„DON´T MESS WITH YOUR NATURE“ COLLAGE, GOUACHE UND STICKEREI AUF LEINWAND, 125X200CM, 2022 AUSSTELLUNGSANSICHT FUTUR ABSTRAKT von Katrin S. Weidhofer 18
Immer wenn ich in den Himmel blicke, überkommt mich der Gedanke, dass wir im totalen Experiment leben. Sind wir doch auf einem Planeten ausgesetzt, der irgendwo im luftleeren Raum schwebt. Vielleicht umhüllen uns Götter, vielleicht leben wir in einer Matrix, vielleicht gibt es all das gar nicht <strong>und</strong> unsere Existenz ist nur ein Zufall, der sich ohne Ziel irgendwohin entwickelt. Mir war es deshalb immer egal, was uns die Zukunft bringen würde, Hauptsache, ich könnte es sehen. Apokalypse, Klimawandel, KI, Aliens. World War Z. Weltfrieden. Was auch immer, her damit! Ich habe einen starken Hang zu Science-Fiction <strong>und</strong> der Art <strong>und</strong> Weise, wie sie unsere Gedankenräume mit Ideen <strong>und</strong> Konzepten füllt, darüber, wie wir leben könnten. Teile dieser Ideen finden sich in meiner künstlerischen Arbeit wieder, sehe ich es doch als meine Aufgabe, mein Wissen um die Vergangenheit mit meiner Vorstellung von der Zukunft zu verbinden, um ein Bild vom Jetzt zu erschaffen. Meine Kunstform – die Collage – erlaubt mir genau das. Ich benutze Material, das bereits vorhanden ist, <strong>und</strong> gehe damit in Kommunikation. Dazu zoome ich in die alten Bilder hinein, um sie verstehen zu lernen. Nur dann kann ich sie in Frage stellen <strong>und</strong> mich von ihnen entkoppeln. Ich stutze sie zurecht, wirble sie durcheinander, verschiebe die einzelnen Elemente, durchlöchere sie, damit Licht einfallen kann. Manchmal schneide ich etwas weg <strong>und</strong> ersetze es durch Neues oder ich lasse Leerstellen. In jedem Fall formatiere ich sie um. Und glauben Sie mir, das ist nicht immer einfach, denn die alten Bilder sind stur. Sie verteidigen sich <strong>und</strong> ihren Platz. Aber letztendlich bin ich es, die entscheidet, was ich in das nächste Bild weitertragen möchte <strong>und</strong> welche Bilder ich zurücklasse. Ich allein entscheide, was ich aus dem Archiv der Erinnerung in die Zukunft trage. Katrin S. Weidhofer studierte Theater,- Film<strong>und</strong> Medienwissenschaften an der Universität in Wien <strong>und</strong> anschließend Malerei an der Universität für angewandte Kunst. Ihr künstlerischer Schwerpunkt liegt auf erweiterten Collagen, in denen sie Stickereien, Text, Zeichnungen, So<strong>und</strong> <strong>und</strong> Videomaterial installativ remixt. Sie war Studienassistentin <strong>und</strong> Tutorin an der Universität für angewandte Kunst. Ihr Diplom 2021 wurde mit dem Anerkennungspreis der Stadt Wien gewürdigt. Die Künstlerin lebt <strong>und</strong> arbeitet in Wien, Burgenland <strong>und</strong> Oberösterreich. Wenn ich auf eine leere Leinwand blicke, überkommt mich immer dieses Gefühl, diese Bestimmtheit, etwas W<strong>und</strong>erbares erschaffen zu können. Ich liebe dieses Gefühl von Möglichkeit. Genauso möchte ich die Zukunft sehen, ist sie doch nichts anderes als eine leere Leinwand, auf die wir Hoffnung, Wissen <strong>und</strong> Erfahrung projizieren. Oder aber auch Angst. Für Letztere habe ich nur mehr begrenzten Raum in meiner Zukunft, was aber nicht bedeutet, dass ich sie nicht empfinde. Seit meine Tochter zur Welt gekommen ist, hat sich meine Perspektive verändert. Ich sehe nun ihre Zukunft. Das lässt keinen Platz mehr für meine persönliche Lust an Dystopien oder defätistischen Experimenten. Daher gr<strong>und</strong>iere ich die Leinwand mit Erde, sinnbildlich, weil wir nun endlich verstehen, dass der Boden, auf dem wir uns bewegen, uns alles gibt, was wir zum Überleben brauchen. Darauf male ich ein sattes Grün, weil wir uns entscheiden, die Wälder zu schützen. Darüber ein tiefes Blau, weil wir lernen, die Ozeane rein zu halten. Daneben eine große weiße Fläche für die Ideen, die wir erst entwickeln werden. Ein schwarzer Kreis für die Akzeptanz der Dunkelheit in uns, <strong>und</strong> ein hellblaues Schema, um ihr zu entgegnen. Ein buntes Cluster links oben für ein wenig Unordnung. Ein kleiner Tupfen Rot für die nötige Schärfe. Ein Cutout, in dem wir Unnötiges wie Eitelkeit, Selbstsucht <strong>und</strong> Gier versenken. Im Bildzentrum steht eine Frau mit erhobenem Haupt <strong>und</strong> beiden Beinen fest im Boden verwurzelt. Ihr Blick ist auf uns gerichtet. Sie ist jung <strong>und</strong> alt zugleich, mit sich <strong>und</strong> ihrem Körper at peace. Stark, resilient, in vollem Bewusstsein ihrer Intelligenz findet sie sich zur Gänze eingebettet in die geheimnisvollen Widersprüche dieses w<strong>und</strong>erschönen <strong>und</strong> schrecklichen Planeten. FR, 21.4. 20:00 Uhr DIE LETZTE LESUNG DER WELT Lesung mit Konzert Eintritt: VVK € 16- / AK € 18,- (Ermäßigt VVK € 14,- / AK 16.-) Lesung: Hannah Darabos, Konstantin Milena Vlasich Musik: Baubo Collective (Anna Maria Niemiec – Cello, Lorina Vallaster – Blockflöte) Die S31 als Highway der verlorenen Künstler-Seelen. In der Raaber Bahn für die Pride geschminkt mit einer Horde Fußballfans oder wie klingt ein Virus? Konstantin Vlasich präsentiert gemeinsam mit Hannah Darabos dunkle Texte oder vielleicht nur die letzte Lesung der Welt – mit Musik. Anna Maria Niemiec <strong>und</strong> Lorina Vallaster liefern als Baubo Collective mit den Texten interagierende, ungeahnte Klangerfahrungen – mit Violoncello, Flöten <strong>und</strong> Gesang. Im Übrigen: Svit je igrališće u Kaisermühlenu. 19