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Görlitz im Sturm im Sturm<br />
des Pönfalls des<br />
(1547)<br />
Pönfalls<br />
Prokurator an der Universität im oberitalienischen<br />
Bologna, vor allem aber<br />
unbeirrbar glühender Katholik, “Diener<br />
Ferdinands von Hause aus”, also königsergeben<br />
bis auf die Knochen (wie man in<br />
späteren Zeiten von preußischen Staatsbeamten<br />
sagen würde). In Vertretung<br />
des häufig abwesenden Landvogtes als<br />
dem Beauftragten des Kaisers führte der<br />
Jurist ziemlich selbstherrlich dessen Geschäfte<br />
in der gesamten Lausitz - oft<br />
genug gegen die Interessen der Städte,<br />
nicht mit ihnen. Allein dadurch soll er<br />
einer der meistgehassten Männer des<br />
Jahrhunderts gewesen sein. Die Görlitzer<br />
fürchteten längere Zeit, dass er auch das<br />
Amt des Stadthauptmanns in der Neißestadt<br />
an sich reißen könnte. Er “überließ”<br />
es aber einem Verwandten, der gemäßigter<br />
als er agierte. Später, als alles<br />
vorbei war, nannte man ihn den “Verräter<br />
der Sechsstädte gegen den König”.<br />
Im Spiegel dieser Epoche vor der Mitte<br />
des 16. Jh. ist erkennbar, dass die Zeit<br />
geprägt war durch soziale Unzufriedenheit<br />
und rechtliche Unsicherheit in großem<br />
Ausmaß, von Zwist zwischen Ar-<br />
men und Reichen, zwischen Handwerkern<br />
und Ratsmannen, von Gegnerschaft<br />
auch zwischen dem Adel des<br />
Umlands und dem Rat der Stadt. Dessen<br />
Einfluss war auf den Dörfern durch<br />
ständig wachsenden Landbesitz erheblich<br />
stärker geworden - etwa im Bereich<br />
von Penzig mit dem Gebiet der nachmals<br />
ausgedehnten Görlitzer Heide. Auf<br />
Grund dieser ständigen Machterweiterung<br />
des städtischen Einflusses auf<br />
dem flachen Lande fürchtete der Adel in<br />
zunehmendem Maße die Beschneidung<br />
seiner eigenen Interessen.<br />
In diesen latent unsicheren sozialen Zuständen<br />
zeigte sich Ferdinand I. als<br />
Herrscher mit harter Hand und von unnachgiebiger<br />
Konsequenz, unbeirrbar<br />
selbstsicher in seinen Entscheidungen,<br />
durch nichts zu erschüttern.<br />
Das war auch in Böhmen nicht anders,<br />
wo Adel und Stadtbürgertum die gleichen<br />
Händel mit ihm ausfochten, dort<br />
aber stärker zu Unbotmäßigkeit und<br />
offener Auflehnung neigten als in der<br />
Lausitz.<br />
Horst Wenzel<br />
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