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Henning Wrogemann: Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie (Leseprobe)

Das Leben in einer pluralistischen Gesellschaft fordert uns dazu heraus, mit Menschen verschiedenster Herkunft und Prägung zu interagieren, wobei Religion und Kultur eine bedeutende Rolle spielen. Dieses Lehrbuch sucht diesen Anforderungen gerecht zu werden. Zunächst werden eine Bandbreite religionswissenschaftlicher Forschungsansätze vorgestellt sowie Grundinformationen zu Judentum, Hinduismus, Buddhismus und Islam geboten. Missionstheologische Übersichten tragen zum Verständnis christlicher Präsenzen in anderen Erdteilen bei. Geltungsansprüche verschiedener Religionen werden beleuchtet und dialogische Interaktionsmuster hinterfragt, um schließlich einen Neuansatz einer Theologie Interreligiöser Beziehungen vorzustellen. Durch die Vermittlung umfassender Kenntnisse über verschiedene Religionen und Kulturen fördert das Lehrbuch unser Verständnis füreinander.

Das Leben in einer pluralistischen Gesellschaft fordert uns dazu heraus, mit Menschen verschiedenster Herkunft und Prägung zu interagieren, wobei Religion und Kultur eine bedeutende Rolle spielen. Dieses Lehrbuch sucht diesen Anforderungen gerecht zu werden. Zunächst werden eine Bandbreite religionswissenschaftlicher Forschungsansätze vorgestellt sowie Grundinformationen zu Judentum, Hinduismus, Buddhismus und Islam geboten. Missionstheologische Übersichten tragen zum Verständnis christlicher Präsenzen in anderen Erdteilen bei. Geltungsansprüche verschiedener Religionen werden beleuchtet und dialogische Interaktionsmuster hinterfragt, um schließlich einen Neuansatz einer Theologie Interreligiöser Beziehungen vorzustellen. Durch die Vermittlung umfassender Kenntnisse über verschiedene Religionen und Kulturen fördert das Lehrbuch unser Verständnis füreinander.

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2.1 Religionsphänomenologische Ansätze 55<br />

des Wissens <strong>und</strong> des Sollens besteht. Wenn man beispielsweise sagt, dass<br />

Gott allwissend <strong>und</strong> gut sei, so ist das rational. Ist Gott aber nicht sehr viel<br />

mehr als das? Nach Otto ist das Irrationale wesentlich für Religion:<br />

»Wir meinen mit Irrational nicht das Dumpfe Dumme, das noch nicht der<br />

Ratio Unterworfene, das im eigenen Triebleben oder im Getriebe des Weltlaufes<br />

gegen die Rationalisierung Störrische, […] Wir meinen mit rational die Idee<br />

des Göttlichen dasjenige was von ihr eingeht in die klare Fassbarkeit unseres<br />

begreifenden Vermögens, in den Bereich vertrauter <strong>und</strong> definibler Begriffe.<br />

Wir behaupten sodann, dass um diesen Bereich begrifflicher Klarheit her eine<br />

geheimnisvoll-dunkle Sfäre liege, die nicht unserem Gefühl wohl aber unserem<br />

begrifflichen Denken sich entziehe <strong>und</strong> die wir insofern das Irrationale<br />

nennen.« 90<br />

Otto grenzt sein Verständnis des Heiligen von Missverständnissen ab,<br />

indem er darauf hinweist, dass man gewöhnlich sagt, jemand, der im -<br />

mer Gutes tue, sei ein Heiliger. Damit aber werde das Heilige auf das<br />

Ethische verkürzt. Ganz anders Otto, der im Gottesgedanken des Christentums<br />

auch Momente wie etwa den Zorn Gottes für wesentlich hält.<br />

Das weder rational noch ethisch gedeutete Heilige versteht Otto<br />

als das Numinose, das vom Menschen erfahren wird. Das Numinose ist<br />

für ihn eine Kategorie sui generis, die nicht definierbar, sondern lediglich<br />

erörterbar sei. 91 Worin aber besteht diese Erfahrung? Nach Otto ist<br />

es das »Gefühl des mysterium tremendum, des schauervollen Geheimnisses«,<br />

das »durch Einfühlen durch Mit- <strong>und</strong> Nachgefühl« in Stimmungen,<br />

Riten <strong>und</strong> Räumen wahrgenommen werden kann. 92 Das Numinose<br />

wird einerseits als das erfahren, was Menschen erschauern <strong>und</strong> erzittern<br />

lässt, als tremendum, aber auch als das, was Menschen hinreißt, als<br />

fascinans. Das Heilige wird dabei auch als Übermächtiges erfahren, als<br />

Überwältigendes, als Ängstigendes, als Unheimliches, als Geheimnisvolles,<br />

gleichzeitig aber auch als Verzückendes, als Hinreißendes, als<br />

Begeisterndes. Aus diesen Erfahrungen haben sich dann irrationale wie<br />

rationale Elemente gemeinsam entwickelt. Wenn aber das Heilige nur als<br />

Erfahrung <strong>und</strong> nicht mit dem Verstand wahrgenommen werden kann,<br />

wie dann anders? Nach Otto ist es das Gefühl des Numinosen, das den<br />

Kern der Religion ausmacht, weshalb methodologisch gesehen das We -<br />

90 Otto, Das Heilige, 75 f.<br />

91 A. a. O., 7.<br />

92 A. a. O., 13.

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