Zdirekt! 02-2023
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TITELTHEMA 23<br />
Parallel dazu gab es gleich mehrere Erfolgsgeschichten:<br />
2012 trat die Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit in Kraft.<br />
Sie verhindert die (inter-)nationale Unterschreitung der<br />
mit der DGB-Tarifgemeinschaft ausgehandelten Mindestlöhne.<br />
Seit Beginn dieses Jahres gilt mittlerweile<br />
die fünfte Verordnung über eine Lohnuntergrenze in<br />
der Arbeitnehmerüberlassung. Ebenfalls 2012 traten<br />
die Branchenzuschlagstarifverträge in Kraft, die jeweils<br />
mit einer zuständigen DGB-Gewerkschaft geschlossen<br />
wurden. Sie gleichen die Lohnunterschiede in Abhängigkeit<br />
von der Dauer des Einsatzes aus, die zu<br />
bestimmten Einsatzbranchen bestanden hatten. Das<br />
gilt vor allem für den wichtigsten Branchenzuschlagstarifvertrag<br />
für die Überlassung in die Metall- und<br />
Elektro-Industrie. Weitere zehn Branchenzuschlagstarifverträge<br />
folgten. „Viele erinnern sich noch an die denkwürdige<br />
Mitgliederversammlung zur Abstimmung über<br />
die Branchenzuschlagstarifverträge, mit rund 1.000<br />
Menschen in Köln“, blickt Sven Kramer zurück. „Vor<br />
allem die überzeugenden Ausführungen unseres langjährigen<br />
Verhandlungsführers Holger Piening haben<br />
eine anfängliche Skepsis in eine fast hundertprozentige<br />
Zustimmung zu diesen Tarifverträgen gewandelt.“ So<br />
entstand eine sehr differenzierte Tarifarchitektur, auf<br />
die die Branche mit einigem Stolz blicken kann.<br />
Dennoch hat die Zeitarbeit fortwährend mit Tendenzen<br />
des Gesetzgebers zu kämpfen, in die Tarifautonomie<br />
der Branche einzugreifen. Während durch das Erste<br />
Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt<br />
20<strong>02</strong> die Beschränkungen weitgehend aufgehoben<br />
wurden und zu einem bemerkenswerten Aufschwung<br />
von Branche und Arbeitsmarkt beitrugen, zeigte der<br />
Gesetzgeber in den vergangenen Jahren klare Tendenzen<br />
zur Eingrenzung der Zeitarbeit – etwa mit der<br />
AÜG-Novelle, die im April 2017 in Kraft trat. Sie beschränkte<br />
sowohl die Tarifautonomie der Zeitarbeit als<br />
auch die Überlassungshöchstdauer, was nach wie vor<br />
als schmerzlich angesehen wird.<br />
Aktuell drohen der Zeitarbeit neue Gefahren – diesmal<br />
aus Luxemburg, wo der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) über die „EU-Leiharbeitsrichtlinie“ entschieden<br />
hat. Der EuGH sieht die Möglichkeit der Tarifparteien,<br />
vom Grundsatz der Gleichbehandlung in Tarifverträgen<br />
der Zeitarbeit abzuweichen, nur sehr eingeschränkt als<br />
möglich an. Das letzte Wort hierzu hat das BAG. „Die<br />
Rechtsprechung in Deutschland sollte die Besonderheit<br />
einer verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie<br />
berücksichtigen“, appelliert Martin Dreyer an das BAG<br />
und die Arbeitsgerichte, die im Nachgang zu den Hinweisen<br />
des EuGH zu entscheiden haben. „Die Sozialpartnerschaft<br />
mit der DGB-Tarifgemeinschaft ist bei allen<br />
Schwierigkeiten eine Erfolgsgeschichte. Wir haben immer<br />
gesagt: Tarif vor Gesetz! Es wäre ein großer Fehler,<br />
würden durch Rechtsprechung oder Gesetz die Anforderungen<br />
so geändert werden, dass eine sinnvolle tarifliche<br />
Gestaltung nicht mehr möglich wäre. Ich bin fest davon<br />
überzeugt, dass es bei den gegenwärtigen Herausforderungen<br />
gerade auch auf diesem Feld umso wichtiger ist,<br />
die Kräfte in einem Verband zu bündeln.“ MD/SK<br />
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