ASO! Augsburg Süd-Ost - März 2023
Stadtteilmagazin für Augsburg-Hochzoll, -Herrenbach, -Spickel, -Textilviertel und Friedberg
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<strong>ASO</strong>! <strong>März</strong> ‚23<br />
13<br />
Foto: A. Hausmann<br />
Die Molkerei<br />
Foto: Annemarie Engler<br />
1944: Da wo heute Sportplätze an der Zugspitzstraße sind, steht<br />
ein Barackenlager für Zwangsarbeiter. Leithers Schwiegersohn<br />
Ludwig Müller, der nun den Betrieb führt, holt sich eine Verwarnung<br />
des Hochzoller NSDAP-Ortsgruppenleiters. Er hat zu viel<br />
nicht ausreichend entrahmte Milch ins Lager geliefert.<br />
Adolf Leither gilt als praktizierender Katholik und ehemaliges BVP<br />
Mitglied beim Ortsgruppenleiter als „schwarzer Bruder“ und bekommt<br />
Probleme mit der Gestapo. Man droht ihm mit Dachau.<br />
Seine Filialen muss er aufgeben, den Betrieb kann er erhalten.<br />
1946 stirbt Adolf Leither. Alleinerbin ist seine Tochter Anna Müller.<br />
Ihr Mann und Heinrich Gruber, ein Neffe Leithers, führen den<br />
Betrieb weiter.<br />
Bild: Einwohnerbuch Stadt <strong>Augsburg</strong> 1954<br />
Ein paar Jahre später, ab 1958 war es dann die Cema, die ihn<br />
brachte. Und es waren keine Glasflaschen mehr, sondern Dreieckspyramiden<br />
in Tetrapack. Germania hatte an die Centralmolkerei<br />
<strong>Augsburg</strong> verpachtet, die führte eine Filiale und die Milchsammelstelle<br />
zunächst bis 1960 weiter. Die Kraft Käsewerke aus<br />
dem Allgäu betrieben noch eine Filiale, bis die Augusta-Bank<br />
die Immobilie kaufte, dort einzog und 1972 an Aldi vermietete.<br />
Schließlich wurden die Gebäude 1991 abgebrochen, drei neue<br />
Baukörper mit Eigentumswohnungen entstehen und nur ältere<br />
Hochzoller erinnern sich an die Zeiten, als es in Hochzoll eine Germania<br />
Molkerei gab.<br />
Foto: B. Steiert<br />
1954: Der Verfasser dieser Zeilen besucht die 1. Klasse der Volksschule<br />
Hochzoll an der Salzmannstraße. Dass man in der Schule<br />
neben Wissen in den Pausen auch noch was Gutes bekommt,<br />
begeistert ihn und seine Mitschüler: wenn einem die Mutter 80<br />
Pfennig mitgibt, bekommt man sechs Tage lang in der Pause<br />
eine Flasche Schok. Toll! Man kriegt jeden Tag einen Viertelliter<br />
in Glasflaschen. Verschlossen sind die mit einer Pappscheibe.<br />
Die durchbohrt man mit dem Röhrchen. Auf der Scheibe ist eine<br />
Frau mit langen Haaren und einem Schwert abgebildet. Ein bisschen<br />
lesen kann ich schon: G-e-r-m-a-n-ia M-o-l-k-e-r-e-i. Aha.<br />
So heißt die Molkerei an der Friedberger Straße, die uns immer<br />
den Schok bringt.<br />
Nicht alles konnte geklärt werden.<br />
Trotz Recherchen in zwei staatlichen, zwei städtischen und einem<br />
Wirtschaftsarchiv in <strong>Augsburg</strong>, Friedberg und München konnten<br />
weder eine Gewerbeanmeldung noch Bauakten für die Molkerei<br />
gefunden werden, so dass das Gründungsjahr nicht eindeutig<br />
feststeht. Einiges spricht für 1907. Doch Adolf Leither wird in den<br />
Adressbüchern erst ab 1913 als Molkereibesitzer bezeichnet, vorher<br />
als Käse- und Milchhändler.<br />
Auf einem Plan Hochzolls aus dem Jahr 1908 ist das Haus 122a<br />
bereits eingetragen. Das Haus mit der Nummer 122 direkt an der<br />
Friedberger Straße wurde nach den Adressbüchern ab 1936 bewohnt.<br />
A. Hausmann<br />
Redaktion und Autor danken Frau Micki Krug für wertvolle Auskünfte und ihr und<br />
Frau Annemarie Engler für Fotos.