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BIBER 10_22 Ansicht-2

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te. Vielleicht würde die offene Beziehung standhalten, aber

diesem Gefühlschaos gibt er keine Chance. Karynne möchte

nie mehr komplett zur Monogamie zurück. Und Max wünscht

sich seine nächste Beziehung lieber monogam – auch wenn

er drei Jahre mit seinen beiden Partnern zusammen war, war

schlussendlich genau das der Trennungsgrund. Beide waren

ihm gegenüber nicht ehrlich und entdeckten unabsichtlich

durch gemeinsame Sexpartner den Betrug aneinander.

Nicht-monogame Beziehungen sind nicht ultimativ besser

oder schlechter als monogame. Das richtige Beziehungsmodell

muss jede*r für sich selbst entdecken. Nicole Kienzl zum

Beispiel beschreibt es so: „Wenn man eine tiefe und vertrauenswürdige

Beziehung will, finde ich die monogame Beziehung

schon DIE Beziehungsform. Wobei das nicht bedeutet,

dass offene Beziehungen nicht auch tief sind.“ Nicht-Monogamie

kann vor allem dann funktionieren, wenn miteinander

offen kommuniziert wird und die Partner*innen fest verbunden

sind. Da ist die Monogamie aber gar nicht so anders.

Anmerkung: Auf den Fotos handelt es sich nicht um die Protagonist:innen

des Artikels, sondern um szenische Ausschnitte aus nachgestellten Szenen

mit Personen, die selbst nicht im Artikel vorkommen.

Wir wollten wissen, wie Psycholog*innen Nicht-Monogamie

einschätzen. Sexualpsychologe Christian Beer im Interview:

BIBER: Wie oft kommen Personen mit

dem Interesse an einer nicht-monogamen

Beziehung zu Ihnen?

CHRISTIAN BEER: Interesse per se

haben die wenigsten, es ist eher ein Rettungsversuch

der Beziehung, wenn sich

die Sexualität verschlechtert. Sehr selten

sind die Personen von Anfang an daran

interessiert; vor allem dann nicht, wenn

sie verliebt sind.

Wie erklären Sie sich das Interesse

daran?

Grundsätzlich muss man hier einmal die

Rollen in einer Beziehung definieren.

Wenn man eine fixe Beziehung haben

möchte, dann muss man Rollen auch

regulieren. In unserem Kulturkreis ist es

bestimmt von Vorteil, wenn sich die Partner

gegenseitig als Nummer 1 für den

anderen sehen. Bei Polyamorie hat man

dieses Verhältnis nicht, weil man sich

den Platz 1 eventuell teilen muss. Ein

Stück weit erkläre ich es mit der Angst,

nicht alle Bedürfnisse in einer Beziehung

unterzubekommen, zum Beispiel

sexuelles Interesse nicht nur gegenüber

dem Partner zu haben. Es wird auch als

Ausweg für eine schlechter werdende

sexuelle Beziehung angesehen.

Sind Menschen von Natur aus monogam?

Nein, hier gibt es eine Diskrepanz

zwischen Natur und Kultur. Das kann

man auch an den Geschlechtsorganen

erkennen, so ist der Penis im Vergleich

zur Körpergröße sehr groß und wie eine

Saugpumpe aufgebaut, was darauf

deutet, dass früher ein starker Konkurrenzkampf

vorherrschte. Die Erklärung:

Mit der Form kann man fremde Spermien

während des Sex entfernen. Auch

Verliebtheit ist ein Teil der Sexualität,

der nach einigen Jahren abklingt und

an dessen Stelle Bindung hervorkommt.

Wir sind aber in den ersten Jahren der

Kindererziehung auf eine starke Bindung

angewiesen, um uns gegenseitig

zu beschützen. Diese Bindung ist nichts

Schlechtes, kann aber die sexuelle Vitalität

einer Beziehung eindämpfen. Erklären

kann man das mit der Bindung in Familien

untereinander, sich sexuell nicht zur

Verwandtschaft hingezogen zu fühlen -

trotz starker Bindung. Außerdem können

unsichere Bindungen Stress auslösen,

wodurch man zu anderen Personen geht,

um mit diesen Sex zu haben, wo dieser

Stress nicht besteht.

Wie lässt sich eine zuerst monogame

Beziehung erfolgreich öffnen?

Es geht, wenn man sich auf Spielregeln

einigt. Wenn zum Beispiel bei abgegrenzten

Veranstaltungen wie Swingerpartys

die Beziehung temporär geöffnet

und danach wieder geschlossen wird. Ich

glaube aber, dass eine nicht-monogame

Beziehung eher etwas Temporäres ist

und der aktuelle Trend zur Polyamorie

eine Sackgasse für Beziehungen darstellt

und eher schwierig ist.

Sind Menschen in monogamen oder

geöffneten Beziehungen besser aufgehoben?

Monogame Beziehungen im Sinne von

vertrauensvollen Beziehungen sind das

Richtige, Monogamie würde ich aber

nicht an erste Stelle stellen. Wichtiger

sind Fragen wie: Ist die Beziehung

erwachsen? Teilt man gemeinsame Werte?

Kann man einander vertrauen?

40 / RAMBAZAMBA /

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