#ticinomoments 2023
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28 <strong>#ticinomoments</strong><br />
In der Mitte des Raumes, ein Rennrad. Darum<br />
herum, MTB-Magazine, Fotos, Aufkleber und<br />
Posters, und in einer Ecke ein paar historische<br />
Trachten für die nächste Telemark-Zusammenkunft.<br />
Das Haus von Hans Bandi, Inhaber des<br />
Bed&bike Tremola San Gottardo in Airolo im<br />
Leventinatal, steckt voller Geschichte – und<br />
Geschichten. Beim Erzählen leuchten seine<br />
Augen wie die eines kleinen Jungen. Hans ist<br />
in dem Bergdorf am Fusse des Gotthards aufgewachsen.<br />
Hier kennen sich alle, und er wird<br />
mit einem gewissen Stolz als Vater des Tessiner<br />
Telemarks angesehen. «Wenn nicht sogar», wie<br />
er lachend hinzufügt, «als Grossvater!»<br />
Er erinnert sich noch gut an seine erste Begegnung<br />
mit dieser Ski-Randsportart: «Ich war<br />
fünfzehn Jahre alt und half im Sportgeschäft<br />
des Dorfes aus, um etwas Geld zu verdienen.<br />
Eines Tages kam ein Dynastar-Vertreter vorbei<br />
und überliess mir ein Paar Telemark-Ski zum<br />
Ausprobieren.» Zunächst als Autodidakt und<br />
später mithilfe eines Telemark-Trainers aus<br />
der damaligen Masters-Nationalmannschaft in<br />
Andermatt, perfektionierte Hans seine Technik.<br />
Telemark gab ihm ein Gefühl von Freiheit,<br />
wie es keine andere Wintersportart tat. Kein<br />
Wunder, dass diese Disziplin im Laufe der Jahre<br />
das Interesse vieler geweckt hat, die sich selbst<br />
beweisen wollen oder einfach nur neugierig<br />
auf die Ursprünge des alpinen Skifahrens sind.<br />
TELEMARKADA, FOLKLORE AUF DER PISTE<br />
Hans Bandi wurde zum Telemark-Experten und<br />
organisierte im Jahr 2003 im Rahmen vom Sportförderprogramm<br />
des Bundes Jugend+Sport den<br />
ersten Kurs im Tessin. Das war der Wendepunkt.<br />
Der Telemark-Kurs war ein absolutes Novum,<br />
und es nahmen Leute aus allen Altersgruppen<br />
und aus dem ganzen Kanton daran teil. «Eine<br />
kleine Gruppe von Freunden aus dem Bleniotal<br />
war besonders enthusiastisch», erinnert er sich.<br />
Ebendiese kleine Gruppe organisierte später<br />
im Jahr, mit Unterstützung des von Hans gegründeten<br />
Telemark Club Ticino, die erste Zusammenkunft<br />
im Skigebiet Nara im Bleniotal.<br />
So entstand die Telemarkada, eine zweitägige<br />
Veranstaltung, die die Disziplin der Pioniere des<br />
alpinen Skisports feiert. Das Rezept ging auf<br />
Anhieb auf: eine Mischung aus Unterhaltung,<br />
Amateurwettbewerben in historischen Trachten<br />
und – wie könnte es anders sein – reichlich Essen<br />
und Trinken mit musikalischer Unterhaltung bis<br />
spät in die Nacht.<br />
Nach zwanzig Jahren läuft die Organisationsmaschinerie<br />
der Telemarkada nun auf Automatik,<br />
aber die Leidenschaft, mit der die Menschen vom<br />
Bleniotal dieses Ereignis erleben, ist immer noch<br />
dieselbe wie bei der ersten Ausgabe.<br />
LEIDENSCHAFT AUF ZWEI RÄDERN<br />
Hans Bandi langweilt sich auch im Sommer<br />
nicht, denn da organisiert er Radrennen im<br />
Tessin, insbesondere in der Gotthardregion. Es<br />
sind oft internationale Rennen, die im Tessin<br />
Halt machen. Der gemeinsame Nenner dieser<br />
Veranstaltungen ist die Tremola, die legendäre<br />
Passstrasse über den Gotthard, die in der Radgemeinschaft<br />
als das Paris-Roubaix der Alpen gilt.<br />
Der Veranstaltungskalender ist prall gefüllt: von<br />
der ÖKK Bike Revolution auf dem Monte Ceneri<br />
über den Granfondo San Gottardo bis hin zur<br />
Leggendaria, dem Radrennen auf historischen<br />
Fahrrädern mit Start in Airolo.<br />
«Die Wintersaison ist kürzer geworden», erklärt<br />
Hans, «und die Sommersaison länger.» Deshalb<br />
hat er 2018 beschlossen, der Bar Simmen<br />
in Airolo eine neue Ausrichtung zu geben und<br />
sie in eine Einrichtung für das Velovolk (aber<br />
nicht nur) umzuwandeln. Heute empfängt das<br />
Bed&bike Tremola San Gottardo Gäste aus aller<br />
Welt, verwöhnt sie mit jedem Komfort und trägt<br />
dazu bei, die Besonderheiten der Region bekannt<br />
zu machen. Am Eingang zum Bed&bike Tremola<br />
San Gottardo hat Hans Stühle aufgestellt. Hier<br />
unterhält er sich oft mit den vorbeifahrenden<br />
Radlerinnen und Radlern: «Mittlerweile brauche<br />
ich nur noch einen Blick auf ihr Gepäck zu werfen,<br />
um zu verstehen, was für Leute das sind und<br />
was sie brauchen.» Eine Geschichte führt zur<br />
nächsten, und Hans Bandi hat zweifellos noch<br />
viele Pläne für die Zukunft.<br />
01<br />
02<br />
Bed&bike Tremola San Gottardo<br />
Der ideale Ort für Radfahrer:innen und alle Abenteuerlustigen, die das nördliche<br />
Leventinatal entdecken wollen. Die Einrichtung umfasst eine Do-it-yourself<br />
Werkstatt mit kleinen Ersatzteilen, einen geschlossenen Fahrradschuppen,<br />
einen Informationspunkt mit Karten und Verleihangeboten, eine Wäscherei zum<br />
Auffrischen der Sportkleidung, eine E-Bike-Ladestation und einen Platz zum<br />
Waschen der Fahrräder. Für einen guten Start in den Tag sorgt das reichhaltige<br />
Frühstück mit lokalen Produkten (tremola-sangottardo.ch).