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Ärzt*in für Wien 2023/2

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BRIEF DES KURIENOBMANNS IN EIGENER SACHE<br />

Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege!<br />

Wenig zu lachen<br />

„Anstatt mit einer Lüge zu<br />

leben, ist es oft besser, sich<br />

einzugestehen, man ist<br />

gescheitert, aber hoffentlich<br />

künftig gescheiter…“<br />

► „Gegen all euer Leiden verschreibe ich euch Lachen“, schrieb Mitte des 16. Jahrhunderts<br />

der Arzt und humanistische Schriftsteller François Rabelais. Wiewohl dieses<br />

Behandlungskonzept <strong>für</strong> die frühe Neuzeit als angemessen erschienen sein mag, so ist es<br />

doch überholt – auch wenn die Faschingszeit dieses Jahr besonders lange ausfällt. Denn zu<br />

lachen haben die <strong>Wien</strong>er Spitalsärztinnen und -ärzte dieser Tage herzlich wenig. Das<br />

bestätigt einmal mehr die von uns in Auftrag gegebene große <strong>Wien</strong>er Spitalsumfrage,<br />

wonach zwei Drittel der angestellten Ärztinnen und Ärzte regelmäßig an Kündigung denken.<br />

Nichtsdestotrotz erklärt sich Stadtrat Hacker weiterhin <strong>für</strong> nicht zuständig und prescht stattdessen<br />

mit dem Vorschlag vor, den freien Arztberuf einzuschränken: Nur bei einer Vollzeittätigkeit<br />

im Spital soll es beim <strong>Wien</strong>er Gesundheitsverbund WiGeV angestellten Ärztinnen<br />

und Ärzten künftig möglich sein, eine Wahlarztordination betreiben zu dürfen. Die Folge<br />

von Hackers Idee wäre, dass hunderte Ärztinnen und Ärzte das Spital verlassen und sich voll<br />

auf ihre Wahlarzttätigkeit konzentrieren würden. Denn, dass die Zahl der Wahlärztinnen<br />

und -ärzte zunimmt, liegt – entgegen der Behauptungen von Stadtrat Hacker – nicht an privatwirtschaftlichen<br />

Interessen der Ärztinnen und Ärzte, sondern an den Arbeitsbedingungen<br />

im öffentlichen System.<br />

Transparenz statt Geheimniskrämerei<br />

Zumindest bemerkenswert ist angesichts dieser öffentlich gepflegten Abneigung des Stadtrats<br />

gegen die so genannte Privatmedizin dann aber der kürzlich medial bekannt gewordene<br />

Rückgriff des WiGeV auf extern zugekaufte Facharztkapazitäten an der Klinik Ottakring.<br />

Anstatt den Mangel an Radiologinnen und Radiologen durch kluges und modernes Personalmanagement<br />

zu beheben, wird der teuerste und ineffizienteste Weg gewählt. Interessant<br />

wäre in diesem Zusammenhang auch, wie der WiGeV zu den freiberuflich tätigen Ärztinnen<br />

und Ärzten an der Klinik Ottakring gekommen ist. Nach wie vor gibt es offene Fragen,<br />

auf die es zumindest bis Redaktionsschluss keine Antworten seitens der Stadt <strong>Wien</strong> gab:<br />

Warum gab es keine Ausschreibung? Auf welcher Basis kam die kolportierte Honorarhöhe<br />

von 200 Euro untertags beziehungsweise 350 Euro in der Nacht pro Stunde zustande? Wie<br />

sehen die Verträge im Detail aus?<br />

Als bekannter Verfechter vollumfänglicher Transparenz in allen öffentlichen Wirkungsbereichen<br />

halte ich eine Politik des Verschweigens nicht nur <strong>für</strong> unklug, sondern auch<br />

<strong>für</strong> moralisch falsch. Das gilt auch <strong>für</strong> die während der Finalisierung dieser <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>-<br />

Ausgabe bekannt gewordenen Malversationen in einem Tochterunternehmen der Kurie<br />

niedergelassene Ärzte. Anstatt mit einer Lüge zu leben, ist es oft besser, sich einzu gestehen,<br />

man ist gescheitert, aber hoffentlich künftig gescheiter…<br />

Herzlichst<br />

Ihr Stefan Ferenci<br />

Foto: Oliver Topf.<br />

Weitere standespolitische<br />

Themen ab Seite 9.<br />

02_<strong>2023</strong> <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 5

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