Ärzt*in für Wien 2023/2
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NEWS INTERN<br />
Große <strong>Wien</strong>er Spitalsumfrage – Teil 3<br />
Personalflucht aus <strong>Wien</strong>s Spitälern droht<br />
<strong>Wien</strong>s Spitalsärztinnen und -ärzte blicken pessimistisch<br />
in die Zukunft. Das zeigt Teil 3 der großen, mehrteiligen<br />
<strong>Wien</strong>er Spitalsumfrage unter Tausenden Spitalsärztinnen<br />
und -ärzten von Markt- und Meinungsforscher<br />
Peter Hajek.<br />
Foto: Stefan Seelig: Grafik: Peter Hajek<br />
► „Zwei Drittel der befragten Ärztinnen<br />
und Ärzte denken regelmäßig<br />
an Kündigung. Wenn die <strong>Wien</strong>er<br />
Stadtregierung jetzt nicht handelt, stehen<br />
unsere Spitäler bald leer“, kommentiert<br />
der Obmann der Kurie angestellte Ärzte<br />
und Vizepräsident der Ärztekammer <strong>für</strong><br />
<strong>Wien</strong>, Stefan Ferenci, die Ergebnisse.<br />
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen die<br />
negative Stimmung unter <strong>Wien</strong>s Spitalsärztinnen<br />
und -ärzten, wenn es um<br />
die Zukunft ihres Berufs als angestellte<br />
Ärztinnen und Ärzte geht. So gut wie<br />
niemand erwartet eine Verbesserung<br />
der Arbeitsbedingungen oder der Arbeitsbelastung.<br />
Im Gegenteil: In etwa<br />
die Hälfte der Befragten erwartet sogar<br />
eine Verschlechterung im nächsten<br />
Jahr“, erklärt Hajek. Dass sogar zwei<br />
Drittel der Befragten regelmäßig an<br />
Kündigung denken, sei „alarmierend“.<br />
Ergebnisse im Detail<br />
•91 Prozent der befragten Spitalsärztinnen<br />
und -ärzte erwarten, dass sich<br />
die Arbeitsbelastung perspektivisch<br />
nicht verbessert, 55 Prozent erwarten<br />
sogar eine noch höhere Arbeitsbelastung.<br />
•90 Prozent sehen <strong>für</strong> die Zukunft keine<br />
Verbesserung der Arbeitsbedin-<br />
Nachdenken über einen Jobwechsel<br />
Denken Sie über einen Jobwechsel nach?<br />
alle Angestellten<br />
ÄrztInnen<br />
bis 29 Jahre<br />
30 bis 39 Jahre<br />
40 bis 49 Jahre<br />
50 bis 59 Jahre<br />
60+ Jahre<br />
5<br />
gungen, 48 Prozent erwarten gar eine<br />
weitere Verschlechterung.<br />
•90 Prozent der Befragten verstehen,<br />
dass Pflegekräfte in <strong>Wien</strong>s Spitälern<br />
kündigen.<br />
•88 Prozent verstehen, dass in <strong>Wien</strong>s<br />
Spitälern Ärztinnen und Ärzte kündigen<br />
und das Spital verlassen.<br />
•67 Prozent der befragten Spitalsärztinnen<br />
und -ärzte denken immer wieder,<br />
häufig oder andauernd daran, das<br />
Spital zu verlassen.<br />
Wohin wollen Ärztinnen und<br />
Ärzte wechseln?<br />
•48 Prozent denken an eine Zukunft<br />
als niedergelassene Wahlärztin beziehungsweise<br />
-arzt.<br />
•30 Prozent wollen sogar die Branche<br />
wechseln.<br />
•23 Prozent überlegen, in ein anderes<br />
Bundesland oder ins Ausland zu gehen.<br />
•22 Prozent denken an ein Leben als niedergelassene<br />
Kassenärztin beziehungsweise<br />
niedergelassener Kassenarzt.<br />
Zunehmend unattraktiv<br />
„Jeder Arbeitgeber, dem von seinen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern ein so<br />
verheerendes Zeugnis ausgestellt wird,<br />
muss sich überlegen, was er tun kann,<br />
13 17 31 21 15 3<br />
ÄrztInnen in Leitungspositionen weniger<br />
9<br />
14<br />
18<br />
14<br />
18<br />
36<br />
22<br />
19<br />
34<br />
nahezu nie selten immer wieder häufig andauernd weiß nicht/k.A.<br />
30<br />
19<br />
28<br />
34<br />
ÄrztInnen im AKH sowie FachärztInnen stärker<br />
18<br />
26<br />
25<br />
17<br />
15<br />
10<br />
13<br />
8<br />
19<br />
17<br />
11<br />
9<br />
7<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Stefan Ferenci:<br />
„Zwei Drittel der<br />
befragten Ärztinnen<br />
und Ärzte denken<br />
regelmäßig an Kündigung.“<br />
„Mehr Zeit<br />
<strong>für</strong> die Patientinnen<br />
und Pat ienten<br />
– das ist<br />
das, was sich<br />
alle Beschäftigten<br />
im<br />
Gesundheitswesen<br />
am meisten<br />
wünschen.“<br />
um die Mitarbeiterzufriedenheit zu heben<br />
beziehungsweise die Beschäftigten<br />
zu halten. Das rate ich auch dem WiGeV<br />
und den anderen <strong>Wien</strong>er Spitalsbetreibern<br />
dringend an. Wegducken und den<br />
Kopf in den Sand stecken, so wie es aktuell<br />
im WiGeV bei den Gefährdungsanzeigen<br />
großteils praktiziert wird, wird<br />
das Problem jedenfalls nicht lösen“, so<br />
Ferenci.<br />
Wenn man sich ansehe, wohin Spitalsärztinnen<br />
und -ärzte wechseln wollen,<br />
werde zudem deutlich, was die Ärztekammer<br />
seit Jahren kritisiert: „Das öffentliche<br />
Gesundheitssystem wird <strong>für</strong> die<br />
Beschäftigten zunehmend unattraktiver.<br />
Die Kolleginnen und Kollegen haben es<br />
satt, Patientinnen und Patienten wie am<br />
Fließband abfertigen zu müssen. Das<br />
entspricht – zu Recht - nicht ihrem medizinischen<br />
Versorgungs- und Behandlungsanspruch.<br />
Und auch eine sozialdemokratische<br />
Stadtregierung sollte sich<br />
nicht damit abfinden, dass die hohen<br />
Standards im öffentlichen Gesundheitswesen<br />
schrittweise abgebaut werden“, ist<br />
Ferenci überzeugt und führt aus: „Mehr<br />
Zeit <strong>für</strong> die Patientinnen und Patienten<br />
– das ist das, was sich alle Beschäftigten<br />
im Gesundheitswesen am meisten wünschen.<br />
Und nicht nur das: Mehr Zeit ist<br />
auch eine Notwendigkeit im Sinne der<br />
Patientensicherheit. Ich möchte also an<br />
Stadtrat Peter Hacker appellieren, ein<br />
Stück des Weges gemeinsam mit der<br />
<strong>Wien</strong>er Ärztekammer zu gehen und die<br />
Spitalsversorgung <strong>für</strong> die <strong>Wien</strong>er Bevölkerung<br />
wieder auf ein solides Fundament<br />
zu stellen“, so Ferenci. (rp)<br />
02_<strong>2023</strong> <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 13