Blattwerk Ausgabe No17 März und April 2023

HAT UNSER
SYSTEM ZUKUNFT?
Frau Hirn, Sie reflektieren in Ihrem neuen
Buch „Macht Politik böse?“ unser politisch
demokratisches System. Hat es
Zukunft?
Ob es Zukunft hat, hängt von uns allen ab.
Ihr Buch heißt „Macht Politik böse?“
– Verändern sich Menschen mit ihren
Ämtern?
Ja, es macht etwas mit ihnen. Das trifft
zweifellos auch auf andere Jobs zu, aber
Politiker bekommen Macht von uns verliehen,
unsere Stimme. Was passiert, wenn
einer mehr Macht bekommt als alle anderen?
Führt das unweigerlich zu Machtmissbrauch?
Natürlich ist das möglich, auch in
den bestfunktionierenden Demokratien.
Deshalb war von Anfang an mitgedacht,
dass es Institutionen und Mechanismen
braucht, Menschen nach Verfehlungen
oder bei Vertrauensverlust aus ihren Ämtern
zu heben und um Freunderlwirtschaft
in Grenzen zu halten.
Wie kann der und die Einzelne Verantwortung
für eine gute politische Kultur
übernehmen?
Diese Einstellung, dass ich mit der Politik
nichts zu tun haben will, das funktioniert
in einer Demokratie so einfach nicht. Wir
sind alle für alles, was passiert, mehr oder
minder mitverantwortlich – ob wir wollen
oder nicht.
Ein Kapitel Ihres Buches ist der gesellschaftlichen
Bedeutung von Kultur gewidmet.
Welches Fazit ziehen Sie aus
der Beschäftigung mit diesem Thema?
Kultur ist nicht systemrelevant und darf es
auch nicht sein. Kultur- und Kunstschaffende
sollten sich nicht von diesem Druck,
systemrelevant sein zu müssen, vereinnahmen
lassen. Kunst muss das System
kritisieren, verändern, Utopien vorschlagen
können.
Was können Kunst- und Kultur-Liebhaberinnen
und -Liebhaber tun, um deren
Bedeutung in unserer Gesellschaft noch
klarer zu machen?
Ganz einfach: Sie müssen in die Kunst und
Kultur investieren. Gerade in Zeiten, wo
der Sparstift überall angesetzt wird, müssen
wir uns fragen, was uns Kultur wirklich
wert ist, und unser Geld in die richtigen
Geldtaschen versenken. Nur dann können
Kunst- und Kulturschaffende weiterschaffen.
Jenseits des Existenzminimums
und in hoher Qualität. Mir gefällt deshalb
der Ausdruck Liebhaberin bzw. Liebhaber
nicht: Kultur ist schließlich lebensnotwendig
für eine funktionierende, demokratische
Gesellschaft.
Lisz Hirn (geb. 1984) studierte Geisteswissenschaften
und Gesang in Graz, Paris,
Wien und Kathmandu. Sie ist als Philosophin,
als Publizistin und Dozentin in der
Jugend- und Erwachsenenbildung tätig
sowie als freiberufliche Künstlerin an
internationalen Kunstprojekten und Ausstellungen
beteiligt. Die Schwerpunkte
ihrer philosophischen und wissenschaftlichen
Arbeit liegen in der philosophischen
Anthropologie, politischen Philosophie,
interkulturellen Ethik und der philosophischen
Praxis. Lisz Hirn lebt und arbeitet
derzeit in Wien.
BUCHTIPP:
Lisz Hirn
Macht Politik böse?
Leykam
€ 14,50
ONKEL KIM UND
DIE HIGH HEELS
Heinz Vegh / Roadmovie-Roman
Satirisch, schräg, unterhaltsam und
aktuell. Der Roadmovie-Roman ist ein
Film in Worten mit grellen Bildern. Die
Protagonist:innen, allesamt gescheiterte
Existenzen, begeben sich auf die Suche
nach einem Neuanfang und bekommen
eine letzte Chance …
Schauplätze des furiosen Geschehens sind
Wien, Washington, London, Stockholm
sowie das abgeschottete und nuklear
hochgerüstete Pelargonien mit Kim, seinem
abartigen Machthaber. Und das auf
der südlichen Halbinsel mit dem Norden
verfeindete Nachbarland Geranien. Roter
Faden ist eine fragile Liebesgeschichte zwischen
einem unbedarften Mädchen und
einem Jungbauern. Das angedachte Happy
End ist eine Fata Morgana.
04 ONKEL KIM UND DIE HIGH HEELS
Edition Marlit / € 25,00 (inkl. Versand)
ISBN: 978-3-902931-16-0
21