23.01.2023 Aufrufe

Klinikmagazin 1/2023

Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum

Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

TITELTHEMA<br />

Leiten das UTC in Jena: Dr. Katharina Paul<br />

als administrative Geschäftsführerin<br />

und apl. Prof. Thomas Ernst als<br />

ärztlicher Geschäftsführer.<br />

Foto: Szabó<br />

Wann startet das Mitteldeutsche<br />

Exzellenzzentrum?<br />

Prof. Hochhaus: Natürlich ist noch nicht<br />

alles fertig. Gerade die digitale Vernetzung<br />

braucht eine Infrastruktur, entsprechende<br />

Software sowie beispielsweise<br />

Apps, die der Patient ganz einfach<br />

nutzen kann. Das bauen wir gerade auf.<br />

Im Moment ist der persönliche Kontakt<br />

noch der häufigste Weg.<br />

Ein erstes Beispiel ist der onkologische<br />

Teil des WeCare-Projektes.<br />

Zwei Landkreise, Weimarer Land<br />

sowie Saalfeld-Rudolstadt, möchten<br />

wir als Modellregion aufbauen.<br />

Die Deutsche Krebshilfe hat begleitend<br />

dazu eine Ausschreibung gestartet, größere<br />

Regionen für einen Klinikverbund<br />

entsprechend auszustatten und diesen<br />

regionalen Verbund an die Onkologischen<br />

Spitzenzentren anzubinden, um<br />

hier die Kooperation zu erleichtern.<br />

Können Sie das näher erläutern?<br />

Prof. Hochhaus: Die Deutsche Krebshilfe<br />

hat erkannt, dass alle Regionen<br />

an moderne Krebsversorgungsstrukturen<br />

und Therapieverfahren angebunden<br />

sein müssen. Dafür braucht<br />

es einerseits starke Zentren, parallel<br />

dazu aber auch Verbünde in der Fläche.<br />

Wie man solche Verbünde gestalten<br />

kann, dafür braucht es Ideen beziehungsweise<br />

sogar einen Ideenwettbewerb.<br />

Es geht um die Frage: Wie kommt<br />

der Patient am leichtesten an die<br />

neuesten Informationen, ohne seine<br />

Basisbehandlung zuhause zu verlieren?<br />

Beides ist wichtig.<br />

Exzellente<br />

Patientenversorgung<br />

Grundlagenforschung<br />

&<br />

klinische<br />

Forschung<br />

Was ist mit den ganz speziellen Therapien,<br />

zum Beispiel der CAR-T-Zell-<br />

Therapie? Diese bekommt man sicher<br />

schwer in die Fläche transportiert.<br />

Prof. Hochhaus: Es wird immer ganz<br />

neue, innovative Therapien geben,<br />

die nur vor Ort im Zentrum stattfinden<br />

können. Aber diese Therapien wenden<br />

wir meistens erst dann an, wenn die<br />

Basistherapie nicht erfolgreich ist.<br />

Wir sprechen von sogenannten Zweitlinien-<br />

oder Drittlinientherapien. Hierfür<br />

bieten wir auf den verschiedensten<br />

Gebieten dann auch klinische Studien<br />

an, die wirklich mit sehr modernen,<br />

zielgerichteten Verfahren arbeiten.<br />

Diese besonderen Therapien werden<br />

nicht in jedem Ort, in jedem Krankenhaus<br />

angeboten werden können,<br />

jedoch in überschaubarer Distanz zum<br />

Patienten.<br />

Krebspatienten waren bislang oft<br />

der Auffassung, nur in Heidelberg<br />

könnten sie die beste Krebsbehandlung<br />

bekommen. Ihren Aussagen<br />

zufolge ist das nicht mehr der Fall?<br />

Prof. Hochhaus: Richtig. In 99 Prozent<br />

ist dies nicht erforderlich, weil wir in<br />

Regionales<br />

Netzwerk<br />

Krebsprävention<br />

Thüringen – in Kooperation mit Leipzig<br />

– auch modernste Therapien für nahezu<br />

alle Patienten anbieten können.<br />

Das Thema Forschung spielt im<br />

Mitteldeutschen Krebszentrum eine<br />

zentrale Rolle, war sogar eine Voraussetzung<br />

für die Akkreditierung.<br />

Wie organisieren wir diese gemeinsam<br />

mit Leipzig?<br />

Prof. Hochhaus: Jeder Standort hat<br />

Forschungsschwerpunkte. Deshalb<br />

haben wir Konzepte erarbeitet, wie<br />

wir diese Schwerpunkte jeweils<br />

dem anderen zugänglich machen<br />

können. So gelingt es, sehr breit<br />

Forschungsergebnisse in die klinische<br />

Praxis übersetzen zu können.<br />

Zwei Beispiele: Schwerpunkt in Jena<br />

ist die digital unterstützte Präzisionschirurgie<br />

und lokale Therapie. Dafür<br />

arbeiten wir sehr eng mit dem Leibniz-<br />

IPHT (Leibniz-Institut für Photonische<br />

Technologien) zusammen, um Operationsmethoden<br />

sicherer zu machen, die<br />

komplette Tumorentfernung zu verbessern<br />

und vor allem eine schnellere Diagnostik<br />

zu ermöglichen. Das Ganze ist<br />

gebunden an Verfahren der Künstlichen<br />

Intelligenz (KI), die wiederum in Leipzig<br />

in einem eigenen Institut gut etabliert<br />

ist. Diese Kooperation aus Grundlagen<br />

der Optik und Photonik, Operationsmethoden<br />

und KI ist einzigartig.<br />

Ein zweites Beispiel ist die Immuntherapie,<br />

und zwar sowohl auf zellulärer<br />

als auch auf Antikörperebene.<br />

Beide Methoden sind im Zentrum auf<br />

klinischer Ebene gut etabliert, sichtbar<br />

durch innovative Anwendung im Rahmen<br />

von Krebstherapiestudien, zum<br />

Beispiel bei Tumoren des blutbildenden<br />

Systems, bei Tumoren der Haut, des<br />

Urogenitalsystems, der Lunge oder des<br />

Magen-Darm-Traktes. Für die Entwicklung<br />

und Herstellung der erwähnten<br />

CAR-T-Zellen gibt es in Leipzig ein Institut,<br />

das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie<br />

und Immunologie. Das UKJ hat<br />

sich in Kooperation mit dem Leibniz-<br />

Institut für Naturstoff-Forschung und<br />

Infektionsbiologie (Hans-Knöll-Institut)<br />

mit seiner Expertise in den klinischen<br />

Studien sowie in der immunologischen<br />

Diagnostik und Grundlagenforschung<br />

angeschlossen, um die Immuntherapie<br />

weiterzuentwickeln beziehungsweise<br />

neue Methoden zu etablieren.<br />

Sie haben die Kette aufgezeigt:<br />

Krebspatient, Hausarzt, niedergelassener<br />

Onkologe, wohnortnahes Krankenhaus<br />

bis hin zum Mitteldeutschen<br />

Krebszentrum am UKJ. Wenn diese<br />

Stellen vernetzt arbeiten werden,<br />

braucht es dafür nicht auch eine<br />

einheitliche Datenbasis? Stichwort<br />

Krebsregister.<br />

Prof. Hochhaus: In Thüringen war die<br />

Krebsregistrierung schon sehr gut<br />

etabliert, nicht zuletzt, weil bereits<br />

1952 in der DDR ein Gesetz zur Krebsregistrierung<br />

existierte. Diese Registrierung<br />

wurde in den fünf Tumorzentren<br />

in Thüringen auch entsprechend<br />

geführt. Als die Tumorboards, also die<br />

interdisziplinären Besprechungen, ihre<br />

Arbeit begonnen haben, übernahmen<br />

diese Krebsregister die Funktion, diese<br />

Boards vorzubereiten, das heißt sämtliche<br />

Daten zu sammeln, die für eine<br />

optimale Therapieentscheidung erforderlich<br />

waren. Insofern bestehen gute<br />

Grundlagen.<br />

Was bisher noch fehlt, ist die Vernetzung<br />

dieser fünf Register. Per Gesetz<br />

wird inzwischen auch ein bundeslandeinheitliches<br />

Register gefordert. In<br />

Thüringen ist dieses bereits gegründet<br />

worden, wobei die Arbeitsfähigkeit<br />

noch optimiert werden muss. Das Mitteldeutsche<br />

Krebszentrum wird diese<br />

Aufgabe unterstützen. Ziel ist es, diese<br />

einheitliche Datenbasis Anfang des<br />

kommenden Jahres zu etablieren und<br />

somit nachweisen zu können, dass sich<br />

die Versorgung unserer Patientinnen<br />

und Patienten verbessert.<br />

Inwieweit ist die Pflege im Spitzenzentrum<br />

abgebildet?<br />

Prof. Hochhaus: Die Pflege ist bei der<br />

Betreuung von mit Krebs Betroffenen<br />

von essenzieller Bedeutung. An beiden<br />

Standorten existieren erfahrene und<br />

geschulte Pflegeteams, die sich im<br />

ambulanten und stationären Bereich<br />

speziell mit den Problemen onkologischer<br />

Patientinnen und Patienten<br />

auskennen. Ein gemeinsames Fortbildungsprogramm<br />

und der fachliche<br />

Austausch werden helfen, die lokalen<br />

Erfahrungen standortübergreifend weiterzugeben.<br />

Interview: Annett Lott<br />

Nachwuchs<br />

gemeinsam fördern<br />

Von der Vernetzung im Mitteldeutschen<br />

Krebszentrum werden<br />

auch die Studierenden und der<br />

Forschungsnachwuchs profitieren.<br />

In den Zeiten der Corona-Online-<br />

Lehre haben die Lehrenden in<br />

der Onkologie ihre Vorlesungen<br />

bereits für den jeweils anderen<br />

Standort geöffnet, ein solcher<br />

Dozentenaustausch ist nun auch<br />

in Präsenz vorgesehen. Die Prodekanin<br />

für Nachwuchs an der<br />

Medizinischen Fakultät in Jena,<br />

Prof. Regine Heller, betont die<br />

bereits bestehende Kooperation<br />

der beiden Standorte bei Angeboten<br />

für den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs: „Wir konnten in diesem<br />

Jahr schon zum zweiten Mal<br />

ein gemeinsames Symposium<br />

veranstalten, in dem Promovierende<br />

aus Jena und Leipzig ihre<br />

Forschungsergebnisse aus der<br />

Krebsmedizin vorstellten.“<br />

Prof. Heller bereitet mit den Partnern<br />

in Leipzig auch ein gemeinsames<br />

Förderprogramm für junge<br />

Forschende in der klinischen<br />

Medizin und in den Lebenswissenschaften<br />

vor. Kernpunkte<br />

dabei sind neben gemeinsamen<br />

Seminaren und Retreats ein<br />

wechselseitiges Mentoring und ein<br />

Austauschprogramm. Forschende<br />

von beiden Standorten werden<br />

in Tandemprojekten zusammenarbeiten,<br />

Promovierende können<br />

von gemischten Betreuerteams<br />

angeleitet werden. Prof. Heller:<br />

„Wir wollen ermöglichen,<br />

dass unsere Studierenden und<br />

Nachwuchsforschenden von den<br />

jeweils am besten spezialisierten<br />

Krebsexpertinnen und -experten<br />

lernen können.“<br />

(vdG)<br />

6 01 | 23 01 | 23<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!