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Volkskrankheiten & Gesundheit im Alter

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Eine Themenzeitung von Mediaplanet<br />

Kardiovaskuläre Erkrankungen:<br />

Zahl von Betroffenen steigt weiter an<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen in Österreich.<br />

Univ.-Prof. Dr. Christian Hengstenberg, Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin II<br />

und der Klinischen Abteilung für Kardiologie der MedUni Wien, verrät <strong>im</strong> Interview, welche<br />

konkreten Präventionsmaßnahmen es gibt, warum die Anzahl der Patient:innen trotz<br />

besserer Behandlungsmöglichkeiten steigt und welche Rolle künstliche Intelligenz spielt.<br />

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MANZ<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Christian<br />

Hengstenberg<br />

Leiter der Universitätsklinik<br />

für Innere<br />

Medizin II<br />

und der Klinischen<br />

Abteilung für Kardiologie<br />

der MedUni Wien<br />

FOTO: MEDUNI WIEN; FRAU MATERNA<br />

Inwiefern können kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

durch Prävention vermieden<br />

werden und welche Rolle spielt die<br />

Früherkennung?<br />

Zu den kardiovaskulären Risikofaktoren<br />

gehören veränderliche und unveränderliche<br />

Faktoren. Unveränderlich sind zum<br />

Beispiel das Geschlecht oder das <strong>Alter</strong>.<br />

Veränderlich, also zum Beispiel durch<br />

Medikamente beeinflussbar, sind der<br />

Bluthochdruck, hohe Blutfette, Diabetes<br />

mellitus oder aktives/passives Rauchen.<br />

Das Vorliegen von Risikofaktoren hat<br />

exponentielle Auswirkungen auf die Entwicklung<br />

von Gefäßschädigungen durch<br />

Fetteinlagerungen und Verkalkungen.<br />

Es gibt umfangreiche wissenschaftliche<br />

Literatur zum Nachweis der günstigen<br />

Beeinflussung der Risikofaktoren durch<br />

entweder medikamentöse Therapie oder<br />

Lebensstil-Änderungen. Daher kann<br />

durch eine sorgfältige Untersuchung das<br />

individuelle Risiko erkannt und dann auch<br />

präventiv behandelt werden. Hier gilt das<br />

Prinzip, dass möglichst alle Risikofaktoren<br />

möglichst streng eingestellt werden sollten.<br />

Welche konkreten Präventionsmöglichkeiten<br />

gibt es?<br />

Als Basis für die Prävention gilt eine<br />

gesunde Lebensführung. Das bedeutet,<br />

dass ein aktiver oder passiver Nikotinkonsum<br />

beendet wird, dass versucht wird, das<br />

Normalgewicht zu erreichen und dass eine<br />

regelmäßige körperliche Betätigung von<br />

mindestens dre<strong>im</strong>al 20 Minuten pro Woche<br />

vorhanden ist.<br />

Darüber hinaus sollten Medikamente<br />

verabreicht werden, um erhöhte Lipidwerte<br />

zu reduzieren, den Blutdruck zu senken<br />

und den Blutzucker gut einzustellen.<br />

Insbesondere die Einstellung des Diabetes<br />

ist nicht <strong>im</strong>mer trivial und benötigt daher<br />

auch Spezialist:innen, die eine konsequente<br />

Einstellung des Blutzuckers erreichen. Zur<br />

Einstellung des hohen Blutdrucks und des<br />

Blutzuckers gibt es verschiedene Medikamente,<br />

die konsequent verabreicht und<br />

deren Behandlungserfolge konsequent<br />

kontrolliert werden müssen.<br />

Inwiefern wirken sich kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen auf andere <strong>Volkskrankheiten</strong><br />

wie beispielsweise Diabetes aus?<br />

Diabetes mellitus ist ein sehr wichtiger<br />

Risikofaktor für das Auftreten einer kardiovaskulären<br />

Erkrankung, wie zum Beispiel<br />

eines Herzinfarkts. Be<strong>im</strong> Diabetes besteht<br />

die Gefahr der Schädigung von großen<br />

Gefäßen, also von Gefäßen des Kopfes, des<br />

Herzens, des Beckens oder der Beine; aber<br />

auch kleine Gefäße werden geschädigt, wie<br />

zum Beispiel die Gefäße der Augen oder der<br />

Nieren. Daher ist es besonders wichtig, Diabetes<br />

möglichst frühzeitig zu behandeln.<br />

Wie bereits erwähnt, spielen hierbei auch<br />

andere Risikofaktoren eine potenzierende<br />

Rolle. Es gilt also auch hier: konsequente<br />

Prävention!<br />

Warum steigt die Zahl der Patient:innen<br />

trotz besserer Behandlungsmöglichkeiten?<br />

Es ist ein klarer Trend für ein längeres<br />

Leben in unserer Bevölkerung zu erkennen.<br />

Die Zahl von Patient:innen <strong>im</strong> fortgeschrittenen<br />

Stadium wird daher größer und die<br />

Umsetzung von präventiven Therapien<br />

läuft schleppend. Dieses Zusammenspiel<br />

aus großer Bevölkerung und schleppender<br />

Umsetzung von präventiven Maßnahmen<br />

führt in Summe dazu, dass es bisher<br />

leider nicht gelungen ist, die<br />

Zahl von Patient:innen mit<br />

kardiovaskulären Erkrankungen<br />

zu reduzieren;<br />

<strong>im</strong><br />

Gegenteil, sie steigt.<br />

Was wird sich in Zukunft bei der Therapie<br />

von kardiovaskulären Erkrankungen<br />

ändern? Welche Rolle spielt künstliche<br />

Intelligenz?<br />

Es ist eine große Freude zu sehen, dass<br />

in der Kardiologie eine kontinuierliche<br />

Innovation stattfindet. So können heutzutage<br />

zum Beispiel hohe Blutfette mit sehr<br />

gut verträglichen Medikamenten behandelt<br />

werden. Gleichzeitig sind auch für genetisch<br />

bedingte Hochrisikopatient:innen<br />

ganz moderne Medikamente verfügbar.<br />

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit,<br />

Herzkranzgefäße und mittlerweile auch<br />

verkalkte Herzklappen mit Hilfe von Katheter-Methoden<br />

hervorragend zu behandeln,<br />

sodass große Herzoperationen bei manchen<br />

Patient:innen nicht mehr notwendig sind.<br />

Insgesamt geht die Entwicklung ganz klar<br />

hin zu kleinen Eingriffen, also interventionellen<br />

Eingriffen. Auch die moderne<br />

Pharmakotherapie, also die Therapie mit<br />

Medikamenten, wird sich weiterentwickeln;<br />

wie wir dies beispielsweise bei der<br />

Corona<strong>im</strong>pfung gesehen haben. So ist es<br />

durchaus denkbar, dass gezielt ganze Stoffwechselwege<br />

ausgeschaltet werden können,<br />

von denen wir wissen, dass sie schädliche<br />

Effekte haben.<br />

Bei der künstlichen Intelligenz ist aus<br />

meiner persönlichen Sicht ganz klar, dass<br />

sie hilfreich ist und möglichst breit eingesetzt<br />

werden sollte. Bereits heute wird diese<br />

Technologie an vielen Stellen des täglichen<br />

Lebens eingesetzt. In der Medizin ist es<br />

natürlich einerseits besonders heikel, aber<br />

anderseits auch besonders wichtig, dass<br />

eine möglichst gute Unterstützung des<br />

Behandlungsteams durch Computer<br />

stattfindet. Ich sehe unter anderem eine<br />

große Unterstützung bei der Bewertung von<br />

Röntgenbildern. Hier könnten verschiedene<br />

Differenzialdiagnosen durch den Computer<br />

vorgeschlagen werden, was es dem Arzt<br />

oder der Ärztin einfacher macht, die<br />

richtige Diagnose zu stellen. Aber auch<br />

andere Biosignale könnten sehr standardisiert<br />

erhoben und dann auch verarbeitet<br />

werden, wie zum Bespiel das EKG.

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