Klinikmagazin 1/2023
Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum
Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum
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TITELTHEMA<br />
Chancengleichheit für alle Krebspatienten<br />
Wie eine wohnortunabhängige Krebsversorgung gelingen kann<br />
Die Ausgangslage<br />
Das Ziel<br />
Der Weg zum Ziel<br />
Die Aussicht<br />
Statistisch gesehen haben bundesweit Krebspatienten<br />
auf dem Land schlechtere Überlebenschancen als in<br />
der Stadt. Für Thüringen als Flächenland ist das ein<br />
Alarmsignal. Die Gründe: Fachkräftemangel auf dem<br />
Land bei gleichzeitig älter werdender Bevölkerung.<br />
Krebs tritt zwar in jedem Alter auf, besonders häufig<br />
jedoch im höheren Lebensalter. Der Knackpunkt: Gerade<br />
ältere Menschen sind, vor allem wenn sie schwer krank<br />
sind, wenig mobil und wünschen sich nicht nur, sondern<br />
brauchen eine heimatnahe Versorgung.<br />
Ganz klar: Chancengleichheit für alle Krebspatienten<br />
in Thüringen – wohnortunabhängig. Jede Patientin und<br />
jeder Patient verdient eine gleichwertige und vor allem<br />
bestmögliche Versorgung, ganz egal, wo er oder sie<br />
wohnt. Und so haben das Mitteldeutsche Krebszentrum<br />
und das vom Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung geförderte groß angelegte Projekt WeCaRe<br />
für eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung im ländlichen<br />
Raum das Projekt ChaT (=Chancengleichheit für<br />
alle Krebspatientinnen und Patienten in Thüringen) ins<br />
Leben gerufen.<br />
Vor allem Telemedizin. Ohne digitale Vernetzung geht<br />
es nicht. Telemedizin ist ein wichtiger und wesentlicher<br />
Brückenbauer. Sie verbindet wohnortunabhängig<br />
sowohl Patienten mit Krebsexperten als auch<br />
die behandelnden Ärzte vor Ort mit den erfahrenen<br />
Kollegen im Mitteldeutschen Krebszentrum. Damit<br />
das funktionieren kann, braucht es zuallererst eine<br />
technische Ausstattung, die möglichst einfach und niederschwellig<br />
nutzbar ist. Angedacht ist eine Browserbasierte<br />
Anwendung, die sowohl vom heimischen PC<br />
als auch von einem Smartphone aus genutzt werden<br />
kann. Hieran arbeiten die Projektverantwortlichen von<br />
ChaT derzeit mit der Jenaer Firma PlanOrg.<br />
Von heute auf morgen lässt sich die Situation nicht<br />
ändern. Aber: Ein Anfang muss gemacht werden, und<br />
das ist mit ChaT getan. Das Projekt läuft zunächst drei<br />
Jahre. Im ersten Jahr geht es vor allem um die Installation<br />
der Technik und den ersten Anlauf, im zweiten<br />
Jahr um den Feinschliff und im dritten Jahr um Ergebnisse.<br />
Die aus ChaT gewonnenen Erkenntnisse mit allen<br />
Höhen und Tiefen sollen sich langfristig auf weitere<br />
Krankheitsbilder übertragen lassen. Dass die Projektverantwortlichen<br />
sicher einige dicke Bretter zu bohren<br />
haben, ist allen klar, aber: Sie sind hochmotiviert.<br />
Katrin Bogner<br />
Die Eckpfeiler<br />
Sobald die Technik<br />
steht, macht das<br />
Projekt ChaT vor allem<br />
vier Eckpfeiler aus.<br />
Eine telemedizinische Zweitmeinungssprechstunde<br />
(siehe Seite<br />
12), für die sich Krebspatienten<br />
unkompliziert über ihren PC anmelden<br />
können. Die Terminanfrage<br />
landet direkt im Mitteldeutschen<br />
Krebszentrum. Hier suchen Mitarbeitende<br />
anhand der bei der<br />
Anfrage eingegebenen Daten einen<br />
Spezialisten im Mitteldeutschen<br />
Krebszentrum und vergeben zeitnah<br />
einen Termin für die telemedizinische<br />
Sprechstunde.<br />
Telemedizinische Konsultationen<br />
für Ärztinnen und Ärzte, um den<br />
Fachaustausch unter den Kolleginnen<br />
und Kollegen zu fördern, die<br />
Haus- und Fachärzte auf dem Land<br />
up to date zu halten und sie langfristig<br />
unabhängiger zu machen.<br />
Klinikärzte und Niedergelassene<br />
vor Ort können sich entweder von<br />
den Fachkollegen am Mitteldeutschen<br />
Krebszentrum zum Krebsfall<br />
ihres Patienten Rat einholen; oder<br />
sie können die Erkrankung ihrer<br />
Patienten im Tumorboard des<br />
Mitteldeutschen Krebszentrums<br />
besprechen lassen; und sie haben<br />
die Möglichkeit, Literatur oder Weiterbildungsangebote<br />
anzufordern.<br />
Die sogenannte Point of Care-<br />
Diagnostik. Das bedeutet, die Diagnostik<br />
kommt direkt zum Patienten<br />
und nicht umgekehrt. Medizinisch<br />
ausgebildete Mitarbeitende kommen<br />
mit einer hochqualitativen<br />
Diagnostik direkt zum Krebspatienten<br />
nach Hause, nehmen Blut ab<br />
und spielen die Ergebnisse in eine<br />
digitale Patientenakte ein, damit<br />
der Behandler vor Ort schnell<br />
Entscheidungen über die weitere<br />
Behandlung treffen kann. Das spart<br />
den Krebspatienten Zeit, Wege und<br />
vor allem Kontakte, was angesichts<br />
eines oft geschwächten Immunsystems<br />
lebenswichtig sein kann.<br />
Prävention: In Deutschland ist rund<br />
die Hälfte aller Krebserkrankungen<br />
auf Lebensstilfaktoren zurückzuführen<br />
wie Rauchen, falsche Ernährung,<br />
wenig Bewegung, zu viel Alkohol und<br />
UV-Strahlung. Auf dem Land werden<br />
Krebsvorsorgeangebote noch seltener<br />
angenommen als in der Stadt<br />
(wo es auch Verbesserungspotential<br />
gibt). ChaT plant hier sowohl<br />
die betriebliche Krebsvorsorge zu<br />
verbessern – zusammen mit einem<br />
Modellunternehmen, konkret der<br />
Firma Grafe in Blankenhain. Als<br />
auch die allgemeine Krebsvorsorge<br />
anzukurbeln – als Modellort zusammen<br />
mit der Stadt Bad Berka und<br />
den ansässigen Arztpraxen und der<br />
Zentralklinik. Wie erfolgreich das<br />
ist, lässt sich hoffentlich in einigen<br />
Jahren im regionalen Krebsregister<br />
ablesen.<br />
KONTAKT<br />
Projektverantwortliche<br />
Prof. Andreas Hochhaus<br />
Dr. Philipp Ernst<br />
Klinik für Innere Medizin II<br />
Mitteldeutsches<br />
Krebszentrum<br />
Prof. Orlando<br />
Guntinas-Lichius<br />
Direktor der HNO-Klinik<br />
Koordinator WeCaRe<br />
PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf<br />
Dr. Boris Betz<br />
Institut für Klinische Chemie<br />
und Laboratoriumsdiagnostik,<br />
Biobank Jena<br />
Dr. Andreas Orth<br />
Geschäftsführer PlanOrg<br />
Informatik GmbH Jena<br />
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