Zdirekt! 02-2023
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(IN)AKTIV 35<br />
Jede große Geschichte fängt mit einem kleinen Schritt an –<br />
wie etwa die Gründung des Interessenverbandes Deutscher<br />
Zeitarbeitsunternehmen vor 25 Jahren. Kommt<br />
dann noch ein Ereignis hinzu, gibt’s eine Initialzündung<br />
für etwas ganz Großes – wie etwa die Gründung eines<br />
Hauptamtes mit dem Hauptgeschäftsführer Werner Stolz<br />
vor 22 Jahren. Tja, was dabei herauskommt, wenn man<br />
Werner freie Bahn lässt, hätte ich dem damaligen Vorsitzenden<br />
Dietmar Richter vorher sagen können.<br />
Seine Erfolge sind bekannt, deshalb wird’s jetzt mal persönlich,<br />
wenn eine lebende Legende in Rente geht: Als<br />
Student der Rechtswissenschaften fiel mir im Praktikum<br />
vor Gericht eigentlich nur ein Anwalt besonders auf –<br />
wenn er sprach, blitzten seine Augen, er formulierte rhetorisch<br />
auf höchstem Niveau und – sehr ungewöhnlich –<br />
er ließ sich von den Richtern nicht reinreden, Werner<br />
eben. Müßig zu berichten, dass er „nebenbei“ in seinem<br />
Wohnort Wolbeck als Vorsitzender mal eben den völlig<br />
maroden Sportverein rettete und zu neuer Größe führte.<br />
Später stand er bei uns in der Zeitungsredaktion ganz<br />
oben auf der Liste der Oberbürgermeisterkandidaten.<br />
Als Fraktionsvorsitzender der CDU wusste Werner stets<br />
Akzente zu setzen und die Interviews mit ihm waren<br />
heiß begehrt. „In zu viele Waden gebissen, wie ein Dackel“,<br />
stellte mein Chefredakteur fest, als Stolz stolz eine<br />
neue Richtung einschlug. Was Werner dem iGZ-Vorstand<br />
seinerzeit präsentierte, war ebenso visionär wie auch<br />
innovativ – und ist bekannt. Er setzte viele Meilensteine<br />
in der Geschichte der Zeitarbeit, die heute die Basis für<br />
ein faires und soziales Miteinander bilden. Hervorragend<br />
vernetzt verstand er es immer wieder, Impulse zu geben<br />
und Zeichen zu setzen. Mit dem Wachsen des Hauptamtes<br />
offenbarte sich auch Werners soziale Ader: Nachdem<br />
der Verleger der Münsterschen Zeitung in einer rechtlich<br />
fragwürdigen und moralisch abstoßenden Aktion sämtliche<br />
Redakteure entsorgt hatte, die noch nach Tarif bezahlt<br />
wurden, ploppte an einem sonnigen Samstag mein<br />
E-Mailprogramm auf: „Wie geht´s Dir, hast Du schon<br />
einen neuen Job“, wollte Werner wissen. Nach einem<br />
gemeinsamen Kaffeetrinken wusste ich dann auch, was<br />
Zeitarbeit ist. Wenn dann die Besetzung einer neuen<br />
Stelle anstand, fragte er mich stets, ob es in meinem Ex-<br />
Kollegenkreis noch jemanden gebe, der auf Arbeitssuche<br />
sei und ansatzweise diese oder jene Befähigung habe.<br />
Der Rest könne dann ja noch gelernt werden. Der soziale<br />
Aspekt spielte bei ihm grundsätzlich eine wichtige Rolle.<br />
„Meine Tür ist immer offen“, war – und ist – einer seiner<br />
Leitsprüche. Das war in der Praxis tatsächlich so – nicht<br />
zuletzt, weil unsere Büros an einem früheren Standort<br />
aneinandergrenzten und meins ein Durchgangszimmer<br />
war. Dem Glücklichen – oder dem Visionär – schlägt<br />
offenbar keine Stunde: Egal, wann ich morgens kam,<br />
Werner war schon da und egal, wann ich abends ging,<br />
Werner war noch da. Unzählige Stunden verbrachten wir<br />
gemeinsam im Auto, fuhren tausende Kilometer, kämpften<br />
uns auch mal durch dichtes Schneegestöber – und er<br />
hat dabei nie geschlafen, ein echtes Phänomen. Werner<br />
erfand nicht nur die Zeitarbeit laufend neu, er erfand sich<br />
auch häufig neu: Ob die Behauptung seiner Frau Petra,<br />
er habe mehr Kleiderschränke als sie, lassen wir mal im<br />
Privaten. Positiver Nebeneffekt der „Modenschau“ –<br />
die personifizierte Zeitarbeit wurde allseits als seriös<br />
empfunden. Auch in der Freizeit war und ist er ein Suchender:<br />
Pfeife rauchen, Gitarre spielen, fotografieren,<br />
Fahrrad fahren – und natürlich Lokalpolitik – stehen auf<br />
seiner Hobbyliste. Unvergessen: Die Suche nach einer<br />
ganz bestimmten Pfeife als Geburtstagsgeschenk der<br />
Belegschaft für Werner geriet zu einer Suche á la Indiana<br />
Jones. Selbst im Karneval versuchte er sich einmal<br />
mit dem heutigen Oberbürgermeister Münsters mit<br />
einer gemeinsamen Büttenrede. Das war’s dann eher<br />
nicht. Wesentlich erfolgreicher verliefen da schon die<br />
CDU-Mühlenfeste, die Werner für seinen Heimatort organisierte<br />
und damit viel Glanz und Glamour in den<br />
eher kleinen Ort brachte – Ministerpräsidenten, Bundesminister<br />
und ein damals künftiger Bundespräsident<br />
kamen ins Dorf, um zu reden und zu feiern. Die Wolbecker<br />
jedenfalls erinnern sich noch heute gern an den<br />
Besuch unter anderem von Norbert Blüm und Christian<br />
Wulff. Familie ist mindestens genauso wichtig für<br />
ihn. Oft kommt das Gespräch auf seine beiden Brüder<br />
oder die Mutter, um die sich Werner nahezu ständig<br />
kümmert. Wen wundert´s da noch, dass seine Katzen<br />
ebenso wie seine Koi-Fische kein Hobby sind, sondern<br />
irgendwie auch zur Familie gehören und eine Lebenseinstellung<br />
personifizieren. Mit seiner Petra ist Werner<br />
seit 31 Jahren verheiratet. Beide sind wie Yin und Yang –<br />
es ist eigentlich unmöglich, sich den Einen ohne die<br />
Andere vorzustellen. Allerdings sind Frauen auch gern<br />
mal solidarisch, wenn´s um Männer geht. Besonders,<br />
als Werner und ich bei einer Karnevalsveranstaltung der<br />
Rathausparteien zusammen einen Feuerlöscher leerten.<br />
Nein, es war kein Schaum drin. Seitdem versteht sich<br />
meine Frau mit seiner Frau ganz prächtig – wir sind aber<br />
beide noch verheiratet. Ich bin mir sicher: Das war lange<br />
noch nicht alles, was wir von Werner gehört, gesehen<br />
oder gelesen haben. Genug gemenschelt – „Guet<br />
goahn, Werner“, sagen wir Westfalen. WLI