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Klinikmagazin 1/2023

Gemeinsam Krebs besiegen - Mitteldeutsches Krebszentrum

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LEHREN<br />

LEHREN<br />

Via Smartphone durch die Knochen reisen<br />

Medizinstudierende mithilfe einer App für die Rheumatologie begeistern<br />

Den echten Patientenkontakt kann im Medizinstudium zwar<br />

nichts ersetzen. Neue Einblicke in und ein besseres Verständnis<br />

für Krankheitsbilder erlangen können Medizinstudierende<br />

am UKJ aber auch mit virtuellen Patienten: mithilfe der App<br />

„Augmented Rheumality“, die PD Dr. Alexander Pfeil, Oberarzt<br />

in der Klinik für Innere Medizin III (Direktor: Prof. Dr.<br />

Gunter Wolf, MHBA) erstmalig im studentischen Unterricht<br />

eingesetzt hat. Entwickelt wurde die App in Kooperation mit<br />

den rheumatologischen Universitätskliniken Erlangen und<br />

Gießen / Bad Nauheim. In der App werden reale Patienten mit<br />

echten rheumatologischen Krankheitsbildern zu virtuellen<br />

Avataren und ermöglichen den Studierenden eine Zeitreise<br />

durch Knochen und Gelenke. Das Konzept der Augmented<br />

Reality, also der erweiterten Realität, auf die Rheumatologie-<br />

Lehre anzuwenden, macht das UKJ bislang als erstes Uniklinikum<br />

weltweit. Rheumatologe Pfeil geht neue Wege, um den<br />

medizinischen Nachwuchs für sein Fachgebiet zu begeistern.<br />

„In der Rheumatologie hat sich in den vergangenen Jahren<br />

unheimlich viel entwickelt. Das kann die ,Augmented Rheumality‘<br />

den Studierenden ganz hervorragend zeigen“, sagt er.<br />

Sobald die Studierenden die App auf ihrem Smartphone<br />

starten, befinden sie sich in der Augmented Rheumality. Drei<br />

Patienten erscheinen auf dem Bildschirm, jeder und jede mit<br />

seiner rheumatologischen Krankengeschichte – darunter die<br />

Rheumatoide Arthritis. Dafür steht Avatar Brigitte, 50 Jahre alt.<br />

Ihre Krankenakte erscheint auf dem Bildschirm. 2013 stellt sie<br />

sich erstmals mit geschwollenen Gelenken in der Klinik vor. Die<br />

Studierenden können Brigittes Röntgen- und hochauflösende<br />

CT-Aufnahmen der Fingergelenke sehen. Aber eben nicht nur<br />

als Bildaufnahme, wie sie aus der Radiologie üblich sind,<br />

sondern als dreidimensionales<br />

Modell. Die angehenden Medizinerinnen<br />

und Mediziner können<br />

nun in die Knochen und Gelenke<br />

von Avatar Brigitte zoomen, sie<br />

schwenken und aus jedem Winkel<br />

betrachten. Und sie können – und<br />

das macht die Anwendung besonders<br />

lehrreich – dabei den Krankheitsverlauf<br />

und die Wirkung<br />

unterschiedlicher Medikamente<br />

vergleichen. Wo zu Beginn der<br />

Erkrankung noch größere Erosionen<br />

in Patientin Brigittes Gelenken<br />

zu sehen sind, haben diese<br />

sich deutlich gebessert, nachdem<br />

Brigitte eine innovative Basistherapie<br />

gegen ihre Rheumatoide<br />

Arthritis erhalten hat. Real sichtbar zu machen, wie sich die<br />

Erkrankung und erfolgreiche Behandlung bei der Patientin<br />

tatsächlich abgespielt hat, schafft die Augmented Rheumality.<br />

„Dieser besondere Einblick ins Innere zeigt unseren Studierenden<br />

auf, warum es so wichtig ist, Patienten frühzeitig und<br />

mit den richtigen Medikamenten zu behandeln“, erklärt Pfeil.<br />

Und noch einen Vorteil bringt die Smartphone-Anwendung:<br />

Die Studierenden können sie auch zuhause nutzen und somit<br />

ihr erlerntes Wissen selbstständig vertiefen.<br />

Erstmals angewendet wurde das neue digitale Lehrverfahren<br />

im Sommersemester beim sogenannten Rheumatologiepraktikum<br />

im achten Fachsemester der Humanmedizin. Die<br />

Entwicklung und Anwendung der „Augmented Rheumality“ ist<br />

vor allem der Corona-Pandemie geschuldet. Die machte es<br />

noch schwieriger als ohnehin schon, reale Patienten für den<br />

Unterricht zu gewinnen. Denn der Aufwand ist groß, geeignete<br />

Patienten mit unterschiedlichen rheumatologischen Krankheitsbildern<br />

zu finden, die Zeit haben und bereit sind, auch<br />

längere Anfahrtszeiten auf sich zu nehmen. Die App macht<br />

die virtuellen Patienten dauerhaft verfügbar. „Eine riesige<br />

Erleichterung“, findet Pfeil. Daher wird das Lehrkonzept<br />

auch über Corona hinaus Bestand haben. Zumal die Augmented<br />

Rheumality bei den Studierenden auch hervorragend<br />

ankommt: Mehr als 80 Prozent der Studierenden bewerteten<br />

die Augmented Rheumality mit acht bis zehn von möglichen<br />

zehn Punkten. Vor allem aber haben 99 Prozent der Studierenden<br />

angegeben, dass ihnen die Rheumality ein besseres<br />

Erkrankungsverständnis verschafft hat und 90 Prozent, dass<br />

die Anwendung ihr Wissen über die rheumatologischen<br />

Krankheitsbilder erweitert hat. Pfeil und seine Kooperationspartner<br />

planen daher, die<br />

App um andere rheumatologische<br />

Erkrankungen zu erweitern.<br />

„Dann wird zum Beispiel auch der<br />

Blick in Organe und Gefäße statt<br />

nur Knochen und Gelenken möglich<br />

sein. Denn Rheuma betrifft<br />

bei Weitem nicht nur Gelenke,<br />

sondern kann nahezu jedes<br />

Organ betreffen.“<br />

Katrin Bogner<br />

Mit der „Augmented Rheumality“<br />

können Studierende der<br />

Humanmedizin eine Zeitreise<br />

durch die Knochen und Gelenke<br />

von echten Rheumapatienten<br />

unternehmen. Foto: Schleenvoigt<br />

Anatomie als translationales Fach<br />

in Lehre und Forschung<br />

Prof. Dr. Dr. Tobias Lange zum neuen Anatomieprofessor ernannt<br />

Prof. Dr. Dr. Tobias Lange ist neuer<br />

Anatomieprofessor in Jena.<br />

Foto: Szabó<br />

Das Bild von Studierenden in der Anatomievorlesung<br />

oder im Präparierkurs<br />

steht häufig symbolisch für das Thema<br />

Medizinstudium, weil die Anatomie als<br />

das zentrale Grundlagenfach in der<br />

ärztlichen Ausbildung gilt. Gleich in den<br />

ersten Semestern vermittelt es Aufbau<br />

und Struktur der Organe und Gewebe im<br />

menschlichen Körper. „Zugleich geben<br />

wir den Studierenden mit einem systematisch<br />

aufgebauten Anatomieunterricht<br />

eine wichtige Orientierung, die vor<br />

allem im ersten Studienabschnitt, aber<br />

auch später noch sehr hilfreich ist“, so<br />

Prof. Dr. Dr. Tobias Lange. Der 38-jährige<br />

Anatom ist zum W3-Professor an der<br />

Friedrich-Schiller-Universität ernannt<br />

worden und gleichzeitig zum Direktor<br />

des Instituts für Anatomie I am UKJ.<br />

Er bringt von der Universität Hamburg<br />

vielfältige Lehrerfahrungen sowohl im<br />

Regelstudiengang als auch im Modellstudiengang<br />

Medizin mit, die er in der<br />

Weiterentwicklung der anatomischen<br />

Lehre in Jena einbringen möchte.<br />

Den klassischen Präparationskurs sieht<br />

er als einen wichtigen Bestandteil<br />

davon an, der durch digitale Angebote<br />

wie zum Beispiel virtuelle 3D-Modelle<br />

sinnvoll ergänzt, aber nicht komplett<br />

ersetzt werden kann. Tobias Lange: „Die<br />

Studierenden lernen hier ja nicht nur<br />

Lage und Beschaffenheit von anatomischen<br />

Strukturen, sondern erfahren<br />

insbesondere die Individualität der<br />

Körperspender. Dieses Wissen um die<br />

menschliche Individualität ist später<br />

eine wichtige Grundlage ärztlichen<br />

Handelns.“ Ebenso möchte Prof. Lange<br />

durch die Vermittlung ausgewählter<br />

anatomischer Lehrinhalte im Zusammenhang<br />

klinischer Themen zu einer<br />

besseren Verzahnung der Fächer im<br />

Studienverlauf beitragen.<br />

Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit<br />

von Tobias Lange stehen weniger<br />

klassisch anatomische Themen: Er<br />

beschäftigt sich mit der Zellbiologie<br />

solider Tumoren und studiert die<br />

Mechanismen der Metastasierung. „Wir<br />

interessieren uns für die Bedingungen,<br />

unter denen sich Krebszellen von<br />

einem Tumor spontan ablösen können<br />

und unter welchen Voraussetzungen<br />

sie sich an andere Gewebe anheften<br />

können, um dort neue Tumorstrukturen<br />

aufzubauen“, so Prof. Lange.<br />

Weil solche komplexen Mechanismen<br />

derzeit nur im gesamten Organismus<br />

beobachtet werden können, forscht<br />

seine Arbeitsgruppe auch an Mäusen<br />

mit humanen Tumoren. Im Rahmen<br />

eines DFG-Schwerpunktprogrammes<br />

untersucht sie beispielsweise, wie<br />

Prostatakarzinomzellen Knochenmetastasen<br />

entwickeln. Diese Grundlagenforschung<br />

mit konkretem klinischen<br />

Anwendungspotential fügt sich bestens<br />

in das wissenschaftliche Programm des<br />

onkologischen Spitzenzentrums, das<br />

die Unikliniken in Leipzig und Jena in<br />

Mitteldeutschland etablieren.<br />

Tobias Lange stammt aus Brandenburg<br />

und hat in Hamburg studiert. In seiner<br />

medizinischen Doktorarbeit untersuchte<br />

er die Entzündungsreaktion auf<br />

Knochenersatzpartikel. Ein naturwissenschaftliches<br />

Aufbaustudium schloss<br />

er mit einer Promotion über die spontane<br />

Metastasierung von Prostatakarzinomzellen<br />

ab. Am Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf absolvierte er die<br />

Ausbildung zum Facharzt für Anatomie.<br />

Nach einer Juniorprofessur für Translationale<br />

Krebsforschung am Zentrum<br />

für Experimentelle Medizin hatte er<br />

zuletzt eine W2-Professur für Anatomie<br />

in Hamburg inne.<br />

An seinem neuen Jenaer Institut richtet<br />

Professor Lange nun die Labore für die<br />

Fortführung seiner Forschungsarbeiten<br />

ein und arbeitet mit dem gut eingespielten<br />

Lehrteam an der Vorbereitung<br />

des neuen Semesters.<br />

Uta von der Gönna<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Dr. Tobias Lange<br />

Institut für Anatomie I<br />

03641 9-39 61 00<br />

Tobias.Lange@med.uni-jena.de<br />

38 01 | 23 01 | 23<br />

39

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