KOMM 2/2023
KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
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14<br />
CITIZEN DEVELOPMENT<br />
Demokratisierung der IT<br />
Mitarbeitende reagieren sehr unterschiedlich auf sich immer schneller verändernde<br />
disruptive Technologien. Die einen sind vom Fortschritt begeistert<br />
und probieren neue digitale Tools direkt aus, andere sind verunsichert und<br />
bangen gar um ihren Job. Vermehrt macht in diesem Kontext der Begriff der<br />
demokratischen IT die Runde, die für mehr Transparenz und Vertrauen<br />
sorgen soll. Was steckt dahinter und welchen konkreten Nutzen können<br />
Mitarbeitende daraus ziehen?<br />
Prozesse besser feststellen können als<br />
jene Mitarbeitenden, die auch täglich damit<br />
zu tun haben? Die Barriere zwischen<br />
den Menschen, die die Software schreiben<br />
und den Menschen, die die Software<br />
nutzen, wird damit aufgebrochen und<br />
Raum geschaffen für ein neues Zusammenarbeiten.<br />
Digitale Veränderungsprozesse werden<br />
meist nach dem Top-Down-Prinzip durchgeführt,<br />
bei dem unternehmensweite<br />
Entscheidungen von der obersten Führungsebene<br />
getroffen und dann dem<br />
restlichen Team mitgeteilt werden. Mit<br />
Citizen Development kommt ein neuer<br />
Ansatz ins Spiel, der wie kein anderer für<br />
die Demokratisierung der IT steht. Im Fokus<br />
stehen dabei die einzelnen Mitarbeitenden,<br />
die aktiv in die Software-Entwicklung<br />
integriert werden. Die sogenannten<br />
Citizen Developer sind Mitarbeitende einer<br />
Organisation, die nicht in der IT tätig<br />
sind und dennoch digitale Prozesse aus<br />
eigener Kraft umsetzen können.<br />
Mit No Code zum Digitalisierungsprofi<br />
werden<br />
Wenn Mitarbeitende ohne formale Ausbildung<br />
in der Softwareentwicklung Anwendungen<br />
erstellen, nennt man das<br />
„Bürgerentwicklung“ oder auch „Citizen<br />
Development“. Da diese Anwender in der<br />
Regel keine Programmiersprachen beherrschen,<br />
benötigen Sie Werkzeuge, die<br />
ohne Programmiercode auskommen. Realisiert<br />
wird das Ganze mit Unterstützung<br />
von sogenannten No-Code-Tools, die<br />
Usern die Erstellung von Anwendungssoftware<br />
mittels Drag-and-drop von vorgefertigten<br />
Bausteinen ermöglichen.<br />
No-Code-Technologie ist branchenübergreifend<br />
überall dort im Einsatz, wo analoge<br />
in digitale Prozesse umgewandelt<br />
werden sollen. So lassen sich beispielsweise<br />
klassische Klemmbrettprozesse wie<br />
Checklisten, Abnahmen und Protokolle<br />
spielend leicht digitalisieren.<br />
In der Logistikbranche etwa wird No<br />
Code eingesetzt, um den Wareneingang<br />
zu dokumentieren, Qualitätssicherungen<br />
durchzuführen, Schäden zu melden und<br />
viele weitere Prozesse digital abzubilden.<br />
Im Energiesektor werden Zählerstände<br />
erfasst, Instandhaltungen angestoßen<br />
und Wartungen protokolliert. So hat jede<br />
Branche seine typischen Einsatzgebiete.<br />
Und wer im Unternehmen sollte den Optimierungsbedarf<br />
der täglich gelebten<br />
Digitale Fertigkeiten<br />
ausbauen<br />
Wenn Mitarbeitende merken,<br />
dass sie bei der Frage nach neuen<br />
Digitalisierungstools nicht<br />
länger in der passiven Rolle feststecken,<br />
sondern eine aktive<br />
Treiberrolle einnehmen können,<br />
wirkt sich das positiv auf den<br />
Arbeitsalltag und das Zugehörigkeitsgefühl<br />
im Unternehmen<br />
aus. Citizen Developer, die zuvor<br />
womöglich gar keine Berührungspunkte<br />
mit IT-Themen hatten,<br />
erlernen neue digitale Skills,<br />
die sie einsetzen können, um ihr<br />
Team oder Umfeld zu optimieren.<br />
Denn wer selbst unmittelbar<br />
an der Digitalisierung der<br />
eigenen Prozesse beteiligt ist,<br />
fördert dadurch auch das eigene<br />
Prozessdenken. Doch prinzipiell<br />
gilt: Teilhabe wird in der Regel<br />
nicht auf dem Silber tablett serviert! Um<br />
das volle Potenzial von Konzepten wie<br />
Citizen Development auszuschöpfen, ist<br />
Pro-Aktivität von allen Seiten gefragt.<br />
Technologie dient dem Menschen<br />
und nicht andersherum<br />
Veränderungsprozesse gehen immer mit<br />
neuen Herausforderungen einher. Umso<br />
wichtiger ist es, den Menschen dabei im<br />
Fokus zu behalten und ihn aktiv am Wandel<br />
zu beteiligen. Eine offene Kommunikation<br />
über Bedenken, Risiken und Ängste<br />
sowie Transparenz sind dabei essenziell.<br />
Denn nur Mitarbeitende, die keine<br />
Angst vor Veränderungen (mehr) haben,<br />
werden diese aktiv unterstützen. Zudem<br />
ist es sinnvoll, Lernkonzepte zu erstellen<br />
und auch Freiräume für Versuch und Irrtum<br />
zu schaffen. Wenn Unternehmen<br />
diese Faktoren bedenken und den Menschen<br />
bei allen Entscheidungen in den<br />
Mittelpunkt des Handelns stellen, können<br />
Bedenken beseitigt und die Chancen<br />
neuer Technologien ergriffen werden.