22. LESBISCH SCHWULE FILMTAGE HAMBURG
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30 ----- SCHWERPUNKT TÜRKEI<br />
Schwerpunkt –––––––––––––––<br />
MERHABA LSF<br />
Vom modernen Leben in den Metropolen bis zu bäuer-<br />
lich-religiösen Gesellschaften auf dem Land bietet<br />
die Türkei ein breites Spektrum an Lebenswelten.<br />
Wie aber lebt die queere Community? Gibt es sie<br />
überhaupt?<br />
Von der (Un-) Möglichkeit, als (Trans*-)Frau in den<br />
starren Geschlechterrollen der türkischen Gesellschaft<br />
zu bestehen oder auch nur darüber zu sprechen, wird<br />
in „Wer bist Du, dass Du sprichst“ berichtet. Die Unsichtbarkeit<br />
lesbischer Frauen in Istanbul, dieser Stadt,<br />
die sich nach außen hin modern und tolerant gibt,<br />
versucht eine junge Fotografin in „Bana Bak – Schau<br />
mich an“ festzuhalten. Der unsäglichen Situation<br />
schwuler Männer im Militär, genauer bei der Musterung<br />
zur Wehrpflicht, widmet sich „Çürük – The Pink Report“,<br />
von der Auseinandersetzung mit der Religion in Frage<br />
berichtet „Das schönste Ge schenk“. Die Lebensreise<br />
eines außergewöhnlichen Menschen zeichnet „Me &<br />
Nuri Bala“ nach – und wir freuen uns sehr, nach dem<br />
Film Blessless Maho ney und Dr. Katrin Jäger-Matz<br />
zu Gast zu haben, die nach dem Film bei „Kreischberger’s“<br />
auf dem Talksofa mit der Protagonistin und<br />
Euch diskutieren wer den. Auch in „Teslimiyet“ geht<br />
es um Besonderheiten, die von der Mainstream-Gesellschaft<br />
lieber als Abnormitäten wahrgenommen<br />
wer den. Der an Almodóvar erinnern de Spielfilm nimmt<br />
uns mit ins Istanbuler Rotlichtviertel. Einen Einblick<br />
in die türkische LGBTQ-Bewegung gibt schließlich<br />
„Das andere Istanbul“, in dem Aktivist_in nen zu Wort<br />
kommen und über die Lage der queeren Community,<br />
die es nämlich durchaus gibt, berichten. creu<br />
Turkey’s society is multifaceted: from traditional,<br />
religious farming communities to modern lifestyles<br />
in the city. And where does the queer community<br />
fit in? Does it even exist? Our film series goes in<br />
search of an answer and finds transsexuals without<br />
a voice (“Wer bist Du, dass Du sprichst”), invisible<br />
lesbians in the cosmopolitan city of Istanbul (“Bana<br />
Bak – Sieh mich an”) and gay men degradingly<br />
exempted from military service (“Çürük – The Pink<br />
report”); three inspiring Muslims (“Das schönste<br />
Geschenk”), a feminist transvestite (“Me and Nuri<br />
Bala”) and LGBT activists (“Das andere Istanbul”).<br />
The Almodóvaresque feature film “Teslimiyet – Other<br />
Angels” tells the story of transsexual sexworkers.<br />
A special edition of the Talk Sofa will take place in<br />
the cinema after the showing of the film “Me and<br />
Nuri Bala”.<br />
BANA BAK –<br />
SCHAU MICH AN<br />
B-Movie, Samstag <strong>22.</strong>10., 15.00 Uhr<br />
Ayla Gottschlich, Deutschland 2008, 60‘, digital,<br />
türkische Originalfassung mit deutschen<br />
Untertiteln<br />
„Schau mich an, bleib ganz locker“. Nevruz fotografiert<br />
lesbische Frauen in Istanbul, die offen Gesicht<br />
zeigen. Von der Kamera über Monate begleitet, erhalten<br />
wir dabei nicht nur Einblicke in die Schicksale<br />
der Fotografierten, sondern vor allem in das der<br />
Fotografin selbst. Diese hat zehn Jahre nach ihrem<br />
Outing noch immer nicht die Akzeptanz erfahren, die<br />
sie in ihrem ehrgeizigen Projekt wecken will. Dazu<br />
rief sie in zahlreichen Anzeigen zur Teilnahme an einem<br />
Fotoshooting auf, bei dem sich die Frauen so<br />
präsentieren wie sie sind: out and proud. Eine einfühlsame<br />
Dokumentation des mutigen und ehrgeizigen<br />
Weges einer jungen Frau auf der Suche nach<br />
Anerkennung. jk<br />
“Bana Bak” documents the photographer Nevruz as<br />
she takes pictures over several months of out lesbian<br />
women in Istanbul. Nevruz’s life, too, becomes part<br />
of the documentary, as we learn that her own family<br />
still struggles to accept her the way she is: out and<br />
proud. An empathetic portrait of same-sex love in a<br />
city where hardly anyone dares to speak its name.<br />
Zusammen mit:<br />
WER BIST DU, DASS DU SPRICHST?<br />
Maria Binder, Verena Franke, Deutschland 2006,<br />
64‘, digital, türkische Originalfassung mit<br />
deutschem Voice-Over<br />
„Wer bist du, dass du sprichst?“ In der Türkei haben<br />
Frauen keine Macht über ihren Körper, in ihrer von<br />
Männern dominierten Welt verfügen diese darüber.<br />
Schonungslos ehrlich erzählen fünf Frauen und<br />
Transsexuelle von ihrem Leben nach Folter und Vergewaltigungen<br />
durch türkische Staatsangestellte und<br />
ihrem Kampf um Selbstbestimmung.<br />
Martina Binder ist als Gast angefragt.<br />
Together with “Who are you to speak?” in which five<br />
women and transexuals tell of their institutionalised<br />
torture and rape and their fight for bodily autonomy.<br />
ÇÜRÜK –<br />
THE PINK REPORT<br />
Passage 2, Donnerstag 20.10., 20.15 Uhr<br />
Ulrike Böhnisch, Deutschland 2010, 75‘, digital,<br />
englisch/deutsch/türkische Originalfassung mit<br />
deutschen Untertiteln<br />
Dieser Film stellt folgende Bedingungen: keine Namensnennung,<br />
keine Gesichter, keine Verwendung<br />
von O-Tönen ohne vorherige Freigabe. Die Brisanz<br />
des Themas ist damit von Anfang an überdeutlich,<br />
Ulrike Böhnisch öffnet mit ihrer Dokumentation ein<br />
Pulverfass. Sie zeichnet das Ausmusterungsverfahren<br />
nach, das Schwulen in der Türkei ermöglicht,<br />
die Wehrpflicht zu umgehen. Dabei müssen sie den<br />
Nachweis erbringen, dass sie an der „psychischen<br />
Störung Homosexualität“ leiden. Die Prozedur führt<br />
über Psychotests und Analuntersuchungen bis hin<br />
zur Einforderung von Fotos, die den Antragsteller<br />
beim Sex zeigen. Die Auswirkungen auf die Selbstachtung<br />
der Betroffenen sind überdeutlich, wenn einer<br />
der Gesprächspartner unsicher fragt: „Bin ich<br />
ein richtiger Mann?“. cl<br />
www.curuk-film.de<br />
In Anwesenheit von Ulrike Böhnisch.<br />
Ulrike Böhnisch’s impressive documentary “Çürük”<br />
is a tinder box: an intense, entirely anonymous recording<br />
of the mortifying procedure used by the Turkish<br />
state to make it possible for gay men to exempt themselves<br />
from military service. The humiliation includes<br />
pyschological tests, anal examinations and the photographical<br />
proof of gay sex.<br />
Zusammen mit:<br />
DAS SCHÖNSTE GESCHENK, Leila Mukhida &<br />
Subir Che Selia, Deutschland, 2011, 20‘, digital,<br />
deutsche Originalfassung mit englischen Untertiteln<br />
„Das Schönste Geschenk“ vervollständigt den Blick<br />
auf Glauben und Homosexualität. Ein intimes Portrait<br />
über drei inspirierende Personen aus der muslimischen<br />
Community, die über ihre Erfahrungen zwischen<br />
Körperlichkeit und Religion berichten. svd<br />
In Anwesenheit von Leila Mukhida.<br />
Together with “The loveliest present”, an intimate<br />
portrait of three inspiring Muslims and their views on<br />
faith and homosexuality.<br />
DAS ANDERE ISTANBUL<br />
THE OTHER SIDE OF ISTANBUL<br />
Passage 2, Donnerstag 20.10., 18.00 Uhr<br />
Döndü Kılıç, Deutschland 2008, 83‘, digital,<br />
türkisch/englisch/niederländische Originalfassung<br />
mit deutschen Untertiteln<br />
Istanbul, Stadt der Geschichten, Stadt der zwei Kontinente.<br />
Die strahlende Metropole am Bosporus gilt<br />
weithin als europäischster Teil der Türkei, als schwu -<br />
les Mekka Europas. Die andere Seite der Millionenstadt<br />
jedoch ist geprägt von einer erstarkenden islamisch-konservativen<br />
Bewegung. Mehmet, Militärdienstverweigerer,<br />
2006 verhaftet und nun auf<br />
freiem Fuß mit weiterhin bestehendem Haftbefehl,<br />
ist der Vorkämpfer für Lambda Istanbul, der einzigen<br />
LGBTQ-Vereinigung der Stadt. Güney träumt davon,<br />
als Transsexueller anerkannt zu werden. Bawer<br />
will keine Lügen mehr erzählen und aus verletztem<br />
Stolz und wegen der vermeintlichen Moralvorstellungen<br />
der Familie Freundinnen erfinden müssen. Dabei<br />
drängt sie alle der Wille nach einem Leben abseits der<br />
festgefahrenen Regeln der türkischen Gesellschaft, in<br />
der die „es¸ cinsel“ keinerlei Rechte besitzen. Döndü<br />
Kılıç portraitiert eine Stadt, in der Homo sexualität mit<br />
Krankheit gleichzusetzen ist, und eine Stadt der erkauften<br />
Freiheit: das anderen Istan bul.<br />
Die Türkei bildet in der Menschenrechtsarbeit von<br />
Amnesty International ein Schwerpunktland. Im Anschluss<br />
an den Film spricht Ben Reichel von MERSI<br />
Hamburg mit Barbara Neppert (Amnesty Koordinationsgruppe<br />
Türkei) sowie mit dem Dokumentarfilmer<br />
und Autor Halil Gülbeyaz, der in der Türkei aufgewachsen<br />
ist und heute in Hamburg und Istanbul<br />
lebt. jk<br />
Istanbul, city of two continents, is portrayed in<br />
Döndü Kılıç‘s film as a city with two faces: on the<br />
one hand, a popular holiday destination for gay<br />
men, but also a city characterized by a growing<br />
number of conservative, traditional forces. The<br />
documentary draws its portrait in conversations<br />
with various gay and transsexual men as they<br />
struggle to live their lives in a society where they<br />
have no rights, in a city where homosexuality is<br />
considered an illness.<br />
Präsentiert von MERSI<br />
(Menschenrechte und<br />
sexuelle Identität)<br />
BEN VE NURI BALA<br />
ME & NURI BALA<br />
Studio, Freitag 21.10., 18.00 Uhr<br />
Melisa Önel, Türkei 2009, 44‘, digital, türkische<br />
Originalfassung mit deutschen Untertiteln<br />
Im Anschluss Talksofa<br />
Mehmet, Çiˇgdem, Esmeray – Nuri trägt viele Namen.<br />
Jeder davon bezeichnet eine Station ihres Lebens.<br />
Geboren als Mehmet Nuri, verbringt Esmeray ihre<br />
Kindheit und Jugend in einem kleinen kurdischen<br />
Dorf. Das als Junge behandelte Kind trägt gern die<br />
Kopftücher seiner Mutter, die Schläge des Vaters geben<br />
ihm das Gefühl, wie eine „richtige Tochter“ behandelt<br />
zu werden. Später, verliebt in den um Jahre<br />
älteren Nachbarn, entdeckt Nuri Bala eine sexuelle<br />
Identität, die in der Provinz nicht auslebbar ist und<br />
flüchtet unter dem Namen Çiˇgdem nach Istanbul.<br />
Dort als Feministin und Prostituierte unterwegs,<br />
macht sie jahrelang die Straßen der Stadt unsicher.<br />
Heute hat sie schließlich dem Rotlicht den Rücken<br />
zugekehrt und arbeitet als Muschelverkäufer_in.<br />
Nun nennt sich Nuri Bala Esmeray und erzählt auf<br />
der Bühne ihrer eigenen Show „The Witch‘s Bundle”<br />
die Geschichte der langen Reise zu sich selbst und<br />
durch das trügerische Paradies türkischer Transvestiten.<br />
Nach dem Film empfangen Dr. Katrin Jäger-Matz<br />
und Blessless Mahoney Esmeray und andere Gäste<br />
bei „Kreischbergers“ auf dem Talksofa. jk/creu/ku<br />
www.meandnuribala.com<br />
Nuri is her last name – her first names are various,<br />
and each of them tells a story. Born in a village in<br />
rural Kurdistan, Mehmet Nuri soon discovers that<br />
she loves to wear her mother’s headscarves. As she<br />
sees no future in the country, Mehmet, now Çiˇgdem,<br />
leaves for Istanbul, where she lives as a feminist and<br />
a prostitute, deeply entangled in the delusive paradise<br />
of Turkish transvestites … After the screening we are<br />
pleased to welcome Dr. Katrin Jäger-Matz, Blessless<br />
Mahoney and special guests to the Talk Sofa.<br />
SCHWERPUNKT TÜRKEI ----- 31<br />
TESLIMIYET<br />
OTHER ANGELS<br />
Studio, Freitag 21.10., <strong>22.</strong>30 Uhr<br />
Emre Yalgin, Türkei 2010, 84‘, 35 mm,<br />
türkische Originalfassung mit deutschen<br />
Untertiteln<br />
Gökhans Freundin ist nur mäßig begeistert, als dieser<br />
sie mit einer gemeinsamen Wohnung in einem Istanbuler<br />
Rotlichtviertel überraschen will: Sie verlässt<br />
ihn umgehend. Auf dem Grund seines Trauerloches<br />
begegnet er Hayat, Mavi, Aygül und Sanem. Die vier<br />
leben und arbeiten in seiner Nachbarschaft und haben<br />
dort – wenn auch häufig konfrontiert mit Gewalt<br />
durch Freier und Repressalien der Polizei – ihre eigene<br />
Freiheit gefun den, nämlich endlich jenseits der<br />
Konventionen des Hin terlandes oder der konservativen<br />
Vorstellungen der leiblichen Familien als Frauen<br />
zu leben und sich ge genseitig Anerkennung, Respekt<br />
und Liebe zu schenken. Sanem hat von Anfang<br />
an ein Auge auf Gökhan geworfen und auch Gökhan<br />
ist die schöne Sanem aufgefallen. Als schließlich ein<br />
Unglück passiert, scheint Gökhan Sanems letzte Rettung<br />
zu sein. Den Preis dafür zu bezahlen wird sie<br />
sich aber am Ende nicht erlauben können: Ihre Identität<br />
hat sie in ihrem bisherigen Leben schon zu viel<br />
gekostet, als dass sie diese für vermeintliche Sicherheit<br />
einfach aufgeben könnte. Ein Film, der ein wenig<br />
an Almodóvar erinnert, und in dem möglicherweise<br />
die schön sten traurigen Augen des Festivals zu<br />
sehen sind. gam<br />
www.teslimiyetfilm.com<br />
Gökhan has a new flat in Istanbul’s red light district,<br />
but has just been left by his girlfriend. Looking for<br />
solace, he meets his new neighbours, a group of four<br />
transsexuals who have found a certain amount of<br />
self-determined freedom in the neighbourhood. A<br />
romance begins between Gökhan and Sanem with<br />
the beautiful eyes, but when adversity comes, Sanem<br />
has to decide between her hard-fought freedom and<br />
the security that Gökhan appears to offer her.