KOMM 2/2023
KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
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Foto: Sven Guski<br />
BRANCHENPOLITIK<br />
Prämie als Turbo für<br />
den Glasfaserausbau<br />
Viele Unternehmen bauen deutschlandweit<br />
Glasfaserinfrastruktur aus.<br />
Viele Investoren tummeln sich auf<br />
dem Markt und investieren Milliarden<br />
in den Ausbau. Trotzdem geht<br />
es Bürger:innen, aber auch vielen<br />
Politiker:innen nicht schnell genug.<br />
Deutschland brauche noch mehr<br />
Tempo. Eine Idee, den Ausbau zu beschleunigen,<br />
ist eine Glasfaser-<br />
Prämie.<br />
VON CHRISTOPH HEIL<br />
Christoph Heil<br />
ver.di-Bereich<br />
Mitbestimmung<br />
und<br />
Branchenpolitik<br />
Deutschland ist sich einig darin, dass wir<br />
für die Digitalisierung des Landes eine<br />
möglichst flächendeckende hochleistungsfähige<br />
Glasfaser-Infrastruktur brauchen.<br />
Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Landes im internationalen Vergleich<br />
gewährleistet werden. Andererseits<br />
müssen auch strukturschwache Gebiete<br />
erschlossen werden, um das Stadt- Land-<br />
Gefälle zu nivellieren. Aber gerade in<br />
strukturschwachen Gebieten ist die Nachfrage<br />
der Kunden nach einem modernen<br />
Glasfaseranschluss oft schwach. Die Crux:<br />
Wenn zu wenig Nachfrage bei den Kunden<br />
besteht, lohnt sich für die Unternehmen<br />
der Ausbau eines Glasfasernetzes<br />
nicht, da sich die Investitionen nicht<br />
amortisieren würden.<br />
Staatliche Förderung<br />
Bund und Länder fördern den Glasfaser-<br />
Infrastrukturausbau da, wo ein privatwirtschaftlicher<br />
Ausbau durch erschwerte<br />
Bedingungen nicht erfolgt. Doch es werden<br />
nicht der eigentliche Glasfaserausbau<br />
in Straßen und Siedlungen gefördert, sondern<br />
lediglich kommunale Projekte, die<br />
darauf abzielen, die Erschließung der geförderten<br />
Gebiete durch privatwirtschaftliche<br />
Aktivitäten zu erleichtern.<br />
Diese Förderung setzt bisweilen jedoch<br />
falsche Anreize, da durch die Förderungen<br />
unter Umständen Gebiete und Regionen<br />
erschlossen werden, in denen viel<br />
zu wenig Nachfrage besteht. Andere Gebiete<br />
dagegen gehen leer aus, obwohl<br />
ausreichend Nachfrage bestünde. Hier<br />
fehlen dann Geld und Tiefbaukapazitäten.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass die<br />
Umsetzung geförderter Ausbauprojekte<br />
durchschnittlich dreimal so lange wie ein<br />
vergleichbarer eigenwirtschaftlicher Ausbau<br />
dauert.<br />
Die Lösung<br />
Die zwei wichtigen Branchenverbände im<br />
TK-Sektor, BREKO und VATM, schlagen<br />
eine Gutscheinlösung vor, um die Nachfrage<br />
in ausbaubedürftigen Gebiete anzureizen.<br />
Mit einer Glasfaser-Prämie, in<br />
Form eines Gutscheins, hoffen die beiden<br />
Verbände auf eine deutliche Steigerung<br />
der Nachfrage bei den<br />
Kunden. So werden<br />
Ausbaugebiete attraktiver<br />
und vorher unwirtschaftliche<br />
Gebiete<br />
erschließbar, da<br />
sich mehr Bürger:innen<br />
und Unternehmen<br />
für einen Glasfaseranschluss<br />
entscheiden<br />
könnten. Auf eine<br />
langwierige Ausbauförderung<br />
nach<br />
dem Gigabitförderprogramm<br />
kann in<br />
diesen Gebieten verzichtet<br />
werden.<br />
Da nur Bürger:innen<br />
und Unternehmen<br />
die Prämie gegen<br />
Nachweis des erfolgten<br />
Ausbaus des Glasfaser-Hausanschlusses<br />
oder -Vertragsabschlusses<br />
einlösen<br />
können, kommt jedes investierende Unternehmen<br />
in den Genuss der erhöhten<br />
Nachfrage, wenn es einerseits eine erfolgreiche<br />
Vermarktung betrieben und<br />
andererseits auch tatsächlich ausgebaut<br />
hat. Die Verteilung entsprechender Prämien<br />
müsste im Rahmen von fairen wettbewerblichen<br />
Regeln erfolgen.<br />
Die beiden Verbände bringen drei Prämien-Varianten<br />
ins Spiel. Eine Prämie sollte<br />
einen Anreiz für eine Verlegung von<br />
Glasfaser vom Bürgersteig bis ins Gebäude<br />
darstellen und sich auf rund 1000 Euro<br />
belaufen. Eine zweite Variante könnte<br />
einen Vertragsabschluss anreizen, der<br />
eine Mindestbandbreite von mehr als 250<br />
Mbit/s mit einem Zuschuss von 500 Euro<br />
beinhaltet und eine dritte Variante zielt<br />
als Anreiz auf eine Glasfaserverkabelung<br />
im Gebäude und könnte sich auf etwa<br />
150 Euro belaufen.<br />
Fazit:<br />
Foto: ©Christian Schwier – stock.adobe.com<br />
ver.di hat bereits vor Jahren eine Idee<br />
entwickelt, über Gutscheine für Kunden<br />
die Nachfrage für moderne TK-Anschlüsse<br />
zu beleben. Jeder Ausbau fördert Arbeitsplätze<br />
weit über die TK-Branche hinaus<br />
und sichert für Netzbetreiber und<br />
Diensteanbieter zukunftsfähige und<br />
nachhal tige Geschäftsmodelle. Eine Förderung<br />
für die Kunden ist eine interessante<br />
Idee, die es verdient, in der Gigabitstrategie<br />
des Bundes berücksichtigt zu<br />
werden. In anderen Branchen ist das<br />
längst selbstverständlich, man denke da<br />
nur mal an die Abwrackprämie im Automobilsektor.