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te. Vielleicht würde die offene Beziehung standhalten, aber
diesem Gefühlschaos gibt er keine Chance. Karynne möchte
nie mehr komplett zur Monogamie zurück. Und Max wünscht
sich seine nächste Beziehung lieber monogam – auch wenn
er drei Jahre mit seinen beiden Partnern zusammen war, war
schlussendlich genau das der Trennungsgrund. Beide waren
ihm gegenüber nicht ehrlich und entdeckten unabsichtlich
durch gemeinsame Sexpartner den Betrug aneinander.
Nicht-monogame Beziehungen sind nicht ultimativ besser
oder schlechter als monogame. Das richtige Beziehungsmodell
muss jede*r für sich selbst entdecken. Nicole Kienzl zum
Beispiel beschreibt es so: „Wenn man eine tiefe und vertrauenswürdige
Beziehung will, finde ich die monogame Beziehung
schon DIE Beziehungsform. Wobei das nicht bedeutet,
dass offene Beziehungen nicht auch tief sind.“ Nicht-Monogamie
kann vor allem dann funktionieren, wenn miteinander
offen kommuniziert wird und die Partner*innen fest verbunden
sind. Da ist die Monogamie aber gar nicht so anders.
Anmerkung: Auf den Fotos handelt es sich nicht um die Protagonist:innen
des Artikels, sondern um szenische Ausschnitte aus nachgestellten Szenen
mit Personen, die selbst nicht im Artikel vorkommen.
Wir wollten wissen, wie Psycholog*innen Nicht-Monogamie
einschätzen. Sexualpsychologe Christian Beer im Interview:
BIBER: Wie oft kommen Personen mit
dem Interesse an einer nicht-monogamen
Beziehung zu Ihnen?
CHRISTIAN BEER: Interesse per se
haben die wenigsten, es ist eher ein Rettungsversuch
der Beziehung, wenn sich
die Sexualität verschlechtert. Sehr selten
sind die Personen von Anfang an daran
interessiert; vor allem dann nicht, wenn
sie verliebt sind.
Wie erklären Sie sich das Interesse
daran?
Grundsätzlich muss man hier einmal die
Rollen in einer Beziehung definieren.
Wenn man eine fixe Beziehung haben
möchte, dann muss man Rollen auch
regulieren. In unserem Kulturkreis ist es
bestimmt von Vorteil, wenn sich die Partner
gegenseitig als Nummer 1 für den
anderen sehen. Bei Polyamorie hat man
dieses Verhältnis nicht, weil man sich
den Platz 1 eventuell teilen muss. Ein
Stück weit erkläre ich es mit der Angst,
nicht alle Bedürfnisse in einer Beziehung
unterzubekommen, zum Beispiel
sexuelles Interesse nicht nur gegenüber
dem Partner zu haben. Es wird auch als
Ausweg für eine schlechter werdende
sexuelle Beziehung angesehen.
Sind Menschen von Natur aus monogam?
Nein, hier gibt es eine Diskrepanz
zwischen Natur und Kultur. Das kann
man auch an den Geschlechtsorganen
erkennen, so ist der Penis im Vergleich
zur Körpergröße sehr groß und wie eine
Saugpumpe aufgebaut, was darauf
deutet, dass früher ein starker Konkurrenzkampf
vorherrschte. Die Erklärung:
Mit der Form kann man fremde Spermien
während des Sex entfernen. Auch
Verliebtheit ist ein Teil der Sexualität,
der nach einigen Jahren abklingt und
an dessen Stelle Bindung hervorkommt.
Wir sind aber in den ersten Jahren der
Kindererziehung auf eine starke Bindung
angewiesen, um uns gegenseitig
zu beschützen. Diese Bindung ist nichts
Schlechtes, kann aber die sexuelle Vitalität
einer Beziehung eindämpfen. Erklären
kann man das mit der Bindung in Familien
untereinander, sich sexuell nicht zur
Verwandtschaft hingezogen zu fühlen -
trotz starker Bindung. Außerdem können
unsichere Bindungen Stress auslösen,
wodurch man zu anderen Personen geht,
um mit diesen Sex zu haben, wo dieser
Stress nicht besteht.
Wie lässt sich eine zuerst monogame
Beziehung erfolgreich öffnen?
Es geht, wenn man sich auf Spielregeln
einigt. Wenn zum Beispiel bei abgegrenzten
Veranstaltungen wie Swingerpartys
die Beziehung temporär geöffnet
und danach wieder geschlossen wird. Ich
glaube aber, dass eine nicht-monogame
Beziehung eher etwas Temporäres ist
und der aktuelle Trend zur Polyamorie
eine Sackgasse für Beziehungen darstellt
und eher schwierig ist.
Sind Menschen in monogamen oder
geöffneten Beziehungen besser aufgehoben?
Monogame Beziehungen im Sinne von
vertrauensvollen Beziehungen sind das
Richtige, Monogamie würde ich aber
nicht an erste Stelle stellen. Wichtiger
sind Fragen wie: Ist die Beziehung
erwachsen? Teilt man gemeinsame Werte?
Kann man einander vertrauen?
40 / RAMBAZAMBA /