aluminium in hoher Stückzahl wird überwiegend das<br />
Aluminium-Druckgießverfahren eingesetzt. Im Zuge der Transformation zur E-Mobilität<br />
ist für dieses Produktionsverfahren von einer weiteren Steigerung der<br />
Produktionszahlen auszugehen, da es besonders gewichtseffiziente<br />
Fahrzeugbauweisen ermöglicht.<br />
Die Fertigung großer, dünnwandiger, für den Crash optimierter Strukturbauteile sowohl<br />
für Verbrenner als auch in Zukunft für großvolumig herzustellende Elektroautos stellt<br />
ein wesentliches Kompetenzfeld der KMU dar. Derartige Bauteile werden bei KMU<br />
bereits zunehmend produziert, aber auch vermehrt anhand vorgegebener Lastenhefte<br />
der OEMs für die Betriebsbeanspruchungen ausgelegt. Aufgrund der bedingten<br />
Schweißeignung stellt die fügetechnische Implementierung von Aluminium-<br />
Druckgussbauteilen in bestehende Aluminium-Strukturen eine zentrale technische<br />
Herausforderung dar. Diese Hürde besteht insbesondere für KMU, da der rechnerische<br />
Festigkeitsnachweis für geschweißte Verbindungen aus Al-Druckguss- und Al-<br />
Knetlegierung anhand gängiger Regelwerke [DVS11, FKM12] aktuell nur sehr<br />
eingeschränkt möglich ist und auf Kennwerte aus kostenintensiven Versuchen<br />
angewiesen ist. Abbildung 1-1 zeigt ein Beispiel einer modernen<br />
Leichtbaufahrzeugstruktur aus Aluminiumhalbzeugen, die einzeln oder in Baugruppen<br />
aus der stark durch KMU geprägten Zuliefererbranche bezogen werden.<br />
Abbildung 1-1: Verwendung von Aluminiumhalbzeugen am Beispiel des Audi TT Coupé<br />
[Audi22]<br />
1
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung des<br />
Forschungsprojektes<br />
Die bedingte Schweißeignung von Al-Druckgusslegierungen ist auf den aus dem<br />
Druckgussprozess resultierenden Gasgehalt und Einschlüsse zurückzuführen. Der<br />
erhöhte Gasgehalt bewirkt ein erhöhtes Risiko zur Bildung von Poren und<br />
Durchschüssen beim Schweißen. Die Entstehung dieser Unregelmäßigkeiten ist ferner<br />
von der im Al-Druckgussbauteil schwankenden Gussqualität abhängig, so dass die<br />
Schweißnahtunregelmäßigkeiten zufällig auftreten. Aus diesem Grund unterliegen<br />
geschweißte Verbindungen aus Al-Druckguss meist einer, im Vergleich zu reinen<br />
Knetlegierungen, erhöhten Ausschussquote. Eine systematische Verknüpfung von<br />
Schweißnahtqualität, also der Ausprägung werkstoff- und prozesstypischer<br />
Schweißnahtunregelmäßigkeiten mit der Nahtfestigkeit, ist bislang für geschweißte<br />
Druckgussbauteile nicht erfolgt.<br />
1.2 Zielsetzung (ifs)<br />
Das übergeordnete Ziel des Vorhabens besteht darin, die Kenntnisse zum Einfluss von<br />
Schweißnahtunregelmäßigkeiten geschweißter Knetlegierungen auf die<br />
Druckgusswerkstoffe zu erweitern. Dabei sind sowohl konventionelle<br />
Schweißverfahren (MIG- und konventionelles Laserschweißen) sowie innovative<br />
Strahlschweißverfahren (EB-Mehrbadtechnik [Kra08, Tei16], Laserstrahlschweißen mit<br />
hochfrequenter Strahloszillation [Dit16]) zu berücksichtigen. Dem Forschungsvorhaben<br />
liegt die Arbeitshypothese zu Grunde, dass diese Korrelation auch für reine<br />
Verbindungen aus Al-Druckgusslegierungen sowie Mischverbindungen aus Al-<br />
Druckguss- und Al-Knetlegierung gelingt. Diese Verbindungen weisen aufgrund der<br />
Metallurgie in der Regel anders ausgeprägte Schweißnahtunregelmäßigkeiten auf als<br />
Schweißungen an reinen Al-Knetlegierung, sodass die bekannten Zusammenhänge<br />
nicht direkt übertragen werden können. Art und Umfang der Unregelmäßigkeiten<br />
können zudem durch neue Strahlverfahren (EB-Mehrbad, LBW-HF-Scanning) positiv<br />
beeinflusst werden, sodass deren Ausprägung durch die Wahl des Schweißprozesses<br />
und der Stoßform gezielt variiert und auf unterschiedlichen Analyseebenen mit der<br />
experimentell ermittelten Schwingfestigkeit verknüpft werden kann. Die<br />
Schweißnahtunregelmäßigkeiten werden mittels 3D-Computertomographie (CT)<br />
ganzheitlich beschrieben und bewertet. Dem Endanwender wird ausgehend davon<br />
eine Korrelation werkstoff- und verfahrenstypischer Schweißnahtunregelmäßigkeiten<br />
mit der statischen Zugfestigkeit sowie der Schwingfestigkeit bereitgestellt.<br />
Dazu sind insbesondere die folgenden Teilaspekte zu untersuchen:<br />
<br />
<br />
<br />
Wie wirkt sich die Gussqualität (Vakuum- vs. Atmosphärendruckguss) auf die<br />
Schweißnahtunregelmäßigkeiten und damit die Festigkeitskennwerte aus?<br />
Wie sind moderne Schweißverfahren (EB-Mehrbadschweißen, Laser mit hochfrequenter<br />
Strahloszillation) im Vergleich zu konventionellen Schweißverfahren<br />
im Hinblick auf die Auswirkung der Schweißnahtunregelmäßigkeiten zu<br />
bewerten?<br />
Welche Grenzwerte für Schweißnahtunregelmäßigkeiten sind für Verbindungen<br />
aus Al-Druckguss sowie Mischverbindungen aus Al-Druckguss und Al-<br />
Knetlegierungen zulässig und welche Schwingfestigkeit kann rechnerisch in<br />
Abhängigkeit von der Ausprägung der Unregelmäßigkeit angesetzt werden?<br />
2
Stand von Wissenschaft und Technik<br />
2 Stand von Wissenschaft und Technik<br />
2.1 Aluminiumlegierungen (IWS)<br />
Im Jahr 2019 wurden in Deutschland Aluminiumformgussprodukte mit einem Gewicht<br />
von 996.100 Tonnen (u.a. Druckguss, Kokillenguss und Sandguss) und<br />
Aluminiumhalbzeuge (u.a. Walzfabrikate, Stangen, Rohre oder Profile) mit einem<br />
Gewicht von 2.576.900 Tonnen hergestellt. Der bedeutendste Absatzmarkt der<br />
Produkthersteller ist mit 47 % der Verkehrssektor (Abbildung 2-1).<br />
Abbildung 2-1: Absatzmärkte für Aluminiumprodukte in Deutschland 2019 [Alu22]<br />
Die hergestellten und Aluminiumknetlegierungen werden im Rahmen der DIN EN 573-<br />
3 hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung genormt und unterteilt. Die<br />
Unterscheidung erfolgt entsprechend des Hauptlegierungselements, welches<br />
maßgeblich die Härtbarkeit sowie die mechanischen Eigenschaften beeinflusst<br />
(Tabelle 2-1). Im Automobilbau finden vorrangig Legierungen der 5xxx, 6xxx und 7xxx<br />
Serie bei der Fertigung von Strukturbauteilen (beispielsweise Querlenker aus EN AW -<br />
6082) und Blechen für die Karosserie Anwendung [Ost15].<br />
Zur Einstellung der mechanischen Eigenschaften erfahren aushärtbare<br />
Aluminiumknetlegierungen häufig vor oder nach dem Schweißen aufwendige und<br />
komplexe Wärmebehandlungen. Die Wärmebehandlungen sind nach DIN EN 515<br />
genormt und werden der Legierungsbezeichnung ergänzt. Der am häufigsten<br />
verwendete Zustand ist T6 (lösungsgeglüht, abgeschreckt und warmausgelagert),<br />
welcher die maximal erreichbare Härte und einhergehend die höchste Zugfestigkeit der<br />
Legierung kennzeichnet.<br />
Der Gefügezustand von nicht aushärtbaren Legierungen kann ebenfalls durch<br />
Kaltverfestigung oder weichglühen verändert werden. Die Zustände sind ebenfalls in<br />
DIN EN 515 geregelt. An dieser Stelle sei insbesondere auf den Zustand F verwiesen,<br />
welcher den Herstellungszustand ohne festgelegte Festigkeitsgrenzwerte regelt.<br />
3