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Freiheit - SIFAT Heft 1/2023 - Leseprobe

Nach den Themen Hoffnung, Mut und Frieden der letzten SIFAT-Hefte möchten wir diesmal den Blick auf die Freiheit richten. In vielen Leitsprüchen und Liedern findet die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit einen Ausdruck: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“, „Frau, Leben, Freiheit“, „Die Gedanken sind frei“, „Freiheit, die ich meine, die mein Herz erfüllt“, „Leben, einzeln und frei wie ein Baum und geschwisterlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht“ usw.. Auch bei Hazrat Inayat Khan nimmt Freiheit einen zentralen Platz ein. Sein erstes Buch, das er im Westen verfasste, trägt den Titel: „Eine Sufi-Botschaft der spirituellen Freiheit“, und ein grundlegender Satz von ihm lautet: „In der Freiheit der Seele liegt der Sinn des Lebens“ (englisch in Sufi Message VII, S. 197). Allerdings erkennt er im Leben der Menschen den folgenden Widerspruch: „Die Menschen wollen Freiheit und schlagen den Weg der Gefangenschaft ein.“ (s. die Rede von 1926 in diesem Heft)

Nach den Themen Hoffnung, Mut und Frieden der letzten SIFAT-Hefte möchten wir diesmal den Blick auf die Freiheit richten. In vielen Leitsprüchen und Liedern findet die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit einen Ausdruck: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“, „Frau, Leben, Freiheit“, „Die Gedanken sind frei“, „Freiheit, die ich meine, die mein Herz erfüllt“, „Leben, einzeln und frei wie ein Baum und geschwisterlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht“ usw..

Auch bei Hazrat Inayat Khan nimmt Freiheit einen zentralen Platz ein. Sein erstes Buch, das er im Westen verfasste, trägt den Titel: „Eine Sufi-Botschaft der spirituellen Freiheit“, und ein grundlegender Satz von ihm lautet: „In der Freiheit der Seele liegt der Sinn des Lebens“ (englisch in Sufi Message VII, S. 197). Allerdings erkennt er im Leben der Menschen den folgenden Widerspruch: „Die Menschen wollen Freiheit und schlagen den Weg der Gefangenschaft ein.“ (s. die Rede von 1926 in diesem Heft)

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Hazrat Inayat Khan: Ein orientalisches Märchen

Hazrat Inayat Khan

Ein orientalisches Märchen

E

in König besaß einmal einen Papagei, der ihm sehr ans Herz gewachsen war,

sodass er ihn in einem goldenen Käfig hielt und immer persönlich für ihn

sorgte. So sehr waren der König und die Königin dem Papagei zugetan, dass alle

Leute im Palast auf ihn eifersüchtig wurden.

Eines Tages war der König im Begriff, in den Wald zu gehen, aus dem der

Papagei stammte, und sagte zu diesem: „Mein Liebling, ich habe dich lieb und

ich habe dich gepflegt mit aller Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Zärtlichkeit,

deren ich fähig bin. Daher möchte ich deinen Brüdern im Wald eine Botschaft

von dir bringen.“ Der Papagei antwortete: „Wie gütig bist du, mir dies anzubieten.

Teile meinen Brüdern im Dschungel mit, dass der König und die Königin

ihr Bestes getan haben, um mich glücklich zu machen, mir einen goldenen

Käfig, allerlei Früchte, allerlei gute Sachen gegeben haben; dass ich mich aber

trotz all ihrer Aufmerksamkeiten nach dem Wald sehne; die Sehnsucht, unter

euch zu leben, – frei, wie ich es zu sein pflegte, erfüllt immerdar mein Sinnen

und Trachten. Doch sehe ich keinen Weg zur Befreiung; aber sendet mir ein

Zeichen eures Wohlwollens und eurer Liebe. Man lebt nur durch Hoffnung.

Vielleicht wird einmal mein Wunsch erfüllt.“

Der König ging in den Wald, er näherte sich dem Baum, von welchem der

Papagei einst gefangen worden war, und sprach zu dessen Brüdern: „Oh, ihr

Papageien, einen der euren habe ich in meinen Palast genommen, ich liebe ihn

sehr und lasse ihm alle Aufmerksamkeit zuteilwerden. Hört nun die Botschaft

eures Bruders!“

Aufmerksam lauschten sie der Botschaft, und dann fiel einer der Vögel nach

dem andern vom Baum nieder und sie schienen alle tot. Der König war über

alle Maßen bestürzt. Er konnte nicht verstehen, was jene Vögel so sehr ergriffen

hatte. Die liebevollen Vogelbrüder hatten scheint’s seine Botschaft nicht

ertragen können. Er dachte bei sich: „Wie sündhaft von mir, so manches Leben

zerstört zu haben.“ Er kehrte zum Palast zurück und sagte seinem Papagei: „Wie

unvernünftig war es von dir, mein Papagei, mir eine solche Botschaft zu geben.

Sobald deine Brüder sie vernahmen, fiel einer nach dem andern tot nieder.“

Der Papagei lauschte, sah still zum Himmel empor und fiel auch nieder.

Der König wurde noch trauriger. „Ich Tor! Zuerst brachte ich den Vögeln im

Wald die Botschaft und tötete sie, und nun bring‘ ich ihm die ihrige und töte

auch ihn.“ Dem König wurde ganz wirr zumute. Was das wohl alles bedeuten

SIFAT 1 | 2023 – Freiheit 9

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