Klinikmagazin 1/2023
Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum
Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum
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TITELTHEMA<br />
Prof. Jutta Hübner legt bei ihrer Beratung<br />
krebskranker Patientinnen und Patienten<br />
großen Wert darauf, ausschließlich<br />
begleitende Therapien zu empfehlen,<br />
deren Wirksamkeit wissenschaftlich<br />
belegt sind. So kann ein Waldspaziergang<br />
wesentlich sinnvoller sein als eine<br />
Heilkräutermischung als Infusion.<br />
Fotos: Szabó / Aaron Burden on Unsplash<br />
nutzen, die wöchentlich zusammen<br />
mit der Thüringischen Krebsgesellschaft<br />
angeboten wird. Auch bei den<br />
regelmäßigen Online-Vorträgen dürfen<br />
individuelle Fragen gestellt werden.<br />
Selbst aktiv werden<br />
Wie komplementäre Medizin Erkrankten helfen kann<br />
Nach dem ersten Schock über ihre<br />
Krebsdiagnose haben viele Patientinnen<br />
und Patienten den Wunsch, selbst<br />
aktiv zu werden. Doch was ist das Richtige?<br />
Sie auf dem Weg zu einer für sie<br />
passenden Antwort zu unterstützen,<br />
ist das Anliegen von Prof. Jutta Hübner.<br />
Seit 2017 betreut sie die Ambulanz für<br />
Naturheilkunde und Integrative Onkologie<br />
der Klinik für Innere Medizin II<br />
am UKJ. Es ist die einzige Anlaufstelle<br />
in Thüringen, bei der Betroffene eine<br />
Beratung zur komplementären Medizin<br />
erhalten, die wissenschaftlich fundiert<br />
und in die onkologische Versorgung<br />
integriert ist.<br />
„Komplementär“ meint „begleitend“<br />
– und so berücksichtigt Prof. Hübner<br />
bei all ihren Beratungen sehr genau<br />
die individuelle Tumortherapie der<br />
Patienten. Keinesfalls sollen die Maßnahmen<br />
die eigentliche Krebstherapie<br />
ersetzen. Sie sind keine Alternative. Ziel<br />
ist viel mehr, jedem Patienten ein aufeinander<br />
abgestimmtes Gesamtpaket<br />
anzubieten – aus wissenschaftlich fundierter<br />
Krebstherapie, Nebenwirkungsmanagement<br />
sowie Begleittherapien<br />
zu Ernährung, Sport und ausgewählten<br />
Naturheilverfahren. Komplementäre<br />
Medizin umfasst alles, was die Erkrankten<br />
selbst tun können – und das können<br />
auch Entspannungstechniken, Gespräche<br />
oder Gebete sein.<br />
„Selbst etwas zu tun, ist für Patientinnen<br />
und Patienten ein ganz zentrales<br />
Thema“, so Prof. Hübner. Bis zu 90 Prozent<br />
hat Interesse an komplementärer<br />
Krebstherapie und vermutlich mindestens<br />
die Hälfte probiert irgendetwas<br />
aus – oft, ohne sich mit dem Arzt oder<br />
der Ärztin darüber abzustimmen. In<br />
der medizinischen Krebsbehandlung,<br />
so die Erfahrung von Prof. Hübner, sind<br />
begleitende Therapien dennoch bisher<br />
ein Randthema.<br />
Dass sich viele Kolleginnen und Kollegen<br />
damit schwertun, auf diesem<br />
Gebiet zu beraten, liege auch an der<br />
schwierigen Studienlage: Die Wirksamkeit<br />
vieler Methoden und Wirkstoffe<br />
ist bisher schlicht nicht belegt. Ihr<br />
wissenschaftlicher Anspruch sei „extrem<br />
hoch“, so Prof. Hübner. Sie empfehle<br />
daher ausschließlich Methoden,<br />
deren Wirksamkeit wissenschaftlich<br />
nachgewiesen ist. „Patientinnen und<br />
Patienten investieren viel Zeit, Geld<br />
und Emotionen in diese Therapien und<br />
ich möchte, dass sie die bestmöglichen<br />
bekommen“, so Prof. Hübner,<br />
die mit Ihrem Team neu veröffentlichte<br />
Studien sehr kritisch prüft. „Wir<br />
gehören weltweit zu den führenden<br />
Zentren, wenn es darum geht, Betrug<br />
zu entlarven.“ Bisweilen streitet sie<br />
auch mit den Befürwortern einzelner<br />
Methoden, um deutlich zu machen,<br />
wie wichtig die hohen Anforderungen<br />
an die wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise<br />
sind. „Wenn Studien<br />
ergeben, dass ein Waldspaziergang<br />
empfehlenswerter ist als eine teure<br />
Infusion mit einer Heilkräutermischung,<br />
dann bin ich für den Waldspaziergang“,<br />
so Prof. Hübner.<br />
Einzelberatungen<br />
Per Telefon, als Videokonferenz oder<br />
persönlich in den Räumen der Thüringischen<br />
Krebsgesellschaft (Thüringische<br />
Krebsgesellschaft e.V., Am Alten<br />
Güterbahnhof 5, 07743 Jena)<br />
Anmeldung:<br />
03641 9-32 42 56<br />
integrative.onkologie@med.uni-jena.de<br />
Auch der Faktor Zeit spielt für Prof.<br />
Hübner eine besondere Rolle. Für ein<br />
Einzelgespräch nimmt sie sich jeweils<br />
eine Stunde. „Das ist eine Besonderheit,<br />
die es im normalen medizinischen<br />
Betrieb sonst kaum gibt.“ Sie hat Zeit,<br />
um zuzuhören und um Möglichkeiten<br />
aufzuzeigen. Dass Erkrankte als informierte<br />
Patienten entscheiden und<br />
sich nicht allem ausgeliefert fühlen,<br />
sei eine wesentliche Komponente<br />
komplementärer Medizin. Jeder onkologische<br />
Patient, der Interesse an einer<br />
Beratung hat, erhält bei Prof. Hübner<br />
meist innerhalb von zwei Wochen einen<br />
Gesprächstermin. Darüber hinaus kann<br />
jeder die offene Video-Sprechstunde<br />
Online-Seminar: ONKO-KREIS<br />
Kostenfreie Vorträge für Erkrankte und<br />
Angehörige der Ambulanz für Naturheilkunde<br />
und Integrative Onkologie<br />
der Klinik für Innere Medizin II und der<br />
Thüringische Krebsgesellschaft e. V.<br />
Informationen unter:<br />
www.thueringische-krebsgesellschaft.de<br />
„Wir haben unsere Angebote mittlerweile<br />
komplett digitalisiert – was extrem<br />
gut angenommen wird“, so Prof.<br />
Hübner. Dadurch erreiche sie – ganz<br />
niederschwellig – Patientinnen und<br />
Patienten von Berchtesgarden bis<br />
Flensburg. Diese gut zu unterstützen<br />
sei wichtig – egal, wo sie sich gerade<br />
in Behandlung befinden. „In unserem<br />
Beratungsgespräch geht es darum, die<br />
Patientinnen und Patienten so auszurüsten,<br />
dass sie eine gute komplementäre<br />
Medizin für sich verantworten<br />
können“, so Prof. Hübner. Es geht um<br />
einfache Maßnahmen, die sie selbstständig<br />
umsetzen können und die<br />
wenig oder gar nichts kosten. „Alles,<br />
was mehr als einen Euro pro Tag kostet,<br />
ist – von ganz wenigen Ausnahmen<br />
abgesehen – verdächtig auf Scharlatanerie.“<br />
Anke Schleenvoigt<br />
Expertensprechstunde<br />
Offene Online-Seminare von wechselnden<br />
Referenten mit einführendem Vortrag<br />
und der Möglichkeit, individuelle<br />
Fragen zu stellen<br />
Informationen unter:<br />
www.krebs gesellschaft-thueringen.de/<br />
expertensprechstunden<br />
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