„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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durch e<strong>in</strong>en Fe<strong>der</strong>strich genommen. Genugtuung wurde ihm relativ<br />
bald zuteil, als 1945 das „Tausendjährige Reich“ zerbrochen war,<br />
und er se<strong>in</strong>e Tatkraft und se<strong>in</strong>e Erfahrungen auf etlichen Gebieten<br />
noch fast zwei Jahrzehnte lang entfalten konnte.<br />
Ich hatte Glück, denn <strong>der</strong> neue Generaldirektor, Fritz Nölle,<br />
damals 45 Jahre alt, <strong>der</strong> seit ca. 1937 das <strong>Wiener</strong> Büro <strong>der</strong> Firma<br />
Henschel & Sohn am Schwarzenbergplatz geleitet hatte, war alles<br />
an<strong>der</strong>e als e<strong>in</strong> Fanatiker, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> kluger, höflich-strenger<br />
rhe<strong>in</strong>län<strong>der</strong> Kaufmann von Format, <strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e überflüssigen Worte<br />
machte. Zuerst ließ er mich rufen und fragte nur, ob ich bei <strong>der</strong><br />
Partei sei. E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches ‘Ne<strong>in</strong>’ quittierte er mit ‘Danke’, ohne e<strong>in</strong>e<br />
Miene zu verziehen, und ca. zehn Tage darauf rief er mich wie<strong>der</strong>,<br />
um zu sagen, „Ich mache Sie zum Exportchef“, wofür ich mich aufrichtig<br />
bedankte, denn gerade das passte mir sehr.<br />
Me<strong>in</strong> guter Stern brachte mir schon im Oktober me<strong>in</strong> erstes, zu<br />
e<strong>in</strong>em günstigen Preis <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er knappen Woche abgeschlossenes<br />
Exportgeschäft: Sechs <strong>in</strong>teressante Dampftriebwagen von 540<br />
PS Zyl<strong>in</strong><strong>der</strong>leistung bei 100 km/h. E<strong>in</strong> ausführlicher Bericht darüber<br />
bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Anmerkung 1, aber auch <strong>in</strong> Heft 124 des Lokmagaz<strong>in</strong>s<br />
von Jänner/Februar 1984, das Fahrpläne und beson<strong>der</strong>s<br />
<strong>in</strong>teressante neue H<strong>in</strong>weise enthält.<br />
Als Ingenieurkaufmann konnte ich durch den Kontakt im E<strong>in</strong>vernehmen<br />
mit dem Kunden Maßnahmen zur Steigerung von Leistungen<br />
von Brennstoffwirtschaft e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen sowie e<strong>in</strong>e elegante<br />
Formgebung mit ger<strong>in</strong>gerem Luftwi<strong>der</strong>stand. E<strong>in</strong> Delegierter <strong>der</strong><br />
bulgarischen Staatsbahnen verfasste e<strong>in</strong>en begeisterten Bericht<br />
über das neue Triebfahrzeug, und ohne den Krieg wären zweifellos<br />
bald größere Nachbestellungen auch für die Balkanstaaten erfolgt.<br />
Mir wurde übrigens bald darauf auch <strong>der</strong> Verkauf von Industrielokomotiven<br />
<strong>in</strong> Deutschland von <strong>der</strong> WLF übertragen, speziell<br />
des Systems Gilli, bei dem es mir Dank Wirtschaftlichkeitsstudien<br />
gelang, um 10 % bis 30 % höhere Preise zu erzielen als für gefeuerte<br />
Lokomotiven gleicher Entstehungskosten. Da hatte <strong>der</strong> Zweite<br />
Weltkrieg schon längst begonnen. Aber me<strong>in</strong>e Frau und ich holten<br />
noch rechtzeitig nach, was wir <strong>in</strong> den USA bewusst verschoben hatten,<br />
nämlich <strong>uns</strong>ere beiden Töchter <strong>in</strong> die Welt zu setzen ...“ – also<br />
mich 1939 und 1941 die Zweite. So wurden beide <strong>Wiener</strong><strong>in</strong>nen.<br />
Me<strong>in</strong>e unerschrockene Schwiegermama kam noch zum Bewun<strong>der</strong>n<br />
ihrer ersten Enkel<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Schiff, teils bereits mit abgeblende-