smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 05/2023
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DAS<br />
GEBÄUDEENERGIEGESETZ<br />
GEG<br />
WAS KOMMT NUN AUF HAUSBESITZER UND MIETER ZU?<br />
Der Bundestag hat die umstrittene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes<br />
verabschiedet. Am Freitag (8. September<br />
<strong>2023</strong>) beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Koalition<br />
die Novelle des „Gebäudeenergiegesetzes“ (GEG), wie die<br />
Regelung offiziell heißt. Sie soll Anfang 2024 in Kraft treten.<br />
Das Gesetz sieht vor, dass neue Heizungen künftig zu mindestens<br />
65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen sollen. Es<br />
gibt allerdings nicht nur großzügige Übergangsregelungen,<br />
sondern auch viele Ausnahmen.<br />
1. WAS STEHT IN DEM GESETZ?<br />
Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung<br />
mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben<br />
werden. Die Regelungen des GEG sollen von 2024 an unmittelbar<br />
erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Bestehende<br />
Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden<br />
können. Mit anderen Worten: „Es gibt keine sofortige Austauschpflicht<br />
für bestehende Heizungen“, betont die Bundesregierung.<br />
Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen. Ältere<br />
Hausbesitzer oder solche mit wenig Geld sollen nicht überfordert<br />
werden.<br />
Der Staat übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen bis<br />
zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung. Die maximal<br />
förderfähigen Kosten sollen z. B. bei einem Einfamilienhaus<br />
bei 30.000 Euro liegen. Der maximale Zuschuss liegt also bei<br />
21.000 Euro. Ferner soll es zinsgünstige Kredite geben. Verbände<br />
fordern Nachbesserungen am neuen Förderprogramm.<br />
2. WIE UNTERSCHEIDET SICH DAS JETZT<br />
BESCHLOSSENE GEG VOM URSPRÜNG-<br />
LICHEN GESETZENTWURF?<br />
Das jetzt beschlossene GEG unterscheidet sich deutlich vom<br />
ursprünglichen Gesetzentwurf: der Heizungstausch wird an<br />
Wärmeplanung gekoppelt. Der wichtigste Punkt: Die Pflicht<br />
zum Austausch fossiler Heizungen – also von Öl- und Gas –<br />
wird an die sogenannte kommunale Wärmeplanung gekoppelt.<br />
Gemeint ist damit, dass alle Städte und Gemeinden in<br />
Deutschland einen Plan dafür vorlegen müssen, wann und wo<br />
Häuser an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden können.<br />
Größere Kommunen ab 100.000 Einwohner haben dafür bis<br />
Mitte 2026 Zeit. Bei allen anderen darf es bis Mitte 2028 dauern.<br />
Die Regelungen des GEG gelten dabei ab dem 1. Januar<br />
2024 erst einmal nur für Neubauten in Neubaugebieten. Bei<br />
allen anderen Neubauten und bei Bestandsgebäuden greift<br />
das Heizungsgesetz erst dann, wenn der Wärmeplan der<br />
Kommune vorliegt.<br />
Das bedeutet: Gibt es noch keine Wärmeplanung, können in<br />
solchen Häusern auch nach dem 1. Januar 2024 weiterhin Öl-<br />
und Gasheizungen eingebaut werden. Allerdings müssen diese<br />
nach und nach mit einem steigenden Anteil an Bio-Gas,<br />
Bio-Heizöl oder Wasserstoff betrieben werden. Ab 2045 darf<br />
es dann keine fossilen Heizungen mehr geben.<br />
3. WIE SEHEN DIE GROSSZÜGIGEN<br />
ÜBERGANGSREGELUNGEN AUS?<br />
Auch sonst sieht das Gesetz beim Heizungstausch großzügige<br />
Regeln für den Übergang zum klimafreundlichen Heizen vor.<br />
So dürfen alte Heizungen so lange laufen, bis sie nicht mehr<br />
repariert werden können. Ist die Heizung irreparabel kaputt,<br />
gibt es eine Übergangsfrist von drei Jahren, in der auch eine<br />
gebrauchte, fossil betriebene Heizung eingebaut werden kann.<br />
Ist allerdings nach einer Heizungshavarie ein Anschluss ans<br />
Wärmenetz absehbar, verlängert sich die Übergangsfrist auf<br />
bis zu zehn Jahre.<br />
Mit dem Anschluss ans Wärmenetz erfüllen Hauseigentümer<br />
automatisch die Anforderungen des neuen Gesetzes.<br />
Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann nach dem neuen GEG<br />
zwischen deutlich mehr Heizungsarten wählen als ursprünglich<br />
vorgesehen, um die 65-Prozent-Forderung zu<br />
erreichen. Neben der Wärmepumpe sind das in Bestandsgebäuden<br />
etwa auch Heizungsanlagen, die mit Biomasse<br />
laufen – also mit Holzpellets oder Holz-Hackschnitzeln.<br />
Möglich sind aber auch Wasserstoff-Heizungen oder eine<br />
Hybridanlage, die eine erneuerbare Heizung mit einem Gasoder<br />
Ölkessel kombinieren.<br />
4. GIBT ES EINEN EINHEITLICHEN<br />
FÖRDERSATZ?<br />
Parallel zum Gebäudeenergiegesetz will die Regierung auch<br />
die Förderregeln beim Einbau klimafreundlicher Heizungen<br />
ändern. Die Details sind bislang aber noch offen. Grundsätzlich<br />
soll gelten: Der Fördersatz für den Tausch der alten, fossilen<br />
Heizung gegen eine klimafreundliche Anlage liegt einheitlich<br />
bei 30 Prozent – „egal, für welche im Gesetz genannten<br />
klimafreundlichen Heizungen man sich entscheidet“,<br />
heißt es auf der Internetseite der Bundesregierung. Kostet<br />
die neue Wärmepumpe also 25.000 Euro, übernimmt der<br />
Staat davon 7.500 Euro.<br />
Hinzu kommen unterschiedliche Boni: So sollen Hauseigentümer<br />
mit einem jährlichen Einkommen von weniger als<br />
40.000 Euro weitere 30 Prozent Zuschuss bekommen. Zudem<br />
gibt es einen „Geschwindigkeitsbonus“: Wer bis einschließlich<br />
2028 die alte fossile Heizung durch eine neue ersetzt, erhält 20<br />
Prozent Zuschuss. Danach sinkt der Fördersatz alle zwei Jahre<br />
um drei Prozentpunkte. Aus Grundförderung und Boni ergibt<br />
sich so rein rechnerisch ein Fördersatz von 80 Prozent. Die<br />
Regierung will die Maximalförderung jedoch auf 70 Prozent<br />
begrenzen. Gefördert werden sollen dabei Kosten für die Heizungsanlage<br />
von maximal 30.000 Euro.<br />
5. BEIM EINBAU EINER NEUEN HEIZUNG<br />
GILT DIE 65-PROZENT-REGEL. WAS<br />
BEDEUTET DAS FÜR VERBRAUCHER<br />
UND EIGENTÜMER?<br />
Ab 2024 sollte möglichst jede Heizung mit erneuerbaren<br />
Energien betrieben werden. Hierzu zählen neben Windkraft<br />
und Geothermie auch die Solarenergie und die Umweltwärme.<br />
Verbrauchern stehen dabei verschiedene Möglichkeiten<br />
zu: die elektrische Wärmepumpe, der Anschluss an ein Wärmenetz,<br />
Holzpelletheizungen sowie die Hybridheizung. Laut<br />
Experten können bis zu 96 Prozent der Gasleitungen und<br />
Gasspeicher anstatt für Erdgas auch für Wasserstoff genutzt<br />
werden. Das Gasnetz ist somit auch für die Wasserstoffversorgung<br />
der Privathaushalte geeignet. Das hat den Vorteil, dass<br />
nicht erst neue Rohre verlegt und Speicherstätten errichtet<br />
werden müssen. Eine Umstellung ist somit schnell, leicht und<br />
kostengünstig möglich.<br />
Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch die Möglichkeit<br />
so genannter wasserstofffähiger Gasheizungen, die auf 100<br />
Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Für bestehende Gebäude<br />
sind etwa Biomasseheizungen oder Gasheizungen möglich,<br />
die erneuerbare Gase wie Biomethan, biogenes Flüssiggas<br />
oder Wasserstoff nutzten.<br />
Auch für neue Anlagen, die bei fehlenden Wärmeplänen<br />
im Übergangszeitraum bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 in<br />
Bestandsgebäuden eingebaut werden, gibt es Klima-Vorschriften.<br />
Sie müssen ab 2029 einen steigenden Anteil Biomasse<br />
oder Wasserstoff für die Wärmeerzeugung nutzen.<br />
Ab 2029 sind es mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens<br />
30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent.<br />
6. GIBT ES KÜNFTIG EINEN ZWANG ZUM<br />
FERNWÄRMEANSCHLUSS?<br />
Dies hängt je nach Kommune von dem jeweiligen Fernwärmeprogramm<br />
ab, das schnellstmöglich umgesetzt werden<br />
muss. Der Vorteil: Die anfallenden Kosten der Fernwärmetechnologie<br />
können auf vielen Schultern verteilt werden.<br />
Dreh- und Angelpunkt für bestehende Heizungen soll eine<br />
verpflichtende und flächendeckende kommunale Wärmeplanung<br />
sein. Erst wenn diese vorliegt, sollen die Vorgaben des<br />
Gesetzes zum Heizen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren<br />
Energien auch für Bestandsgebäude gelten. Hausbesitzer<br />
können dann entscheiden, was sie machen.<br />
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Foto: pixelkorn – www.stock.adobe.com<br />
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