Stahlreport 2022.05
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Anarbeitung<br />
und Logistik<br />
XXXXX Bericht A XXXXX<br />
Hergarten-Gruppe baut weiter auf einen konstruktiven Dialog mit der Stahlindustrie<br />
Folgen des Ukraine-Krieges bedrohen Stahllogistik<br />
Als Marcel Hergarten, Geschäftsführer der Hergarten-Gruppe, vor vier Monaten angesichts massiver Lieferengpässe,<br />
eines gravierenden Fachkräftemangels und steigender Klimaschutzkosten in einem Interview (siehe <strong>Stahlreport</strong> 11.2021,<br />
S. 34) eindringlich an die Kooperationsbereitschaft der Stahlindustrie appellierte, ahnte er noch nicht, dass ein Krieg<br />
zwischen Russland und der Ukraine die ohnehin schon angespannte Situation der Logistikbranche von heute auf morgen<br />
rasant weiter verschärfen würde. Damals sagte der Geschäftsführer der Stahlspedition, es sei fünf vor zwölf. Heute sieht<br />
er den große Zeiger bereits auf zwei vor zwölf.<br />
Der Ukraine-Krieg hat die Situation<br />
für Logistikunternehmen verschärft.<br />
Und zwar aus Sicht von Marcel<br />
Hergarten so extrem, dass viele<br />
mittelständische Unternehmen schon<br />
jetzt um ihre Existenz bangen. In<br />
Kürze würden aufgrund der neuen<br />
Krise weitere Logistikunternehmen<br />
ihr Geschäft einstellen müssen und<br />
damit aus dem Markt ausscheiden. Es<br />
drohen einbrechende Lieferkapazitäten,<br />
die auch unmittelbar für den<br />
Endverbraucher spürbar seien.<br />
„Daran ändern auch die jüngst von<br />
der Koalition eingeführten 14 Cent<br />
Rabatt auf Diesel nichts. Meiner<br />
Meinung nach gibt es nur einen<br />
Weg aus dieser Misere.<br />
Und das ist derselbe, den<br />
ich schon vor Monaten<br />
aufgezeigt habe“, so Hergarten.<br />
Bild: Hergarten<br />
Rein preisgetriebene<br />
Entscheidungen<br />
nicht der Weg<br />
Dieser Weg führe über<br />
die Veränderungs- und<br />
Kooperationsbereitschaft<br />
der Stahlindustrie,<br />
weiter über strategische<br />
Partnerschaften<br />
bis zur gemeinsamen<br />
Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle<br />
zwischen Stahlunternehmen<br />
und Logistikpartnern wie der<br />
Hergarten-Gruppe. „In jedem Fall<br />
führt er weg von rein preisgetriebenen<br />
Entscheidungen für oder gegen<br />
eine Zusammenarbeit. Denn dass die<br />
Preise für unsere Dienstleistungen<br />
steigen werden, ist in Anbetracht der<br />
Lage im Osten Europas noch einmal<br />
frappierend klar geworden,“ betont<br />
Hergarten.<br />
Fakt sei: Die in neue Sphären geschossenen<br />
Dieselpreise und Energiekosten<br />
brechen den mittelständischen Logistikunternehmen<br />
zunehmend<br />
das Genick. Bei der Hergarten-Gruppe<br />
seien<br />
glücklicherweise<br />
fast alle Kunden an<br />
ein Diesel floater-<br />
Modell gebunden,<br />
bei dem der Kraftstoffzuschlag<br />
sich<br />
in einem bestimmten<br />
Rhythmus automatisch<br />
an die Entwicklung des<br />
Kraftstoffpreises anpasst. So auch im<br />
März 2022, wo er wöchentlich entsprechend<br />
der sehr dynamischen Entwicklung<br />
geändert wurde.<br />
Für Erleichterung sorge das aber nur<br />
kurzfristig. Denn zusätzlich sind auch<br />
„Dass die<br />
Preise für unsere<br />
Dienstleistungen steigen<br />
werden, ist noch<br />
einmal frappierend<br />
klar geworden.“<br />
Fahrerlöhne sowie die direkten und<br />
indirekten Transportkosten zum Jahresbeginn<br />
2022 dramatisch gestiegen,<br />
beispielsweise Adblue zur Reduzierung<br />
der Stickoxidemissionen<br />
(+100 %), Treibgas für den Lagerumschlag<br />
(+15 %), Lkw-Neuanschaffungen<br />
(+12 %), Ersatzteil-Preise (+12 %)<br />
und die Stundenverrechnungssätze<br />
der Fachwerkstätten (+4%).<br />
Energiehilfe für Lkw wäre<br />
sinnvoller gewesen<br />
„Die Endverbraucher werden diese<br />
dramatischen Entwicklungen im<br />
Transportsektor zunehmend<br />
durch etliche Preiserhöhungen<br />
zu spüren bekommen.<br />
Die 14 Cent<br />
Rabatt auf den Liter<br />
Diesel kann den<br />
Endverbrauchern<br />
gar nicht die erhoffte<br />
Entlastung bringen.<br />
Bei durchschnittlich<br />
100 l pro zugelassenen<br />
Pkw (aktuell ca. 67 Mio. Fahrzeuge)<br />
und Monat kann der Durchschnittsbürger<br />
gerade einmal 14 € im<br />
Monat sparen. Wem hilft das wirklich<br />
weiter? Die 937 Mio. €, die der Staat<br />
monatlich für diesen Minimaleffekt<br />
ausgibt, wären deutlich besser inves-<br />
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