ELMA - Elternmagazin, Oktober 2023
Elternmagazin für die Metropolregion Nürnberg.
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44 TITELTHEMA<br />
© Dasha<br />
beigaben – etwas Urmenschliches, dieses Gefühl,<br />
noch etwas Würdevolles mit diesem Leib<br />
zu machen. Auch in der Hoffnung, dass danach<br />
noch was kommt.<br />
WEISST DU VON ANDEREN KULTUREN, DIE<br />
ALLES GANZ ANDERS MACHEN?<br />
Es gibt ja klassisch diese New-Orleans-Bestattungen<br />
mit Dixie-Musik und großer Fröhlichkeit<br />
am Grab beispielsweise. Ich habe auch im<br />
Christlichen schon erlebt, dass Leute wollten,<br />
dass keine schwarze Kleidung am Grab getragen<br />
wird, oder erlebt, dass eine Frau, die Klinik-<br />
Clownin war, wollte, dass die anderen Clowns<br />
als Clowns zur Beerdigung kommen. Es ist viel<br />
möglich, auch wenn man vielleicht den Wunsch<br />
nach fränkischer Pietät hat. Bei der Liedauswahl<br />
ist auch viel möglich, von Udo Lindenberg<br />
„Hinterm Horizont geht’s weiter“ bis Andreas<br />
Gabalier „Einmal sehen wir uns wieder“ oder<br />
sogar „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat<br />
zwei“ und „Highway to hell“ … Man muss halt<br />
drüber reden, ob es passt.<br />
IST NATÜRLICH WAHNSINNIG ABHÄNGIG VON<br />
DEM ODER DER GEISTLICHEN?<br />
Da müssen die sich hier in der Großstadt schon<br />
auch anderen Wünschen unterwerfen. Was immer<br />
mal kommt, ist, dass Menschen noch einen<br />
Brief mit ins Grab werfen. Ich hatte mal einen<br />
Sarg, der von den Enkeln gestaltet worden ist,<br />
oder dass Luftballons in die Luft fliegen. Was<br />
aus Amerika und dem Kino kommt, ist, dass Angehörige<br />
selber etwas sprechen wollen, was den<br />
meisten allerdings wahnsinnig schwerfällt, und<br />
ich biete dann immer an, das als Profi zu übernehmen<br />
und vorzulesen. Ich würde auf jeden<br />
Fall nicht empfehlen, dass Kinder das machen.<br />
ICH MÖCHTE MEIN KIND VOR DER TRAUER BE-<br />
WAHREN UND DESWEGEN GAR NICHT MIT ZUR<br />
BEERDIGUNG NEHMEN – IST DAS RICHTIG SO?<br />
Ich denke, zum einen kommt da viel die Unsicherheit<br />
der Eltern und Angehörigen zum Tragen,<br />
die sich nicht wohlfühlen und nicht wollen,<br />
dass die Kinder sie sehen, wenn sie von ihren<br />
Emotionen übermannt werden. Zum anderen<br />
spielt da natürlich das gesamtgesellschaftliche<br />
Tabu „Tod“ mit rein: Da hast du dein Leben lang<br />
nicht mit deinen Kindern über den Tod gesprochen,<br />
und plötzlich kommt das geballt auf eine<br />
Familie zu – ich habe das selbst schon so erlebt.<br />
Dabei gilt immer noch „Memento mori“:<br />
Das Sterben gehört zum Leben dazu, und ein<br />
Schicksalsschlag kann jeden Tag einbrechen.<br />
Ich denke also, den Kindern ist mehr geholfen,<br />
sich frühzeitig auch mit dem heiklen Thema Tod<br />
auseinanderzusetzen und darüber zu reden.<br />
ALSO SCHON VORHER IM GESPRÄCH SEIN UND<br />
NICHT ERST BEI DER BEERDIGUNG?<br />
Ja, richtig, und dann ist es auch kein Problem,<br />
dass das Kind da mitgeht. Einfach vorher kommunizieren,<br />
was da passiert. Klar hat das eine<br />
Schwere, wenn der Sarg mit der Oma drin in<br />
die Erde gelassen wird. Aber wenn man vorher<br />
sagt, das ist zwar der Körper von der Oma, aber<br />
das, was sie ausgemacht hat, ist jetzt woanders,<br />
und dort ist sie glücklich, dann geht das besser.